Karin Herrmann

Engel im Dunkeln

Engel im Dunkeln

 

 

Kennen Sie das? Sie fahren vom Einkaufen aus der Stadt nach Hause und freuen sich auf das Abendessen. In Gedanken packen Sie schon Ihre Einkäufe aus. Plötzlich bleibt das Auto stehen und sagt keinen Mucks mehr. Jeder Startversuch ist vergeblich, es bewegt sich nicht.

Was macht man nun als Frau, allein auf leerer Landstraße? Man hat keine Ahnung von der Psyche eines Autos, geschweige denn von dessen Technik. Erst mal die Motorhaube auf und nach den Kerzen sehen – das hat man uns grade noch so beigebracht. Aber dann hört es auch schon auf.

Als es mir einmal so erging und ich dastand, ganz allein und im Dunkeln, kamen mir erst mal die Tränen. Ich weiß heute nicht mehr, ob vor Wut oder aus Angst. Ringsum kein Mensch und bis nach Hause noch 10 Kilometer!

Ich setzte mich in den Wagen und war total verzweifelt. Das Handy lag zu Hause, natürlich! Was konnte ich also tun? Ich beschäftigte mich schon mit dem Gedanken, all meine Pakete unter den Arm zu nehmen und loszulaufen. Oder sollte ich einfach alles im Auto liegen lassen? Wie lange würde ich bis zur nächsten Ortschaft brauchen? Mindestens eine Stunde! Es war bereits Zwanzig Uhr dreißig. Unschlüssig stieg ich aus und lehnte mich an die Wagentür. Sollte ich wirklich?

Da sah ich ein Licht, das immer näher kam. Ich stellte mich vor meinen Wagen und brachte das Licht tatsächlich zum Stehen. Gott sei Dank!

Das Licht entpuppte sich als ein ziemlich alter VW. Aus diesem ziemlich alten VW stieg ein ziemlich junger Mann – höchstens Zwanzig!

Als er meine Hilflosigkeit sah, fragte er mich freundlich, wo es denn brenne und ob er helfen könne. Na, und ob!

Da die Motorhaube noch offen war, erbot er sich sofort, mal nachzusehen, woran es liegen könnte. Er konnte aber auch nichts finden, alles schien in Ordnung zu sein.

Plötzlich stellte er sich hin und lacht. Er lachte und lachte und konnte sich kaum beruhigen. Ich konnte nun auch nicht anders und stimmte in sein Lachen ein. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen.

Wissen Sie warum? Ich hatte schlicht vergessen zu tanken!

Nachdem wir unsere Lachpause beendet hatten, holte ich meine Reservekanister  aus dem Kofferraum und gab meinem durstigen Gefährt zu trinken. Da wir weit weg von der nächsten Tankstelle wohnten, war ich stets gut ausgerüstet.

Und so wie mein freundlicher Engel aus dem Dunkeln gekommen war, verschwand er auch wieder darin.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.05.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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