Harald Saul

Peter, der Wolf im Schafspelz Nr. 39

Peter ,Nr. 39
Peter ließ sich Wasser in die dreieckige Eckbadewanne und stellte Kerzen auf.
Holte sich eine Flasche Rotwein, ein Glas, Zigaretten sowie Aschenbecher. Stellte alles auf einen Hocker nahe an die Wanne heran. Das Radio dudelte leise vor sich hin und er machte eine überall das Licht aus. Latschenkieferbadetabletten fand er und der Duft, als er in der Wanne saß, erinnerte ihn an seine Kindheit. Jeden Samstagabend wurde gebadet und man ging nacheinander in die Wanne. Peter nahm dann immer Spielzeugindianer und Cowboys mit und kam erst immer raus, wenn das Wasser kalt war und er fror. Jetzt bedeckte das heiße, nach Wald duftende Wasser seinen Körper ganz und ihm war ganz behaglich. Im Radio spielten sie alte DDR-Schlager und er erinnerte sich an seine Kindheit. Träumte vor sich hin, die jährlichen Kinderferienlager und Schulausflüge vor Augen. Längst vergessen geglaubte Erinnerungen stiegen ihm in die Augen und er erinnerte an Begebenheiten, die schon alle längst vergessen geglaubt waren. Die Ostsee hatte er gesehen, den Thüringer Wald und in einem Jugendcamp bei Berlin hatte er das erste mal Kontakt zu dem anderen Geschlecht gehabt,. Die damals gleichaltrige Hannelore kam aus Dresden und hatte mit 15 Jahren schon eine richtig frauliche Brust gehabt. In der Disko hatte er sich, rasend klopfenden Herzen beim Tanzen  immer an sie gedrängt und gern ließ sie das geschehen. Die anderen Mädchen waren immer sehr eifersüchtig, redeten dann auch über sie beide gehässig , weil sie dann nur noch mit ihm tanzte und er es auch genoss, die neidischen Blicke der anderen Jungen. Sie gingen oft Hand in Hand die letzten Tage durch das Camp und im angrenzenden Wald spazieren. Peter und Hannelore kamen aber über scheue Küsse nie hinaus, obwohl sie beide gern mehr mit einander gehabt hätten. Am letzten Abend waren sie mit einer Decke in den nahen Wald gegangen und Peter hatte versucht mit Hanneloren den ersten Geschlechtsverkehr seines und ihren jungen Lebens auszuführen. Es ging einfach nicht, beide waren zu aufgeregt und außerdem hatte Hanneloren vor den Schmerz der Entjungferung große Angst. Sie ließen dann voneinander und gingen stumm in ihre jeweiligen Unterkünfte zurück. Als sie dann sich auf dem Bahnhof, dem Ostbahnhof von Berlin, sich verabschiedeten flossen bei Hannelore dicke Tränen. Sie schmiegte sich vor allen an ihn und steckte ihm heimlich einen Zettel zu. Im Zug, der ihn und seine Mitschüler wieder in die Heimatstadt brachte, faltete er ihn auseinander und las Hannelores Adresse, sie würde sich sehr freuen, wenn er ihr schreiben würde. Im Zug tat sich Peter mit seinen heimlichen Waldausflügen groß und erzählte den staunenden Jungen, die an seinen Lippen hingen, dass er Hannelore sofort am ersten Abend entjungfert habe und es jedes Mal mit ihr getrieben habe, bis er nicht mehr konnte. Wie gebannt hingen die Jungen an seinen Lippen und jeder wäre gern an seiner Stelle gewesen. Hannelore hatte er einmal geschrieben und als ein Brief mit einigen Rechtschreibefehler zurückkam, die sie in ihrer Aufgeregtheit machte. Da hatte er doch diesen großspurig verbessert und zurückgeschickt, sie soll erst mal richtig deutsch lernen, hatte er darunter geschrieben und dann mit ihm in einen Briefwechsel treten. Peter hatte nie wieder an Hannelore denken müssen, jetzt fiel sie ihm wieder ein. Sie hatte nie wieder geantwortet. Peter räkelte sich in der Wanne und hörte aufmerksam der Frau im Radio zu. Sie vermittelte an Singles Partner und Peter, der aufmerksam zuhörte, hatte plötzlich eine grandiose Idee. Er wusste um seine Aufmerksamkeit bei den Frauen und wenn er nun eine fand, die ihm ein sorgenfreies Leben ermöglichte. Es gab bestimmt auch schon junge Witwen mit viel Vermögen. Aber da störte Antje und er musste dazu einen freien Rücken haben. Außerdem ließ sie in der letzten Zeit durchblicken, dass sie gern ein Kind oder zwei Kinder hätte. Peter hatte Angst, dass er dann nicht mehr an erster Stelle bei Antje stehen würde. Seinen Vater hatte er oft bedauert, denn Peter hatte frühzeitig erkannt, dass bei seiner Mutter er als Sohn an erster Stelle stand und dann erst der Vater kam. Das hatte Peter auch ausgenutzt, er bestimmte oft das Familien-Wochenendprogramm, das abendliche Fernsehprogramm und die Gestaltung der Urlaubsplanung sowie die Ausgestaltung von Familienfeiern. Der Vater hatte am Anfang dagegen aufbegehrt und wurde von seiner Frau in die Schranken gewiesen, indem sie ihn mit Schweigen und Nichtachtung bestrafte. Peters Mutter beherrschte das gekonnt, während sie sich mit ihrem Sohn in einem warmen und lieben Umgangston unterhielt. So war der Umgangston zu ihrem Mann betont sachlich und kulturvoll gehalten. Am Anfang litt dieser darunter, zumal die Umwelt in ihnen die ideale Familie sah. Dann so nach und nach, widmete sich der Vater in seiner Freizeit der ehrenamtlichen Tätigkeit und war nicht oft an den Abenden zu Hause. Und wenn dann werkelte er am Haus und im Garten, wo sie zur Miete wohnten oder er war in seinem Hobbykeller verschwunden, wo er entweder alte Radios reparierte und an anderen Dingen bastelte, worauf nun wieder seine Frau sehr stolz war. Sie erzählte dann überall, ihr Mann habe goldene Hände. Sie waren geschickt, aber nun nicht so golden, fand Peter. Er wusste schon sehr früh, warum der Vater sich etwas außerhalb der Familienbeziehung gesucht und systematisch aufgebaut hatte. Auch kam Peter sehr bald dahinter, dass der Vater sehr nett und humorvoll zu anderen Frauen sein konnte und diese ihn auch sehr anziehend fanden. Besonders gern nahm sich sein Vater junge Kolleginnen an und half ihnen bei der Bewältigung von Problemen. Gern ließen diese sich vom Parteisekretär helfen, half er ihnen doch in jeder Beziehung. Kittete sogar zerrüttete Ehen und kam sich wie ein Retter vor. Das es in seiner eigenen nicht so toll bestellt war, das wollte Peters Vater nie sehen. Ja, sein Vater war schon einer, fand Peter. Mutter wusste noch lange nicht alles über ihn und seine Heimlichkeiten. Erst als Peter seine eigenen Wege ging und sich von den Eltern mit Absicht fernhielt, weil er nicht wollte, dass sie einen Einblick in sein Leben bekamen. Da ging es zwischen seinen Eltern wieder besser und als Peter bei der nationalen Volksarmee war, das war dann der stille Neu-Anfang von einer neuen Beziehung zwischen beiden. Es war ein ständiges Auf und Ab für seine Eltern, als die Einheit über die ehemalige DDR-Bevölkerung hereinbrach, wie Peter fand. Für sich persönlich, war ja die vollzogene Einigung der beiden deutschen Staaten gar nicht so schlecht, meinte Peter immer. Gut , es war am Anfang nicht so toll gelaufen. Die Familie von Elvira und alles was so vorher war. Aber jetzt geht es ja aufwärts. Er räkelte sich im Wasser, steckte sich eine Zigarette an, nahm einen tiefen Schluck aus dem Rotweinglas und inhalierte den Rauch der Zigarette. Etwas heißes Wasser lies er zulaufen und freute sich, dass es ihm jetzt gut ging und an nichts fehlte. Peter lehnte sich wieder zurück und ließ seine Gedanken wieder freien Lauf nehmen. Peter fand, dass er einen fantastischen Offizier für das Ministerium für Staatssicherheit abgegeben hätte. Die Zukunft des Staates mit der Knechtung eines ganzen Volkes in Einklang finden, fand Peter seitdem er dieses intrigante Menschenspiel grandios. Er hätte schon mitgeholfen dabei, Peter hatte keine Skrupel wenn es gegen andere Menschen ging. Hauptsache er konnte sein Schäfchen ins Trockene bringen und hätte bestimmt eine glanzvolle Kariere vor sich gehabt. Die Flasche Rotwein war leer und er hatte die nötige Bettschwere, um nur noch daran zu denken um zu schlafen. Das Fenster öffnete er weit, ließ die Wanne leer laufen, spülte sie aus und stellte die Ordnung wieder her. Beim Zähneputzen überlegte er, was am nächsten Tag alles im Unterricht dran war. Die wichtigen Gruppen der Menschen. Stundenlang konnte man über die Primärgruppe Familie sich unterhalten. Er nahm sich vor, die Frauen mehr in den Unterricht einzubeziehen. Er schloss das Fenster und ging ins Bett. Das Leben war doch schön  ! Leben und leben lassen !

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.02.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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