Andreas Korte

Heimspiel

 

„Verdammt, wo ist mein Trikot?“

„Welches Trikot?“

„Na rat´ doch mal, wer heute spielt?“

„Borussia?“

„Und welches Trikot such´ ich dann?“

„Das von Borussia?“

„Bingo. Und wo ist es nun?“

„In der Wäsche.“

 

 

An diesem Samstag ging Gert das erste Mal seit Jahren ohne Trikot zu einem Heimspiel seiner Borussia. Ansonsten verlief dieser Spieltag wie immer: Um 11:45 ging er los zum Bahnhof, dann mit dem Zug nach Dortmund, von dort aus zu Fuß zum Stadion und wartete dort, bis die Ordner gegen 13.30 Uhr die Blöcke öffneten. Dann ließ er sich seine Dauerkarte für die Südtribüne abknipsen, ging auf die Tribüne und schaute in das weite, noch leere Westfalenstadion. Gert Dambrowksi sich seine erste Dauerkarte vor gut 10 Jahren gekauft, schon damals für die Stehtribüne.

„Sitzen ist was für den Arsch und außerdem zu teuer.“ So einfach und logisch lautete damals die Begründung.

Heute stand er also das erste Mal ohne Trikot im Fanblock. Ein komisches Gefühl war das, er kam sich vor wie ein Fremder im eigenen Stadion. Gert drehte sich eine Zigarette und setzte sich auf den Betonbeton, es war Sommer und der Boden noch angenehm warm. Das würde sich im Laufe der Saison ändern. Diese Sommerpause war, der Europameisterschaft in Portugal geschuldet, recht lang gewesen. Man hatte sich lange nicht gesehen und die Vorfreude auf die neue Saison war groß.

 

 

Der BVB hatte vor 2 Wochen im UI-Cup all seine Chancen auf die UEFA-Pokalteilnahme verspielt. Gegen Genk. Ohne Gert, denn der machte Familienurlaub, UI-Cup war nicht eingeplant, als die Reise gebucht wurde. Schalke war eine Runde weitergekommen und die Fans hatten gesungen „Seht ihr Dortmund, so wird das gemacht.“ Da hatte Gert den Fernseher ausgemacht und Schalke noch mehr gehasst als vorher. Und er würde diese Saison ohne Europacupspiele auskommen müssen. Dabei liebte Gert gerade die Wochentagsspiele ganz besonders, da konnte es ruhig mal später werden – ohne das Ruth etwas sagen würde, denn meistens schlief sie dann schon, wenn er nach Hause kam.

Vielleicht würde es dieses Mal aber im DFB-Pokal besser laufen, auch da gab es Wochentagsspiele.

Gert schnippte die Zigarettenkippe die Stehränge hinab, stand auf und verließ das Stadion gegen den Strom der ankommenden Fans.

 

 

Es war kurz nach 14:30 Uhr, als es bei Silke Tenwert an der Tür klingelte. Hastig entkorkte sie den Sekt, eilte zur Tür – nicht ohne mit einem schnellen Blick die Frisur geprüft zu haben – und öffnete sie.

„Hallo Gert“, sagte die junge Frau und küsste ihn. Lange und auf den Mund. Dann schaute sie ihn an und stellte verwundert fest: „Na so was, Du bist ja inkognito. Wo ist Dein Trikot?“

„In der Wäsche.“

„Ein Sekt zum Warmmachen?“

„Klar“, sagte Gert und sie gingen ins Wohnzimmer.

Silke trug einen Morgenmantel mit asiatischem Muster und als sie sich auf das Sofa setzte, schob sich das Oberteil – wie durch Zufall oder auch nicht – auseinander und gab einen Blick auf ihre Brust frei. Schwarz und gelb leuchtete es Gert entgegen. Silke trug heute einen gelben BH mit schwarzem Rand und dem BVB-Emblem auf der Mitte jeder Brust, ungefähr da, wo sich die Brustwarzen befinden.

Sie schenkte den Sekt ein, drückte Gert ein Glas in die Hand und prostete ihm zu: „Auf die neue Bundesligasaison.“

„Auf uns“, sagte Gert und leerte das Glas in einem Zug.

„Und unsere 3. Saison“, ergänzte Silke.

Dann sagte sie „Komm.“ und zog Gert zu sich auf das Sofa herab.

Im Hintergrund lief schon Premiere, aber noch mit der Wiederholung der Freitagskonferenz aus der 2. Liga.

„Ich muss mal pinkeln“, sagte Gert.

„Ich geh´ dann schon mal ins Schlafzimmer.“

 

 

Pünktlich zu Spielbeginn saßen die beiden wieder auf dem Sofa. Welch aphrodisierende Wirkung ein Tor der eigenen Mannschaft haben kann, wurde ihnen nach Ewerthon´s 1:0 genauso bewusst, wie der körperliche Schockzustand nach 2 mal Bradric zum 1:2.  Es lief danach nichts mehr zusammen. Weder im Stadion nach in Silkes Wohnung. Das zweite Heimspiel endete mit der zweiten Enttäuschung und es gab diesmal keine schnelle Nummer nach Spielende, wie sonst, wenn sich die Mannschaft von der Südkurve feiern ließ.

 

 

„Wann sehen wir uns wieder“, fragte Silke, die zu erwartende Antwort auf Grund des auswendig gelernten Spielplanes kennend.

„Nächste Woche geht es nach Mönchengladbach, dann ist Pokal in Lübeck, das Wochenende darauf Länderspiel. Also, das nächste Heimspiel ist dann erst wieder am 28. August, gegen Hannover 96.“

„Das ist lang hin“, seufzte sie recht leise..

„Ich geh´ dann mal“, sagte Gert. „Ist schon spät.“

 

 

Auf dem Heimweg nahm Gert noch ein paar Bierchen im Dortmunder Hauptbahnhof zu sich und holte sich Fanmeinungen über das Spiel ein, er musste für das Gespräch zu Hause gut informiert sein.

 

 

Es war kurz nach 20 Uhr, als er die Haustür öffnete.

„Wie war das Spiel,“ schallte ihm die Frage durch die offene Küchentür entgegen.

„Beschissen.“

„Setz´ Dich schon mal ins Wohnzimmer. Essen ist fertig.“

 

 

Ruth trug an diesem Abend einen Morgenmantel mit asiatischem Muster und als sie sich auf ihren Stuhl an den Esstisch setzte, schob sich das Oberteil – wie durch Zufall oder auch nicht – auseinander und gab einen Blick auf ihre Brust frei. Schwarz und gelb leuchtete es Gert entgegen. Ruth trug heute einen gelben BH mit schwarzem Rand und dem BVB-Emblem auf der Mitte jeder Brust, ungefähr da, wo sich die Brustwarzen befinden.

 

 

 

 

 

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Andreas Korte).
Der Beitrag wurde von Andreas Korte auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.01.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Andreas Korte als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Mystische Dimensionen in den Märchen von Jürgen Wagner



10 bekannte und auch unbekanntere Märchen aus Europa, Afrika und Asien, die tiefste menschliche Wahrheiten berühren – dargelegt und interpretiert.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Alltag" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Andreas Korte

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

After-WM-Party bei Uli zu Hause von Andreas Korte (Satire)
Der Kampf gegen die panische Angst von Michael Reißig (Alltag)
Weihnachtliche Vorboten von Norbert Wittke (Glossen)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen