Norbert Blüm

Das Erwachen

Es war bereits neun Uhr morgens, doch das helle Tageslicht vermochte es nicht die Nacht aus der betonierten, zerstörten Wüste zu vertreiben. Die hellen, hoffnungsvollen Sonnenstrahlen bohrten sich nur vereinzelt durch den dichten, dunklen, alles auffressenden Schleier aus einer künstlichen Wolke. Es war als würde diese Wolke immer weiter herab sinken und das entgültige Unglück in sich mitführen. Ein Geruch aus Blei und Rauch flog mit voller Gewalt in seine blutige Nase und schnürte im das locker eingemauerte Herz wie mit einem Stacheldraht ab. Nach frischer Luft schnappend wachte er auf. Seine mit schwarzem Dreck beschmutzten Augenlieder sprangen wie erschreckte Heuschrecken auf. Im Inneren seiner Augen war ein tiefes schwarzes Loch zusehen, dass unendlich zu sein schien. Seine Lippen waren nicht mehr vorhanden, sie verschmolzen zu einem einheitlichem schwarzen Bild, zusammen mit seinem ganzen Gesicht. Sein ganzer Körper zitterte als ob im kalte wäre, doch war ihm geradezu heiß und er wollte nicht mehr auf der schwarzen, toten Erde liegen. Die Erde die ihn umgab war nicht mehr die an die er sich erinnerte, es war nicht mehr die Erde die alles zum blühen brachte, die immer so voller Leben war, sie war heiß, obwohl sie tot war, ohne die ihm bekannte Sicherheit, als würde sich gleich ein Abgrund auftun und ihn verschlingen. Sie verbrannte sein Leib wie Feuer, der bröckelige Boden unter ihm wurde heißer und heißer, als hätte sich von tief unten das Höllenfeuer fast bis zu ihm durchgeschlagen, so dass er, ähnlich einem noch lebendigem Fisch auf einer Bratpfanne, gebraten wurde. Fast schon unmächtig durch dieses gepeinigte, folternde Gefühl sprang er auf und lief los. Am ganzen Elend, Leid, an der ganzen Zerstörung und lächelndem Tod vorbei. Füllig außer Atem blieb er stehen, das brennende Gefühl in seinem Körper war weg, er guckte sich immer schneller im Kreis drehend um. All diese erschreckenden Eindrücke, er konnte es nicht fassen, was war geschehen aus der Unsterblichkeit seines GROßEN und seinem Erschaffenen. Um ihn herum standen graue Fragmente einstmals starker, bewohnbarer Berge und sie standen nur noch auf einem Fuß, der hin und her wackelte. In seinem Kopf und in seinem Herzen machte sich das stachelige Gefühl der Enttäuschung breit. Durch einen tiefen Atemzug wollte er sich dieses Gefühls bereinigen, doch ein verfaulter Geschmack ließ ihn fast ersticken und ein schwarzer Nebel umhüllte für kurze Zeit seinen Geist. Als er wieder zu sich kam, wurde die Enttäuschung durch einen vulkanischen Wutausbruch überrollt und für immer zerstört. Sein Kopf war jetzt durchtränkt mit einem starken und nicht endendem Hass. Seine Augen flammten auf wie Feuer spuckende Drachen, in seinem schwarz verdreckten Gesicht zeichneten sich rot aufgeladene Flecken auf, die wie Warnlampen die gleich zu platzen schienen leuchteten. Er ballte die Fäuste zu großen Vorschlaghämmern, spannte seinen ganzen Körper wie zum Kampf bereit an und ließ einen erlösenden, übernatürlichen Schrei heraus. Die Mauer die um sein Herz führte wurde mit einer kräftigen, unsichtbaren Faust zerschlagen und durch einen eiskalten Niederschlag aufgeweckt, es sprang jetzt heftig hin und her in seinem Brustkorb, als wollte es raus aus dem verdreckten Umfeld. Er fiel auf die Knie und fühlte sich als wäre er einen Marathon gelaufen. Ganz langsam kühlte er ab und erhob sich wieder. Er wollte nur noch weg, nichts mehr damit zu tun haben, er hatte Mitleid mit sich selbst, obwohl er wusste, dass es nichts helfen würde, doch er konnte nicht anders und auf einmal wurde sein Gesicht durch die salzigen und dicken Tränen gereinigt. Seine Augen ertranken im nicht endenden Fluss, der ein Stück des Ballastes, womit sein Herz behangen war, mit rausspülte. Ein heller Schein machte sich in seinem Kopf breit, der auch die Augen erfasste und sie mit einem Leuchten, wie die aufgehende Sonne an einem neuen Tag, beschenkte. Sein Gang war jetzt nicht mehr so gekrümmt, er war fest und entschlossen. Auf einmal, von einen auf den anderen Moment, fühlte er einen Ruck durch seinen Körper ziehen , er spürte eine große Hitze in seinem Bauch, die ihn aber keine Schmerzen bereitete, er fühlte sich als könnte er fliegen, er wurde immer leichter und leichter. Auf einmal sah er vor sich ein helles Licht, dass wie eine Tür aussah, es wurde immer größer, bis es ihn schließlich umschloss. - Laute, ihm zu bekannte Geräusche ließen ihn aufschrecken, er wunderte sich. `Was ist passiert, hab ich schon wieder geschlafen?` Er bemerkte, dass die Sonne viel stärker schien als es eben noch der Fall war. Sie brannte auf seinem Gesicht und um ihn war alles fremd, da standen Bäume mit langen grünen Blättern, die sich dem Boden neigten und der Baumstamm war dünn und ähnelte einer Zwergentreppe. Die lauten, dumpfen Geräusche wurden immer lauter, sie nährten sich ihm. Plötzlich sah er etwas auf sich zu kommen, er merkte es kam mit einer hohen Geschwindigkeit auf ihn zu, doch er sah alles wie in Zeitlupe. Diese Situation war ihm schon irgendwie bekannt, doch jetzt war er da, aber auch nicht. Es bohrte sich durch ihn durch und hinterließ ein kochendes Empfinden in seinem Bauch, diese entstandene Glut in seinem Bauch erhitzte sein Herz, bis es anfing zu brennen, aus seinen Augen floss ein Wasserfall, der durch den ganzen Körper ging. Jetzt verstand er, es war schon viel Zeit vergangen seit dem er erwacht war und er konnte es nicht fassen, dass nach soviel Zeit es viele nicht geschafft haben es ihm gleich zu tun.

 
Norbert Andrzej Blüm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Norbert Blüm).
Der Beitrag wurde von Norbert Blüm auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.02.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Norbert Blüm als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Bis in alle Ewigkeit von Ina Zantow



Ina Zantow beschreibt die Leidensgeschichte ihres Sohnes, der nach einem Unfall schwerstbehindert überlebt. In ihrem Buch verarbeitet sie ihre Ängste und Hoffnungen ohne jemals rührselig zu sein. Sie beschreibt offen ihre Kämpfe um Therapien und um den Erhalt ihrer eigenen Kraft als Mutter. Ein berührendes Buch um ein nicht alltägliches Schicksal.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Krieg & Frieden" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Norbert Blüm

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Vergiftetes Wesen von Norbert Blüm (Sonstige)
Coventry - Pazifistischer Aufsatz von Paul Rudolf Uhl (Krieg & Frieden)
Was ist Glück von Norbert Wittke (Einfach so zum Lesen und Nachdenken)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen