Marc-Oliver Matt

Die Verwandlung


Schweissgebadet erwachte Webbie aus ihrem Schlaf. Es war noch tiefe Nacht.
Mühsam stand sie auf. Der Alptraum hatte sie viel Kraft gekostet. Mit einem
Ruck schob sie die Vorhänge am Fenster zu Seite und blickte hinaus in die
schwarze Nacht. Nur der volle Mond brachte Licht, und es war ein unheiliges
rotes Licht, dass er auf die Welt warf. Wie in Blut getaucht erstreckte sich
die Festung unter Webbies Turmzimmer.
„Töte! Hasse! Schände!“, hallte es in ihrem Kopf. Sie hämmerte wild dagegen.
Doch die Worte wurden nur eindringlicher.
Sie blickte zurück auf ihr Strohlager. Hatte sich dort nicht eben etwas bewegt?
Sie schüttelte den Kopf. Es konnte sich nichts bewegt haben, sie war alleine in
ihrem Zimmer, und doch, wem gehörten dann die Männerkleider, die über dem
einzigen Stuhl hingen?
Langsam ging sie zum Stuhl hinüber und strich über die Kleidung. Sie roch
seltsam vertraut. Wo konnte sie das schon einmal gerochen haben? Warum überfiel
sie ein Gefühl der Geborgenheit bei diesem Geruch. „Töte ihn!“, hallte es in
ihrem Kopf. „Bringe es zuende. Ergib dich mir.“ Wie in Trance griff sie nach
dem Schwert, das am Tisch lehnte. „TÖTE IHN!!!“, hallte es jetzt lauter in
ihrem Kopf. Sie hob das Schwert über ihren Kopf und ging wie von Teufelshand
gelenkt hinüber zum Bett. Ohne nachzudenken hieb sie darauf ein, zerstörte es,
bis nur noch Fetzen zu sehen waren. „SCHÄNDE SEIN HEILIGTUM!! TÖTE IHN!!!“,
rief es wieder in ihrem Kopf. Unter dem Ansturm der Stimme ging sie zu Boden.
Blut strömte aus ihren Augen, als sie sich wieder auf die Füsse stemmte.
Sie nahm das Schwert, riess die Türe auf, und begann die Treppe hinunter zu
stürmen. Unterwegs kam ihr ein Knecht entgegen. „Herr, was ist passiert?“,
stiess er hervor, doch mit einem Hieb trennte Webbie sein Haupt von seinem
Körper und lief unter der Blutfontäne hindurch. Nun war ihr Nachgewand auch
rot, wie der unheilige Mond.
Immer weiter ging es hinab. Sie stürmte auf den Hof, in den Stall. Wie von
Sinnen begann sie die Tiere abzuschlachten. Das Blut und die Eingeweide standen
schon knöcheltief auf dem Boden, als der erste Stallbursche, bewaffnet mit
einer Heugabel, hereinstürmte. Als er sah, wer das Blutbad anrichtete, hielt er
erschreckt einen Moment inne. Das kostete ihn das Leben. Ein gurgelndes „Herr,
....“ verlies noch seinen durchtrennten Kehlkopf, bevor Webbie mit der Klinge
sein Herz herausschnitt.
Schwer atmend sah sie sich im Stall um, lächelte glücklich, als sie das Blut
und die Eingeweide sah und packte das nach warme Herz, während sie schnellen
Schrittes den Stall verlies.
Nun führte ihr Weg sie direkt zur Kapelle. Sie hinterlies eine Bahn von Blut
auf ihrem Weg und vor der Kapelle hatten sich bereits einige Knechte
versammelt. „Herr, was ist in euch gefahren, kommt doch zur Vernuft!“, riefen
sie Webbie entgegen. Webbie lächelte nur kalt, hob das Schwert und begann los
zu stürmen.
Die Knechte traten ihr entgegen, hatten jedoch keine Chance. Webbie trennte Arm
um Arm, Bein um Bein, Kopf um Kopf, alles ab, was ihr im Weg stand. Die Knechte
wurden langsam zurück in die Kapelle getrieben. Bald glänzten die Wände von ihrem
Blut. Als Webbie sich das nächste Mal umsah, waren alle tot. Sie lächelte, nahm
das Herz des Stallburschen und presste es in den heiligen Kelch aus. Dann hob
sie den Kelch an ihre Lippen und trank mit dem Spruch auf den Lippen: „Für dich
mein Herr.“
Nun fiel ihr Blick auf das grosse Kreuz an der Wand. Sie ging hinüber, und riss
es herunter. „NIE WIEDER SOLLEN DEINE LÜGEN HIER VERBREITET WERDEN!“, schrie
sie in die Welt hinaus. „AB HEUTE HERRSCHT HIER EIN ANDERER HERR.“ Mit einem
Wimmern brach sie zusammen, doch sie sah lächelnd an sich hinab. Sie war wieder
sie selbst. Der Körper gehörte nun wieder ihr, um SEINE Taten zu vollbringen.
Zärtlich betastete sie ihre Brüste. „Ja, endlich wieder ich selbst.“ Zufrieden
setzte sie sich auf. „Das wars dann Gerun. Du und dein Kampf für die göttliche
Gerechtigkeit habt versagt. Nun herrsche ich wieder in diesem Körper und
Gerechtigkeit wird es mit mir nicht geben.“
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.03.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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