Angela Heise
Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum
Es fing langsam an dunkel zu werden. Die Luft war kalt und feucht,
als ich auf den kleinne Hof fuhr. Etliche Weihnachtsbaumhändler hatte
ich schon zur Verzweiflung gebracht, und dieser hier war mein letzter
Versuch für heute.“Na, junge Frau, wat darf et denn sein?“ fragte er
und rieb seine kalten Hände. Ha, der dachte wohl ich bin leicht zu
bedienen. „Einen Baum brauche ich. Ca 2,50 Meter hoch, dicht, Nordmann
und schön gerade gewachsen,“ sagte ich mein Sprüchlein auf. Der Mann
zeigte auf diverse Bäume, die alle in Netze gepackt da lagen. „Die sind
2,50 hoch. Und schön sind meine Bäume alle!“ Nee, mein Gutsder, mit mir
nicht. „Na, dann packen Sie mal einen schönen aum aus.“Der Händler
ssah mich entgeistert an, machte sich aber wohl aufgrund meines
strengen Blickes dran das Netz abzu nehmen. Ich schritt mit wichtiger
Miene um den Baum herum. Okay, er war wirklich recht gut gewachsen.
Groß, dicht und eigentlich nicht schlecht, aber eben noch nicht
perfekt.Ich dreht mich zu den übrigen Bäumen und zeigte mit
ausgestreckter Hand auf ein weiteres Exemplar.“Zeigen Sie mir diesen
bitte mal,“ forderte ich energisch. Der Händler wurde leicht
ungehalten. „Sie haben doc ne Macke, ick packe doch nich allet aus und
koofen tun Se dann nüscht,“ berlinerte er los. „Ich kaufe keinen Baum,
den ich nicht in Augenschein genommen habe. Mein Baum muss perfekt
sein!“konterte ich, Weihnachtsbaumverkäufer erfahren. „Dann holen Se
doch eenen aus Plaste. Wenn Se da Duft druf tun riecht er ooch“,
moserte er vor sich hin, machte sich aber schon dran das Objekt
meiner Begierde aus dem Netz zu pulen. Ich dreht erneut meine Runde um
den Baum. Ja, das war er! Der Händler schien zu spüren, dass er ein
Geschäft gemacht hatte. „Den nehme ich. Packen ie ihn bitte ein!“
teilte ich ihm fröhlich mit. Meine lange Suche nach DEM Weihnachtsbaum
hatte sich gelohnt.
Ich zückte meine Geldbörse, drückte dem Verkäufer den gewünschten
Betrag in die Hand und öffnete mein Auto. Froh mich los zu werden
wuchtete er meinen Baum hinein und ich fuhr in bester Laune heim.
„Schatzi, komm bitte runter. Ich habe unseren Weihnachtsbaum im Auto“,
flötete ich wenige Meter vor dem Haus ins Handy. Mein Liebster stand
bereits vor der Tür als ich anhielt. Gemeinsam schleppten wir die Tanne
in die Wohnung, vorsichtig, damit er keinen Schaden nahm. Der
Baumständer stand schon bereit und gemeinsam begannen wir damit den
Baum in just diesen Ständer einzupassen. Dann, als er gut befestigt war
schnitt mein Mann das Netz auf und die Zweige entfallteten sich.
Traumhaft! „Ist der nicht ein bisschen groß für unsere Wohnung“, fragte
mein Mann während die Zweige sich immer weiter ausbreiteten.Zugegeben,
er war recht üppig, aber entweder ein richtiger Baum, oder garkeiner!
Ich antwortete nicht, sondern turnte bereits mit der ersten
Lichterkette in der Baumspitze herum. „Meinst Du unsere Lichterketten
reichen aus?“ kam die die Frage meines Mannes. „Ja, DU musst nur noch
mal auf den Speicher. Da ist noch eine Kiste mit Schmuck, indem auch
Lichterketten sind.“ Mein Mann trabte los und kam kurze Zeit später mit
besagter Kiste wieder. „Die sind ja völlig verwirrt!“Während ich
hektisch und ungeduldig an einer Kette zerrt fummelte mein Schatz
bereits geduldig 2 weitere Ketten auseinander.Kurzer Test mittels
Steckdose. Ja, alle Birnchen brannten. Ich kletterte wieder in den Baum
und befestigte ein Birnchen nach dem nächsten. Geschafft! Alle Lichter
waren im Baum. Glatte 3 Stunden hatte ich dafür gebraucht. Mein Mann
hatte die Hoffnung auf ein Abendessen aufgegeben und sich mit einem
Stück Stollen bewaffnet verzogen. Aus Erfahrung wusste er, dass es
besser war mich im Weihnahtsbaumrausch allein zu lassen. Aus meiner
Musikanlage ertönte Weihanchtsmusik. Prima, so geht mir das viel besser
von der Hand. Kugel um Kugel wanderte in den Baum. Dann wurden die
besonderen Kugeln und Vögelchen plaziert. Rote Schleifen werden in die
Spitzen gebunden, Lametta in die Astspitzen gehangen. Fertig!
Ich trete ein Stück zurücck und sehe mir den Baum an. Ja, jetzt ist es
keine Tanne mehr, jetzt ist es ein Christbaum! Mein Mann kommt ins
Zimmer und gemeinsam bestaunen wir unser Bäumchen. Er ist absolut
perfekt geworden.
Anmerkung: der geneigte Leser soll nicht denken, ich hätte einen
Dachschaden. Allerdings gebe ich zu, dass ich beim Kauf und Dekorieren
des Weihnachtsbaumes nicht nur Händler in den Wahnsinn treibe, sondern
auch die Geduld meines mir Angetrauten reichlich strapaziere. Der
Einzige, der sich wirklich aus tiefstem Herzen über meinen
Weihnachtsrausch freut ist unser Stromlieferant. Er kann in der
Weihanchtszeit einen drastischen Anstieg unseres Stromverbrauchs
verzeichnen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.12.2005.
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