Eine „ einsame“ Frau!
Als ich damals zum Bootssteg
eilte um schleunigst nach dem Rechten zu sehen, weil mal wieder ein heftiges Unwetter
mit Regen und Sturmböen unsere Küste durchschüttelte, traf ich dort zufällig meinen
alten Freund >Bengt Larsson<.
Zuerst hab ich ihn gar nicht
bemerkt, doch durch das peitschende Geräusch der Sehne beim Auswerfen seiner
Angel, sah ich ihn im mannshohen Schilf stehen.
Und wer hier im Schilf steht
und angelt, der ist gerade dabei den Hecht an den Kragen zu gehen, denn da wo viel
Schilf ist, da ist auch viel Hecht!
Die Schweden schwören auf
diese Aussage!
Mit einem leisen >hey
Bengt<, machte ich mich bemerkbar.
Hey Björn, (in Schweden
nennt man mich Björn) kam es zurück ohne dass er sich umdrehte!
Entweder hat er mich schon vorher
kommen sehen, oder er hat mich sofort an meiner Stimme erkannt.
Ohne stehen zu bleiben
versuchte ich möglichst leise mit meinen Holzschuhen über den Steg, der
ebenfalls aus Holz war zu schleichen um nicht >seine< Hechte zu
verscheuchen.
Einige Boote sahen schon etwas
mitgenommen aus doch bei meinem Boot war alles in Ordnung.
Neben mir lag ein offenes
Ruderboot, das war von meinem Nachbarn > Per Anderson< und der bat mich schon
vor einiger Zeit doch auch mal nach seinem Boot zu schauen, besonders nach
heftigem Regen, um dann eventuell das Wasser aus seinem Boot zu schöpfen,
>wenn es Not tut< sagte er damals und das tat es!
Noch ein großer Regenguss
und das Wasser hätte fast die Oberkante vom Bootsrand erreicht!
Als ich schon kräftig am ausschöpfen
war, kam Bengt mit seiner Beute zu mir den Bootssteg entlang.
Na Björn, hörte ich seine
fragende Stimme, machst du heute etwa wieder Nachbarschaftshilfe?
Ich war gerade dabei noch den
letzten Rest aus dem Boot zu schöpfen.
Was sein muss, muss sein!
Erwiderte ich.
Dann hörte ich schon das
blecherne Geräusch von seinem Zinkeimer, den er mit einer Bravour auf den Steg
stellte das es nur so schepperte.
Als ich nun endlich meinen
Kopf hob, worauf er ja wohl gewartet hatte, zeigte er nicht ohne Stolz, den in
seiner rechten Hand hängenden Hecht.
Ein wirkliches
Prachtexemplar!
Dann schob er mir lässig mit
seinem Fuß den Eimer direkt unter meine Nase um mir den Rest seiner Beute zu
zeigen.
Mit einem skeptischen Blick
in den Eimer musste ich allerdings neidlos anerkennen, die drei prächtigen Hechte
die sich da noch des Lebens erfreuten, die waren nicht von schlechten Eltern!
Ich sah ihn an und nickte
zustimmend, dabei meine ich eine gewisse Zufriedenheit und mächtigen Stolz in
Bengt`s Gesicht gesehen zu haben.
Von uns beiden war er
nämlich der beste Hechtangler. Ich dagegen war mehr auf Hochseeangeln
spezialisiert.
Beim einsammeln meiner Schöpfwerkzeuge
fragte ich Bengt was er denn jetzt von einer schönen Tasse Kaffee halten würde?
Mit seiner klaren Aussage
>ja tack< nahm er also meine Einladung >deutlich< an!
Mit dem >deutlich<
wollte ich nur sagen, wer je in Schweden war der weiß wie wortkarg die Schweden
sind.
Das soll aber beileibe keine
Abwertung sein sondern nur eine Feststellung!
Und bei all meinem Staunen
über seine Fische, strengte ich mich natürlich auch an so wortkarg wie alle
hier zu sein.
Bengt wusste natürlich dass
ich mich immer so köstlich darüber aufrege, bei so viel Schweigsamkeit der
Schweden!
Als wir beide es uns endlich
am Kamin mit etwas Gebäck und einer Tasse Kaffee gemütlich gemacht hatten, fiel
dem Bengt zu dem Thema „ Schweigsamkeit der Schweden“ doch sofort folgende
Geschichte ein!
Da war mal eine allein
lebende also „einsame“ Frau.
Es soll um das Jahr „1930“
gewesen sein, und sie war so um die fünfzig Jahre alt.
Das Alleinsein war ja nicht
so schlimm, aber die nächsten Nachbarn mit dem sie sich mal unter vier Augen hätte
unterhalten können, die waren mindestens über eine Stunde Fußweg entfernt und
das beinahe in jede Himmelsrichtung.
Also gut!
Eines Tages im Dezember, es
war schon spät am Nachmittag, saß sie mal wieder oder besser gesagt wie immer,
einsam auf ihrem Sessel am Fenster und schaute ab und zu hoch um die weiße und
schöne Winterlandschaft zu genießen.
Ab und zu deshalb, weil sie eifrig
dabei war sich einen, wer weiß den wievielten, Schal aus der Wolle ihrer
kleinen Schafherde zu Stricken.
Als sie plötzlich in der
Ferne eine Gestalt auf ihr Haus zukommen sah.
Besuch hatte sich ihr aber
doch nicht angekündigt!
Auch in keinem der letzten zwei Briefe
die im Oktober und November gekommen sind.
Also wer in Gottes Namen konnte
das denn sein?
Als dieser Mensch, der da mit
schweren Schritten durch den hohen Schnee immer näher kam, war sie sich ganz sicher
bei so einer mächtigen Gestalt konnte es sich nur um einen Mann handeln.
Es dauerte auch nicht lange
und es wurde kräftig an der Tür gerüttelt und geklopft. Es war doch schon mehr
ein Hämmern als ein Klopfen.
Als sie dem Fremden die Tür
öffnete drang sofort ein ziemlich kalter Wind in die kleine aber warme Hütte.
Damit es nicht auskühlt, zog
sie ihn mehr oder weniger schnell ins Warme und schloss schnell wieder hinter
ihm die Tür.
Der fremde Mann stand wie
erstarrt vor Kälte vor ihr und sagte kaum ein Wort.
Nur ein >Hey< brachte
er hervor.
Seine Kleidung war fast
überall mit Schnee bedeckt und an den Beinen waren bis zum Knie Schneeklumpen
zu Eis gefroren.
Mit einer Handbewegung bat
sie ihn wortlos zu dem warmen Kachelofen.
Als er an dem Küchenherd
vorbeikam hielt er plötzlich inne und ohne ein Wort zog er seine schwere und nasse
Kleidung aus um sie dann vor dem Herd auf dem Boden auszulegen um sie zu
trocknen.
Etwas verwundert sah sich
das ganze an, machte sich aber gleichzeitig einige Gedanken wie sie ihn wieder einigermaßen
auftauen könnte!
Da sie vorsorglich immer
viele Eimer mit Wasser auf dem Herd zu stehen hatte, schon wegen der Tiere,
machte sie ihm gleich ein warmes Bad mit verschiedenen Kräutern.
Nicht umsonst hatte sie die
Kräuter im letzten Sommer so fleißig gesammelt.
Nun kommen sie gerade
richtig und dienen auch noch einem guten Zweck.
Als er von ihr die dampfende
und mit heißem Wasser gefüllte Zinkwanne angeboten bekam, zog er den Rest
seiner Kleider aus und legte sich in die Wanne und schwieg.
Weil er aber auch nichts sagte
ob es zu Warm oder zu Kalt sei, hat sie auch nicht gefragt und auch nichts
weiter gesagt!
Da sie der Meinung war das
er auch Hunger haben müsste, bereitete sie ihm inzwischen auch noch ein
deftiges Abendbrot.
Nachdem er das frische Bad aus
Kräutern so richtig genossen hatte, zog er sich von dem was an was einigermaßen
schon trocken war, setzte sich an den gedeckten Tisch und fing auch gleich zu
speisen an.
Ohne etwas zu sagen!
Er ließ es sich hörbar
schmecken, nickte ihr zu, sagte aber weiter nichts.
Sie schaute vom Fenster zu
ihm herüber, nickte zurück und sagte aber auch nichts!
So allmählich merkte sie, dass
er jetzt etwas müde wurde.
Er reckte und streckte sich
und gähnte mit weit geöffnetem Mund.
Es war ja auch kein Wunder
dachte sie. Erst die Wanderung durch den tiefen Schnee und in eisiger Kälte,
dann das warme Bad und nun auch noch das Essen!
Inzwischen ist es draußen
schon stockdunkel geworden.
Sie konnte ihn jetzt unmöglich
wieder in die Kälte schicken, also zeigte sie ihm mit einer Handbewegung das
Schlaflager und bot ihm die eine Hälfte
von ihrem Bett an.
Er stand auf, warf ein Blick
auf seine Kleidung, die da noch immer vor dem Herd lag und ging ohne irgendetwas
zu sagen zur Schlafstätte und legte sich in das Bett.
Sie stand nun etwas hilflos
da und sagte aber auch nichts!
Nach alldem unverhofften was
sie heute nun erlebt hatte, verspürte auch sie eine leichte Müdigkeit und
folgte dem Mann ins Bett und legte sich in die andere noch freie Hälfte.
Als sie sich zugedeckt hatte
und das Bett so gemütlich und mollig warm wurde, war sie schon fast im
Halbschlaf als plötzlich der fremde Mann in ihre Hälfte gekrabbelt kam. Er schmiegte
sich an sie, streichelte sie und fing nach einiger Zeit heftig an zu stöhnen.
Sie merkte das irgendetwas
passiert, aber was?
Auch sie fing an zu stöhnen
konnte es sich aber nicht erklären!
Nur das es ihr Wohltat.
Aber gesagt haben beide
nichts!
Als er sich dann wieder in
seine Betthälfte zurückzog, hat er nichts gesagt und sie hat auch geschwiegen!
Am nächsten Morgen hat er nach
einem guten Frühstück sich seinen getrockneten Kleidern zugewandt sich wieder angezogen.
Seine hart gewordenen Schuhe geknetet, geschnürt und ist schnurstracks ohne ein
Wort zu sagen zur Tür.
Im Türrahmen drehte er sich
noch einmal um und sagte nur „Hey“ dann ging er hinaus in den Winter.
Sie sah ihn noch nach wie er
schweren Schrittes durch den Schnee stampfend und dann allmählich in der Ferne
verschwand.
Er ward nie mehr gesehen!
Sie senkte fragend ihren
Blick und schob schweigend den Holzriegel der Tür vor!
Als dann sehr viel später,
es war schon Frühling, ihre Freundin zu Besuch kam, hat sie ihr die ganze
Geschichte erzählt.
Von dem Mann der da kam und
nichts gesagt hat.
Auch das alles so eigenartig
war, weil vorher nie erlebt aber doch so wunderschön.
Und als sie ihrer Freundin das
alles erzählt hatte, stellte sie ihr die eine Frage:
Sag Lotta: kannst „Du“ mir erklären was der eigentlich wollte?
Ja, so und nicht anders soll
es damals gewesen sein, und genau so hat mir auch mein Freund „Bengt Larsson“
die Geschichte erzählt
Und die Geschichte soll wahr
sein!
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Dieter Ruhland).
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.04.2006.
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