Eileen Meier

Utopie

                                                                                               Donnerstag, der 6. Juli

Liebes Tagebuch,

heute haben wir die Mathearbeit zurück bekommen. Ich habe eine fünf! Mist! Meine Mutter bekam den „schlechtes Gewissen Gesichtsausdruck“:“ Hätte ich bloß mehr Zeit gehabt, um mit ihr zu üben!“ Mein Vater begann mit seiner Moralpredigt;“ Hast du denn genug gelernt? Hast du dir ein Lernplan erstellt, wie ich es dir geraten habe? Hast du dich bei der Arbeit konzentriert und nicht ablenken lassen?“ …und das ganze bla bla… Ich muss jetzt aufhören mit schreiben. Denn Aldo ruft gleich an. Gute Nacht.  

 

                                                                                                     Freitag, der 7. Juli

 

Liebes Tagebuch,
 endlich sind Sommerferien. Mein Zeugnis ist ganz befriedigend. Außer die vier in Mathe. Aber das war schon nie mein leistungsstarkes Fach. Meine Eltern haben sich gestern Abend doch noch entschieden drei Wochen wegzufahren, anstatt zu Hause zu bleiben. Sie wollten einmal was anderes ausprobieren. Deswegen fahren wir in die Berge, anstatt  wie sonst immer ein paar Tage ans Meer. Ich muss leider mit. Denn Aldo und meine anderen Freunde fliegen alle nach Australien oder Amerika. Die haben es gut! Sie werden am Strand liegen und relaxen. Oder morgens Surfen und abends in Bars gehen und Spaß haben. Und ich? Ich werde alleine mit meinen Eltern und meiner kleinen Schwester Alice in irgendeiner kleinen Berghütte hocken und Karten spielen oder irgendwelche Wandertouren durch die Berge unternehmen. Wie aufregend!!! Meine Eltern meinen, es wäre die beste Möglichkeit, sich vom Alltagsstress abzulenken und zu sich selbst zu finden. Dass würde ich jetzt brauchen. Denn in meinem Alter, wäre die Erziehung recht schwierig und nach diesem Urlaub wäre alles viel einfacher und meine Noten würden sich auch verbessern, denken sie. Diese Argumente stammen aus ihren „schlauen Büchern“:“ Was zwischen 13 und 20 alles passieren kann“, „Mit 13 fängt es an“ oder „Mit 13 schwanger, was nun?“ Mal ganz ehrlich, was wissen die Autoren von diesen Büchern über mein Leben, das Leben der 15-jährigen Amy Davidson? –nichts- Sie haben nicht einmal einen blassen Schimmer von meinen Veränderungen! Genauso wie meine Eltern. Höchstens von den äußeren. Dass fing ja schon mit zwölf an, als mein Vater zu meiner Mutter eines Tages im Badezimmer sagte:“ Schaue einmal unsere kleine Amy wird langsam eine Frau. Sie bekommt schon Busen. Vielleicht sollten wir sie einmal aufklären.“ Woraufhin eine sehr peinliche Situation entstand:
 Wir saßen alle am Abendsbrottisch und aßen. Als mein Vater anfing rumzudrucksen:“ Amy, du weißt doch, wenn Mann und Frau ein Kind haben möchten, dann…“ Eine Pause entstand, in der ich sagte:“ Du, Papa, wir hatten ungefähr vor einem Jahr in der Schule Sexualkunde. Deswegen weiß ich schon alles!“ Dass ich schon mit vier Jahren im Kindergarten von den älteren Kindern aufgeklärt worden war, verschwieg ich lieber. Während mein Vater sich mit der Serviette, die Schweißperlen von der Stirn tupfte, sagte er:“ Dass ist ja schön. Was die Schule heutzutage den Eltern alles abnimmt!“ Damit war das Gespräch beendet und die Zeit begann, dass ich anfing mich im Badezimmer einzuschließen und nicht mehr nackt durch das Haus zu laufen. Dies ist alles schon sehr lange her und in der Zwischenzeit bekam ich dann meine erste Regel, die ersten Pickel und interessierte mich auf einmal für Jungs, anstatt für Puppen. Diese Zeit bekamen meine Eltern natürlich mit, aber nur am Rande, da sie wichtigeres zu tun hatten. Denn es gab da ja auch noch Alice und die Arbeit. Aber das war für mich auch nicht so wichtig, dass sie da waren. Ich hatte ja Freunde, denen ich mich anvertrauen konnte, und mit denen ich mich über erste Erfahrungen mit meinen Veränderungen unterhalten konnte. Es gab auch mal Aufs und Abs zwischen mir und meinen Eltern, doch nie eine richtige Krise, wie jetzt. Es fing alles an, als ich Justin kennenlernte. Er war mein erster richtiger Freund, Das war ungefähr vor einem Jahr kurz nach meinem 14. Geburtstag. Er war meine große Liebe und ich teilte mit ihm mein Leben. Alles andere rückte erstmal in den Hintergrund: meine Familie, meine Hobbys, die Schule…und da lag auch schon das Problem! Nicht für mich, aber für meine Eltern. Obwohl für die war es kein Problem, sondern eher der Weltuntergang! Ich liebte Justin, also wollte ich auch soviel Zeit, wie möglich mit ihm verbringen. So blieb natürlich nicht mehr soviel Zeit für Hausaufgaben und Lernen und somit wurden nach einiger Zeit meine Noten immer miserabler. Und dann kam das „ernste Gespräch“ und es folgten die Strafen. Meine Eltern wollten, dass ich weniger Zeit mit Justin verbrachte und mehr Zeit mit Lernen. Dass wollte ich natürlich nicht. So kam es, dass das „schöne Familienverhältnis“ auseinander brach. Ich ging mit Justin auf Partys , denn er war drei Jahre älter als ich, kam spät nach Hause, verbrachte die meiste Zeit sowieso bei ihm, ließ die traditionellen Familienessen sausen und verschanzte mich in meinem Zimmer, hörte laut Musik und fing an Tagebuch zu schreiben.
 Diese Zeit, die auf der einen Seite schön war, da ich soviel neue Dinge mit Justin erlebte, darunter auch mein „erstes Mal“ und auf der anderen Seite nicht so schön, da ich oft Hausarrest hatte, weil ich nicht, dass machte, was meine Eltern von mir verlangten, ging auch vorüber. Nach vier Monaten, zwei Wochen und drei Tagen, machte Justin mit mir Schluss, weil er eine andere hatte. Für mich brach eine Welt zusammen, für meine Eltern geschah das achte Weltwunder. Denn ich fing an, wieder etwas für die Schule zu tun. Was ich nicht für meine Eltern oder für mich tat, sondern um mich von meinem Kummer abzulenken. Das Leben bzw. mein Leben ging weiter und es gab auch nicht mehr so oft Streitereien mit meinen Eltern, aber das Verhältnis zwischen ihnen und mir besserte sich trotzdem nicht. Es blieb eine riesengroße Kluft zwischen meiner und ihrer Welt. Meine Freunde wurden mir immer wichtiger und ich erzählte ihnen alles über meine Probleme und Sorgen, denn sie konnten mich verstehen, weil es ihnen ähnlich erging. Meinen Eltern hingegen erzählte ich schon lange nichts mehr. Wir lebten nur noch aneinander vorbei. Was mir Leid tat, aber mich nicht störte. Ich tat trotzdem viel für die Schule und machte meine Hausaufgaben wieder sehr regelmäßig und ordentlich. Meine Noten wurden auch wieder besser, jedoch nicht so gut wie vorher. Dass störte meine Eltern. Sie verdonnerten mich dazu, noch mehr zu lernen, was nicht viel nützte. Sie verglichen mich mit Alice, die nur Einsen und Zweien schrieb. Sie aber ging auch erst in die sechste Klasse des Gymnasiums und ich in die zehnte. Je weiter man in der Schule kommt, desto höher wird auch der Anspruch und der Lernstoff wird schwieriger. Denn in der sechsten Klasse, hatte ich auch nur gute Noten geschrieben. Aber das ging irgendwie nicht in die kleinen Gehirne meiner Eltern rein! Ich lebte mein Leben, sowie es grad kam und wurde erwachsener mit jeder neuen Erfahrung, die ich machte. Irgendwann lernte ich dann Aldo kennen (dass muss so kurz nach meinem 15. Geburtstag gewesen sein) und wir wurden gute Freunde, bis wir beide uns verliebten. In einer Woche sind wir sechs Monate zusammen. Mit Aldo ist alles ganz anderes. Nicht sowie damals mit Justin! Wir passen einfach zusammen. Aldo ist ein sehr ruhiger Typ im Gegensatz zu mir. Ich bin immer total aufgedreht. Aber es ist gut, dass wir so verschieden sind, denn manchmal stecke ich ihn mit meiner lebendigen Art an und dann haben wir sehr viel Spaß. Doch wenn ich einmal zu aufgekratzt bin, dann ist er derjenige, der mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück holt. Wir verbringen sehr viel Zeit zusammen, doch nicht soviel Zeit, wie ich mit Justin verbracht habe. Wir sind oft alleine, doch wir unternehmen auch gern was mit unseren gemeinsamen Freunden zusammen. Manchmal braucht auch jeder von uns Zeit für sich alleine oder will einmal alleine ohne den anderen etwas mit seinen Freunden unternehmen. Das ist zwar manchmal schwierig zu organisieren, aber wir bekommen es ganz gut hin, denke ich. Aldo ist auch keine eifersüchtige Person, sondern sehr liebevoll und sorgsam. Meine Eltern finden Aldo ganz nett, doch viel wissen sie nicht über ihn und über uns schon gar nicht. Da liegt das nächste Problem. Es gab wieder eine peinliche Situation. Wir saßen wieder alle am Abendsbrottisch und aßen, als mein Vater anfing rumzudrucksen:“ Amy, du hattest doch in der fünften Klasse Sexualkunde, oder?“ Ich schaute ihn fassungslos an und antwortete:“ Ja.“ Ich hatte nicht erwartet, dass er das nicht vergisst. Vielleicht war es ihm so peinlich gewesen, dass sich diese Situation in seinem kleinen Gehirn fest gebrannt hatte. Er fuhr fort:“ Also, du bist ja jetzt schon ziemlich lange mit Aldo zusammen.“ Langsam hatte ich eine leise Vorahnung, worauf er hinaus wollte. „ Und du hast bestimmt schon einmal von diesen „jungen Dingern“ gehört, die schon sehr früh so leichtgläubig sind und einfach ohne an ihre Zukunft zu denken, schreckliche Dinge tun“, sagte er. Ich glaubte mich verhört zu haben. Hatte mein eigener Vater gerade gesagt, dass Sex etwas Schreckliches war? Wie waren dann meine Schwester und ich entstanden? Weil meine Mutter und mein Vater etwas Schreckliches gemacht hatten?! Also ich hatte schon öfter mit Aldo geschlafen und es war sehr schön gewesen. Außerdem hatte ich schon mit 14 Jahren mit Justin Sex gehabt. War das etwa zu früh für meine Eltern? Ich wusste, wie man verhütete. Denn ich wollte ja nicht schwanger werden. Ich bin, als ich das erste Mal meine Regel bekam mit meiner besten Freundin zum Frauenarzt gegangen und hatte mich über alles informiert. Davon wussten meine Eltern natürlich nichts und sie wissen es bis heute nicht! Ich gehe regelmäßig dahin und nehme inzwischen die Pille. Ich habe die Bescheinigung von meiner Tante unterschreiben lassen, denn ich bin ja noch nicht sechzehn. Sie ist cool, sie hat es meinen Eltern verschwiegen, denn sie kam früher mit ihren Eltern auch nicht gut klar. Die Frauenärztin verschrieb mir auf jeden Fall die Pille und ich komme gut damit zu Recht. Mir schossen wahnsinnig viele Gedanken durch den Kopf und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Meine Eltern schauten mich erwartungsvoll an und Alice aß in Seelenruhe weiter. Doch auf einmal schoss mir so eine Wut in den Kopf. Ich fing, an zu lachen. Meine Eltern schauten sich erstaunt an und fingen dann auch, an zu lachen. Aber es war ein sehr gespieltes Lachen. Ich hörte schlagartig auf und sagte:“ Wisst ihr was, ich weiß genau was Verhütung ist. Ich hatte mein erstes Mal sogar schon mit 14 Jahren mit Justin. Ich habe auch schon oft mit Aldo geschlafen und ich finde nicht, dass das etwas Schreckliches ist, aber wenn das bei euch so ist, dann tut mir das Leid. “Dass schockt euch jetzt nicht wahr, dachte ich. Ich schaute in die Gesichter und sah, nur offene Münder und aufgerissene Augen. Ich stand auf und sagte:“ Wieder ein Beweis dafür, dass ihr nichts über mich wisst!“ und ging. Mit diesem Ereignis war eindeutig, dass die Kluft, die zwischen mir und meinen Eltern, nie wieder verschwinden würde. Sie sagten, nie wieder irgendetwas über mich und Aldo und behandelten ihn sehr abweisend. Sie kamen auch nie wieder in mein Zimmer, wenn er da war. Was mich sehr freute, doch unser Verhältnis wurde dadurch nur noch schlechter. Meine Eltern wollten, dass ich mir, Gedanken um meine Zukunft machte. Doch die interessierte mich nicht. Ich wollte das hier und jetzt mit Aldo genießen und nicht jeden Gedanken an meine Zukunft verschwenden. Still und heimlich hatte ich mir meine Zukunft aber doch schon ausgemalt. Ich wollte mein Abitur machen und dann mit Aldo an eine Universität weit weg von hier und meinen Eltern gehen und Deutsch, Geschichte und Politik studieren. Danach würden wir beide zusammen ins Ausland gehen und da als Korrespondenten arbeiten. Doch das war mein eigener Traum, den meine Eltern bestimmt nicht gut finden würden. Sie wollten, dass aus mir eine Lehrerin wird oder ich irgendein Beruf erlerne, der mit Kindern zu tun hat und auf jeden Fall irgendwo in der Nähe ist, damit sie mich immer kontrollieren können. Aber das war nicht mein Wunsch! Ich muss jetzt leider aufhören mit erzählen, denn wir fahren jetzt los. Was für eine Freude!  

 

                                                                                          Freitag, der 7. Juli abends

Liebes Tagebuch,

wir sind angekommen. Die Hinfahrt war langweilig. Ich habe die ganze Zeit nur MP3 Player gehört, doch irgendwann hat Alice sich beschwert, dass sie Kopfschmerzen bekommt, weil ich zu laut höre, deswegen musste ich ihn ausmachen. Ich hasse meine Schwester. Sie ist total verwöhnt. Sie bekommt immer, dass was sie will. Obwohl dann müsste ich eigentlich meine Eltern dafür hassen, denn sie hat keine Schuld daran. Aber die kann ich nicht hassen, ich habe es versucht, aber dass es mir zu viel Aufwand. Ich empfinde nichts für sie, denn dass ist das einzige was sie verdient haben! Dass hört sich sehr hart an, aber dass ist leider so. Ich gehe jetzt nach draußen und mache einen kleinen Spaziergang, so kann ich gleichzeitig die Landschaft erkunden und mich vor dem Auspacken drücken. Tschüss.  

 

Samstag, der 8. Juli

Liebes Tagebuch,

tut mir Leid, dass ich gestern nicht mehr geschrieben habe- ich war einfach zu müde. Aber ich habe dir einiges Interessantes zu berichten: Als ich gestern Abend, die Gegend erforschte, habe ich in einem Berg eine Höhle entdeckt. Ich schaute hinein, weil ich neugierig war. Außerdem war es draußen schon ziemlich kalt. Denn abends kühlt es sich in den Bergen immer sehr stark ab. Außerdem wollte ich mich vor dem Wind schützen, der draußen kräftig blies. Ich ging weit hinein. Es war ziemlich dunkel, doch das störte mich wenig. Irgendwo ganz weit in der Höhle drin, sah ich auf einmal ein helles Licht. Ich wandelte weiter. Je näher ich kam, desto heller wurde es. Fast hatte ich es erreicht. Da hatte ich auf einmal ein eigenartiges Gefühl, wie ich es noch nie zuvor gehabt hatte. Es war so etwas wie Angst oder ich fühlte mich eingeengt. Ich lief schnell zum Eingang zurück. Ich beruhigte mich wieder und redete mir ein, es war nur die Dunkelheit, obwohl ich genau wusste, dass es etwas anderes war! Ich versuchte es erneut. Ich schaffte es sogar fast. Aber dann musste ich wieder bei diesem Gefühl aufgeben. Ich kehrte dann zurück zu unserer Hütte. Der Rest meiner Familie hatte schon alles ausgepackt und die Sachen verstaut. Ich lief in die Hütte und wurde von meiner Familie mit einem starrenden Blick empfangen. Sie saßen gerade am Tisch aßen. Ich ging ohne ein Ton zu sagen, in mein Zimmer, doch auf dem Weg dahin, räusperte sich mein Vater:“ Wo warst du?“ Ich blieb stehen und antwortete;“ Draußen.“ Ich erkannte an seinem folgenden Tonfall, dass ich ihn damit provoziert hatte, denn er wusste, dass ich draußen war, wo sonst hätte ich sein sollen? Er sagte:“ Dass weiß ich auch! Ich wollte hören, wo du draußen warst!“ „Ich war draußen einen Spaziergang machen und die Landschaft erkunden“, sagte ich. Mein Vater bemerkte:“ Aha, und dass muss man machen, wenn man gerade angekommen ist und alle anderen die Sachen auspacken, ja?“ Ich erklärte, dass mir schlecht gewesen wäre und ich frische Luft schnappen wollte. Daraufhin meinte mein Vater:“ Dass glaube ich dir nicht! So etwas machst du immer! Du hast dich doch auch auf unseren Urlaub gefreut, also tu auch was dafür, dass er so schön, wie möglich wird!“ Ich hatte mich auf den Urlaub gefreut?! Aha, dass wusste ich gar nicht! Am liebsten wäre ich zu Hause geblieben und hätte auf Aldo gewartet, der nach einem zweiwöchigen Besuch bei seiner Tante in Kalifornien wieder gekommen wäre. Dann hätten wir unseren sechsmonatigen Jubiläumstag nachfeiern können. Aber nein, ich musste mit meinen Eltern in die Berge fahren!“, dachte ich. Ich versuchte meine Stimme so leise und ruhig wie möglich klingen zu lassen:“ Ich habe mich nicht auf den Urlaub gefreut. Ich wäre lieber zu Hause geblieben. Aber mich hat ja niemand gefragt! Ich bin mitgekommen, um euch einen Gefallen zu tun, nicht weil ich es wollte!!! Ich war müde, meine Laune war miserabel und wollte nicht diskutieren, sondern einfach nur ins Bett und schlafen. „Ihr hört mir nie zu, ihr wisst nicht, was ich denke und fühle. Denn ihr würdet es sowieso nicht verstehen! Ihr interessiert euch ein Scheißdreck für mich!!! Ich gehe jetzt ins Bett, denn ich bin nicht gut drauf. Also lasst mich bitte in Ruhe!“ „Also, Amy, du tust immer so, als wärst du der Mittelpunkt des Universums! Du bist nicht der einzige Mensch auf Erden. Sei doch nicht immer so egoistisch“, meldete sich mein Vater noch wieder zu Wort. Doch ich war schon auf den Weg in mein Zimmer und wollte nicht mehr hören, was er sagte. Ich knallte die Tür zu und schmiss mich auf das Bett. Warum mussten Eltern so anstrengend sein? Ich schlief schnell ein und erwachte am nächsten Morgen in aller Frühe. Als ich das erste Mal auf den Wecker schaute, war es 4:30 Uhr. Als ich dann aufstand, war es 6:00 Uhr. Ich schaute durch das Fenster und sah, dass es ein ziemlich nebeliger Tag war. Dann zog ich meine Kleidung aus und zog neue an. Danach öffnete ich leise die Tür und bemerkte, dass der Rest meiner Familie noch schlief. Ich schlich so lautlos wie möglich bis zur Haustür, öffnete sie und ging hinaus. Als erstes füllte ich meine Lungen mit frischer Bergluft und dann schaute ich hinauf in die Nebel verhangenden Berge. Ich dachte an den gestrigen Abend und machte mich auf den Weg zu dem Berg, in dem ich die Höhle gefunden hatte. Als ich dort ankam, fand ich sofort den Höhleneingang und schlüpfte hindurch. Es war dort drinnen viel heller und nicht so Angst einflössend wie am Tag zuvor. Gott sei Dank hatte ich mein Tagebuch mitgenommen. Ich schlug es auf und schrieb diesen Text. Ich werde gleich versuchen noch einmal zu schauen, was es mit dem hellen Licht von gestern auf sich hat. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich meine Welt, wenn ich es schaffe in das Licht zu gehen, nie wieder sehe. Aber dass ist nur eine eigenartige Vorahnung, die mit Sicherheit nur aus Angst entstanden ist. Ich gehe jetzt los und starte einen neuen Versuch. Bis später. Ich werde dir alles genau berichten.  

 

Datum weiß ich nicht

Liebes Tagebuch,

es tut mir Leid, dass ich dir solange nicht mehr geschrieben habe. Aber in der letzten Zeit ist sehr viel passiert. Wo soll ich bloß anfangen? Am besten beginne ich, wo ich zuletzt stehen geblieben bin: Ich versuchte, also erneut in das helle Licht zu kommen. Ich kam ihm immer dichter. Ich überwand, diese Angst. Und zwar mit einem anderen Gefühl: Neugier. Das Licht wurde immer heller und heller. Es war kein Gelb. Kein Weiß. Es war eine hellere Farbe als weiß. Und dann schwarz. Ich spürte, wie die Kälte an mir hoch kroch. Mir wurde plötzlich sehr heiß. Und dann war es mollig warm. Ich hörte Geräusche, konnte sie aber nicht zu ordnen. Ich öffnete meine Augen und sah eine helle Decke und ein Gesicht. Es war sehr jung und es sagte:“ Ah, du bist aufgewacht. Wie geht es dir?“ Ich versuchte zu sprechen, doch aus meinem Mund kam kein Ton heraus. Dann versuchte ich zu schlucken, doch dass tat sehr weh, da meine Kehle total ausgetrocknet war. Auf einmal sprach das Gesicht wieder:“ Du brauchst erst einmal nicht zu reden und versuche es auch gar nicht. Denn du musst deine Stimme schonen. Du lagst nämlich ganze 24 Stunden bewusstlos ohne Trinken und Essen in dem Kreis.“ Ich hatte sehr viele Fragen, doch ich hielt mich lieber daran, was die Frau, die ich jetzt erkannt hatte, gesagt hatte. Meine Augen waren wohl auch ein bisschen zu Schaden gekommen. Vielleicht wegen dem hellen Licht. Die Frau war sehr hübsch. Sie hatte langes dunkles Jahr und einen dunklen Teint. Als ich sie genauer betrachtete, bemerkte ich, dass sie eigentlich ein ganz junges Mädchen war. Sie war höchstens dreizehn. Tausend Gedanken wirbelten mir durch den Kopf! Was war mit mir passiert? Wo war ich? War ich in einem Krankenhaus? Dass konnte nicht sein, denn so junges Personal gab es in keinem Krankenhaus. War ich bei irgendeiner Familie, die mich gefunden hatte? War die Höhle zusammen gestürzt? Wie viel Zeit war vergangen seitdem ich versucht hatte in das Licht zu gehen? Machten meine Eltern sich schon Sorgen? Ach, dass war mir egal. Ich war ihnen sowieso egal! An diese Situation kann ich mich erinnern, als wenn sie gerade eben passiert wäre. In Wirklichkeit aber war sie vor gut einem Jahr gewesen. Ich schlief dann wieder ein und träumte eigenartige Dinge über die Art und Weise, wie ich hier her gekommen war. Als ich aufwachte hatte ich das Gefühl, als hätte ich eine ganze Woche durch geschlafen. So fit und voller Energie war ich. Ich stützte mich auf meine Hände und erhob meinen Oberkörper. Dann ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen, in dem ich mich befand. Er war sehr hell, da die Sonne durch ein weit geöffnetes Fenster hinein schien. Hier drin waren keine weiteren Möbelstücke, außer dem Bett, in dem ich selber lag. Ich wollte gerade aufstehen und schauen, wo ich überhaupt war, als sich die Tür öffnete und ein junger Mann, ich würde ihn auf 17 Jahre schätzen, das Zimmer betrat. Er lächelte mich freundlich an und sagte:“ Guten Tag, Amy!“ Woher wusste er meinen Namen? „Wie geht es dir?“ Ich antwortete erst einmal auf seine Frage, bevor ich ihn löcherte, denn dass empfand ich für höflicher:“ Mir geht es schon wieder besser. Ich fühle mich, als hätte ich eine Woche durch geschlafen.“ Der Mann sprach:“ Danke, für deine Offenheit! Hä? Welche Offenheit? „Auch vielen Dank dafür, dass du erst meine Frage beantwortest hast, anstatt all deine Gedanken zu äußern, die dir auf der Zunge brennen. Du bist wirklich sehr höflich und geduldig!“, sagte er. Ich wollte meinen Ohren nicht trauen. Konnte dieser Typ Gedanken lesen? Woher wusste er, dass ich so viele Fragen hatte und dass ich aus Höflichkeit, erst seine beantwortet hatte? Und woher wusste er, dass ich geduldig war? Also zumindest in ernsten Situationen, sonst eigentlich eher das Gegenteil! Er kannte mich doch gar nicht! Oder doch? Wie lange war ich schon hier?! Tausend Gedanken quälten mich und ich suchte verzweifelt irgendwelche Antworten. Da meldete sich der Mann wieder zu Wort:“ Ich werde versuche deine Fragen so gut, wie möglich zu beantworten. Vorher aber erst erzähle ich dir etwas, vielleicht sind danach schon viele deiner Probleme von selbst geklärt. Wenn du danach trotzdem noch Fragen hast, musst du dich noch ein bisschen gedulden, bis deine Schwester kommt und sie dir beantwortet. Ich nickte nur und er fuhr fort:“ Du befindest dich hier in einem Auffanghaus für Reisende. Denn du hast ein Tor zu einer anderen Welt gefunden und bist durch dieses in „Die Welt, der Noch-Fantasie-Besitzer“ gelangt. Dass du diesen Trip gemacht hast, ist dein Schicksal. Es ist so etwas wie eine Bestimmung, die nur ganz besonderen Menschen gegeben wird. Es hat aber nichts mit Gott oder irgendwelchen anderen Glauben zu tun. Du wirst hier bleiben, bist du deine Aufgabe erledigt hast. Manche Menschen kehren nie in ihre Heimat zurück, aber es ist ihre eigene Entscheidung. In dieser Welt ist vieles anders, als du es aus deiner kennst. Aber dazu später. Du bist vor zwei Wochen hier angekommen. In einem Kreis, in dem alle Reisenden ankommen, wurdest du gefunden und von ein paar Leuten hierher gebracht. Dann wurdest du versorgt und wieder aufgepäppelt. Denn die Reise ist sehr gefährlich und anstrengend. Du wirst in diesem Haus noch einige Tage bleiben müssen und dann wird man dich entlassen und du musst lernen allein in dieser Welt zu Recht zu kommen. Ich wünsche dir viel Glück dabei! Jetzt werde ich gehen und du wirst mich nie wieder sehen, außer du gehst irgendwann zurück in deine Heimat. Deine weiteren Fragen über dein neues Leben hier wird dir deine Schwester erklären.“ Bei diesen letzten Worten machte er sich schon auf den Weg zu Tür und öffnete sie. Er lächelte mich noch einmal kurz an und verschwand. Ich glaube dieses Gesicht, werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen. Nach diesem Gespräch wurde ich erst einmal zwei Tage alleine in dem Zimmer gelassen. Ich fühlte mich ziemlich hilflos und ich bekam Kopfschmerzen, weil so viele Gedanken in meinem Kopf herum wirbelten: Wie lange sollte ich hier noch herum liegen? Wie war diese neue Welt? Wie sollte ich darin zu Recht kommen? Wie war meine Aufgabe? Wie lange musste ich hier bleiben? Wie konnte ich in meine Welt zurückkehren? Ich schlief nicht gut und auch mein seelischer Zustand verschlechterte sich sehr. Doch dann kam die Schwester von der, der junge Mann gesprochen hatte. Sie erklärte mir, dass ihre, jetzt auch meine, also unsere Welt, „Die Welt, der Noch-Fantasie-Besitzer“ hieß und man hier mit 20 Jahren ausgewachsen war. Das hieß, dass hier, die ältesten Menschen 20 Jahre alt waren. Sie starben dann aber nicht, sondern lebten weiter, wuchsen jedoch physisch und psychisch nicht mehr. Ich schluckte und fragte sie, ob dass bedeutete, dass es da wo ich jetzt lebte, keine Erwachsenen gab? Und sie antwortete:“ Ja. Deswegen heißt die Welt ja auch „Die Welt, der Noch-Fantasie-Besitzer“. Denn Erwachsene haben keine Fantasie mehr, wie du selber weißt, oder?“ Ich nickte sehr heftig und dachte dabei an meine Eltern. „Hier besteht alles aus Einbildungskraft. Deswegen gibt es hier auch keine Erwachsenen. Denn sie würden unsere Welt gar nicht sehen. Du siehst dieses Zimmer nur, weil du genug  Vorstellungskraft hast. Natürlich kann jeder selbst seine Fantasie beeinflussen und sich auch Sachen vorstellen, die nicht so schön sind. Aber solche Menschen haben gar nicht erst das Glück in unsere Welt zu kommen und wenn sie es doch schaffen, wird aus ihrer bösen Vorstellung keine Wirklichkeit, da alle anderen Menschen, die hier leben, es sich in ihrer Fantasie nicht denken.“ Ich versuchte es zu verstehen, aber irgendwie konnte ich mir, dass nicht vorstellen und dass obwohl ich Vorstellungskraft hatte, weil wie sonst könnte ich dieses alles hier sehen. Irgendwie klang das lächerlich, was ich gerade dachte. Ich schaute das Mädchen an. Jetzt erst erkannte ich es wieder. Es war die Person, die ich als erstes gesehen hatte, als ich in dieser neuen Umgebung erwacht war. „Was hat dass denn jetzt für mich, für Veränderungen in meinem neuen Leben in dieser Welt, im Gegensatz zu meinem alten Leben in der anderen Welt zu bedeuten?“, fragte ich sie. Sie antwortete:“ Oh, ich wusste, dass wir auf diese Angelegenheit auch noch zu sprechen kommen würden. Es ist eigentlich alles anders. Es gibt hier keine Erwachsenen, kein Geld, kein Krieg, keine Krankheiten und vieles mehr. Alles was du dir vorstellst, dass gibt es auch und alles was du dir nicht ausmalst, gibt es nicht. Was es aber gibt ist eine Ordnung und wenn du die nicht einhältst, wirst du aus dieser Welt verbannt. Ich fragte, was das für Bestimmungen wären. Das Mädchen antwortete:“ Sie sind sehr einfach. Man darf sich nichts vorstellen, was dir oder jemandem anders schadet. Und man darf sich natürlich auch keine Erwachsenen, Geld, Krieg, Gewalt und all die anderen schrecklichen Sachen ausmalen. Außerdem sollte man seine Aufgabe versuchen zu erfüllen und jedes Leben sollte einen Sinn haben. Hinzu kommt, dass du, wenn du dir irgendetwas ausdenkst, was du nicht brauchst, du dann auch nicht bekommst. Hast du alles verstanden?“ Ich nickte und sie fuhr fort:“ Heute wirst du entlassen. Du kannst hinaus gehen und dir erst einmal die Landschaft anschauen. Wenn du unten das Tal näher betrachtest, befindet sich dort eine Stadt. Dort kannst du dir dann ein Haus vorstellen und darin leben. Danach solltest du dir einen Job suchen, den du selber sehr gern machst und dann kannst du dich ja an deine Aufgabe heranmachen.“ „Was ist denn meine Aufgabe?“, fragte ich sie. Sie schaute mich an und sagte;“ Dass musst du schon selbst heraus finden! So und jetzt darfst du gehen. Ich wünsche dir viel Glück in deinem neuen Leben!“ Ich wusste, dass sie mir nicht mehr erzählen würde und deswegen stand ich auf und ging aus dem Zimmer. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich andere Kleidung hatte, als die, die ich trug, als ich in die Höhle gegangen war. Ich hatte einen bequemen Jogginganzug an. Ich stellte mir vor, dass ich eine bequeme Jeans, einen dazu passenden Pullover und Sportschuhe trug. Schon hatte ich genau diese Sachen an. Ich war sehr überrascht und erst jetzt glaubte ich, was die Schwester mir erzählt hatte. Mir kamen keine Menschen entgegen und so ging ich einfach meinem Gefühl nach. Das Gebäude war sehr bunt und gemütlich eingerichtet. Es erinnerte mich an ein Krankenhaus, das nur so angelegt war, dass man sich darin wohl fühlte. Ich fand den Ausgang so wie ich es mir vorgestellt hatte und ging hinaus. Die Luft war angenehm kühl. Ich ließ meinen Blick schweifen und war erstaunt. Die Landschaft war atemberaubend schön. Genauso wie ich sie mir immer in meiner schönsten Fantasie ausgemalt hatte. Aber natürlich. Warum war ich eigentlich so erstaunt? Das war doch alles meine eigene Fantasie. Ich glaubte, daran musste ich mich erst einmal gewöhnen. Und dass würde ziemlich lange dauern, vermutete ich. Doch ich irrte mich. Ich lebe hier jetzt schon fast ein ganzes Jahr und das ist sehr schnell vorbei gegangen. Ich habe keine einzige Minute, die ich hier verbracht habe, verschwendet, sondern jede in vollen Zügen genossen. In der Zeit, die ich hier lebe, ist ziemlich viel passiert. Ich versuche alles so kurz, wie möglich zusammenzufassen und so genau wie möglich zu beschreiben, wie alles wirklich vorgefallen ist. Nachdem ich das Auffanghaus für Reisende verlassen hatte, tat ich, wie mir gesagt worden war. Ich ging hinunter ins Tal in die Stadt und erschuf ein Haus in meiner Fantasie. Es wurde jedoch nicht Wirklichkeit. Ich bekam wieder Zweifel, dass dies alles hier, doch nur ein Traum war und dass mit der Landschaft nur Einbildung. Doch dann fiel mir die Ordnung wieder ein, in der stand, dass man nur das bekam, was man auch brauchte. Vielleicht war dass der Grund, warum mein Haus mit fünf Etagen, großen Garten mit überdachten Pool und eigenem Hauspersonal nicht Wirklichkeit geworden war. Ich versuchte es erneut, mit einem kleinen, gemütlichen einstöckigen Haus mit kleinem Garten, was für mich und vielleicht gerade für eine weitere Person reichen würde. Es funktionierte und ich zog ein. Ich stellte mir einen gut gefüllten Kühlschrank, Kleidung für jeden Anlass und alles was man sonst noch so brauchte um ein durchschnittliches Leben zu führen, vor und alles war da, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich kam mit allem gut zu Recht und bald wurde mir langweilig und ich erkundete die Gegend, die Stadt und suchte mir eine Arbeit. Ich bewarb mich bei einem Fernsehsender als Nachrichtensprecherin und bekam die Stelle. Ich freute mich sehr und die Arbeit mit den Leuten am Set machte mir viel Spaß. Ein halbes Jahr verging ohne, dass ich mich überhaupt eine Sekunde mit meiner Aufgabe befasste. An das einzige woran ich ab und zu dachte, wenn ich nachts alleine im Bett lag, waren meine Heimatwelt und die Menschen, die dort lebten. Was war mit meinen Freunden? Brauchten sie mich? Suchte die Polizei mich? Was war mit meinen Eltern? Meiner Schwester? Vermissten die mich? Bestimmt nicht, sie hatten vielleicht Angst, aber ohne mich, war das Leben von ihnen viel einfacher! Ich kam ohne sie aus, außer vielleicht nicht ohne meiner Schwester. Die ständigen Streitereien mit ihr, war ich so sehr gewöhnt, dass sie mir jetzt glatt fehlten. Aber die Person, die ich am meisten vermisste, war natürlich Aldo. Was machte er ohne mich? Hatte er sich damit abgefunden, dass ich verschwunden war, von mir aber keine Leiche gefunden wurde? Oder hatte er schon eine neue Freundin? Es zerbrach mir das Herz, dass ich ihn nicht sehen konnte! Doch ich hielt es aus. Er war auch der einzige Grund, warum ich hätte zurück wollen, in meine Heimatwelt. Deswegen machte ich mir nach ungefähr einem halben Jahr Gedanken über meine Aufgabe. Was sollte ich tun? Ich entschied mich meine neu gewonnenen Freunde, um Rat zu fragen. Während der Zeit, die ich auf der Arbeit beim Drehort verbrachte, hatte ich mich mit dem Kameramann Keith und der Wettersprecherin Dayle, die beide etwa so um die 20 Jahre alt waren, angefreundet. Eines Tages in der Mittagspause, saß ich mit ihnen in einem Café. Ich fragte sie, wann und warum sie hierher gekommen waren und was ihre Aufgabe war. Dayle fing an ihre Geschichte zu erzählen. Sie verbrachte jetzt schon drei Jahre hier. Denn sie war von zu Hause abgehauen, da sie Stress mit ihren Eltern hatte. Die hatten sie dann mit der Polizei gesucht und wenn sie sie gefunden hätten, hätte sie entweder zurück zu ihren Eltern müssen oder in ein Heim, was sie natürlich beides nicht wollte. Deswegen versteckte sie sich in einer Höhle, wo sie dann ein helles Licht entdeckte, in das sie dann hinein gegangen war und dann genau wie ich in diese Welt gekommen war. Sie war dann in das Auffanghaus für Reisende gekommen, irgendwann entlassen worden und hatte sich dann ein Haus und einen Job gesucht. Bei ihrer Arbeit hatte sie dann Keith kennen gelernt und sich in ihn verliebt. Jetzt waren sie schon seit zwei Jahren zusammen.“ Ich sagte:“ Warum hattest du denn so einen Stress mit deinen Eltern, wenn ich fragen darf?“ Sie antwortete:“ Meine Eltern hatten eine Firma und waren nie zu Hause. Ich war immer allein und sie haben sich nie für mich interessiert. Irgendwann habe ich dann meinen ersten Freund kennen gelernt mich dem ich dann auch geschlafen habe. Da meine Eltern mich nie aufgeklärt hatten und es in der Schule noch nicht so etwas wie Sexualkunde gab, benutzten wir kein Kondom. Deswegen wurde ich schwanger, was ich dann meinen Eltern beichtete. Mein Vater flippte völlig aus und schlug mich. Er verlangte von mir, dass ich das Kind abtrieb. Da auch der Vater des Kindes inzwischen eine andere Freundin hatte, wusste ich mir nicht anders zu helfen und ließ es abtreiben. Ich fühlte mich total schlecht deswegen, weil ich mein eigenes Kind quasi selber umgebracht hatte. Ich machte meinen Eltern den Vorwurf, dass sie Mörder und Verräter seien. Denn es war ja schließlich auch ihr Enkelkind. Daraufhin prügelte mein Vater mich fast tot. Deswegen bin ich dann von zu Hause weggelaufen und in diese Welt gereist.“ Ich war von dieser Geschichte ziemlich geschockt und sagte erst einmal nichts. Dayle sprach dann weiter:“ Ich glaube, meine Aufgabe war es, meinen Eltern zu verzeihen und dass habe ich getan. Vor einem Jahr habe ich dann die Mitteilung bekommen, dass ich ihn meine Heimat zurück kehren könnte, wenn ich wollte. Doch ich entschied mich dagegen, da ich hier Keith habe, den ich über alles liebe. Meine Eltern natürlich auch, aber ich weiß nicht, ob ich in der anderen Welt so jemanden finden würde wie Keith. „Da gebe ich dir Recht. Oh, man, das ist ja echt eine schreckliche Geschichte. Es tut mir Leid, dass dir das alles passieren musste.“, sagte ich. Dayle lächelte nur und man sah, dass sie mit all dem schon lange abgeschlossen hatte. Ich blickte zu Keith und er fing an zu erzählen:“ Bei mir war es so ähnlich. Meine Eltern haben versucht mich immer zu kontrollieren und hatten sich meine Zukunft genau überlegt. Ich sollte den Laden von meinem Großvater übernehmen. Doch ich wollte studieren und Arzt werden. Aber dass war nicht der richtige Weg für mein künftiges Leben, fanden meine Eltern. Sie meinten, es wäre keine sichere Arbeit. Doch ich meldete mich bei einer Universität an und begann mein Studium als Arzt. Das bekamen meine Eltern raus und schmissen mich aus ihrem Haus. Ich musste mir eine Wohnung suchen und alles alleine auf die Reihe bekommen. Da ich keine Arbeit hatte, hatte ich irgendwann nicht mehr genug Geld mein Studium zu finanzieren. Genau dass wollten meine Eltern erreichen. Dann sollte ich zurück zu ihnen gehen, sie anflehen, dass ich wieder bei ihnen wohnen dürfte und den Laden übernehmen. Doch dass tat ich nicht. Ich suchte, mir Nebenjobs und verdiente Geld. Doch leider schaffte ich nicht alles gleichzeitig auf die Reihe zu bekommen. Deswegen verlor ich meine Wohnung und landete auf der Straße. So konnte ich mein Studium nicht beenden. Ich befand mich in einer ziemlich verzweifelten Situation und dann entdeckte ich eine Höhle und gelangte genau wie alle anderen in diese Welt. Meine Aufgabe war es auch meinen Eltern zu verzeihen, was ich tat, da ich wusste, dass sie nur das Beste für mich wollten, weil sie mich liebten. Der Grund, warum ich nicht zurück gegangen bin, ist natürlich Dayle. Ich lächelte sie beide an und dachte, die sind echt ein süßes Paar. Beide schauten mich fragend an. Ich wusste genau, dass sie jetzt meine Geschichte hören wollten. Doch neben ihren, kam mir meine echt lächerlich vor. Ich druckste herum:“ Also…äh. Meine Geschichte ist nicht so wichtig. Sie ist nicht so schrecklich wie eure. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich überhaupt hier bin! Es ist besser, wenn ich…“ Eine Pause entstand und Keith und Dayle schauten mich erwartungsvoll an. In ihren Gesichtern konnte ich sehen, dass sie meine Geschichte hören wollten, egal wie sie war und ich wusste, dass sie keine Ausreden gelten lassen würden. Also fing ich an meine Geschichte zu erzählen. Ich berichtete über die ständigen Diskussionen und Streitereien mit meinen Eltern, über meinen ersten Freund, über meine Noten, über meine Haltung, über das Verhältnis in meiner Familie und über Aldo. Sie hörten mir geduldig zu und unterbrachen mich kein einziges Mal. Als ich geendet hatte, schauten mich beide an und Dayle sagte:“ Und was war daran jetzt so schrecklich es uns zu erzählen?“ Ich zog meine Schultern nach oben und ließ sie wieder langsam nach unten fallen. Ich wusste keine treffende Antwort auf diese Frage. Dayle fuhr fort:“ Jeder hat seine eigene Geschichte und jeder ist wichtig. Außerdem wie sonst bist du hier gekommen? Einen Grund muss es dafür geben und ich weiß ihn auch. Ich hoffe, du kommst auch bald darauf. Denn dass ist deine Aufgabe. Du musst heraus finden, warum es dein Schicksal war in diese Welt zu reisen. Es ist eine Angelegenheit, die du versuchen musst zu lösen. In den meisten Fällen hat es etwas mit den Eltern zu tun. Wie zum Beispiel bei uns. Denn wir hatten auch eine Schwierigkeit mit unseren Eltern, aber wir haben festgestellt, dass es eigentlich gar kein Problem, sondern ein Missverständnis war. Dieses haben wir beseitigt und mit unseren Eltern Frieden geschlossen. Ich vermute, du wirst das gleiche tun müssen. Aber schneller. Denn jeder merkt dir sofort an, dass es dir seelisch nicht gut geht. Du vermisst Aldo. Also versuche deine Aufgabe so schnell wie möglich zu lösen, damit du wieder in deine Welt, zu Aldo, zurück kehren kannst. Dabei solltest du die Schuld an dem Problem nicht nur bei anderen suchen, sondern am Besten bei dir selbst. Dass wird nicht einfach werden, da der Weg sich selbst zu finden, der schwierigste ist. Ich war sehr beeindruckt von der Moralpredigt, die mir Dayle gerade gehalten hatte. Aber aus ihrem Mund klang sie nicht wie ein Befehl, sondern eher wie ein Ratschlag von einer guten Freundin. Keith und sie lächelten mich an und ich lächelte dankend zurück. Wir wechselten das Thema und gingen zum Ende der Pause wieder zurück ins Studio. Der Tag war schnell vorüber, doch in der Nacht lag ich wach und dachte darüber nach, was Dayle zu mir gesagt hatte. Meine Eltern und ich hatten ein Problem, dass war sicher. Wir redeten zu wenig miteinander. Aber sie fragten mich ja auch nie:“ Na, Amy, wie war dein Tag in der Schule?“ Nichts dergleichen. Dass einzige was für sie wichtig war, war dass ich so werden sollte, wie sie es wollten. Ich sollte viel für die Schule tun und gute Noten schreiben, damit ich eine gute Arbeit bekam. Doch ich wollte nicht den ganzen Tag pauken! Ich wollte Spaß haben und meine Jungend genießen! Hatten sie das früher nie gemacht? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass meine Mutter und mein Vater den ganzen Tag zu Hause gesessen und gelernt hatten, anstatt etwas mit ihren Freunden zu unternehmen und auf Partys zu gehen. Ich kam zu keiner Lösung und schlief ein und träumte ziemlich wilde Sachen. In der nächsten Woche machte ich mir viele Gedanken über mich und meine Eltern, doch ich fand trotzdem kein Ergebnis. Nachdem ein ganzer Monat ohne Lösung und ohne Hoffnung jemals zurück zu kehren vergangen war, setzte ich mich hin und dachte über Dayle und Keith nach. Die beiden erinnerten mich irgendwie an andere Menschen, die ich kannte, doch ich wusste nicht an wen. Ihre Art, ihre Gesten, ihre Gesichtsausdrücke, ihre Sprache, einfach alles, kam mir bekannt vor. Ihre Aufgabe war es gewesen, ihren Eltern zu verzeihen. Sollte ich, dass auch tun? Aber für was? Ich entschied mich meine Gedanken in eine andere Richtung schweifen zu lassen. Ich. War ich zu meinen Eltern überhaut jemals gerecht gewesen? Hatte ich ihnen je die Chance gegeben mich zu verstehen, mir zu zuhören? Hatte ich sie immer nur missverstanden? Hatte ich mir vielleicht nur eingebildet, dass sie nur schlechtes für mich wollten, dass sie mich nicht leben lassen wollten? Tausend Vorwürfe schwirrten durch meinen Kopf und ich bekam ein sehr schlechtes Gewissen meinen Eltern gegenüber. „Dabei solltest du die Schuld an dem Problem nicht nur bei anderen suchen, sondern am Besten bei dir selbst. Dass wird nicht einfach werden, da der Weg sich selbst zu finden, der schwierigste ist.“. Ich hörte Dayles Stimme in meinem Kopf. Sie hatte Recht gehabt. Meine Eltern wollten nicht, dass ich soviel lerne, nur damit ich keinen Spaß habe, sondern, weil ich eine Chance haben sollte, in der Zukunft eine gute Arbeit zu finden und ein schönes Leben führen könnte. Sie wollten mir auch nicht verbieten mich mit Justin zu treffen, weil ich das gern tat, sondern sie hatten einfach nur Angst, dass ich alles andere vergaß. Sie waren viel weiser als ich. Sie hatten selbst schon die Erlebnisse gemacht und wollten mir diese ersparen. Aber genau, dass war das Problem. Ich wollte meine Erfahrungen selber machen und aus meinen Fehlern lernen. Ich wollte nicht von ihnen abhängig sein. Sie erzählten mir, dass mit der Verhütung, um mich vor einer ungewollten Schwangerschaft zu schützen, nicht um mir Sex zu verbieten. Ich hatte alles falsch verstanden. Ich war so dumm gewesen! Aber meine Eltern hatten auch nicht alles richtig gemacht. Sie hatten zwar nur, das Beste für mich gewollt, aber sie hätten mich auch mein eigenes Leben leben lassen sollen. Sie hätten versuchen sollen mir zu erklären, was sie wollten. Aber vielleicht hatten sie das sogar versucht, aber ich hatte es nicht zu gelassen. Ich kam zu dem Entschluss, dass das Problem zwischen mir und meinen Eltern, die Kommunikation war. Wir redeten einfach nicht genug miteinander und wenn dann nur aneinander vorbei. Ich schlief ruhig ein und träumte von nichts bzw. ich konnte mich am nächsten Morgen nicht mehr daran erinnern. Ich ging wie jeden Morgen zu Arbeit. Es war ein sehr schöner sonniger Tag. Wir drehten die Nachrichten für den Nachmittag und machten dann Pause. Während dieser ging ich wieder einmal mit Dayle und Keith essen. Keith fragte mich, ob ich schon einen Brief bekommen hatte. Ich verneinte und fragte erstaunt, was er für einen Brief meinte. Er antwortete:“ Du hast deine Aufgabe erfüllt. Du hast das Problem zwischen dir und deinen Eltern erkannt. Du hast deinen Eltern verziehen und deine Einstellung geändert. Deswegen hättest du heute einen Brief in deinem Briefkasten finden müssen, in dem drin steht, dass du jetzt zurück kehren kannst, wenn du möchtest.“ Ich schaute ihn fragend an, Konnten die beiden Gedanken lesen? Ich räusperte mich und wollte gerade fragen, woher Keith dass wusste, als Dayle sich zu Wort meldete:“ Du fragst, dich jetzt bestimmt, woher wir dass wissen? Dass kann man an deinem Gesicht sehen. Wir wussten, was deine Aufgabe war, dass hatten wir aus deiner Geschichte geschlossen. Und als du heute Morgen ans Set kamst, sprach dein Gesicht Bände! Vielleicht solltest du jetzt in der Pause schnell nach Hause laufen und in deinen Briefkasten schauen.“ Ich sprang von meinem Stuhl auf, nahm meine Jacke, murmelte ein „Danke“ und lief so schnell ich konnte nach Hause. Dort angekommen, sah ich als erstes in den Briefkasten, in dem ich einen Brief fand. Ich öffnete ihn, ging dabei ins Haus und setzte mich auf das Sofa. In dem Brief stand, dass ich meine Aufgabe erfüllt hatte und wenn ich wollte, nach Hause zurück kehren durfte, sowie es Dayle und Keith gesagt hatten. Außerdem stand da, dass ich am Montag in einer Woche zum Auffanghaus für Reisende gehen sollte. Denn da würde ich für die Rückreise vorbereitet werden. Wenn ich nicht erscheinen würde, gehe man davon aus, dass ich mich dafür entschieden hatte hier zu bleiben. Ich wusste sofort, was ich machen würde. Ich schmiss den Brief auf den Tisch und lief zurück zu Studio. Dort erwarteten mich schon Dayle und Keith mit erwartungsvollen Gesichtern. Ich sagte nur:“ Der Brief ist angekommen!“ Beide fielen mir lächelnd in die Arme. Heute nun ist mein letzter Abend in dieser Welt. In der letzen Woche hier, hatte ich mich von allen den, die mir wichtig geworden waren, verabschiedet und mir noch ein letztes Mal die Gegend angeschaut. Nun sitze ich hier auf meinem Bett in meinem Haus aus Fantasie und lasse mein Leben in dieser Welt noch einmal an mir vorbei schweifen. Aus dieser Welt zu gehen, ist wie als wenn ich sterben würde. Aber Gott sei Dank werde ich ja sozusagen, gleich wiedergeboren. Ich freute mich schon auf mein altes zu Hause, doch ich hatte auch Angst davor, was sich alles verändert hatte. Denn ich war ein ganzes Jahr verschwunden. Aber die größte Frage, die ich mir stellte ist:“ Was für Erfahrungen würde ich aus dieser Welt in die andere mitnehmen und was für Veränderungen würde es in meinem alten Leben dann geben? War ich der gleiche Mensch wie vorher?“ Ich erwachte und merkte, dass ich wohl gestern mit meiner Alltagskleidung auf meinem Bett eingeschlafen sein muss. Ich stand auf, duschte mich, zog frische Kleidung an und quälte mir eine kleine Schnitte Brot hinein. Dann machte ich mich auf dem Weg zum Auffanghaus für Reisende. Als ich ankam begrüßte mich, ein mir unbekanntes junges Mädchen an der Rezeption. Sie fragte mich, ob ich Amy Davidson war. Ich nickte und sie sagte zu mir, dass ich ihr bitte folge solle. Was ich, ohne ein Wort zu sagen, tat. Wir gingen in ein Zimmer, in dem ein großer Schreibtisch stand. Das Mädchen befahl mir, mich zu setzen und zu warten, dann verschwand sie. Nach ungefähr fünf Minuten erschien ein junger Mann, der mir sehr bekannt vorkam. Ich erinnerte mich an die Zeit, als ich in dieser Welt neu angekommen war und ein sehr netter junger Mann mir alle meine Fragen beantwortete hatte. „Jetzt werde ich gehen und du wirst mich nie wieder sehen, außer du gehst irgendwann zurück in deine Welt.“ Mir kamen seine Worte in Erinnerung. „Guten Tag, Amy. Ich sehe es geht dir gut und du hast deine Aufgabe erfüllt und dich jetzt dazu entschieden in deine Welt zurück zu kehren.“, sagte er in der Wirklichkeit zu mir. Ich bejahte seine Aussage und er fuhr fort:“ Die Reise in deine Heimat ist nicht sehr einfach und wir werden deine Hilfe brauchen. Ich hoffe du bist dir über die Risiken bewusst?“ Ja, da war da noch der zweite Zettel des Briefs. Auf dem stand, dass die Reise sehr gefährlich war. Denn man musste sich vorstellen wieder zurück zu reisen. Und zwar sehr genau und mit viel Fantasie. Wenn man nur kurz an etwas anderes dachte, konnte es passieren, dass man in eine andere Welt gelangte und man hatte noch nicht heraus gefunden, was man dort zu erwarten hatte. Ich hatte viel Vorstellungskraft. Denn ich wollte unbedingt zu Aldo und meiner Familie zurück. Ich versuchte meine Stimme so kraftvoll und durchdringend klingen zu lassen wie möglich:“ Ja, ich bin mir über die Risiken bewusst und ich werde sie auf mich nehmen!“ Der Mann nickte mir zu und erklärte mir, wie alles ablief:“ Du wirst gleich mit mir zu dem Kreis gehen, wo du auch angekommen bist. Dort legst du dich in die Mitte auf den Boden und genau um 15:00 Uhr musst du dir deine Reise in deine Heimatwelt vorstellen. Dass ist die beste Zeit dafür. Deine Schwester, die sich auch um dich gekümmert hat, als du hier angekommen bist, wird uns begleiten. Sie wird dir verschiedene Flüssigkeiten geben, damit du während deiner Tour nicht vertrocknest. Denn die Reise kann unterschiedlich lange dauern. Mit der Zeitverschiebung zwischen deiner und unserer Welt sind wir uns nicht ganz sicher. Wir haben versucht den Zeitpunkt so auszuwählen, dass in deiner Welt nur ein paar Sekunden vergangen sind, während du ein Jahr hier warst. Aber es kann sein, dass auch ein paar Tage bis Wochen vergangen sind. Dass ist vom Zufall abhängig.“ Er beendete seinen Vortrag und wir machten uns mit meiner Schwester auf den Weg zum Kreis. Als wir dort ankamen, legte ich mich so hin, wie der junge Mann mir es vorher erklärt hatte. Ich bekam diese ganzen eigenartigen Flüssigkeiten eingeflösst, die nach nichts schmeckten und eine Minute vor 15:00 Uhr sagten, der junge Mann und meine Schwester:“ Viel Glück!“ Dann schloss ich die Augen und stellte mir meine Heimatwelt vor. Es passierte nichts. Doch auf einmal begann der Boden sich unter meinem Körper zu drehen. Ich öffnete die Augen und das letzte, was ich sah, war wie sich meine Schwester von dem Auffanghaus für Reisende über mich beugte. Ich lass ihr Namensschild auf dem in schwarzer Schrift der Name Alice geschrieben stand und dann wurde alles um mich herum schwarz. Ich versuchte mich genau auf meine Heimatwelt zu konzentrieren, bis ich bewusstlos wurde. Ich öffnete meine Augen und sah eine helle Decke und ein Gesicht. Es war sehr jung und es sagte:“ Ah, du bist aufgewacht. Wie geht es dir?“ Ich erkannte eine hübsche Frau. Sie hatte langes dunkles Jahr und einen dunklen Teint. Als ich sie genauer betrachtete, bemerkte ich, dass sie eigentlich ein ganz junges Mädchen war. Sie war höchstens dreizehn. Ich bekam einen großen Schrecken, weil ich dachte, dass ich wieder im Auffanghaus für Reisende gelandet war, als ich feststellte, dass das junge Mädchen meine Schwester Alice war. Sie schaute mich fragend an und sagte dann:“ Mama hat gesagt, ich solle dich wecken, da es schon elf Uhr ist.“ Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich hatte die Reise gut überstanden und die Zeitverschiebung waren wohl nur einige Stunden gewesen. Ich sprang aus dem Bett und sagte freudig:“ Danke, für das Wecken, mein kleines Schwesterherz. Mir geht es gut. Ich bin total fit. Und wie hast du geschlafen?“ Ich glaube das Gesicht, das meine Schwester in diesem Moment machte, werde ich mein Lebtag nicht vergessen. Sie war so verblüfft, dass ich sie gefragt hatte, wie sie geschlafen hatte, anstatt wie sonst immer sie nur anzumotzen, dass sie sich aus meinem Zimmer verpissen und mich in Ruhe lassen sollte, dass nur leise ein „gut“ aus ihrem Mund kam. Ich lächelte sie an und ging mir ihr zusammen zum Tisch, um mit ihr und meinen Eltern zu frühstücken. Seitdem dass alles geschehen ist, sind schon viele Jahre ins Land gegangen. Ich habe noch viel erfahren und mein Leben hat sich sehr verändert, aber das alles möchte ich euch gar nicht erzählen, denn dann hieße diese Erzählung „Die unendliche Geschichte“. Nachdem ich aus der „Welt der Noch-Fantasie-Besitzer“ gekommen war, hatten meine Eltern eine sehr positive Veränderung an mir festgestellt. Das Verhältnis zwischen ihnen und mir wurde wieder sehr gut. Heute lebe ich mit meinen zwei Kindern und meinen Mann Aldo in der Nähe von meinen Eltern. Ich bin Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Politik geworden. In Freistunden erzähle ich meinen Kindern immer über die Vorstellungskraft. In meiner Freizeit schreibe ich Fantasie Bücher über eine andere Welt. Ich bekam viele Preise und Auszeichnungen für diese Geschichten. Ich bin sehr glücklich und zufrieden. Gleich werde ich meine beiden Kinder zu meinen Eltern bringen, denn ich gehe heute mit Aldo zu einer Vorlesung an der Universität, an der er Deutsch, Geschichte und Politik unterrichtet. Ich freue mich schon. Aber ich muss jetzt leider aufhören, denn ich höre schon meine Kinder schreien:“ Wir wollen jetzt zu Opa Keith und Oma Dayle. Kommst du endlich, Mama?“ Tschüss. Ich berichte dir morgen, wie die Vorlesung war.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.01.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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