Cornelia Warnke

Das Ende

Sie sah so klein und zerbrechlich aus.

Wie sie dasaß, in ihrer verkrümmten Haltung, erinnerte sie an einen Vogel mit gebrochenen Schwingen. Tränen liefen über ihr Antlitz, dem man die Schönheit selbst unter all diesem Schmerz ansah. Allein und einsam... und doch war sie noch vor kurzem lebenslustig und voll überschäumendem Tatendrang.

Vorbei! - Vorbei?

Was um Himmels willen war nur geschehen, dass dieses Mädchen in eine so tiefe Depression stürzen konnte? Nur ihr Schluchzen in der Weite des ansonsten menschenleeren Raumes. Nur das Atmen eines vor Schmerz verzogenen Mundes.

Die Helle des ansonsten freundlichen Zimmers verdunkelt von der Wolke unendlichen Schmerzes - in jede Ecke kriechend und so Besitz ergreifend von allen Gegenständen.

Das ansonsten fröhliche Quietschen einer leicht dahinpendelnden Tür nun als Klagelied vernehmbar. Das herausfordernde tick-tack der grossen runden Wanduhr nun dramatisch stilisierte Untermalung eines ins gigantisch verstärkt tickenden Metronoms. Nebelhafte Gedankenschwaden, die fast sichtbar durch den Raum wehen.

Was war geschehen?

Gestern noch voller Hingabe seufzend in den Armen der geliebten Frau - tausend Liebesschwüre...

Der Duft flackernder Honigkerzen und der Widerschein des leise knisternden Kaminfeuers. Beide eng umschlungen die Welt vergessend.

Im Taumel ekstatischer Verzückung kleine spitze Laute, dem Zwitschern eines Vogels gleich, sich erhebend in die Lüfte zu einer Symphonie der Liebe. Küssen und Streicheln - sich Wälzen im verstrickten Durcheinander zuckender Glieder.

Ein Raum voll verdichteter Erotik und über all dem das Crescendo eines hingebungsvollen, sich in pures Gefühl auflösenden Orgasmus - Aufschrei der Naturgewalten bis hin zur völligen Erschöpfung.

Völlige Stille nach dem Entladen der sich aufgestauten Begierden.

Arm in Arm das Kaminfeuer betrachtend und die würzigen Aromen der Zigarette gemeinsam inhalierend. Harmonische Zweisamkeit...

Und dann, einem Ungewitter gleich, ein Satz - nur kurz dahingesprochen von der Person, der alle Liebe gehört...

Schatz, es ist aus zwischen uns beiden, ich liebe eine Andere!

Einem Keulenschlag gleich und dann der tiefe Sturz ins Nichts. Nun ist es früher Morgen und sie sitzt einsam da und ist gebrochen...

© Cornelia Warnke

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.09.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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