- 15.12.2005
- Kategorie "Wie das Leben so spielt" (Kurzgeschichten)
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Robert Fischaleck
Die Frage
Die Frage tauchte, nein, sie versank förmlich
in der Unscheinbarkeit, noch bevor ich die geringste Ahnung hatte, dann
begann ich zu schreiben, so verblüfft war ich, wahrscheinlich zum
Spannungsabbau.
Kronleuchterschwere Gedankengänge, allesamt
völlig unbrauchbar für eine gute Geschichte, wurden einer nach
dem anderen definitiv verscheucht.
Denkste, bei der nächsten Gelegenheit will
sie sich dann wieder zwischen die Zeilen schmuggeln, erst heimlich einen
Nebensatz unterwandern, um dann von dort aus das Ruder der Erzählereignisse
an sich zu reißen.
Niemand hatte es bemerkt.
Gut getarnt, in einer unscheinbaren Begebenheit,
vor einer alltäglichen Gewohnheit eingenistet, lauert sie auf ihr
Opfer.
Schon war eine Frage gestellt, aber nur im Gehirn,
das langt, von dort aus hat sie freie Bahn.
Während ich also rein äußerlich
diesen Kahn durch den Tag rudere, immer bemüht den Kurs zu halten,
Untiefen zu umgehen, und gefährliche Strudel zu umfahren, hatte sich
diese ungestellte Frage bereits eine Strategie zurecht gelegt, wie sie
vielleicht doch noch meine ganze Aufmerksamkeit ergattern konnte.
Sie lauert sozusagen im Verborgenen, das ist
offensichtlich, ebenso offensichtlich, wie die Tatsache, daß es da
doch noch eine Frage geben muß, einfach gegeben haben muß.
Die Frage selbst ist dabei eigentlich wieder
nebensächlich, denn es geht ja um die Antwort.
Und diese spezielle Antwort, wie soll ich das
nur sagen, die findet mein Gehirn nicht.
Also entwerfe ich als pflichtbewußter Tatbeständekontrolleur
eine geeignete Gegenstrategie, denn ich kenne diese Frage, und ich weiß
auch, das ich sie nicht beantworten kann.
Diese besagte Gegenstrategie besteht eigentlich
darin, den Boden auf dem diese spezielle Frage blüht, ständig
umzugraben und neu zu bepflanzen, sie verstehen je mehr dort gedeiht, desto
weniger Platz für eine Frage.
Ich muß natürlich geschickt vorgehen,
damit mir mein Gehirn nicht auf die Schliche kommt, denn es, das Gehirn
wurde so angelegt, diese Frage zu beantworten, und zwar zweifelsfrei.
Sie ahnen es bereits, die einzige Möglichkeit,
diese Frage dennoch zu stellen und dann auch die Antwort zu finden, besteht
darin, erschöpft zusammenzubrechen und dann festzustellen, das war
gar nicht so schlimm, denn das Leben funktioniert immer noch.
Das Problem besteht also eigentlich nicht in
der Frage sondern darin, daß ich natürlich weiß, wenn
ich diese Frage stelle, muß ich den ganzen Garten neu anlegen.
Ich habe noch nie mit einem Gärtner geredet.
Leider.
Denn wie ich später erfahren habe, wäre
der Mehraufwand gering gewesen und wesentlich gewinnbringender, als meine
ständige Umgraberei, plus dem wahrscheinlich alles multiplizierenden
Fakt, vor nichts davongelaufen zu sein.
Wie ich diese Frage zugelassen hätte, sehn
sie, das macht mich nun wirklich stutzig, denn ich weiß es nicht..