Sonne
am Himmel
Vögel singen im Garten
Zwei Liegestühle
Egon, Egon, die Liegestühle der Schmidts sind
weg.“ Karla stand aufgeregt hinter der Gardine am Wohnzimmerfenster. Nervös strich
sie sich eine graue Locke aus dem Gesicht. „Putze lieber deine Brille richtig“,
gibt Egon gelangweilt zurück. Er hat sich hinter seiner Sonntagszeitung
versteckt und will seine Ruhe haben.
„Egon, bei solch’ herrlichem Sonnenschein
haben die Schmidts immer in ihren Liegestühlen im Garten gelegen. Jetzt stehen sie
nicht mehr dort. Was ist mit den Schmidts los? Die Vorhänge an ihren Fenstern
sind auch zugezogen. Da wird doch nichts passiert sein?“
"Mein Gott, kann ihn sein Weib
nicht in Ruhe lassen", denkt Egon. Laut sagt er zu seiner Frau: „Na und, was schert’s
dich? Vielleicht sind die verreist.“
„Die Schmidts verreisen nie!“
„Woher
willst denn du das wieder wissen?“
„Ich weiß es eben, Egon.“
Sie hasste ihn in diesem Moment.
"Wenn der seine Zeitung in den Händen hält, interessiert ihn absolut nichts", geht
es Karla durch den Kopf, "nur dieses dumme Wurstblatt ist dann wichtig." „Egon
könntest du mir wenigstens einmal zuhören?“, wendet sich Karla vorwurfsvoll an
ihren Mann. „Hab’ ich doch Karla. Die Liegestühle der Schmidts stehen nicht
mehr im Garten“, deklamiert Egon genervt, „Was kümmert’s dich? Du kennst doch
die Schmidts kaum. Spionierst nur immer hinter deinen Gardinen den beiden
nach.“ „Sei nicht immer so abweisend. Natürlich kenne ich die Schmidts. Bei MARKTFRISCH an der Ecke habe ich sie
schon öfters zusammen beim Einkauf gesehen. ‚Guten Tag’ und ‚Guten Weg’
wünschten wir uns immer.“ „Was bedeutet das schon?“, brummt Egon.
„Meinst du, dass ich mal in den
Krankenhäusern nachforschen sollte? Vielleicht hatten sie einen Unfall.“
„Untersteh’ dich. Misch dich nicht ein!“, raunzt Egon seine Frau an.
Er verdreht seine Augen hinter
der Zeitung: Sein Weib nervt ihn nur noch. Es reicht schon, dass sie immer ihre
unsägliche Wickelschürze und die Söckchen an hat und dann noch das „Hinter- der-Gardine-Gestehe“... "Da wende ich mich lieber den Püppchen in meiner Zeitung zu",
geht es Egon durch den Kopf. Hallo, was steht denn hier? Irgend so ein Popsternchen
hat mal wieder durchgedreht.
„Egon, hör doch! Lass mal deine
Zeitung in Ruhe!“
"War da was? Hat sie es immer noch nicht
aufgegeben? Ich reagiere einfach nicht und lese weiter: ...hat unter Alkoholeinfluss
ein Verkehrsschild umgefahren..."
„Egon, jetzt leg endlich deine
Zeitung weg“, ruft Karla mit schneidender Stimme, „Sag, sollte ich vielleicht
zur Polizei gehen und eine Vermisstenanzeige aufgeben?“
Seufzend legt Egon die Zeitung
zur Seite und ergibt sich seinem Schicksal: „Karla, warum stehst du immer hinter
der Gardine und schaust anderen beim Glücklichsein zu?“ „Egon“, jetzt bricht es
weinerlich aus Karla heraus, „Egon, wir sind jetzt dreißig Jahre verheiratet.
Alles ist so banal geworden. Worüber sprechen wir denn noch? Du hast dein
Schmuddelblatt und ich? Was machen wir die meiste Zeit? Wir schweigen uns an.“
„Karla, schau an dir herunter. Meinst du ernsthaft, dass ich deine Wickelschürze
mag? Ich hasse sie. Und wenn wir gerade dabei sind, deine Söckchen hasse ich
auch.
„Egon, warum hast du mir das nicht schon lange gesagt?“, erwidert Karla
erstaunt und zieht ihre Augenbrauen nach oben. „Ach Karla, ich habe es doch
versucht, immer wieder und immer wieder. Du hast nicht zugehört und ich habe
dann einfach resigniert.“
„Ich wusste das nicht“, seufzt Karla zerknirscht.
„Weißt du was, Egon, stellen wir doch unsere Liegestühle in den Garten und
machen’s den Schmidts nach.“
„Aber meine Zeitung darf ich mitnehmen?“
„Natürlich
Egon,“ lächelt Karla.
Sie eilt zum Kleiderschrank und
hängt ihre Wickelschürze hinein, tauscht die Söckchen gegen eine Strumpfhose,
kämmt ihr lockiges Haar. Nach einem Blick in den Spiegel ist sie überrascht,
wie verändert sie aussieht. „Nicht schlecht, altes Mädchen. Das hättest du schon
früher haben können“, murmelt sie leise.
Egon hat im Garten inzwischen die
Liegestühle aufgestellt. Als er seine Frau sieht, schmunzelt er zufrieden. „Nun
Karla, was ist mit den Schmidts?“, kann er sich nicht verkneifen zu fragen.
„Die Schmidts? Ach geh weg, Egon. Vielleicht sind sie doch in den Urlaub
gefahren. So genau kenne ich sie nun wirklich nicht. Was kümmert’s uns?“,
lächelt sie verschmitzt.
Zufrieden legen sich Karla und
Egon in ihre Liegestühle. Die stehen ganz eng beieinander. Die Armlehnen
berühren sich. Egon hat seine Zeitung beiseite gelegt und schaut seine Karla
nach langer Zeit wieder richtig an. Die räkelt sich zufrieden im Sonnenschein.
„Ach Egon, ist das heute nicht ein schöner Tag?“
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.03.2007.
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