Dieter Kamensek

Franky

Sein Name ist Franz. In seiner Schulzeit nannten sie ihn Franzerl, Franzi, Fraunz und gaben ihm auch mehrere Spitznamen. Er spielte damals schon gerne mit Mädchen, aber nicht, weil er eine feministische Ader hatte, auch nicht weil er mit den Buben nicht spielen wollte, ganz einfach deshalb, weil irgendetwas, tief in seinen Inneren ihn dazu trieb. Er wurde größer, er wurde jugendlicher. Er sah gut aus, seine dunklen Haare gaben seinem Gesicht einen Rahmen, seine blauen Augen schienen ein Meer der Zärtlichkeit zu beherbergen, seine Lippen riefen – wortlos- förmlich danach geküsst zu werden. Sein Körper war trainiert und athletisch. Doch das war eigentlich nicht wirklich der Grund um so attraktiv auf das andere Geschlecht zu wirken. Sicher, für ein paar dumme Tussis genügte das schon, und diese reziprokintelligenten jungen und auch älteren Damen hatten wegen seines Anblicks bereits einige schlaflose Nächte und einige auch unartige Phantasien. Doch war und ist es seine Ausstrahlung, die ihn zu einem wahren Mädchen- und Frauenschwarm werden ließ. Seine Ausstrahlung und seine Wortgewandtheit, sein sicherer Umgang mit den Vertretern des anderen Geschlechtes war ein offenes Geheimnis, obwohl er es immer hinter seiner angeborenen Bescheidenheit verbarg.

Bei jedem „Ausgang“ sahen ihn die Frauen und Mädchen nach, bekam er eindeutige Blicke und Bemerkungen, bei jeder Gelegenheit ergab sich ein Jäger –Beuteverhalten, in welchem Franky – so nannte er sich nun und wurde auch von andren genannt – immer die Beute zu sein schien!

Er war auch kein Kostverächter – zumindest was Frauen anbelangte – er wollte, wenn dann- eines Tages- die richtige Frau für ihn käme, soviel kennen gelernt haben, dass er später nicht mehr in neugierige Versuchung verfallen und er von seinem Traum, der eigenen Familie, abgebracht werde.

Sein Traum war wirklich und wahrhaftig eine Familie wie in den alten Erzählungen und so wie er sie selbst erlebt hatte. Frau und Mann die sich lieben, binden, ein Haus haben, zwei Kinder zeugen und sich bis zum Lebensende lieben, gegenseitig ergänzen und  trotz allen Unterschieden und unterschiedlichen Meinungen dieselbe Richtung gehen. Er glaubte an die Liebe, an die Gemeinsamkeit, er glaubte an die Treue und an das Glück.

 

Oft sah er Hormonkulusse, wie er sie bezeichnete, die nichts anderes kannten als den Paarungstrieb zu befriedigen. Viele dieser Wesen waren verheiratet, hatten Kinder und ein Heim! Für ihn war dieses Verhalten fremd, abartig und unerklärlich.

 

Eines Tages lernte er eine Frau kennen. Diese Frau war nicht hübsch, nicht einmal attraktiv, war auch nicht besonders intelligent oder wenigstens belesen und auch nicht besonders, eigentlich gar nicht begehrenswert. Doch hatte sie etwas das ihn faszinierte. Vielleicht war es ihr Trieb, vielleicht aber war es auch nur die spezielle Kombination von (Nicht)Eigenschaften gepaart mit einer (Nicht)Schönheit die er noch nicht kannte. Sie ließ auch keine für sie günstige Gelegenheit aus ihn zu umgarnen und zu erobern und seine Verführung voranzutreiben. Sie ließ also absolut keine Möglichkeit aus, um an ihr Ziel zu kommen!

So kam es dass sich die beiden näher kamen, er als Mann und sie als Frau. Sie schliefen miteinander. Danach kamen ihre Erzählungen, ihre Berichte und Beichten. Sie suchte verzweifelt nach Anerkennung, nach Liebe und Geborgenheit und glaubte dies alles auf dem Weg der Erotik zu finden. Eigentlich war sie total unfähig zu lieben, sie war unfähig zu jedem echten Gefühl, sie war eigentlich – so hart es klingen mag, eine triebgesteuerte, instinktiv handelnde Kreatur. Viele Männer kreuzten  ihren Weg, viele längere und kürzere Abenteuer und viele  Trennungen. Sie machte in ihrer Gier vor nichts Halt. Freunde, Verwandte, Bekannte – jeder den sie für fähig hielt ihre Sehn – (Süchte) zu befriedigen war bald verführt! Diese Art zu leben, zu denken kannte Franky noch nicht.

Je mehr er hörte, sah und begreifen musste, umso schneller wollte er diese eigenartige Beziehung beenden! Weg, einfach weg; Er nahm alle Schuld auf sich, er wollte ihr das Gefühl zum Abschluss schenken, dass sie ihn verlassen hatte, denn er wusste nur zu gut dass alle anderen Männer sich ebenfalls eher schneller als länger auf – und davon machten und ihr nur in ihrer eigenen Fantasie den fragwürdigen Triumph ihrer Entscheidung überließen!  Es war ihm nicht wichtig wohin sein weiterer Weg ihn führen sollte, wohin und an welche Gestade er getrieben würde, Hauptsache einfach weg!

Nach langem Wirren und Zagen gelang es ihm. Während des Endkampfes, so musste man diese einzelnen letzten Begegnungen nennen,  lernte er eine Frau kennen die er über alles schätzen und lieben lernte, sie war sein wahrgewordene Traum, das eigentliche Gegenteil des Jetztzustandes. Er wünschte sich nichts mehr auf dieser Welt als das er mit dieser Frau, mit dieser einzigartigen, schönen und auch intelligenten, warmherzigen und humorvollen Frau eine Familie zu gründen, mit ihr bis zum Tod vereint zu sein, und wenn es nur ginge, auch darüber hinaus zusammenzubleiben!

 

Es vergingen Stunden, Tage, Wochen und Monate voller Liebe und Zärtlichkeit, voller Hingabe und innerer Wärme. Jede Berührung war ein unvergesslich und ein unvergleichlich schönes Erlebnis, jedes Wort voller Liebe und Schönheit. Franky, der Mann der die Frauen mochte, schätzte und auch verehrte hatte nur noch Augen für sie, für seinen Schatz. Jede Sekunde die er mit ihr verbrachte war eine Sekunde des Glücks, jede Minute die sie zusammen verbrachten eine Minute der Liebe, jede Stunde die sie miteinander durchlebten eine Stunde der Erfüllung. Er war sich sicher das es das Beste war das es auf dieser Welt geben konnte. Die körperliche Vereinigung mit ihr war nicht die mechanische Bewegung, nicht das mitunter anstrengende Hin und Her, es war die Verbindung zweier Seelen in Liebe und völliger Hingabe. Die schrecklichen und abstoßenden Erfahrungen die er zuvor erlebte (jetzt wusste er wirklich um die Qualität der vorigen Beziehung) machten seine jetzige Beziehung umso wertvoller! Erst die Zukunft bringt das Licht der Erkenntnis für die Vergangenheit in die Gegenwart, und erst wenn man brackiges, verfaultes Wasser genossen hat, kann man sogar das einfachste Wasser wieder schätzen!

 

Jede Sekunde waren sie vereint, ob am Telefon, ob körperlich oder geistig! Sie waren des anderen fehlender Teil! Nun wollten sie alles in die richtige Richtung bringen.

Sie gingen zum Arzt, sie wollten sich untersuchen lassen, sie wollten alles für die zukünftigen Kinder bereiten. Sie planten ihr Leben, sie planten ihr Haus, ihr Leben, ihren Garten und dachten und erwogen und ….

Sie waren schon bei den Namen ihrer zukünftigen Kinder, bei den Beschäftigungen mit ihnen, sie lachten und scherzten, schmunzelnden und kicherten, sie überlegten und dachten!

Es kam der Untersuchungsbefund. Franky hatte – leider – einige unliebsame Erinnerungsstücke in Form von Krankheiten von der Beziehung mit der anderen Frau erhalten. Laut dem Arzt war eine Schwangerschaft zwar möglich, aber auch sehr riskant, und obwohl sofort  für beide eine Behandlung folgte, wird zumindest eine „Erinnerung“ Franky und seine Traumfrau für immer begleiten. Wer Kinder wirklich liebt, wird nicht aus lauter Egoismus den zukünftigen Leben einer Gefahr aussetzen.  Nun wusste Franky auch, dass es unnötig und dumm war aus Neugier eine Beziehung einzugehen, und sei diese noch so oberflächlich und nur ein klitzekleines Puzzlestück auf dem eigenen Weg. Man braucht nicht alle Puzzelteile um das Bild zu erkennen, das wichtig ist, man braucht manchmal nur ein Bild um das Wesentliche zu sehen und zu erkennen!

Wir alle sind Menschen, wir machen Fehler und sind uns oft der Konsequenzen nicht (immer) bewusst, doch wir sollten versuchen an unsere Träume zu glauben, an ihnen festzuhalten und nicht allen möglichen, unnötigen Dingen, Situationen und Gelegenheiten zu erliegen. Überhaupt dann nicht wenn man eine so unnötige Beziehung wie zu jener Frau eingeht die niemals, zu keiner Zeit, ernst genommen wurde!

Franky hat seine Traumfrau nicht verlassen, sie lieben sich mehr denn je, doch seine Schuld ist so übergroß das er es niemals mehr gut machen kann! Das Lachen und das Schmunzeln, die Vertrautheit, die Zärtlichkeit und die innere Wärme wurden anders!

 

Manchmal, wenn Franky nachts im Bett liegt, hört er noch, leise und voller Wärme, ihr ungetrübtes, unbeschwertes und freies, kindliches Lachen der Vergangenheit und sieht die vielen Albernheiten, welche Franky und seine Traumfrau vereint hatte. In seinen Träumen vergisst er, zumindest zeitweise, die bittere Wahrheit und seine Schuld!

So vernichtete er einen Teil seines Lebens, einen Teil des Lebens seiner Traumfrau, das noch ungeborene Leben der gemeinsamen Kinder, welche nun nie mehr das Licht der Welt erblicken werden. Er brachte seine Traumfrau um die wunderbarste Erfahrung dieser, unserer Existenz, um die Erfahrung der Mutterschaft! Niemals wird er das Lachen und Weinen der gemeinsamen, in Liebe gezeugten  Kinder hören!

 

Einmal sah Franky noch die Frau, sie hatte, wieder einmal, jemand gefunden! Die alte Frau war an der Seite eines jung aussehenden Mannes, sie wirkten wie Mama und Sohn! Trägt er die Last weiter?

 

Doch das Leben geht weiter! Für alle!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.11.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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