Germaine Adelt

Betrachtungen

   Er war noch einmal eingeschlafen und hatte gar nicht bemerkt, wie sie ins Bad gegangen war, um zu duschen. Er genoss diese Momente der Ruhe, wenn er neben sich noch ihre Körperwärme spüren konnte, von ihrem Duft der ihn umgab ganz zu schweigen. All das wurde nur übertroffen, wenn sie nachts sinnend am offenen Fenster stand um eine Zigarette zu rauchen. Dieser Cocktail an Gerüchen, der dann im Zimmer umherwaberte, vereinzelt noch die Geräusche von der Strasse. Und sie in seiner Nähe, während er auf dem Bett lag und nur Augen für sie hatte. So sah sein Paradies aus.

Er hatte keine Lust aufzustehen. Ihm war klar, dass sie ungehalten reagieren würde, sobald sie wieder das Zimmer betrat und er dann noch immer im Bett lag. Aber das Plätschern des Wassers war noch immer zu hören und so hatte er noch etwas Zeit. Genussvoll schloss er die Augen und sog ihrem Duft auf, den ihr Kopfkissen verströmte. Heute Abend würde Steffen zurückkehren und dies bedeutete, dass er nicht mehr ihre Aufmerksamkeit hatte.

Was ihn aber wirklich schmerzte war, dass viele Dinge dann nicht mehr galten. Dinge, die sie sonst tolerierte, bemängelte sie dann plötzlich. Manchmal war es fast so, als schämte sie sich seiner.

 

Plötzlich stand sie im Zimmer und sah ihn herausfordernd an. An ihrem funkelnden Augen konnte er erkennen, dass er den idealen Zeitpunkt, das Bett endlich zu verlassen, verpasst hatte. Sie brauchte nichts mehr zu sagen, er verstand auch so. Mühsam quälte er sich aus dem Bett und trottete in die Küche.

„Frühstück?“ fragte sie erwartungsvoll. Doch er brummte nur. Irgendwie hatte er keinen Hunger.

„Auch gut.“ murmelte sie, als ob sie wusste, was er meinte.

 

Während sie in der Küche umherwirbelte, spielte er ernsthaft mit dem Gedanken einfach wieder ins Bett zu gehen. Aber dies würde sie zu sehr verärgern und das wollte er nicht.

Sie war fertig und ging zur Garderobe um sich Mantel und Schuhe anzuziehen. Das war sein Zeichen und er folgte ihr.

„Sitz!“ sagte sie laut. Er mochte es nicht, wenn sie so mit ihm sprach und heute störte es ihn irgendwie besonders. Dann nahm sie die Leine vom Haken und befestigte diese an seinem Halsband. Er hasste es, wenn sie es tat. Als ob er jemals weglaufen würde. Er liebte sie doch viel zu sehr und er würde sie niemals verlassen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.01.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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