Sina Kröger
Mein Tagebuch 12.11.2006
Liebes Tagebuch,
ich glaube ich erzähle am besten da weiter,wo ich gestern aufgehört habe.
Nachdem meine Mutter wieder nüchtern war,schien unsere kleine Welt wieder eingermaßen in Ordnung zu kommen.
Das habe ich jedenfalls gehofft.
Ich habe jeden Tag gehofft.
Gehofft,dass dieser Tag wenigstens einigermaßen gut verlaufen würde.
Gehofft,dass meine Mutter keinen Grund finden würde,der sie zum Alkohol treiben könnte.
Ich weiß,dass die Alkoholsucht eine Krankheit ist und dass meine Mutter im Endeffekt nichts für ihre Krankheit kann.
Ich mein,ich bin es ja auch nicht schuld,wenn ich Fieber bekomme oder so etwas.
Mein Vater war auch keine große Hilfe.-Ganz im Gegenteil sogar.
Er trieb meine Mutter teilweise gerade zu in den Alkohol.
Es sind viele Dinge gelaufen,von denen ich nichts weiß.
Aber ich weiß zum Beispiel,dass mein Vater uns in keiner Hinsicht finanziell unterstüzt hat.
Meine Mutter stand auf einmal da,ohne Job aber dafür mit vier Kindern.
Auch im gemeinsamen Bekanntenkreis hat mein Vater miese Lügengeschichten über meine Mutter erzählt,die ich hier nicht zu erzählen wage.
Ich habe meinen Vater sehr vermisst.Er war für mich immer ein Vorbild.
Und ich habe ihn gebraucht.
Aber in meiner kindlichen Naivität habe ich nicht gemerkt,dass er mich schamlos ausgenutzt hat um meiner Mutter noch eins reinzuwürgen.
Naja,und so kam es,dass nach einem weiteren Vorfall mit Alkohol auf einmal die Polizei vor der Tür stand und wir Kinder zuerst in ein Kinderheim und dann in eine Pflegefamilie kamen.
Das war so ziemlich die schlimmste Zeit meines Lebens.
Auf einmal war man in einer fremden Familie und so sehr ich mich auch bemühte mich zu fügen,konnte ich mich einfach nicht auf diese Menschen einlassen.
Ich habe mich einfach nach einer richtigen Familie gesehnt.
Nach meiner Familie,wie sie mal vor Jahren war.
Doch die existierte nicht mehr,damit hatte ich mich abzufinden.
Das alles,liebes Tagebuch,ist jetzt ungefähr 1 Jahr her.
Und es hat sich viel verändert.
Ich wohne wieder mit meinen vier Geschwistern und meiner Mutter zusammen.-Wenn auch nur in einer kleinen Wohnung.
Mein Vater hat sich von seiner Freundin getrennt und hat jetzt bald auch eine eigene Wohnung.
Meine Eltern haben sich nach dem ganzen Streit wieder vertragen und kommen komischerweise ganz gut miteinander klar.
Meine Mutter macht außerdem eine Therapie und die scheint sich zu bewähren.
Sie war schon lange nicht mehr betrunken.
Und ich?
Tja genau da liegt das Problem.
Wo bin ich geblieben?
Obwohl sich alles zum Guten zu wenden scheint und alle wieder glücklich sind,geht es mir alles andere als gut.
Ich stehe Morgens auf,gehe in die Schule,komme Mittags wieder,erledige meine Pflichten und dann warte ich darauf ins Bett zu gehen.
Natürlich mach ich auch viel mit meinen Freunden,aber das wars dann auch.
Ich bin einfach unglücklich und ich wünschte es gebe ein Medikament dagegen.
Eine große Rolle spielt sicherlich auch,dass ich mit meinem Äußeren total unzufriden bin.
Dass das schon krankhaft ist,weiß ich.
Dehalb beginne ich am Wochenende einen Kurs in dem ich lerne endlich ein Leben zu leben.
Ich freue mich schon sehr darauf,habe aber auch ein bisschen Angst,weil ich nicht weiß was auch mich zukommt.
Ich bin mir ziemlich sicher,dass es ein schwerer Lebensabschnitt werden wird,der letztendlich aber notwendig ist um auch endlich glücklich sein zu können.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.11.2006.
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