Ana Logie

Die Frauenfrage

Hand auf’s Herz und nicht gelogen, Sie haben sie sich auch schon gestellt, die Frauenfrage: wozu Frauen? Oder anders gefragt: Frauen, aber wozu?!
 
In Zeiten wie den unsrigen, wo blonde Ex-Fernsehmoderatorinnen ungestraft ihr Recht auf freie Meinungsäußerung missbrauchen und zeitgleich mein Nachbar Ali die ihm Angetraute liebevoll einen Geburtsofen schelten darf, nun, da fragt man sich zu Recht, ob die Frauenbewegung nicht nur eine Mode war, die bald wieder out sein könnte. Ähnlich wie etwa der Trend zu Menschenrechten, demokratischen Verfassungen, Säkularisation und Aufklärung.
 
Nachdem wir Deutschen endlich keine Nazis mehr sind, dürfen wir uns nämlich öffentlich und öffentlich-rechtlich den wesentlichen Fragen zu unserem Überleben als „christliches Abendland“ widmen. Und erliegen dabei gerne der Versuchung, Ali und seinen Brüdern die schamlose Unterdrückung der Frauen vorzuwerfen um im gleichen Atemzug fordern zu können, dass die durchschnittsdeutsche Durchschnittsfrau im Durchschnitt allerdings auch ein bisschen mehr Geburtsofen sein könnte als bisher. Frauenfrage hin oder her. Außerdem sollte sie öfter mal die Schnauze halten, sich unter den Achseln rasieren und überhaupt: welche Frau kann heute denn noch stricken, häkeln, basteln oder kochen?  Die Frage ist schwierig, aber ist sie legitim? Muss ein Geburtsofen überhaupt stricken, häkeln, basteln oder kochen können? Mein Nachbar Ali würde sagen: ja, na klar, ich koa das nit. Und Eva H. würde sagen: um Himmels Willen, natürlich, Frauen sind doch nicht nur Geburtsöfen! Die andere Frage, ob die Subspezies „deutsche Frau“ zudem auch noch besonders blöd sei, bleibt dabei jedoch wieder mal gänzlich unbeantwortet. Unlängst hat mich mein anderer Nachbar Klaus-Jürgen darauf hingewiesen, dass die deutsche Gesellschaft fortschreitend verblöde, wenn gerade mal 50% aller Akademikerinnen zum Akt der Fortpflanzung schreiten würden. Das wäre bedenklich, allerdings: noch blöder geht eigentlich nicht mehr. Akademikerdünkel hin oder her.
 
Meine Friseuse Mandy sieht das alles viel gelassener. Seit ihrem Einstieg ins aktive Sexualleben hat sie sich zwar zufällig, aber durchaus gewollt gepaart und mittlerweile auch fortgepflanzt. Erst bekam sie ein Kind, dann zwei und vor kurzem hat sie das dritte vom vierten Mann entbunden. Sie kommt aus Ostdeutschland und bekennt sich offen zu ihrer wertepluralistischen Orientierungslosigkeit, findet es aber reichlich dämlich, dass Ali’s Frau nicht nur als Geburtsofen bezeichnet werden darf, sondern vor allem die Funktion eines solchen erfüllt. Weiter gehende Gedanken zur Rolle der Frau in der deutschen Gesellschaft hat sie sich bislang nicht gemacht. Da bleibt ihr als berufstätige Friseuse mit drei Kindern kaum Zeit. Zum Glück gibt’s aber Bücher von Ex-Fernsehmoderatorinnen, in denen Mandy nachlesen kann, wie das so ist, heutzutage, mit den Frauen in der Gesellschaft. Ob Frauen manchmal tatsächlich besser die Klappe halten sollten, sei dahin gestellt. Jedenfalls sollten sie manchmal besser keine Bücher schreiben. Zumindest nicht für Ali oder Mandy.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.10.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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