Janet Beyer

Brief an M.

"Etwas hat mein armes,warmes Leben
irgendeinem in die Hand gegeben,
der nicht weiß, was ich noch gestern war."
 
So hat Rilke es geschrieben und dann haben wir voreinander gestanden und wussten uns nichts mehr zu sagen,wir haben uns nur noch gehalten.Nicht Kälte oder Wind gespürt,nur uns.
Doch halt,du hast mich sanft festgehalten,du,der mich sonst mit Worten von dir weggeschoben hat.
In mir ist es laut,zu laut.So laut,dass ich schreien möchte.Ich möchte dir ins Gesicht schreien,schreien was du gerade verpasst,schreien,dass du dich endlich entscheiden sollst.
Aber das tust du nicht.
Geh nach links,will ich flüstern,oder geh nach rechts.
Doch die Worte wollen nicht kommen,genauso wie du nicht nach links oder nach rechts gehen magst.
Du willst mitten durch gehen.Und das tust du,genau das tust du und du tust nichts anderes.
Du gehst mitten zwischen diesen Wegen hindurch und trittst alles kaputt,was dir dabei in den Weg kommt.
Und das tust du schon seit Wochen und es macht mich kaputt.Tagein,tagaus stehst du an dieser Weggabelung und gehst nicht nach links,nein du gehst auch nicht nach rechts.Du bleibst kurz stehen,überlegst ob du umkehrst und dann gehst du mitten durch.
Dann ist es plötzlich sehr leise in mir drin.So leise,dass ich dich atmen höre und ich dir niemals sagen könnte,was ich dir sagen muss.Ich will mich selber dazu zwingen,aber es kommt nichts,einfach nichts,nichts,nichts,nichts.Um zu präzisieren : Gar nichts.
Was bist du für ein Mensch,dass du mich kaputtmachen darfst?Mich?Einfach so?
Und dann gebe ich dir die Hand und freue mich schon fast auf das nächste Mal,an dem du mich weiter kaputtmachst,einfach so kaputtmachst.Vielleicht macht es dir gar keinen Spaß mich kaputt zu machen,aber du tust es,du machst mich einfach so kaputt,wie ein Junge seine erste Eisenbahn,
so wie du deine Geliebte.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.03.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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