Gaby Schumacher

Superschmaus, meck..meck!!


 


Man sollte auf alles gefasst sein, auch auf das,
wovon man nie träumte...


Meine Älteste, Alexandra, hatte gerade das stolze Alter von drei Jahren erreicht.
Waren die lieben Kleinen dann endlich so alt und keine Babys mehr, plante man Ausflüge, Ausflüge und nochmals Touren, auf dasss der Nachwuchs bitteschön den ganzen lieben Tag lang ausgelastet und deshalb (hoffentlich!) guter Laune war.

Zwar waren wir doch eigentlich die Erziehungsberechtigten, jedoch so dämlich, auf die Elternzeitschrift zu hören. Ginge etwas schief mit der Erziehung und hätte man vielleicht sogar brüllende Kinder, war das ausschließlich der Unaufmerksamkeit beim Studium dieses überaus neunmalklugen Beraterblattes zuzuschreiben. Sonst (!) klappte nämlich garantiert alles wie am Schnürchen.

Zu den Eltern wollten wir nicht gehören, die dermaßen versagten.
Beim leisesten Brüller unseres Lieblings waren wir zur Stelle, um unseren Fehler wieder auszubügeln, um Himmelswillen keinen neuen einzuflechten, sondern Alexandra auch wirklich jeden Wunsch von den großen Rehaugen abzulesen. Andernfalls hätten wir der Elternzeitschrift nicht mehr auf die Buchstaben zu sehen gewagt.

Das-von-den-Augen-Ablesen war da eine echte Kunst, denn vor denen hing ein dichter Tränenvorhang zwecks Elternbeeinflussung. Doch das merkten wir vor lauter Mitleid überhaupt nicht mehr. Aber ich darf uns zugute halten, dass wir uns immerhin die größte Mühe gaben, in allem der Idealvorstellung unseres Töchterchens, was Eltern anging, zu entsprechen. Manchmal errieten wir sogar ihre Wünsche.

Dreijährige haben viele davon. Die dann in bestimmte Richtungen lenken zu wollen, ist mühsam und nur selten von durchschlagendem Erfolg gekrönt. Das mussten auch wir feststellen.

Es war Frühherbst, ´mal sonnig und ´mal eher bedeckt. Wir richteten uns vorsichtshalber auf jedes Wetter ein. Der Ausflug geriete etwas länger, denn Alexandra wollte in den Zoo.
Unser Nachwuchs war sehr tierlieb und wäre auch jeden Tag dorthin marschiert. Am liebsten morgens, mittags, nachmittags und auch gen Abend. Wenn möglich, hätte sie dort übernachtet.

Doch da(!) waren wir gewitzt. Wir hielten ihr vor, wie traurig dann sämtliche Stofftiere und Püppchen wären, die sich ohnehin schon vernachlässigt fühlten, ging es ums Schmusen. Ihre Puppenmutti hatte dafür keine Zeit. Sie verteilte Stunden um Stunden Streicheleinheiten im Tierpark. Unsere Tochter hatte uns gut im Griff. Wir waren brav und dackelten hinterher.

Der wichtigste Elterneignungstest stand uns kurz bevor. Wir rechneten gottlob schon damit. Die Aussicht darauf vermochte uns nichts mehr anzuhaben.

Mittlerweile hatte sich der Himmel wieder einmal bedeckt. Tat er das vielleicht, um nicht mitansehen zu müssen, was dann folgte, oder sollte es etwa in Kürze einfach nur regnen? Vorsichtshalber zog ich Alexandra ihren kleinen Regenmantel an, damit denn in dem Falle, ´das`, der Ausflug nicht so ganz ins Wasser fiele. Außerdem - kranke Kinder sind etwas Schreckliches.

Die Wolken überlegten es sich anders und lösten sich auf. Um nichts in der Welt war Alexandra bereit, ihr Regenkostüm wieder abzulegen. Dazu liebte sie dieses Mäntelchen viel zu sehr. Ich bewunderte ihren guten Geschmack. Als ich das gute Stück erstand, war es auch von meiner Seite aus Liebe auf den ersten Blick gewesen. Uni hellbeige, die Ärmel an den Schultern angekraust wie sonst bei Dirndleblusen, in leicht ausgestellter Form fast wie ein Kleid und wadenlang. Unsere Tochter sah darin wie ein kleines Prinzesschen aus.

Wir waren eine Weile von Gehege zu Gehege marschiert, Töchterchen jubelte ununterbrochen. Wir waren stolz. So, wie sich das anhörte, hatten wir bisher alles richtig gemacht. Zur Freude einer gewissen Zeitschrift.

Noch ein Jubelschrei, der in einem reinsten Indianergeheul gipfelte. Alexandra entdeckte den Traum aller Zoobesuchsträume nur ein paar Meter von sich entfernt. Es hielt sie gar nichts mehr. Töchterchen war schneller auf der Streichelwiese, als wir gucken konnten. Die Ziegen, Schafe und auch ein Hängebauchschwein schreckten vom Dusseln hoch und stimmten ein wahrlich entzückendes Begrüßungskonzert an. Sofort war Alexandra von der ganzen Meute neugierig umringt. Unsere Kleine war in ihrem Element. Angst vor den lebhaften Tieren kannte sie nicht.

Wir standen uns die Beine in den Bauch. Ein Ende war nicht abzusehen. Sogar die Schafe, die nach dreimaligem Streicheln genug hatten und sich verziehen wollten, mussten einsehen, gegen die Tierliebe unserer Tochter machtlos zu sein. Alexandra wetzte einfach hinterher und machte weiter.

Ein Ziegenbock hielt sich auffällig immer in ihrer Nähe. Es schien Liebe aufs erste Meckern zu sein. Alexandra war dementsprechend von ihm begeistert und wuschelte ihn, dass dem armen Kerl Hören und Sehen verging.

Doch dann legte sie eine kleine Pause ein. Wahrscheinlich wurden ihr die Arme langsam lahm. Sie stand da neben ihrem neuen Freund und guckte ganz ruhig und sehr zufrieden in die Runde. Der Ziegenbock übrigens auch.

Aber dann wurde es ihm zu langweilig, er brauchte Unterhaltung. Was hatte denn die ganze Zeit da so attraktiv vor seinem Maul herum gewedelt? Das wollte er doch ´mal genauer untersuchen.

Und dann stellten wir fest, dass dieses Tier wohl inzwischen unsere Tochter zum Fressen gerne hatte. Oder meinte es vielleicht doch nur... den Regenmantel?

Auch ein Ziegenbock liebte Abwechslung auf der Speisekarte. Er wäre ja ein sehr blöder Ziegenbock gewesen, wenn er die Gelegenheit nicht beim Schopfe ergriffen hätte. Da er aber nicht dämlich war, streckte er kurzerhand sein Maul vor und begann zu knabbern. Ohne da überhaupt so schnell eingreifen zu können, um das Schlimmste zu verhindern, mussten wir hilflos zusehen, wie der geliebte Regenmantel nullkommanix zum Minikleid schrumpfte und sich der Bauch des Bockes genau gegensätzlich fix rundete. 

Weil ja da wohl irgendetwas oder -wer an ihr zog und ruckte, guckte Alexandra erschreckten Blickes prüfend an ihrem Mantel herunter. Sie entdeckte das Malheur und holte auf einen Schlag alles an Brüllerei nach, was sie in den letzten drei Stunden vergessen hatte.

Schreiend raste sie auf uns zu:
"Mama, Papa, der hat einfach mein Mäntelchen gefressen. Der ist böse. Der darf das nicht. Das ist doch meines!"
Schluchz, heul. schnief!

Eine Minute später drehte sie sich wutentbrannt ein letztes Mal zu ihrem Jetzt-Ex-Freund um und keifte ihn an:
"Ich mag`dich überhaupt nicht mehr leiden.
Du Doower, Du!!"
Und streckte ihm die Zunge ´raus:
"Bääh!"
Ob den das wohl beeindruckte...?

Die nachfolgenden vier Wochen blieb uns der Zoobesuch erspart!!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.07.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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