Sabrina Rytz

Erwachende Liebe

Erwachende Liebe
 
 
Eingehüllt in der Dunkelheit ging ich durch die Strassen. Es war fast Mitternacht und ich konnte aus einem unerfindlichen Grund nicht schlafen. Obwohl, ich glaubte den Grund zu kennen, wollte ihn mir aber nicht eingestehen. Er…
Seit einer geraumen Zeit musste ich immer wieder an ihn denken, an seine eisblauen Augen, den weichen braunen Haaren, die ihm in einzelnen Strähnen widerspenstig ins Gesicht fielen. An seine schlanke Statur, bei der man das Gefühl hatte, wenn man ihn berührt zerbricht er wie Glas. Es war zum Haare raufen. Wir kannten uns schon seit Jahren aber stritten uns ständig, schmissen uns gegenseitig die wüstesten Beschimpfungen an den Kopf seit wir uns das erste Mal gesehen haben. Und nun musste ich plötzlich dauernd an ihn denken. Das war doch nicht normal!
 
Immer noch in meinen Gedanken versunken erreichte ich mein Ziel, den Park. Ich liess mich auf eine Bank nieder und sah zum See hinaus. Er war schwach vom Mondlicht beleuchtet, was ihm einen Touch Magisches verlieh. Entspannt lehnte ich mich zurück. Was er wohl gerade macht? Mann, schon wieder, los komm, hör auf an ihn zu denken. Ich hätte nie eine Chance an ihn ranzukommen, er mag mich doch nicht einmal. Kaum sahen wir uns flogen schon die Fetzten. Er konnte mich aber auch bis aufs Blut reizen, so wie ich ihn. Wenn man es aus dieser Seite betrachtete, so hatte ich wenigstens etwas von seiner Aufmerksamkeit. Zu Anderen war er immer herablassend und sah sie mit teilnahmslosem Blick an, wenn sie mit ihm redeten. Bei mir funkelten seine Augen, auch wenn es vor Zorn war. Wenn ich seine Aufmerksamkeit nur so bekommen konnte, musste ich mich damit abfinden. Denn wenn ich ihm sagen würde, was ich seit neustem erkannt habe, würde er mich auslachen. Er hätte dann etwas mit dem er mich aufziehen könnte. Diese Angriffsfläche wollte ich ihm auf keinen Fall bieten, denn es würde mich zerstören. Warum musste ich mich gerade in ihn verlieben? Das war doch nur mit Schmerz verbunden.
Ich würde ihn doch so gerne einmal in den Arm nehmen und sagen, dass alles wieder besser wird, wenn er wieder einmal einen traurigen Blick aus dem Fenster warf. Er dachte immer man sieht es nicht. Aber ich sah es und es tat weh ihm nicht helfen zu können.
Er hatte es ziemlich schwer. Zog nach dem Tod seiner Eltern seine kleine Schwester selber gross und musste neben der Schule noch Arbeiten. Auch wenn er es versuchte zu verbergen, manchmal sah man ihm seine Müdigkeit an, wenn er leichte dunkle Schatten unter den Augen hatte. Aber er würde nie jemand um Hilfe bitten, dafür war sein Stolz zu gross, sein verdammter Stolz.
 
Weiter in Gedanken vor mich hin fluchend, hörte ich plötzlich leise Schritte hinter mir. Wer war den um diese Zeit noch unterwegs?? Langsam drehte ich mich um und erstarrte in meiner Bewegung. Da kam doch tatsächlich er auf mich zu. Erstaunt und gleichzeitig verwirrt sah ich ihn an. Ihm ging es anscheinend auch so, denn er stockte in seiner Bewegung und in seinem Blick zeigte sich Erstaunen. Dies legte sich aber, denn er bewegte sich wieder zielstrebig auf meine Bank zu. Mit einer anmutigen Bewegung wie mir schien, setzte er sich neben mich und lehnte sich entspannt zurück. Eine angenehme Stille legte sich über uns, während wir hier so sassen und auf den See blickten. Schon komisch, wir sassen hier ohne uns zu streiten, was noch nie so war. Aber ich genoss jeden Augenblick mit dem Wissen, dass dies nur einmalig war. Seine Wärme gab mir Trost und ich fühlte mich irgendwie geborgen in seiner Nähe.
 
Nach einiger Zeit, in der wir schweigend nebeneinander sassen, wurde ich langsam unruhig. Ich stand langsam auf und blieb am Ufer des Sees stehen. Mit etwas Angst brach ich die Stille.
„Schon seltsam, wir sitzen hier und streiten uns nicht.“
Von ihm kam nur ein gebrummtes „Hm“.
„Was treibt dich eigentlich so spät noch in den Park?“ fragte ich.
 „Das Selbe könnte ich dich fragen.“ antwortete er.
„Das geht dich nichts an“, gab ich bissig von mir. Kaum hatte ich das gesagt, bereute ich es schon wieder. Deshalb antwortete ich schnell, „ich konnte nicht schlafen.“
Eine Weile sagte niemand etwas, bis er plötzlich neben mir stand.
„Dann geht es dir so wie mir.“ Überrascht sah ich ihn von der Seite an, da ich nicht erwartet hätte, dass er noch etwas sagen würde. Er blickte nachdenklich auf den See hinaus, irgendetwas beschäftigte ihn. Ich nahm all meinen Mut zusammen und fragte:“ Wieso kannst du den nicht schlafen?“
Er schaute mich verwundert an und erwiderte: „Wieso interessiert es dich?“
Mit dieser Frage hatte ich gerechnet, aber sollte ich ihm die Wahrheit sagen? Ich sah wieder auf den See hinaus und antwortete:“ Weil ich mir Sorgen mache.“ Stille.
Nach einer Weile fragte er mich:
„Wieso solltest gerade du dir Sorgen um mich machen. Wir streiten uns ständig und zerreissen uns fast in der Luft. Du hasst mich.“ hörte ich verwundert von ihm.
Jetzt war ich überrascht. „ Auch wenn wir uns ständig streiten, heisst das noch lange nicht, dass ich dich hasse.“ Ich drehte meinen Kopf und sah ihn wieder an. Er blickte mich misstrauisch und, täuschte ich mich etwa, hoffnungsvoll an. „ Sieh mich nicht so an. Ich werde sicher nicht zur nächsten Person laufen und ausposaunen, dass du nicht unfehlbar bist.“ Beleidigt wand ich mich wieder dem See zu.
 
Nach einiger Zeit hörte ich ein Rascheln und sah aus dem Augenwinkel, dass er sich ans Ufer gesetzt hatte. Die Beine dicht an den Körper gezogen und den Kopf auf die Knie gebettet. In diesem Moment sah er so zerbrechlich aus, dass es mir die Luft zuschnürte. Ein leichtes Zittern ging durch seinen Körper und eine kleine Träne bahnte sich ihren Weg seine Wange hinunter. Ich war erschüttert, er weinte und das vor mir. Aus Reflex setzte ich mich dicht neben ihn und legte einen Arm um ihn. Zu meiner Überraschung stiess er mich nicht weg sondern drängte sich noch weiter an mich, krallte sich in meinem Mantel fest. Die Tränen liefen lautlos, nur das Beben und Zittern seines Körpers verriet mir das er weinte. Sanft strich ich ihm durch die Haare und wiegte ihn leicht hin und her. Nach einigen Minuten nahm das Beben ab und er beruhigte sich langsam wieder, jedoch blieb er in der gleichen Position sitzen.
„Geht es wieder?“ Mit einem leichten Nicken antwortete er mir.
„Darf ich dich etwas fragen?“ kam es leise von ihm.
Während ich weiter durch seine Haare strich sagte ich:“ Sicher.“
Gespannt wartete ich darauf was er mich fragen wollte.
„Hast du dich je einsam und hilflos gefühlt?“ Was soll ich darauf antworten?
Ihn zu lieben machte mich hilflos und zu wissen, dass er meine Gefühle nie erwidern wird hinterliess ein Gefühl der Einsamkeit und Leere. Er würde mich auslachen.
„Ja.“ Sagte ich trotzdem leise.
Gespannt wartete ich darauf, dass die nächste Frage kam, doch sie blieb aus.
 
Ich wusste nicht wie viel Zeit schon vergangen war aber plötzlich stand er ruckartig auf und richtete seine Kleider.
„Ich gehe nach Hause“, kam von ihm.
Es war das Einzige was er sagte, dann drehte er sich um und ging. Etwas überrumpelt sah ich ihm nach. Was war den das gerade? Er war so schnell aufgestanden, als hätte er sich verbrannt.
 
Eine Weile sass ich noch da und liess diese sonderbare Nacht nochmals Revue passieren. Ich konnte mir immer noch nicht erklären was da abgelaufen war. Er hatte vor mir geweint und sich trösten lassen! Wird sich dadurch etwas ändern oder wird er so tun als wäre nichts geschehen? So viele Fragen schwirrten in meinem Kopf herum.
Ich beschloss auch nach Hause zu gehen, denn morgen war Unterricht. Dort werde ich ja sehen ob sich etwas verändert hat.
 
 
Genervt öffne ich meine Augen und versuchte nach dem Wecker zu schlagen, was mich leider dazu veranlasste den Boden zu küssen. Der Morgen begann ja rosig!
Mit brummendem Kopf stand ich auf und machte mich auf den Weg unter die Dusche. Die Kälte des Wassers vertrieb die trüben Gedanken ein wenig.
Mit vollem Mund und einem mulmigen Gefühl machte ich mich auf den Weg zur Uni. Ich war noch etwas zu früh dran, machte es mir auf einer Bank im Unigelände bequem und liess mir die Morgensonne noch etwas ins Gesicht scheinen.
In meinen Gedanken versunken bemerkte ich zuerst nicht, dass sich jemand näherte. Erst eine kalte Stimme riss mich aus meinen Gedankengängen.
„Na, heute mal nicht verschlafen? Das ist ja das achte Weltwunder.“ Es war also alles noch beim Alten, für ihn zumindest. Ok, dieses Spiel kann ich auch spielen.
„Was du nicht sagst. Anscheinend kannst du es nicht erwarten den Obermacker zu spielen, wenn du so früh dran bist. Hast du eigentlich noch keinen Preis mit deinem „Ich-bin-ja-so-was-von-besser-Blick“ eingeheimst? Das wundert mich.“ Gebe ich bissig von mir, stehe auf und ohne eine Antwort abzuwarten marschiere ich stocksauer ins Schulgebäude. Wie konnte ich auch etwas anderes erwarten, ich wusste gar nicht, dass ich so naiv sein kann. Bock auf die Lesung hatte ich nun keinen mehr, liess sie aber über mich ergehen. Schliesslich standen die Examen vor der Tür.
Zum Glück sass er weiter hinter mir, so musste ich ihn nicht ansehen und hatte für eine kurze Weile keinen Grund an die Decke zu springen. Doch mit der Zeit spürte ich seine bohrenden Blicke auf meinem Rücken. Wie kann man nur so tun, als wäre nichts geschehen. Ok, wir haben uns nicht geküsst oder so, aber näher sind wir uns gekommen. Wieso reagiert er nur so? Ich könnte ihm den Hals umdrehen. Wenn das mit dem bohrenden Blicken nicht aufhört, flippe ich wirklich noch aus.
 
So, jetzt reichts. Fluchend klappte ich mein Geschichtsbuch zu das es nur so im Raum knallte, stand auf und verschwand aus der Lesung. Der überraschten und verwirrten Blicke bewusst aber ignorierend ging ich den Flur entlang zu meinem Schrank. Als ich meine Schulsachen verstaut hatte lehnte ich seufzend meinen Kopf dagegen und dachte nach. Das kann doch so nicht weitergehen, doch was soll ich machen? So weiter machen wie bisher oder soll ich ihn schlichtweg ignorieren? Ich wusste nicht ob ich ihn ignorieren konnte, denn dafür waren meine Gefühle schon zu stark. Doch ob ich noch genau so wie vorher zu ihm sein konnte…? Ich musste, auch wenn es wehtat. Natürlich gab es noch die Option es ihm zu sagen, aber vorher friert die Hölle zu!...Oder ich gehe zu Grunde…! Ach Gott bin ich wieder melodramatisch. Na los, komm schon. Jetzt werde ich zuerst nach Hause gehen, mir ein heisses Bad einlassen und mich dann entspannen. Das bringt mich schon wieder auf andere Gedanken. Doch zu früh gefreut. Als ich mich umdrehte stand er schon da und das bedrohlich nahe. Was suchte den er hier, der Unterricht war doch noch nicht zu Ende.
„Was sollte das eben?“ fragte er mich herablassend. Etwas perplex sah ich ihn an aber nach einigen Sekunden fasste ich mich wieder.
„Das geht dich einen feuchten Sch**** an? Geh mir aus dem Weg und lass mich in Ruhe du Vollidiot!“ sagte ich spitz.
„Na na na, wer wird den gleich so kratzbürstig?“ sagte er fies grinsend.
„Ich geb dir gleich kratzbürstig. Los aus dem Weg oder du bereust es!“ sagte ich warnend.
„Wieso sollte ich dir aus dem Weg gehen? Der Unterricht ist noch nicht beendet und ich glaube du hast es bitter nötig, wenn du die Examen halbwegs bestehen willst.“ Sagte er grinsend.
„Oi, macht sich der werte Herr etwa Sorgen um mich? Och wie süss.“ Lächelte ich zuckersüss. Ich beugte mich etwas vor und schaute ihn mit leicht schrägem Kopf abwartend an. Jedoch kam von ihm kein Wort, was mich etwas verwunderte, fasste mich aber schnell wieder. Etwas ruhiger sagte ich:
„Lass mal, was ich sollte und was nicht geht dich nichts an, also, du entschuldigst…“ Ich schob mich an ihm vorbei und streifte zufällig seine Hand. Mir war als wäre ein mächtiger Stromschlag durch mich hindurch gefahren. Wir beide zuckten zusammen, was beiden nicht verborgen blieb, doch ich ging so schnell ich konnte zu meinem Auto und blieb etwas unschlüssig davor stehen. Mir war richtig warm geworden als sich unsere Hände berührt hatten. Es kribbelte immer noch in meinem Bauch als würden tausende von Ameisen Polka tanzen und mein Atem ging in unregelmässigen Abständen. Ich stützte mich mit beiden Händen am Auto ab, sah auf den Boden und atmete ein paar Mal tief ein und aus um mich zu beruhigen. Nach einigen Minuten hatte ich mich wieder halbwegs beruhigt, richtete mich wieder auf und erstarrte als ich mich zu Eingang der Uni umdrehte. Er stand in der offenen Tür und beobachtete mich. Mist, wie lange stand er schon da? Wieso gerate ich immer in solche blöde Situationen?? Mir schwirrten so viele Gedanken durch den Kopf, dass ich zuerst nicht bemerkt hatte, dass ich in anstarrte. Mit einem leichten Rotschimmer wandte ich mich ab, stieg in mein Auto und fuhr nach Hause.
 
 
 
Am Abend sass ich auf dem Sofa in meinem Wohnzimmer. Ich hatte leise Musik aufgelegt, Feuer im Kamin gemacht und ein Glas Rotwein in der Hand. Entspannt lehnte ich mich zurück und liess mir den gestrigen Abend und den heutigen Tag nochmals durch den Kopf gehen. Es war schon merkwürdig. Als ich am Auto stand sah er mich so nachdenklich und verwirrt an. Und der gestrige Abend verlief sowieso seltsam. Er war für seine Verhältnisse sehr offen zu mir. Mein Gott, er hatte vor mir geweint!!
Mir liefen immer noch warme Schauer den Rücken hinunter, wenn ich daran dachte wie ich ihn im Arm gehalten hatte. Wie gerne würde ich das nochmals können. Ein kleiner Seufzer entwich mir. Es hatte sich was verändert, denn ich konnte nicht wie immer mit ihm umgehen. Ok, ihn anfauchen kann ich noch nur…es tut mir nur weh, vor allem weil ich seine verletzliche Seite kennen gelernt hatte. Ich wollte ihm nicht wehtun mit meinen Kommentaren, wenn sie das überhaupt taten. Aber wenn er mir solche Kommentare an den Kopf warf, versetzte es mir einen Stich in meinem Herzen.
Als ich auf die Uhr sah war ich etwas verwirrt. Ich hatte glatt ein paar Stunden über mein Dilemma nachgedacht, aber es kam mir nicht so vor. Es war schon kurz vor Mitternacht und zum Glück war morgen kein Unterricht da Samstag war. Aber ich war noch gar nicht müde und so machte ich mich auf den Weg in die Küche um mir was Kleines zu Essen zu machen. Mit einem belegten Brötchen bewaffnet ging ich wieder ins Wohnzimmer. Ich hatte noch vor etwas Musik zu hören und den Rotwein zu geniessen bevor ich ins Bett ging.
Als ich gerade den letzten Bissen unten hatte klingelte es an meiner Tür. Verwundert sah ich zur ihr. Wer zum Teufel kommt um diese Zeit zu Besuch?? Mit einem komischen Gefühl in der Magengegend ging ich auf die Tür zu und lugte durch den Spion. Ein überraschtes Keuchen entwich mir als ich sah wer da vor meiner Wohnung stand. Das träume ich doch, oder? Das kann doch nicht sein! Sollte ich ihm die Tür öffnen? Hmmmm….etwas unschlüssig stand ich vor der Tür und war noch immer am überlegen, als es ein zweites Mal klingelte. Meine Neugier siegte und ich schloss die Tür auf. Triefend nass und mit gesenktem Kopf stand er vor mir. Draussen musste es anscheinend wie aus Eimern regnen. Ich überlegte nicht lange.
„Komm rein, du bist ja klitsch nass.“ Mit einem leichten Nicken trat er ein. Ich führte ihn in mein Badezimmer, gab ihm ein grosses Handtuch und sagte:
„ Warte kurz, ich hohle dir trockene Sachen.“ Und schon war ich aus dem Badezimmer. Ich hatte noch einige Sachen von meinem Bruder, die er beim Auszug vergessen hatte. Mit einer Trainingshose und einem trockenen Shirt bewaffnet trat ich ins Badezimmer. Er war gerade dabei sich die Haare zu trocknen. Gott sah er süss aus mit verstrubelten Haaren. Ich reichte ihm die Sachen und sagte:
„ Hier, sie sollten dir eigentlich passen. Sie sind von meinem Bruder. Ich gehe mal in die Küche und mache einen heissen Tee. Du siehst richtig durchfroren aus. Wenn du fertig bist kannst du die Sachen auf die Heizung legen und setzt dich dann einfach ins Wohnzimmer.“ Damit verschwand ich in die Küche.
Mit zitternden Händen machte ich Tee und fragte mich wohl zu tausendsten Mal, wieso er hier war. Als ich leise Schritte hörte wusste ich, dass er fertig war und es sich im Wohnzimmer bequem machte. Ich hatte Angst ins zu ihm zu gehen, da ich nicht so recht wusste was ich sagen sollte. Aber ihn allein im Wohnzimmer zu lassen wäre noch komischer. Mit den heissen Tassen machte ich mich auf ins Wohnzimmer. Er sass im Schneidersitz auf dem Sofa und schaute ins Feuer. Er sah irgendwie verloren aus.
„Hier der Tee aber Vorsicht, er ist noch etwas zu heiss.“
„Danke.“ Es nahm die Tasse und ich setzte mich dann neben ihn, mit etwas Abstand natürlich. Einige Minuten war es still zwischen uns, doch kurze Zeit später brach er die Stille:
„Ich hoffe ich störe dich nicht oder erwartest du noch jemanden?“ fragte er mich. Etwas verwundert sah ich ihn an.
„Nein, wie kommst du darauf?“
„Na, es ist Freitagabend, Feuer im Kamin, gemütliche Musik und ein Glas Rotwein auf dem Tisch.“
„Ach so, dass. Nein ich erwarte niemanden. Ich mache öfters einem gemütlichen Abend und so sieht das bei mir aus.“ Erklärte ich. Langsam nahm es mich schon wunder was er hier wollte doch bevor ich ihn fragen konnte, kam er mir zuvor.
„Du fragst dich sicher was ich hier mache?“ Er sah mich an und ich nickte.
„Wenn ich das nur wüsste!“ sagte er. Etwas perplex sah ich ihn an und er merkte dies anscheinend, denn schnell sagte er:
„Seit meine Schwester vor kurzem zu unserem Onkel gezogen ist, bin ich allein in der Wohnung. Etwas fehlt und wenn ich das Gefühl habe, dass mir die Decke auf den Kopf fällt, gehe ich spazieren. Und heute trugen mich meine Beine irgendwie hier hin. Keine Ahnung wieso.“ Mit einem leichten Rotschimmer um die Nase wandte er sein Gesicht vor mir ab. Wie süss! Aber ich konnte ihn verstehen, denn an manchen Abenden ging es mir genau so. Deshalb antwortete ich ihm schlicht:
„Ganz einfach, du wolltest nicht allein sein sondern jemanden um dich haben.“ Ruckartig bewegte er seinen Kopf zu mir und sah mich verwundert an.
„Aber wieso gerade zu dir?“ Ich zuckte mit den Schultern und sah ins Feuer.
„Keine Ahnung, vielleicht deshalb, weil wir immer ehrlich zu einander waren, trotz der Streitereien. Und irgendwie wusstest du, dass ich dich nicht einfach so vor der Tür stehen lasse.“
„Ich hatte eigentlich nicht gedacht, dass du mich rein lässt.“
„Hey, so schlimm bin ich auch wieder nicht!“ Leicht beleidigt sah ich ihn an. Er hob abwehrend die Hände.
„Nein, so war das nicht gemeint. Sicher bist du das nicht.“ Grinsend sah ich ihn an.
„War das gerade ein verstecktes Kompliment? Das ich das noch erleben darf.“ Sagte ich leise lachend.
„Jetzt mach mal halblang. So schlimm bin ICH wiederum auch nicht.“ Entgegnete er mir grinsend.
Ich musste schon sagen, sich so mit ihm zu unterhalten war mir viel lieber als die ständigen Streitereien. Wenn ich mich nicht schon in ihn verliebt hätte, wäre es spätestens jetzt so weit gewesen. Entspannt lehnte ich mich zurück, schloss die Augen und lauschte der Musik.
„Du hast es hier wirklich gemütlich. Bei mir zu Hause habe ich nie das Gefühl von dieser entspannenden Wärme.“ Sagte er.
„Danke. Ich brauche das um mich zu entspannen und ich liebe das Knistern im Kamin. Da kann man sich nur entspannen.“ Antwortete ich ihm mit geschlossenen Augen. Eine Weile sagte niemand etwas bis mich meine Neugier packte. Ich öffnete meine Augen und sah zu ihm rüber. Er sass mit geschlossenen Augen da, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Mit dem Kopf auf der Rücklehne und die Hände in seinem Schoss gebettet, habe ich ihn noch nie so entspannt und sich wohl fühlend gesehen. Wie ich diesen Mann liebte wurde mir erst jetzt richtig bewusst. Meine Gefühle nahmen überhand und bevor ich richtig nachdenken konnte, rutschte ich näher zu ihm und strich ihm sanft durch die Haare. Sie waren wirklich so weich wie Seide. Er zuckte kurz zusammen, liess aber die Augen geschlossen. Mit meinen Fingern zeichnete ich die Konturen seines Gesichtes nach. Wie schön er doch war. Mein Herz raste und mein Blick blieb an seinen weichen Lippen hängen. Ob sie wirklich so weich waren wie sie aussahen? Ich konnte dem Drang nicht widerstehen und beugte mich langsam zu ihm hinunter. Sein Atem strich leicht über meine Lippen und dann schaltete sich mein Verstand komplett aus. Sachte legte ich meine Lippen auf die seinen und küsste ihn. Sie waren noch weicher als ich sie mir vorgestellt hatte. Ihn mir explodierte ein Feuerwerk und ich wünschte, dass dieser Augenblick ewig anhalten würde. Als ich jedoch seine Hand an meinem Arm spürte schaltete sich mein Verstand wieder ein und ich zuckte zurück.
„Tschuldigung“ sagte ich leise und rutschte ein Stück weg. Oh Gott, was dachte er jetzt von mir. Ich traute mich nicht ihn anzusehen und dachte er würde sicher jeden Moment aufstehen, sich anziehen und gehen. Doch nichts geschah. Ich drehte meinen Kopf langsam zu ihm und sah ihn an. Nachdenklich sah er mich an und fragte mich:
„Wieso hörst du auf?“ Verwundert sah ich ihn an. Hab ich eben richtig gehört? Er wollte mich auch küssen?
Ich betrachtete ihn genauer. Er lächelte leicht und um seine Nase hatte sich ein leichter Rotschimmer gelegt. Seine Augen funkelten leicht und er war leicht angespannt, was man an seinen Fingern sah, die mit dem Saum des Shirtes spielten.
Sollte ich es wagen, dass er mir das Herz bricht? Mein Verstand sagte nein, doch mein Herz etwas ganz anderes. Geniesse wenigstens diese eine Nacht, wenn du vielleicht nicht mehr haben kannst, sagte ich mir. Langsam kroch ich zu ihm rüber und setzte mich auf seinen Schoss, meine Beine hatte ich je seitlich platziert. Etwas unsicher sah ich ihn an.
„Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?“ fragte ich.
„Wenn ich das wüsste, aber in diesem Augenblick will ich es nicht anders!“
Sanft strich ich ihm durch die Haare, spielte mit ihnen. Geniesserisch schloss er die Augen, lehnte seinen Kopf wieder auf die Kopflehne und seufzte leise. Meine Finger wanderten zu seinem Gesicht und liessen keinen Zentimeter aus, zu kostbar war jeder Millimeter. Streichelten über die Stirn, sachte über die Wangen, zum Kinn und dann über die leicht geöffneten Lippen. Ich wusste jetzt schon, dass ich nie genug von ihm bekommen konnte. Langsam beugte ich mich zu ihm runter und küsste ihn auf seine warmen Lippen. Ein gehauchtes „Mehr“ kam von ihm als ich mich ein Stück entfernte und diesen Wunsch erfüllte ich ihm nur allzu gerne. Doch zuerst befreite ich ihn von diesem lästigen Shirt.
Dann küsste ich ihn stürmischer, strich mit meiner Zunge über seine Lippen und bat um Einlass, den er mir gewährte. Ein heftiger Kampf entbrannte, aber beide wussten, dass es keinen Sieger geben würde. Meine Hände gingen auf Wanderschaft, strichen langsam den Hals hinab zu seinem Schlüsselbein. Ein leises Keuchen von ihm sagte mir, dass er dort ziemlich empfindlich sein musste. Leicht grinsend löste ich mich von ihm und strich mit meiner Zunge über die gleiche Stelle. Ein leises Stöhnen entwich ihm und bewies mir, dass ich Recht hatte. Ich beschäftigte mich weiter an diesem Ort während ich ihm über die Seiten strich. Ein leichtes Zittern ging durch seinen Körper und dann blieb auch er nicht länger untätig. Leicht drückte er mich zurück, knöpfte mein Schlafhemd auf und liess es auf den Boden fallen. Warme Finger strichen über meinen Rücken und hinterliessen eine Gänsehaut. Mir wurde heiss und kalt und ich hatte das Gefühl, dass pures Feuer durch meine Adern floss. Wir küssten uns wieder, doch diesmal leidenschaftlicher als je zuvor. In ihn kam Bewegung und er drückte mich leicht aufs Sofa hinunter. Nun lag er auf mir und dieses Gefühl war unbeschreiblich. Diese Nähe nahm mir die Luft zum atmen. Etwas umständlich entledigte er sich und mich von den restlichen Kleidern. Nun war kein störender Fetzen Stoff mehr im Weg. Dort wo Haut auf Haut traf brannte die Stelle und ich dachte ich würde verbrennen.
Plötzlich unterbrach er den Kuss und ich öffnete die Augen. Er sah mich nur an und strich mir sanft durch die Haare. Und was ich in seinen Augen sah, liess mich tausend Tode sterben. In seinen Augen hatte ich noch nie so viel Zuneigung und Liebe gesehen, doch ich hatte Angst, dass dies nur heute Nacht so sein würde. Unbemerkt stahl sich eine Träne aus meinen Augen und lief meine Wange hinunter. Ich hatte es nicht bemerkt und zuckte kurz zusammen.
Seine Hand kam meinem Gesicht näher, wischte die Träne fort und er flüsterte leise:
„Nicht weinen.“ Und dann küsste er mich wieder. Seine Hände waren überall und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich hielt es nicht mehr aus, wollte ihn ganz nah bei mir haben und umfing ihn mit meinen Beinen. Er verstand die Geste, drang sanft in mich ein und verharrte einen Moment. Dieses Gefühl war unbeschreiblich, in mir tobte ein Vulkan. Langsam fing er sich an zu bewegen und ich bäumte mich ihm entgegen. Ein Stöhnen entwich mir und ich zog ihn noch näher zu mir. Im gleichen quälend langsamen Rhythmus bewegten wir uns. Erst jetzt erlebte ich das Gefühl richtig zu leben.
Wir liebten uns im Schein des Kaminfeuers und die Wärme, die davon ausging heizte uns noch mehr an. Seine Stösse wurden kräftiger, unser Stöhnen lauter. Ich konnte nicht mehr, ich stand an der Klippe und hatte plötzlich das Gefühl zu fliegen. Mit einem lauten Keuchen kam ich und bäumte mich auf. Auch er war soweit, umklammerte mich und stiess ein letztes Mal zu.
 
 
Wir lagen dicht beieinander auf dem Sofa vor dem Kamin. Liebevoll strich ich ihm ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Ein Schnurren begleitete meine Geste und ich musste lächeln. Er war praktisch schon eingeschlafen. Das wird morgen einen tierischen Muskelkater geben aber das war es mir wert. Ich musste feststellen, dass er ziemlich verschmust war, denn er wollte mich partu nicht loslassen. Und wen ich aufhörte ihn zu streicheln, kam ein protestierendes Grummeln von ihm.
Nach einer Weile musste ich feststellen, dass er eingeschlafen war. Er sah so zufrieden und glücklich aus. Wird das morgen auch so sein? Oder fängt wieder alles von vorne an? Ich hatte Angst. Angst ihn zu verlieren, denn ich wusste ich konnte ohne ihn nicht mehr leben. Er gab mir erst das Gefühl zu leben.
Ich dachte noch eine Weile nach während ich ihm beim Schlafen zusah. Doch langsam wurde auch ich müde. Sachte hauchte ich ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen und kuschelte mich näher an ihn. Als ich praktisch im Land der Träume war flüsterte ich leise:
„Ich liebe dich.“ Dann schlief ich endgültig ein, Was ich jedoch nicht mitbekam war, dass er noch gar nicht eingeschlafen war, Ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, zog mich noch mehr in seine Umarmung und sagte leise:
„Und ich dich erst.“
 
 
 
 

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Der Beitrag wurde von Sabrina Rytz auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.10.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

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Sturmwind von Bernd Rosarius



Wenn erst ein laues Lüftchen weht,
das sich naturgemäß dann dreht
und schnelle ganz geschwind,
aus diesem Lüftchen wird ein Wind,
der schließlich dann zum Sturme wird,
und gefahren in sich birgt-
Dann steht der Mensch als Kreatur,
vor den Gewalten der Natur.
Der Mensch wird vielleicht etwas klüger,
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