Das Verhältnis war eigentlich gut zu unserem Nachbarn, dem
Böhm. Dann hat er seinen Rasen angelegt. Ein englischer Rasen vom Feinsten
kleidet das Grundstück rund um das Haus aus, wie Samt eine Schmuckschatulle. Nun
grüße ich den Böhm nicht mehr. Der Maschendrahtzaun zwischen unseren Gärten ist
mutiert zu einem imaginären Stacheldraht. Schuld ist freilich nur er, der Böhm.
Schon nach der Aussaht ist er wochenlang rumgestapft und hat jeden aus der Erde
sprießenden Grashalm persönlich begrüßt. Bald wuchs ein dichter sattgrüner
Teppich heran. Und Nachbar Böhm gefällt sich seither darin, jeden artfremden
Eindringling, etwa der Spezies Löwenzahn, Distel oder Klee, auszusiedeln, mit
einem Gerät, das aussieht wie ein überdimensionaler Kirschkernentferner.
Seinen
Eifer beflügelt dabei ungemein ein lebendes Mahnmal: Unser Garten, Typ
Truppenübungsplatz. Als nämlich während wochenlanger Gluthitze kein einziger
Tropfen Wasser niederging, darbte das Gras erst vor sich hin, welkte dann etwas
und schnurrte schließlich zusammen, wie ein von einer Flamme erfasster Faden,
hauchte das letzte Chlorophyll aus und schied dahin.Böhms englischer Rasen derweil, erquickt sich an einem
Monsun, künstlich herbeigeführt durch eine Bewässerungsanlage, die täglich nach
einem festen Schema in Betrieb genommen wird. Eine Mischung aus Mitleid und
Verachtung erfüllt das Gesicht des Nachbarn, wenn er bei seiner Arbeit einen
Blick auf unseren Garten wirft. Sein Rasensprenger regnet exakt bis zum Zaun,
vergeudet dabei keinen Tropfen auf unser Grundstück. Keine Demütigung ist ihm
zu perfide.
Aber ich hole aus zum Gegenschlag, der alles in den Schatten
stellt. Noch im Herbst werde ich bei mir eine Rasenheizung installieren. Im
Dezember gebe ich dann eine Rasenparty. Und Nachbar Böhm, der wird bis zu den
Knöcheln im Morast nach Disteln graben.Aber man ist ja kein Unmensch: Ich werde ihn mal grüßen.