Beanie Lou

Das wahre Leben

Ich schlafe. Plötzlich durchdringt ein lautes monotones Piepen meinen Traum. Ich versuche es zu ignorieren. Doch der immer greller werdende Ton macht dies undenkbar.
Beim Versuch meine Augen zu öffnen versagen meine Augenlider.
Auch das allmorgendliche Stecken wird zu einem unmöglichen Unterfangen.
Mein Schatz der linkerseits von mir schläft, hält mich eng umschlungen und lässt sich von Lärm des Weckers überhaupt nicht stören. Also probiere ich mich aus seiner Umarmung zu befreien und skalpiere mich bei diesem Versuch fast selbst, weil sein Arm sich auf meinen Haaren platziert hat.
Nachdem ich ihn auf die andere Bettseite gerollt oder geschuppst habe (je nach Ansichtssache), beginne ich die Suche nach dem immer noch vor sich hin schrillenden Wecker. Meine rechte Hand tastet über den Boden doch statt des Weckers fallen mir Socken, Pullover und andere Kleidungsstücke in die Hände. Wie jeden Morgen verfluche ich meine Unordnung und nehme mir vor nach der Arbeit aufzuräumen.
Endlich, mittlerweile habe ich meine Augen halbwegs aufbekommen, erkenne ich schemenhaft die Roten Zahlen meiner Uhr. Ich greife nach ihr, und muss gleichzeitig meine Geschicklichkeit in Sachen Gleichgewicht beweisen um nicht aus dem Bett zu fallen. Ein Blick darauf verrät, das ich noch ein paar Minuten Zeit habe. Also stelle ich den Wecker neu und platziere mich wieder im Bett.

Bei dem Versuch mich an meine Schatz zu kuscheln merke ich, das sich meine Katze den von mir zuvor erwärmten Platz angenommen hat. Liebevoll schmiegt sie sich jetzt anstatt meiner an seinen Rücken und genießt die von ihm ausgehende Wärme. Zitternd vor Kälte verkrieche mich allein unter meine Decke, als ich plötzlich ein klägliches Miauen vernehme und Sekunden später spüre wie sich etwas fluchtartig unter meiner Decke verkriecht. Na prima denke ich, da hat sich Schatz mal wieder beim unkontrollierten umdrehen auf die Katze gelegt.

Mit gut zuredenden Worten versuche ich nun meine total verängstigte Katze unter meiner Decke hervorzubekommen. Mit anfänglichem sträuben nehme ich sie in den Armen und verwöhne sie mit Streicheleinheiten. Woraufhin sich meine Katze veranlasst fühlt ununterbrochen und in einer unnatürlichen Lautstärke zu schnurren. Um dies zu unterbinden höre ich mit dem streicheln auf und ernte ich einen kalten Nasenstüber von ihr. Auch der Versuch mich unter der Beckdecke zu verstecken bleibt zwecklos weil bitterliches Mauzen ertönt. Mein letzter Versuch die Katze auf die Seite meines Schatzes zu schieben, in der Hoffnung das sie ihn nun traktiert, schlägt auch fehl den prompt in diesem Moment dreht mein Schatz sich zu mir um und nimmt mich schlaftrunken in den Arm. Nun turn sie auf uns beiden herum und in regelmäßigen Abständen habe ich entweder ihren Schwanz oder ihre kalt-feuchte Nase im Gesicht.

Meinen Schatz scheint das nicht zu stören, er schläft seelenruhig weiter. Ich nehme mir vor, ihn vor dem Schlafengehen mal genauer unter die Lupe zu nehmen um zu erkunden, was ihn in diesen Koma ähnlichen Zustand versetzt. Als dann auch noch der Wecker wieder beginnt zu piepen, habe ich die Schnauze voll und beschließe endgültig aufzustehen. Der Weg ins Bad wird zum reinsten Hürdenlauf. Der Tritt auf die kalten Bodenfließen lässt jeden Zentimeter meines Körpers erschauern, also hüpfe ich von Läufer zu Läufer und beglückwünsche mich wieder einmal zur Anschaffung dieser. Nach Endleerung der Blase beginne ich mit der sogenannten Katzenwäsche. Aus dem Wasserhahn kommt minutenlang nur kaltes Wasser, deshalb beginne ich die Zahnpastatube, die ich schon längst entsorgen und durch eine neue ersetzen wollte, zu bearbeiten und schaffe es mit letzter Kraft eine dünnen Streifen auf meine Zahnbürste zu bekommen.

Beim Versuch meinen Haarpony in Form zu bringen bin ich schon wieder fertig mit der Welt. Wieso sieht das bei mir nie so aus wie auf den Fotos bei Frisör. Mit reichlich Schaumfestiger und Haarlack bekomme ich dann noch eine halbwegs anständige Anordnung meiner Haare zustande. Mein nächster Gang führt mich wieder in Schlafzimmer. Im dunklen, ich könnte ja sonst meinen Schatz wecken, ziehe ich wahllos ein paar Sachen aus dem Schrank. Meist merke ich dann erst viel zu spät das diese eigentlich überhaupt nicht zusammen passen. Aber was soll's, vielleicht kreiere ich damit ja sogar einen neuen Look. Durch Zufall stolpere ich über meine Hausschuhen. Mit diesen bewaffnet begebe ich mich dann in die Küche. Nachdem die Katze mit frischem Futter und Wasser versorgt ist beginne ich als treusorgende Frau (das Ehe kann ich noch nicht verwenden da Schatz mir noch keinen Antrag gemacht hat) die Frühstücksbrote zu machen. Ein Blick in die Brotablage verrät mir das es heute mal wieder Toastbrot gibt. Liebevoll werden diese getoastet und dann mit allerlei Wurst und Käsebelag belegt. Leider habe auch ich nur 2 Augen und Hände. Zu spät bemerke ich, das während ich mit den Heißen Toastscheiben kämpfe, die Katze an der Salamischeibe gefallen gefunden hat.

Alles schimpfen und toben hilft nichts sie ist schneller und schmatz nun vergnüglich auf dem Fußboden die von ihr stibitzte Wurstscheibe. Ich verfluche sie und mache mich wider an die Arbeit.

Ein blick auf die Uhr verrät mir das ich mich jetzt sputen muss. Schnell verpacke ich die noch Toastscheiben in Alufolie und lege alles mit einem süßen Leckerli in die Brotbüchsen. In aller Eile suche ich noch Bürste, Handy, Geldbörse und Schlüssel, hat alles was die Frau von heute braucht, zusammen und ziehe mich an. Dabei fällt mein Blick auf den Küchenfußboden. Aus diesem Sichtwinkel stelle ich fest das die Katze die Salami wahrscheinlich vor Verzehr einmal durch die gesamt Küche geschleift hat und somit überall Fettspuren erkennbar sind. Der Gedanke an die zusätzliche Aufwischarbeit wird beiseite geschoben und noch einmal begebe ich mich ins Schlafzimmer um den Wecker für meinen Schatz zu stellen. Beim Versuch meinem Schatz einen Abschiedskuss zu geben werde ich mit einem "musst du nicht schon auf Arbeit sein" angeknurrt.

Somit verfliegt auch die Hoffnung an einen romantischen Abschiedskuss und ich verlassen mit flinken Füßen die Wohnung. Was der Tag wohl noch bringt, überlege ich auf den Stufen nach unten. Schlimmer als der Morgen kann er ja nicht werden. Hoffe ich und hetze zur Arbeit.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.06.2001. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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