Rolf Grebener

Ein harter Winter

 

 

rn-Jakob Brautmüller ist mit seiner Frau Trinche und mit seinen Söhnen Habbo und Ubbo nach Kanada ausgewandert. Viel Arbeit liegt vor den Brautmüllers. Die heruntergekommene Farm wird instand gesetzt. Die Tage sind schon bedenklich kurz. Die Nächte werden eisig. Jürn-Jakob hackt schon mehr als 30 Tage mit seinen Söhnen Holz für den Winter. Es ist ihr erste Winter in Kanada. Mutter Trinche ruft alle zwei Stunden zum Tee. Es gibt echten Ostfriesentee mit Kluntje und Sahne. So tanken die Männer wieder Kraft. Vater, wie lange muss noch Holz gehackt werden, fragt Ubbo ungeduldig. Auch Habbo ist am murren. Beide sehnen sich im Geheimen wieder nach der Heimat, ihr geliebtes Ostfriesland. Vater, Jürn-Jakob hat auch keine Erfahrung mit den Wintern in Kanada, aber eine Idee. Nördlich der Farm auf einem Felsen sitzt tagein, tagaus ein alter Indianer. Den werden wir fragen, wie der Winter wird. Die Eingeborenen leben mit der Natur und kennen sich aus, meint der Vater. Habbo trifft das Los. Er muss in die Berge zum alten Indianer. Der Indianer rührte sich nicht, als sich Habbo  nach drei Stunden Strapaze, neben ihn setzte. Mit Händen und Füßen versuchte  Habbo deutlich zu machen, was er wollte. Doch der Indianer verstand sein Anliegen, sah Habbo lange die Augen und sagte:  „ Harter Winter.“

Es war schon dunkel, als Habbo  sich erschöpft an den Abendbrottisch setzte. Es gab Bratkartoffel mit Blutwurst und Grütze. Was ist, fragten Ubbo und Vater Jürn-Jakob gleichzeitig. Es gibt einen harten Winter, sagte Habbo kleinlaut. Still wurde das Abendbrot eingenommen. Schwere Tage mit harter Arbeit lagen noch vor ihnen. Wieder wurde eine Woche lang Holz gehackt. Mir reicht es jetzt, sagt, Ubbo. Morgen werde ich zu dem Indianer  auf den Felsen steigen und ihn fragen, ob sich was geändert hat. Der Indianer wusste sofort was Ubbo wollte. Sehr harter Winter, sagte er nur auf Ubbos Frage, mehr nicht. Enttäuscht erzählte Ubbo zu Hause, was er erfahren hatte. Die Brautmüllers hackten in diesem Herbst soviel Holz, wie nie zuvor in ihrem Leben. Jürn–Jakob kam ins Grübeln und sagte zu seinen Söhnen, mit diesem Holz werden wir zehn Jahre auskommen. Die Aussage des Indianers könntet ihr falsch gedeutet haben. Morgen werde ich dem Indianer persönlich einen Besuch abstatten. Jürn-Jakob schiebt sich einen Priem, Schwarer Krauser No.0 hinter die Kiemen und macht sich auf den beschwerlichen Weg. Nach vier Stunden hat Jürn-Jakob sein Ziel erreicht. Der Indianer begrüßt Jürn-Jakob, indem er sich erhebt, die Arme übereinander legt und sich verbeugt.

Auch Jürn-Jakob macht es so. Wie wird der Winter, fragt Jürn-Jakob direkt. Der Eingeborene schaut Jürn-Jakob lange in die Augen und sagt nichts. Jürn-Jakob merkt sofort, dieser Mann ist weise, der weiß alles. Abermals fragt Jürn-Jakob, wie wird der Winter. Sehr, sehr harter Winter, der große Geist soll uns beschützen, oh, oh, oh, schlimmer Winter, jammert der Indianer. Um Himmelswillen, ruft Jürn-Jakob erschrocken, woher weißt du das? Oh, oh, oh, jammert der Indianer weiter, weißer Mann hackt viel Holz.

Rolf Grebener

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.06.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Weil ich das Verschwenderische des Lebens begriffen habe, die Extreme erkannte und über den Weg von einem zum anderen nachzudenken anfing, weil ich verstand wie elend es ist, wußte ich auch, wie schön es ist und weil ich erkannte, wie ernst es auch ist wußte ich auch wie fröhlich es ist.

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