Friedhelm Eymael

Zahnpastatuben

Zahnpastatuben

 

 

Heute Morgen habe ich in den Spiegel gesehen. Nun es war recht schwer mich wieder zu erkennen und mir freundlich „Guten Morgen“ zu wünschen. Dabei war am Vortag nicht schreckliches vorgefallen und ich hatte auch gut geschlafen und geträumt.

 

Also es stand nichts im Weg um einen friedlichen Tag ohne Grübeleien und voller Lebensfreude auf mich zu kommen zu lassen.

 

Wieder sah ich in den Spiegel und dabei entdeckte ich direkt vor mit die Zahnbecher meiner Familienmitglieder, nebeneinander aufgereiht mit Zahnbrüsten bestückt und in jedem Becher eine Zahnpastatube. Sofort wurde mir klar, dass der Grund für meinen schlechten Tagesstart mit dem Aussehen der Zahnpastatuben zu tun haben musste.

 

Prall gefüllt mit der pflegenden Creme hatte ich nie etwas gegen sie einzuwenden. Aber in dem Zustand befand sich keine der Tuben mehr und ich fühlte deutlich, dass ich mich schon immer über Zahnpastatuben geärgert hatte.

 

Kaum hat man den Drehverschluss geöffnet und das erste Stück Wurst der Masse herausgedrückt verändern die Dinger ihre Form. In den Drehverschlüssen bleibt immer ein Rest Masse zurück und stört meinen Ordnungssinn. Ich habe mich viele Male gefragt ob dem menschlichen Geist bei einer so einfachen Sache keine andere Lösung einfallen kann. Jeden Tag brauche ich die Creme um meine Zähne zu pflegen aber jeden Tag stört das Aussehen der Tuben meinen Ordnungssinn mehr.

 

 

Sicher es gab schon vielen Versuche, die Tuben zu verbessern oder ihnen einen Pepp zu geben. Aber grundsätzliches hat sich nicht verändert.

 

Die ersten Erlebnisse hatte ich mit Tuben die aus einer Art Weißblech hergestellt waren. Die Drehverschlüsse waren aus weißem Plastik und nie konnte man die Dinger vollkommen leer ausquetschen. Dann kam jemand auf die glorreiche Idee den Sparfimmel der Menschen anzusprechen und packte in die Pappschachteln in dem sich die Tube befand eine Metallklammer bei, die man am hinteren Ende der Tube aufsetzen konnte und so die Tube nach und nach aufwickelte. Der Anblick einer solchen Tube war für mich nicht zu ertragen.

 

Ich musste an eingelegte Sardinen denken, deren Dosen in ähnlicher Form geöffnet wurden. In Verbindung mit dem Geschmack von Zahnpasta wurde mir jedes Mal schlecht. Außerdem, der Anblick einer aufgerollten Tube am Morgen oder Abend hatte keine positive Ausstrahlung auf mein Lebensgefühl.

 

 

Dann sparte man die Pappschachtel und konnte die hässlichen Aufrolleinrichtungen nicht mehr mitliefern. Ich glaube eine Zeit lang waren die Dinger noch von außen an die Tuben geklebt worden. Da aber keine Pappschachtel mehr gebraucht und bezahlt werden musste konnten wir es uns alle leisten einen kleinen Rest Creme in der Tube zu lassen.

 

 

Aber die Tuben boten immer einen elenden Anblick. Je nach dem mit welcher Sorgfalt und an welcher Stelle man drückte, wurde die Form verändert. Jeder einzelne Mensch hat im Laufe der Evolution da seine eigene Technik entwickelt. So konnte es vorkommen, dass eine einzige Tube Zahnpasta am frühen Morgen zwischen sechs und zehnmal umgeformt wurde. Dabei musste das arme Ding sich jedes Mal um ein bisschen weiße Maße erleichtern. Die Ergebnisse konnten meine Phantasie jedoch nicht anregen. Ich hatte immer ein tiefes Mitgefühl für die fast leeren Tuben. Sie waren einfach in einem bedauernswerten Zustand. Es war ein Elend sie anzusehen. Selbst wenn das ganze Bad im hellen Glanz erstrahlte und die vielen schicken Parfümflaschen aufgereiht nebeneinander standen. Das ganze einladende Bild war nicht Wert, wenn ich eine misshandelte Zahnpastatube entdeckte.

 

 

Um ein wenig Abwechselung in die Sache zu bringen fing man an die Cremes einzufärben. Es gab rote, rosa und klare Würste die aus den Öffnungen auf den Brüsten gequetscht wurden. Der Gag, Würste mit farbigen Streifen. Ich habe einmal eine solche Tube komplett auseinander genommen weil es mich wahnsinnig interessierte wie die eine solche Einfärbung mit den Streifen wohl hinkriegen. Leider habe ich das nicht entdeckt. Das war wirklich einmal eine nette Abwechselung im Tubenausdrückalltag.

 

 

Zwischendurch versuchte die Industrie einer anderen Drucktechnik auf die Sprünge zu helfen. Die Tube steht aufrecht, kann nicht verformt werden, sondern hat so eine Art Pumpvorrichtung. Ich drücke auf einen Hebel und die Creme kommt heraus. Endlich etwas geniales, dachte ich. Diese neue Form war eine echte Innovation auf dem Zahncrememarkt. Aber bei dem ersten Versuch mich an einer solchen Art der Cremeentnahme zu gewönnen wurde ich tief enttäuscht. Die Dinge ließen immer einen Nachlauf der Creme zu und an der Öffnung bildeten sich nach jeder Benutzung kleine Nasen in den unterschiedlichsten Formen. Außerdem hatte die eingebaute Pumpe hier und da Betriebsstörungen. Meine schlechte Morgenlaune war meistens auf 3-5 Drückversuche zurückzuführen die ich bei der morgendlichen Zahnpflege hatte durchführen müssen. Das Ganze wurde immer schlimmer, je weniger der Inhalt dieser Hartplastikzahnpastaraketen wurde. In Zahnbechern abgestellt, hatte ich beim Anblick dieser Behälter immer den Gedanken an Spritzwasserpistolen.

 

 

Von den Weißblechtuben ist man mittlerweile auch abgekommen und hat sich in die Welt des Weichplastiks begeben. Der Verschluss wurde breiter, so dass man in der Lage ist die Tube auf den Kopf zu stellen. Aber nur so lange sie voll ist. Das ganze nenne ich eher einen Rückschritt. Diese Plastiktuben behalten keinerlei Form wenn sie die Hälfte ihres Inhaltes verloren haben und verselbstständigen sich in jedem Zahnbecher. Ich ärgere mich wenn ich zwei oder dreimal versuche ein Tube in einem Becher unterzubringen und sie jedes Mal wie von alleine aus dem Zahnbecher ins Waschbecken springt. Nein, dass kann kein Fortschritt sein.

 

 

Wo ist also die Innovation für eine Handlung die ich jeden Morgen aufs Neue mache. Die bleibende Werte erhalten soll und mir somit auch Freude macht. Die Möglichkeit Zahncreme auf seine Brüste zu bekommen muss neu überdacht werden. Die Aufmachung des Pflegemittels dem vom ihm erwarteten Anspruch gerechter werden.

 

Was muss´ sich da nicht noch alles ändern?

 

 

Mit solchen Gedanken muss ich mich jeden Morgen beschäftigen. Leider ist mir bis heute auch nichts großartiges eingefallen und so wird es wohl noch einige Zeit dauern bis ich morgens und abends mir voller Lebensfreude und ohne Grübeleien die Zahnpaste aus einer goldenen Sprühflasche direkt in den Mund sprühe und mir dann im Kopf ein Lied die Zähne putze. Vielleicht brauche ich auch demnächst nur eine Art Tablette in meinen Mund zu legen, sie langsam zergehen lassen und mich durch das prickeln und blubbern zwischen den Zähnen auf den heutigen Tag freuen

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.02.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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