Dieter Kamensek

Dorian

Es war in einen Eisbahnabteil. Ich setzte mich zu einem älteren Herrn. Nicht weil ich seine Gesellschaft suchte, sondern weil nur dieser Platz frei war. Ich setzte gerade zur Phrase an:“ Entschuldigung, ist…!“ da sagte er mit einer wohlklingenden Stimme:“ Sicher, der Platz hat auf sie gewartet; Gestatten ich heiße Dorian!“
Ich setzte mich, und wollte, wie immer mit einer Phrase antworten. „Ja sicher, es gibt keine Zufä…!“ Da sagte er zu mir: „Doch Zufälle gibt es, doch die sind ein wenig anders!“
Ich wusste nicht was ich machen sollte. Sollte ich mich auf ein pseudowissenschaftliches Gespräch, gewürzt mit Besserwisserei und Homeworkphilosophie einlassen? Sollte ich ein kleines Streitgespräch veranstalten, einen kleinen rhetorischen Wettkampf? Na ja, eigentlich hatte ich nichts wirklich Besseres zu tun!
 
„Wie meinen sie das?“ war meine Frage, kurz und schnell – wie eine Schlange beim Beutebiss stieß ich vor.
 
Er lächelte, drehte den Kopf in meine Richtung, denn er saß schräg zum Fenster und ich ihm gegenüber auf dem mittleren Sitz der Sitzreihe, und sagte:“ Na ja, eigentlich haben wir, so scheint es, nichts Besseres zu tun. Unterhalten wir uns und verkürzen so die Zeit! Wenn es ihnen zu viel wird oder sie – aus welchen Grund auch immer – das Gespräch beenden wollen, müssen sie es nur sagen!“

Ich nickte, und er fuhr fort:
 
„Es gibt eine Bestimmung und eine Handlung! Nehmen sie ihr Leben, sie folgen einer Bestimmung, doch was sie aus dieser Bestimmung machen ist ihre eigene persönliche Sache. Bildlich gesprochen- ihre Bestimmung ist gleich einer Vase. Diese Vase ist für jeden anders. Mal ist sie schlank und hoch, mal breit und nieder, mal ist sie einfärbig und mal ist diese bunt. Sie ist wie sie ist. Den Sinn geben sie nun ganz alleine. Auch wenn diese Vase nur eine Blume fassen kann, so kann es die schönste Blume sein die der Vase den Wert verleiht, den sie verdient. Bei anderen fasst die Vase vielleicht mehr, so muss er aber auch darauf bedacht sein das sich viele Blumen darin befinden, denn sonst ist die Bestimmung nicht wirklich erfüllt. Manche können ihre Vase noch verschönern oder aber sie zweckentfremden ihre Bestimmung. Sie füllen sie nicht oder falsch. Manche zerbrechen die Vase oder stellen sie weit von sich weg!“
 
„Und wenn schon- wenn kümmert es?“ Jetzt erst bemerke ich dass eine junge Frau in unser Abteil blickt. Sie steht am Gang und raucht, da aber unsere Türe nicht geschlossen war  wurde sie so zu einen unfreiwilligen Voyeur!
 
„Das steht in den Sternen, zumindest ist es fraglich! Doch wenn es schon eine Bestimmung gibt, wäre es da nicht widersinnig wenn es keine Kontrollinstanz geben würde? Das Gesetz wird bei uns überwacht und ausgeführt …“
 
Da fiel sie ihm mitten in den Satz und sagte: „Gesetze die sind doch nicht gerecht, wie das ganze Leben. Überhaupt, wir Frauen tragen ein viel schwereres Los als die Männer!“
 
Gesetze wurden von Menschen gemacht die ihrer Bestimmung entsprechen oder zumindest entsprechen wollten. Doch Gesetze werden von Menschen beschlossen, überwacht und schließlich auch exekutiert, so könnten, normalerweise, bei weisen Menschen, viele Ungerechtigkeiten wieder gerecht werden. Doch zu der Aussage Männer und Frauen. Viele Missverständnisse entstehen durch Dummheit und Arroganz, durch künstlich hochgespielte Differenzen. Frauen sind Lebewesen, ebenso die Männer. Frauen unterscheiden sich nicht nur körperlich von den Männern, sondern auch geistig und emotional. Denken sie sich ein normales Auto ohne Reifen. Das Auto, sagen wir eine Luxuskarosse, ist mit ESP, Klimatronic, Vierrad, Hybridantrieb, Ledersitze, elektrische Sitzverstellung, Mehrzonenklima, Metalliclack und den ganzen anderen Schnickschnack im Grunde nichts wert ohne die Räder. Umgekehrt sind die Räder, auf handgeschmiedeten Alufelgen montiert, bestmögliches Profil, breit, beste Gummimischung auch nichts wert, denn die verstellen nur den Platz. Erst zusammen, bei allen Unterschieden, sind sie zu etwas nütze und jeder trägt zur Erfüllung der Bestimmung bei. Nun könnte man sagen wer ist das Auto, wer die Reifen, wer ist wichtiger, wer hat mehr Anteil und so weiter. Ich sage es ist egal. Eine Fichte wird sich nicht beklagen das sie eine Fichte ist, und wenn sie es könnte würde wohl jeder sagen – du dumme Fichte – du bist du! Warum willst du etwas anderes sein als das was du bist? Sieh, du hast einen Platz in unserer Welt der nur für dich ist, mach etwas draus! Es gibt nichts entwürdigender für sich selbst, etwas anderes sein zu wollen was man eigentlich ist.“
 
„Na gut, klingt nach ein paar fragwürdigen Lebensweisheiten! Soll man also nicht versuchen anderen nachzueifern, Idole zu haben?“ sagte ich ein wenig sarkastisch zu ihm!
 
„Idole – warum nicht, wenn es dabei bleibt das man sie als Idole sieht. Sich weiterzuentwickeln ist – so glaube ich, auch unser Weg! Doch die Verehrung, die bedingungslosen Fanallüren sind nicht nur lächerlich und kurios, sie sind falsch. Denn man lebt nicht sein Leben, man lebt das  - im Grunde unbekannte Leben – eines anderen. Ich finde es sehr amüsant wenn ich sportbegeisterten Leuten zusehe die nicht nur sehr viel Geld ausgeben um ihre Idole reich zu machen, sondern auch noch ihre Energie und ihren Geist verschwenden um diese Sportler zu stärken. Denn letztendlich fährt ein Rennläufer in erster Linie nicht für das Heimatland sondern für sich selbst. Er steckt in sein Training nicht mehr Zeit als jemand der ganz normal arbeiten geht. Das gleiche gilt auch für alle Sänger oder Sportler. Haben sie schon einmal jemanden gesehen der voller Begeisterung mehreren  Schweißern bei der Arbeit zugesehen hat? Dafür auch noch mehrere hundert Euro gezahlt hätte?
Noch eigenartiger finde ich, sind Fans von Prinzessinnen, Königen und anderen gesellschaftlich hoch stehenden Leuten!
Stellt euch vor – jemand klopft an die Türe und sagt: „Ich heiße Hans, ich kann gut laufen. Geben sie mir 100 Euro und sie dürfen mir zusehen!“ Würdet ihr das tun? Oder braucht ihr andere die euch sagen was gut ist, andere die euch sagen was ihr wen und wie viel zahlt? Bestimmen geheime Einflüsterer wie ihr zu leben und zu denken habt? Gleich ist es mit allen anderen auch.
Mein guter Rat: Steckt die Energie in euch selbst, in eure Familie, in eure Freunde. Nehmt das Geld und bereitet euch, eurer Familie oder euren Freunden eine  Freude. Nehmt den Enthusiasmus für die Erziehung, für eure Arbeit! Seht euer reales Leben einmal an- was seht ihr?“
 
„Ich bin ein Sportfan, deswegen sage ich ihnen, dass sie das nicht verstehen!“ sagte ich sehr aggressiv.
 
„Nun, allein die Aggressivität verrät die Unsicherheit und das Wissen um die Wahrheit, doch es liegt an ihnen mit diesen Wissen umzugehen!“
 
„Könnte es sein das sie den heutigen Idolen den Reichtum neiden?“ sagte nun die junge Frau – mit einen skeptischen Blick!
 
„Welchen Reichtum? Den Inneren oder den äußeren; denn wenn sie auch gleich heißen mögen, so sind sie doch anders. Vergleiche sie mit der Saat des Bauern. Der innere Reichtum entspricht den Samen im Boden. Der Bauer musste pflügen, säen und eggen. Die Furche darf dabei nicht zu tief oder zu flach sein. Lange Zeit sieht niemand welch Reichtum hier wartet zu erwachen. Doch nach dem Erwachen des Reichtums wird das ganze Ausmaß der Fülle ersichtlich. Aus verhältnismäßig wenig erwächst die Fülle.
Der äußere Reichtum gleicht dem Samen des inneren Reichtums wie sich auch die Namen gleichen, doch dieser wird nur hingestreut. Offen und für jeden sofort ersichtlich. Der  Bauer hätte so wenig Arbeit. Doch die Samen werden – wenn überhaupt – nur zu einem kleinen Teil keimen und Frucht tragen. Und weil es nur so wenige sind welche es erreicht haben zu wachsen, sind sie schutzlos. Vögel und Insekten, Hamster, Ratten und Mäuse nehmen, der Wind verträgt, es wird immer weniger.“
 
„Den Rest nimmt der Partner wenn er abhaut!“ – sagte nun ich wieder! Wieder einmal eine Phrase, wie so vieles was wir täglich reden!
 
„Ha, ja, eine Partnerschaft ist heute eine Herausforderung der fast niemand mehr gewachsen ist! Wenn Du die Liebe findest, bleibe bei ihr. Wenn auch, während einer Partnerschaft,  so vieles düster aussieht,  macht einen der Weg stark. Es gibt auch kein Ziel.
Sicher, wenn es schwierig wird, wechselt man den Partner, wenn es langweilig wird auch, wenn es in Mode kommt den Partner zu wechseln, wenn es seinen egoistischen Denken entspricht, sogar wenn man sich nicht wohl fühlt, Partnerwechsel hilft – kurzzeitig!
Man wechselt den Partner, das erste Mal nach einer längeren Zeit, danach werden die Zeitspannen immer kürzer und die Gründe immer fadenscheiniger.
Noch dazu werden wir – meist unbemerkt und doch total  – gelenkt. Generationskonflikte, Geschlechterkonflikte, Arbeitskonflikte und noch viele andere leiten und lenken uns.
Wir bekommen sogar neue, toll klingende Begriffe damit wir unsere Unfähigkeit dahinter verbergen können. So heißt es zum Beispiel Lebensabschnittspartner, Patchworkfamilie oder ähnlich.
Stellen sie sich einfach vor. Sie haben zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Nun, Bruder und Schwester verstehen sich wieder einmal nicht. Eines Tages sagt ihr Sohn: „Wir trennen uns von meiner Schwester – wir verstehen uns nicht so gut!“ Würden sie sagen:“ Sicher, ist okay, das machen wir!“ oder würden sie sagen: “Klar, suchen wir uns eine andere Schwester für dich!“
Dabei sagt man doch gemeinhin das man sich seine Verwandten nicht aussuchen kann, hingegen seine Freunde und seine Partner schon. Das heißt wir zeigen unsere totale Unfähigkeit so offenkundig wie man es besser gar nicht zeigen kann! Es liegt nicht die Kunst und der Wert darin einen nach den anderen zu vernaschen, kurzzeitig zu binden oder kurz zu beeindrucken, sondern das man miteinender wächst. Es kostet ein paar Euro, und sehr oft nicht einmal das, einen Partner ins Bett zu bekommen – und manche Männer kommen sich dabei noch großartig vor. Doch genau  das ist der Wert des Bezahlers. Wenn nicht eine funktionierende Partnerschaft, was ist sonst der Wert des Lebens? Ein Haus, eine Wohnung, ein Auto, wenn geht ein Golf oder BMW?!“
 
„Haben sie ein Rezept für eine funktionierende Partnerschaft?“ – wollte die junge Frau wissen?
 
„Ein Rezept von vielen – vielleicht! Viele sind der Auffassung, was auch stimmt das die erste Zeit einer Partnerschaft die schönste ist. Nicht weil alles Neu ist, sondern weil man sich um den anderen bemüht. Denn im Grunde ist man nicht sicher ob man ihn so beeindruckt hat wie es gedacht wäre. Schöne Worte, liebe Gesten, viele nette Kleinigkeiten. Man zieht sich für den anderen an- ganz besonders. Man achtet auf sich um den anderen sein Wesen zu offenbaren. Leider folgt darauf der Alltag. Der ist schwierig, man sieht den anderen direkter, fühlt sich oft unverstanden und merkt nicht dass sich der andere das gleiche denkt. Man sieht sich durch den Partner behindert und unverstanden.
Manch anderer liebt über alle Maßen und stellt den Partner auf einen virtuellen Sockel. Dieser ist dann so hoch das er dem Partner nicht mehr erreichen kann. Andere stellen sich selbst auf so einen Sockel und entschwinden für den anderen. Wieder andere gehen den Weg des Lebens gemeinsam und blicken sich dabei in die Augen. Beim ersten Hindernis stürzen beide. Denn sie sollten eigentlich zusammen nach vorsehen.  Andere laufen mit aller Kraft los und sind bereits nach einer kurzen Streck erschöpft. Irgendeiner oder beide bleiben auf der Strecke. Wieder andere halten sich so locker oder gar nicht so dass selbst der kleinste Wind sie auseinander treiben kann! Ganz andere streben voller Elan in die Richtung die sie für die Richtige halten. Sie halten sich fest, leider aber wollen sie in die unterschiedlichsten Richtungen. Erst nachdem sie sich loslassen finden sie die Gelegenheit ihr Glück zu finden.
Stellen sie ich vor. Sie haben ein Auto. Es ist neu und vollkommen in Ordnung wenn sie es kaufen.
Der eine fährt damit, wartet es nicht, schließlich ist das Auto kaputt. Ein neues muss her – alles gut- doch irgendwann geht das Geld aus!
Der andere hegt und pflegt es, seine gesamte Zeit geht für die Pflege drauf. Er ist ein freiwilliger Sklave und hat nichts von dem Fahrzeug und das Auto wurde zum Gebrauch hergestellt.
Der dritte macht damit was er alleine will, ungeachtet des Fahrzeugtyps. Einmal Rallye, einmal Gelände, einmal Straße,…. Das Auto wird nicht lange durchhalten.
Wieder ein anderer weiß was er hat und dementsprechend behandelt er es. Er kann sich auf das Fahrzeug verlassen.
- Und nun ein Tipp wie viele Schwierigkeiten gar nicht erst zu Problemen werden: Wir sind uns
 
 
F O R T S E T Z U N G     F O L G T  
 
 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.12.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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