„Hauptmann! Hauptmann! Im Keller, im Verließ, da ist… ihr
werdet es nicht glauben! Sie lebt! Ich meine… sie lebt!!!! Habt ihr mich
verstanden? Ganz weiß in Lumpen! Sie scheint ewig da zu sitzen, aber sie lebt!
Ich schwör’s! Sie hat geatmet! SIE HAT GEATMET!!!!“
Lorien wurde von einem seiner Diebe am Kragen gepackt und
durchgeschüttelte. Davis und sein Bruder wirken wirklich völlig verstört und
das sollte was heißen. Es war eigentlich ihre Aufgabe immer dafür zu sorgen,
dass die Bezahlung für ihren Auftrag stimmte, selbst wenn sie die ein oder
andere fremde Tasche leeren mussten. Kurz blickte Lorien in Richtung Falender,
welcher aber bereits von zwei Priestern und dem Magier versorgt wurde, ehe er
sich um seine beiden Langfinger kümmerte… oder eher die sich um ihn, denn der
arme Hauptmann wurde an den Armen gepackt und mitgezogen. Natürlich folgten
einige seiner Krieger ihm, aber es schien wirklich mehr als dringlich zu sein.
Er wurde durch einige Gänge zu einer Tür geführt. Hinter dieser Tür führte eine
schmale Steintreppe nach unten, wohl der Kerker oder ähnliches. Auch hier wurde
nicht Halt gemacht und bei dem schnellen Schritt musste er auf seine Füße
achten um nicht in die Tiefe zu fallen. Unten angekommen kamen sie an
unzähligen Zellen vorbei, alle waren sie offen und in einigen fanden sich noch
sterbliche Überreste. Es war die vorletzte Zelle, bei der sie endlich zu stehen
kamen und darinnen… darinnen saß eine Frau… nun ja, eigentlich erkannte man nur
eine Gestalt ganz in weiß und das lange, verfilzte Haar verbarg das Gesicht.
Sie saß zusammengekauert auf der Pritsche und hatte ihre angewinkelten Beine
umarmt. Die Lumpen, die diese Gestalt trug, Lorien hatte dem Gestammel seiner
Diebe entnommen, dass es wohl eine Frau war, wirkten so, als wären sie am Leib
dieses Weibes verrottet, doch darum konnte er sich später kümmern. Langsam
näherte er sich ihr, hatte seinen Dolch griffbereit, falls dies eine
Wahnsinnige war, die ihn angreifen würde, doch nichts geschah. Er sprach sie an
und dann bewegte sie sich. Ihre schultern erbebten leicht unter einem tiefen
Atemzug.
Der Herzschlag des Söldners setzte für einen Moment aus. Wie
konnte so etwas denn bitte möglich sein? Sie schien sich nicht mal mehr selbst
bewegen zu können und musste schon ewig hier sitzen und trotzdem atmete sie.
Für einen Moment hörte er noch einmal die Stimme des alten Königs in seinem Ohr
und er schloss die Augen. Das konnte nicht sein… oder? Erst einmal musste er
dieser Frau helfen, denn gefährlich war sie im Moment gewiss nicht.
„Gut, gut… ich werde sie jetzt anfassen… Also nicht
erschrecken…“
Er berührte sie, zuckte fast schon wieder zurück, denn sie
war kalt wie Eis. Der einzige Grund
warum sie nicht fror konnte nur noch sein, dass sie sich an die Kälte gewöhnt
hatte. Ihre Arme führten sich an wie Knochen, die mit ein wenig kalter Haut
bespannt waren und so wie es aussah war es auch nicht viel mehr. Lorien hatte
Angst dieses Wesen zu zerbrechen als er sie bewegte, doch nichts davon geschah.
Als er sie hinlegte wirkte sie ein wenig so, als würde sie schlafen. Langes,
weißes Haar umrahmte das weiße Gesicht, die Lippen waren noch recht voll und
fein geschwungen, die Hohen Wangenknochen traten etwas hervor, da sie so
abgemagert war. Lange, weiße Wimpern zierten ihre geschlossenen Augen, ebenso
wie zwei Narben. Sie gingen jeweils von Oberhalb der Augenbrauen bis zu ihren
Wangenknochen und waren leicht gezackt. Für einen Moment musste der Söldner
wieder durchatmen, denn es fröstelte ihn ein wenig. Immer noch war sie so schön
und doch konnte er sich wohl nicht mal vorstellen, was sie alles hatte erleiden
müssen. Dieses Gefühl verstärkte sich, als sie nach seiner Aufforderung die
Augen öffnete. Sie waren weiß, völlig weiß, wie alles an ihr. Sie war blind,
wahrscheinlich durch die Wunden, die man ihr zugefügt hatte.
„Okay… können sie denn auch sprechen?“
Seine Stimme klang sogar in seinen Ohren ein wenig
befremdlich, doch was sollte er sonst tun? Weggehen? Schon schlimm genug, dass
einige seiner Männer zurückgewichen waren. Er konnte sich nicht vorstellen, was
in dieser Frau vor sich ging. Ihr Schweigen versetzte den Herzen der Krieger
einen weiteren Stich, denn scheinbar war sie auch noch stumm und nicht nur
blind. Lorien beschloss die alte Technik des Augenklimperns zu benutzen, diese
war immer sehr wirksam gewesen und das konnte die Dame zumindest und wie man an
ihrem Klimpern erkennen konnte hatte sie auch verstanden. Gerade sollte die
Fragestunde beginnen, als der Magier, welcher den König getötet hatte, in der
Zelle auftauchte. Er trat einfach aus einem Nebel, welcher sich von der Decke
herabgesenkt hatte war. Sein Blick glitt über die Söldner zu der Gefangenen und
sofortig ging er in die Knie.
„Herrin, bitte verzeiht, dass ich hier so spät erscheine,
doch es ließ sich nicht vermeiden. Ihr müsst fort von hier, denn eine Schlange
der toten giert nach euch. Die Welt hat sich nach eurem verschwinden gewandelt
und ein Krieg steht kurz bevor. Eure Heimat könnte einen solchen Sturm nicht
überstehen. Nur Baranme und Ifilahn sind wach, doch seit dem Tod euerer werten
Mutter außer Kontrolle. Ihr müsst zurückkehren. Die Wölfe, zumindest einige von
ihnen, erwarten eure Rückkehr… ihr müsst jetzt gehen.“
Er nahm etwas Wasser und goss es schlichtweg über ihren
Körper, ehe er ihr etwas zu Trinken gab. Sie war nur noch ein Schatten ihrer
selbst, doch dies wusste Lorien nicht. Für ihn war das alles purer Schwachsinn
und das beklemmende Gefühl in seinem Magen wurde wieder sehr deutlich.
„Was tut ihr da? Und was soll das alles? Ich verlange auf
der Stelle eine Erklärung.“
„Ich zahle euch das doppelte von dem, was ihr für den Sturz
dieser Festung erhalten habt, wenn ihr sie hier rausschafft und solange
beschützt, bis sie wieder bei Kräften ist, zugleich werde ich euch und eure
Truppen von hier an die Grenzen der Grafschaft befördern noch ehe die Schlange
weiß was los ist. Es ist sehr wichtig, dass er sie nicht in die Hände bekommt…
ich bitte euch, Söldner.“
Das waren nicht die Antworten, die er hätte haben wollen,
doch in den Augen des Magiers, welcher nun die Kapuze abgenommen hatte, zeigte
sich große Sorge und eine flehende Bitte. Er war jünger als erwartet, gewiss
noch keine zwanzig. Sein Gesicht war noch arg kindlich, was auch mit an seinen
riesigen, braunen Augen lag. Sein Haar war kurz geschoren, bis auf einen
Streifen in der Mitte und an den Seiten seines Kopfes. Jene Streifen waren
geflochten und endeten in drei langen Zöpfen, welche in der Robe verschwanden.
Gegen jedwede Vernunft nickte Lorien und hob die Frau auf die Arme. Baranme und
Ifilahn waren schlafende Städte, die Stadt des Todes und die des Feuers. Beide
stellten mächtige und berüchtigte Krieger, die sich nun auf unterschiedlichen
Seiten der Kriegsparteien befanden. Wenn es auch nur einen funken Hoffnung gab,
dass dieses knochige, weiße Weib irgendetwas daran ändern konnte, dann würde
Lorien sie beschützen und gewiss würde sie ihm später sagen können, was das
alles hier bedeutete. Nur am Rande bemerkte er, dass ihr Leib trocken war, ehe
sie in einem weißen Nebel verschwanden, der jeden Gedanken einfach verhüllte.
~Anmerkund des Autors~
Sodala… hier ist also nun der zweite Teil wie es gewünscht
war… bitte verzeiht die kleine Verzögerung, denn bei mir geht grad alles etwas
drunter und drüber… Ich hoffe die geschichte gefällt euch trotzdem, auch wenn
sie etwas abbrupt endet, doch im dritten Teil werden die Fragen beantwortet^^
Und ich hoffe inständig, dass ich für den nicht ebenso lange brauche… also… ich
hoffe, es gefällt euch so weit… wie immer würd ich mich sehr über Kommentrare
freuen und Kritik ist immer noch erwünscht^^