Philip Whitfield
Alles auf einmal
Was es nicht alles gibt! Bier in der Einliterdose. Wow! Lobt und
preiset den Herrn, was er uns alles ermöglicht, sogar ihn haben wir
erfunden. Ich beuge mich dem Menschlichen Intellekt, eine Verbeugung
bis ich Staub fresse.
Angefangen
hat ja alles mit den ersten Homo Sapiens, die irgendwann aufrecht zu
gehen begannen. Zumindest behauptet das Darwin, aber in Anbetracht der
Alternativen glaube ich ihm. Oder glaubt jemand ernsthaft daran, dass
die Frau aus einer Rippe des Mannes entstanden ist. Wie tief muss der
IQ einer Person sein, die diese Version der Darwinistischen bevorzugt.
Nicht, weil sie wie ein Märchen klingt, das ist ja schön, aber bedenkt
nur mal, die Frau wäre tatsächlich aus dieser frisch entnommenen Rippe
entstanden, weshalb sollte sie dann Kinder gebären können? Oder besser,
weshalb war dann nicht die Frau zuerst, gebar den ersten Mann und dann
zwanzig Jahre später hätte sie ihn gefickt und daraus wären dann die
Nachkommen entstanden.
Das wäre dann Inzest, der ist kirchlich
verboten, also hat es Gott von Anfang an darauf abgesehen Adam und Eva
aus dem Paradies zu schmeissen. Irgendwo mussten die beiden ja ihren
Trieb ausleben. Dabei waren sie ja nicht mal getraut. Und ich dachte
Sex vor der Ehe sei verboten. Noch eine Sünde. Die ganze Menschheit ist
miteinander verwandt und dann auch noch unehelich. Und so was beten die
Christen an? Wie blöd muss man sein um nicht einmal die simpelsten
Überlegungen anzustellen?
Aber so ist der Mensch, er kriegt
etwas vorgesetzt und weil Mammi immer gesagt hat, man isst, was auf den
Tisch kommt, akzeptiert er es einfach. Es ist ja schön, wenn man
jemandem vertrauen kann. Aber Hingabe ohne Kopf geht dann doch zu weit.
Hirn aus, Meinungen rein, Persönlichkeit spülen. Die Bauanleitung für
die perfekte Gesellschaft. Und das meine ich ernst. Wir funktionieren
am allerbesten, wenn wir einfach die Fresse halten und parieren. Dann
gäbe es keine Kriege, keine Probleme, keine Abenteuer, kein Leben. Ein
Führer und jede Menge Gefolge, absolut sinnvoll.
Auch Herrscher
sind nur eine Erfindung unseres kranken Geistes. Genau so wie
Tierquälerei, Fremden- und Schwulenhass, Heroin, Politiker,
Demokratien, Schokolade, Techno Musik und was weiss ich alles. Der
Diktionär mit allem, was ich nicht weiss, wäre ungemein viel grösser
als einer, der mein sämtliches Wissen beinhaltet. Wie kann ich es also
wagen ein Urteil zu fällen? Wie kann überhaupt jemand für sich
beanspruchen über andere richten zu können?
Trotzdem tun wir es
andauernd und wisst ihr was? Es ist mein grösstes Hobby, es gibt nichts
schöneres, als Mitmenschen zu beobachten und sich eine Meinung zu
bilden. Oftmals denke ich dann auch, was für ein Idiot und lache ihn
aus. Innerlich natürlich, ich weiss ja, was sich gehört. Niemals würde
ich einem Superbünzli zeigen, wohin er sich seine Schweiz stecken kann,
obwohl das wohl das einzig Richtige wäre. Doch diese Gesellschaft hat
mir eine Hemmschwelle auferlegt, die ich kaum durchbrechen kann,
höchstens mit abwertenden Texten, die dann jeder als verachtend,
sarkastisch, gemein abtut.
Hallo Leserinnen und Leser, jetzt
spreche ich euch direkt an, ich weiss zwar nicht, wer ihr seid, aber
ich glaube Volltrottel. Willkommen in meiner Welt, eigentlich habe ich
euch nichts zu sagen. Ihr lest noch immer? Dann gebt mir alles zurück!
Ich bitte darum. Es kann doch nicht sein, dass wir uns andauernd
anlächeln, obwohl wir uns am liebsten die Zähne einschlagen würden!
Jeder trägt Gewaltpotential in sich. Lebt es doch aus, lasst mich euer
Boxsack sein! Aber seid nicht überrascht, wenn ich mich wehren sollte.
Manchmal
habe ich Angst in der Strassenbahn, ich sehe ausdruckslose Gesichter,
die den ganzen Tag im Büro, mit ihren Kindern, auf einer Baustelle
verbracht haben. Es wird von ihnen verlangt perfekt zu sein, immer
Kontrolle zu bewahren. Ein Fehler und die Karriere wird weggespült, wie
ein toter Goldfisch. Immer mehr verfallen den Drogen, würde ich auch,
wenn ich nicht dieses Gefühl der nüchternen Freude dermassen lieben
würde. Viele vergessen ihre Identität und werden zur Maschine, einer
wandelnden Zeitbombe, ein Damm kurz vor dem Durchbruch.
So viel
vergrabene Gefühle, ohne Ventil, ein Dampfkochtopf, der auf dem Gasherd
vergessen wird. Kabumm! Ein Wunder, dass nicht mehr Explosionen folgen.
Aber irgendjemand scheint regelmässig das Feuer zu löschen und ich habe
keine Ahnung wer.
Unsere Bedürfnisse werden ignoriert und mit
Einliterbier ruhig gestellt. Ein bisschen Freude, danach Kater und das
grosse Bereuen.
Schon mal ein Dorffest oder die Fasnacht
besucht? Volltrunkene Bürger und Drogengegner laufen besoffen zur
Höchstform auf, sind unkontrollierbar. Denen traue ich in solchen
Momentan alles zu. Da ist der Andrang am Gassenzimmer Nichts dagegen.
Aber die dürfen das, denn unter der Woche parieren sie schliesslich.
Das Wochenende, unser letztes Quentchen Freiheit, zumindest für alle
jene, die nicht im Coop Pronto arbeiten müssen. Arme Schweine, ihrer
letzten Freiheit beraubt.
Ich versuche so zu Leben, wie ich
gerade Lust habe, zu tun, was ich will und ich weiss, ich werde nie
akzeptiert werden, wenn ich mich nicht ändere. Wen kümmern
Gesellschaftskritische Texte? Wer würde an einer Lesung teilnehmen? Die
erste Smalltalkfrage:
„Ah und was machst du so?“
„Ich mache dich, deinesgleichen und Smalltalkt fertig!“
„Oh, wie nett!“
„Ja finde ich auch.“
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.02.2006.
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