Daniela Nitz

Zeitverschwendung

Sommer, was für eine schöne Jahreszeit. Leider war in diesem Jahr Berlin nicht grad mit Sonne geschmückt, was mich ein wenig störte, ganz besonders, weil ich von Natur aus blass war. Manchmal beneidete ich meinen Freund Steffen, weil ihm schon ein wenig Sonne reichte, um braungebrannt vor mir zu stehen. Nun ja, ich hätte auch Solarium nutzen können, doch meiner Meinung nach sieht mir diese Bräune nach wie vor einfach zu künstlich aus. Also verwarf ich diesen Gedanken schnell wieder.
Da war diese Nachricht, die ich einige Tage später erfuhr, wie eine Art Geschenk. Seit einiger Zeit hatte Steffen wieder Kontakt zu Angie, einer Bekannten aus Spanien, aufgenommen. vor einigen Jahren ist sie mit ihrem Sohn André dorthingezogen und hatte eine Geschäftsidee, die sie endlich beim zweiten Anlauf in Angriff nehmen wollte. Ich war an dem Tag wieder im Treppenhaus mit wischen dran, da Steffen Hauswart ist, gehört das mit zu den Aufgaben. Nun gesagt, getan, ich war schon fast fertig, als er aus dem Keller kam und mich fragte: "Hast du Badesachen?" Was für eine Frage dachte ich so bei mir und antwortete ihm: "Ja, aber nur den Badeanzug." "Nee, lass mal, den sieht man ja immer noch auf deinem Rücken. Wir besorgen dir einen Bikini, vielleicht verschwindet ja dann der Badeanzug und außerdem kommst du dann zu deiner Bräune." Charmant wie immer grinste er mich unverblümt an, doch hatte er letztenendes Recht und außerdem freute ich mich einfach zu sehr darauf. Zum ersten Mal werde ich nach Spanien fahren!
Wir erfuhren, dass wir noch jemanden mitnehmen sollten. Ihr Name war Olga und eine gute Freundin von André. Jetzt ging es daran alles zu organisieren und dafür zu sorgen, dass die Sachen zu Hause auch weiterhin liefen. Das war kein Problem, weil dafür fühlte Steffen sich verantwortlich, während ich derweil die Sachen für uns zusammen packte. Wir hatten alles was wir brauchten beisammen und legten uns für die kommende Fahrt noch ein wenig hin. Besonders Steffen brauchte viel Schlaf, da nur er einen Führerschein besaß. Dann war es soweit, Sonntag der 24. Juli 05, dass Handy weckte uns unsanft aus unseren Träumen, doch ich war putzmunter, denn endlich sollte es losgehen. Während Steffen das Auto vom Hof holte, stellte ich die ganzen Sachen vor die Tür und lud sie ein.
Danach ging es sofort los. Als erstes gab ich die Adresse von Olga in Braunschweig in den Navi ein und unterdessen telefonierte mein Steffen mit Olga, um ihr zu sagen das wir losgefahren sind und die ungefähre Ankunftszeit. Nachdem wir bei ihr nachts so gegen 0 Uhr ankamen und sie einsammelten, brauchten wir zwei Tage und Nächte bis Spanien. Wir fuhren die ganze Zeit Autobahn am Rande Frankreichs entlang wobei wir nicht viel von der Stadt Montpellier sehen konnten. Doch konnte man trotz alledem die Landschaft genießen und die Veränderung der Vegetation beobachten. Es war klar, dass je näher wir Spanien kamen, desto mehr Zypressen sammelten sich am Rande der Straße und auch die Häuser veränderten sich langsam in den typisch dafür spanischen Stil. Nachdem wir die Grenze nach Perpingon überquerten und auf der Straße E15 weiter Richtung Barcelona fuhren, folgte auch schon die Ernüchterung, die hohen Mautgebühren, was natürlich nicht zu ändern war und hinzu kam noch die begrenzte Fahrzeit, so dass wir uns Umwege nicht erlauben konnten. Wir sollten genau zu André's Geburtstag am Dienstag den 26. Juli 05 ankommen. Tja durch die Samstagstour konnten wir leider erst Sonntag fahren, also kein Spielraum für längere Wege. Olga war ein sehr ruhiger Fahrgast und man musste ihr so ziemlich alles aus der Nase ziehen. Ganz banale Sachen halt wie Essen, Trinken usw..."Wie lange noch?", fragte ich Steffen. Er schaute auf den Navi und meinte: "Na wir werden wohl nachts in El Ejido ankommen. Wenn wir da sind, muss ich Angie sowieso anrufen, damit sie uns abholen kann. Doch jetzt müssen wir erstmal tanken und bis Barcelona ist es auch nicht mehr weit." Der Sprit war recht preiswert und so füllten wir unsere 2 x 20 L Reservekanister gleich auf. Tja und dann musste es ja kommen; in Barcelona verfuhren wir uns schließlich. Wir irrten mindestens eine dreiviertel Stunde dort herum, um die richtige Ausfahrt zu finden, denn offensichtlich wurde diese Straße verlegt oder umgebaut oder besser gesagt, sie führte uns immer wieder zum Hafen und da wollten wir ganz bestimmt nicht hin und durch nen Zufall fanden wir die Ausfahrt dann doch und konnten unsere Fahrt fortsetzen.
"Also das hätte man ja hier wirklich besser ausschildern können. Man sucht sich ja dumm und dämlich.", motzte ich nur rum. Steffen nickte nur, denn schließlich musste er sich ja weiterhin auf den Verkehr konzentrieren. Wir fuhren an vielen Kleckerdörfern vorbei oder durch und waren sehr froh, als wir endlich die hell erleuchtete Stadt Alméria erblickten. Das hieß, es waren nur noch wenige Kilometer bis El Ejido und grad wollte Steffen Angie anrufen, als sein Handy klingelte. Tja und wer war dran... natürlich Angie. "Wo seid ihr denn jetzt?" ertönte ihre Stimme aus der Freisprechanlage. "Wir sind gerade an Alméria vorbeigefahren. Ich denke ungefähr noch eine halbe Stunde, dann sind wir da.", gab Steffen zur Antwort. Angie lotste uns bis zum verabredeten Treffpunkt, wo sie, ihr Sohn André und ihr Lebensgefährte Lothar im Auto warteten. Dann fuhren wir hinter ihnen her bis zum Haus. Endlich da und Hundemüde, wollte ich eigentlich nur noch ins Bett. Aber es kam anders. Wir ließen uns alle in der Küche nieder und redeten über die Fahrt und vieles mehr. Derweil nippte ich am Traubensaft und bemerkte daraufhin ein unangenehmes Brennen im Hals, was bei mir einen Brechreiz auslöste. Alle schauten mich an und Steffen fragte was los sei. Nur mit Mühe würgte ich hervor, dass der Saft brennt. Zuerst schauten sie mich ungläubig an und meinten es sei gewöhnungsbedürftig, da die gleichen Säfte in Deutschland anders schmeckten. Doch selbst André und Steffen kosteten und stimmten mir dann zu.
Na das fing ja gut an, dachte ich. Nach einer Weile ging es wieder und allmählich wurde es auch schon hell. Ich schaute auf die Uhr und konnte es kaum glauben. Schon 8 Uhr war es und ich hatte nicht einmal gemerkt, dass wir schon seit vier Stunden in der Küche saßen und durch das Erlebnis mit dem Saft, verspürte ich nicht die geringste Müdigkeit. "Wir sollten langsam ins Bett gehen. Nachher können wir dann überlegen, was wir heute machen werden.", sagte Angie.
Es überraschte mich, denn kaum machten wir uns im Gästezimmer Bettfertig, überkam mich auch schon die Müdigkeit und ich schlief schnell ein. Gegen 14 Uhr standen wir beide auf und hörten in der Küche Stimmen. Die Anderen waren wohl schon eine ganze Weile wach. Ich hatte nicht sonderlich großen Hunger, um ehrlich zu sein, überhaupt nicht. Steffen und ich machten uns fertig und fuhren allesamt mit den Autos, die Gegend erkunden. Wir entschlossen uns, ans Meer zu fahren und als wir auf einer Anhöhe die Bergstraße hinunterfuhren, sah ich weit und breit nichts weiter als riesige Gewächshäuser. Die ganze Gegend war damit übersät und etwas weiter sah man schemenhaft das Meer. Dafür das kaum Wind zu spüren war, war das Wasser ziemlich stürmig. Das bekam ich dann auch noch am eigenen Leib zu spüren. Es machte Spaß da rum zu planschen aber das Salzwasser schmeckte scheußlich und nach dem 5. oder 6. Mal untertauchen hatte ich erstmal die Nase voll und das im wahrsten Sinne des Wortes. Es war schon später Nachmittag, als wir uns langsam auf den Rückweg machten. Man war das staubig und wie das Auto aussah, als wir zurückkamen, also spritzten wir es erstmal mit Wasserschläuchen ab, doch im Grunde war es ein sinnloses Unterfangen. Naja viel konnten wir an dem Tag auch nicht machen, da Mittagspause war - von 14-17 Uhr - und die Läden alle erst 17 Uhr wieder öffneten. Was für eine Arbeitsmoral, schoss es mir durch den Kopf. Aber es sollte noch dicker kommen. Ein paar Tage später mussten Angie und Lothar wieder für ihre Spedition fahren. Toll, jetzt konnten Steffen und ich erst recht nicht mehr das erledigen, weswegen wir beide eigentlich nach Spanien gekommen sind. Denn wir haben uns nur überwiegend Grundstücke im Internet angesehen, obwohl sie meinte, dass sie da schon welche hätte, die sofort gekauft, saniert und wieder verkauft werden könnten. Doch dem war nicht so; nur leeres Geschwätz. Das Schlimme war, dass die Dinge zu Hause auch nicht so liefen wie geplant und abgesprochen.
Aber so ist es immer, da plant man etwas und kommen tut es jedes Mal anders. Warum sollte es auch einmal nach Plan verlaufen? Ist das denn zuviel verlangt? Offensichtlich und so kreisten meine Gedanken ständig in diese Richtung. Hinzu kam, dass wir mittlerweile alles gesehen und erkundet hatten und da André sich nicht so gut in der Umgebung auskannte, besonders was die Grundstücke anging, blieb uns nichts weiter übrig, als im Haus zu bleiben und die Zeit irgendwie rumzubekommen, was natürlich garnicht so einfach war. Für Steffen war es besonders schwierig, da Langeweile für ihn tödlich war. Nur rumsitzen und nichts tun, konnte er noch nie ab. Wir verbrachten einen Tag wieder am Strand wobei Steffen und ich uns einen schlimmen Sonnenbrand zuzogen, da wir die Creme vergessen hatten. Naja zumindest sind wir so zu Farbe gekommen, wenn auch für einen unangenehmen Preis.
Dann endlich nach über einer Woche kehrten Angie und Lothar zurück und Steffen und ich beschlossen wieder nach Hause zu fahren. Das war immer noch besser, als hier länger rumzuhängen. Tja am nächsten Tag packte ich die Sachen und obwohl Olga ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter zog, packte auch sie widerwillig ihren riesigen Koffer. Natürlich hatten wir statt der 2 Wochen 4 eingeplant, aber nicht unter den gegebenen Umstände. Lothar gab uns noch eine Wegbeschreibung mit, die Stunden in Anspruch nahm und zusätzlich zwei Karten von Spanien und Frankreich. Nun denn, endlich nach der Besprechung  verabschiedeten wiruns von den Dreien und fuhren spätabends Richtung Heimat. Wir kamen auch sehr gut voran, außer dass wir uns doch ein klein wenig verfuhren, aber wir brauchten wenigstens nicht so lange um den richtigen Weg wieder zu finden wie seinerzeit in Barcelona.
Ich freute mich schon riesig auf zu Hause und Steffen, dass wusste ich, erging es ebenso. Also erste Station war natürlich wieder Olga bei ihren Eltern abladen und von der Zeit her brauchten wir genauso lange wie auf der Hinfahrt. Nachdem sie zu Hause war ging's weiter nach Berlin und es dauerte ja schließlich auch nicht mehr lange. So kamen wir Samstag früh endlich zu Hause an. Und nach dem Ausladen ging es erstmal ins Bett, denn Schlaf hatten wir nur sehr wenig bekommen, da Angie's Hunde jede Nacht bellten. Wunderbar, endlich Schlaf, dachte ich nur noch und entschlummerte! Und einen riesen Hunger hatte ich mitgebracht. Logischerweise!!!
Letztenendes bewies diese Fahrt, dass es reine Zeitverschwendung war; zwar kam ich zu meiner Bräune, doch die Idee von Angie wurde auch dieses Mal nicht in die Tat umgesetzt.
 
- Ende -

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.02.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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