In diesem Moment bildete sich ein magisches Portal hinter ihnen. Die Erschütterung,
die das Portal hervorrief, löste eine der Sprengladungen aus. Deuce und Kaylie
wurden zu Boden geworfen und blieben bewusstlos liegen.
Vincent, der oberste der Werwölfe, trat aus dem Portal. „Schnell! Es wird nicht
lange halten.“
Sam sah Esteban, den Priester an. Esteban nickte und zog sein Schwert. Er
schlug ein Kreuz über der Klinge.
Sam verstand und gab ihrer Freundin ein Zeichen.
„Ich könnte etwas Hilfe gebrauchen!“ stellte sie fest als die Deuce sah.
Vincent bellte und nahm den Hünen über die Schulter. Dann trat er durch das
Portal. Sam und die Märtyrerin nahmen Kaylie hoch und brachten sie zum Portal.
Sie regte sich bereits wieder.
„Wo gehen wir hin?“ fragte sie mit schwacher Stimme.
„In Sicherheit“, antwortete Sam. Kaylie sah sich um und sah ihren Ziehvater mit
dem Schwert vor Lucien stehen.
„Esteban! Komm!“ rief sie. Esteban sah sie traurig an und schüttelte den Kopf.
„Esteban?“ fragte Kaylie verwirrt. Sam zog sie aber weiter. „ESTEBAN!“
Aber die durchschritten im selben Moment das Portal, das kollabierte.
„Der Herr gab uns die heiligen Gaben und machte mich zum
Rechtsprecher über die Kreaturen. Nun ist es an der Zeit Richter über deine
Taten zu werden, Xavier Lucien“, begann Esteban die Zeremonie.
Lucien lachte verhalten. „Du legst viel Wert auf Auftritte, Priester.“
„Ich bin der Richter, aber auch der Henker. Ich vollstrecke das Urteil, das die
göttliche Offenbahrung mir überbrachte. Nicht ich spreche das Urteil, sondern
Gott.“
„Du wirst auch sterben, Priester. Ist dir mein Tod so viel Wert?“ fragte
Lucien.
„Das Urteil ist der Tod. Die Anklage lautet auf Verrat an der Jagd und
Missbrauch der heiligen Gaben. Hiermit vollstrecke ich das Urteil! Amen“, sagte
Esteban und spaltete Lucien den Kopf. Lucien, der einst noch von einem
mächtigen Dämon besessen war, fiel in sich zusammen. Die Welt stand still.
Am Fuße des Genefex Wolkenkratzers erschien das andere Ende
des Portals. Vincent legte Deuce sanft zu Boden und wartete ab bis die anderen
Jäger zu ihm kamen. Deuce war während der Passage erwacht und schwang sich
wieder auf die Knie.
„Was ist passiert?“ fragte er.
Kaylie wollte antworten, aber in die Moment explodierten die Sprengladungen.
Das Gebäude erbebte in den Grundmauern, der Helikopterlandeplatz und die oberen
Stockwerke verschwanden in einem Feuerball. Einen Moment sah man noch einmal
die Gestalt des Dämons in den Flammen, aber auch diese Erscheinung verblasste
schnell.
„Esteban?“ fragte Deuce. Aber er erwartete keine Antwort.
„Normalerweise sind Märtyrerangriffe meine Sache“, grinste Kassandra.
„Und jetzt?“ fragte Sam. Niemand wusste eine Antwort und Vincent stand stumm
neben ihnen. Plötzlich flog das Schwert von Esteban an ihnen vorbei und bohrte
sich in die Erde. Es schwang noch ein paar Mal hin und her. Es sah aus wie ein
makaber gestaltetes Kreuz an einem Grab. Kaylie zog es aus der Erde. „Die Jagd
geht weiter.“
Vincent knurrte, aber als er in Kaylies Augen sah entspannte er sich wieder.
Sie sah ihn verständnisvoll an.
Mehrere Clankrieger kamen hinzu. Die Werwölfe standen stramm vor Vincent und
erwarteten seine Befehle. Die musterten die Jäger böse. Es waren doch nur
Menschen.
Deuce spielte nervös an seinem Gewehr, Sam hatte die Hand am Griff ihres
Katanas.
„Ich mache euch einen Vorschlag, Jäger“, sagte Vincent.
„Ashcroft ist für immer verdorben, vor allem jetzt, wo
Esteban hier sein Leben verlor. Egal wie viele Kreaturen ihr zurück in die
Hölle schickt, die Sünde kann nicht einmal durch die guten Taten aller Jäger
rein gewaschen werden“, begann Vincent.
„Ich könnte dir ein zweites Stopfloch machen. Das wäre schon mal ein Anfang!“
unterbrach Deuce und richtete seine Waffe auf Vincents Kopf. Einige Krieger
knurrten böse.
„Spenser! Reiß dich zusammen!“ befahl Sam.
„Unsere Clans sind über die ganze Welt verteilt und kaum organisiert. Ihr habt
selber gesehen wie leicht es unserem Erzfeind gefallen ist hier unseren Hain
beinahe vollständig zu zerstören und die meisten meiner Leute, ob Werwolf oder
nur Verwandter zu töten.“
„Kein Wunder. Als die besessenen Werwölfe euren Hain geplündert haben, hast du
deine Leute einzeln angreifen lassen. Nur nachdem wir diesen dunklen Champion
in die Knie gezwungen hatten, da kam plötzlich ein Dutzend deiner Schoßhunde
angestreunt und wollte uns an die Gurgel“, knurrte Deuce.
„Spenser!“ sagte Kaylie scharf. „Was willst du, Vincent?“
„Frieden. Für uns. Und einen ewigen Pakt“, antwortete der Clanführer.
„Weiter“, sagte Sam.
„Ashcroft ist verdorben, für immer. Keine Macht der Welt kann die Taten, die
hier geschahen, vergessen machen. Die dunklen Kreaturen werden sich immer
wieder aufs Neue erheben. Egal wie viele Jäger zugegen sein werden, egal wann.
Sie werden immer wieder kommen. Genefex hat den meisten dieser Kreaturen jetzt
auch Krallen und Zähne gegeben. Früher oder später werden die Jäger unterliegen
und dann werden die Kreaturen die Grenzen von Ashcroft überschreiten und ihre
Saat ausbringen.“
„Die Jäger besiegt? Niemals!“
„Deuce. Reiß dich zusammen. Du bist ein Mann mittleren Alters in
Lederklamotten. Wie lange wirst du deine Axt noch schwingen können? Zehn Jahre?
Fünfzehn?“ fragte Kaylie.
„Hör zu, Kindchen. Als du noch mit Teddybären gespielt hast…“
„Deuce. Jetzt reicht es!“ sagte Kassandra. „Können wir wieder zur Sache
kommen?“
„Wir Werwölfe versprechen euch die Grenzen von Ashcroft zu bewachen. Wir werden
alle Krieger aus aller Welt zusammenrufen. Erst wenn wir alle gefallen sind
werden die Kreaturen Ashcroft verlassen können. Aber meine Krieger werden
bestehen. Das schwöre ich.“
„Ein Schwur von einem Werwolf. Sehr viel wert“, zischte Spenser.
„Das hört sich gut an“, meinte Kaylie und sah Kassandra und Sam an. Die beiden
Frauen nickten zustimmend.
„Aber wir brauchen dafür etwas von euch“, sagte Vincent.
„Was?“ fragte Kaylie.
„Unser alter Feind ist ins Gefängnis zurückgekehrt und treibt von dort aus
unsere Feinde an. Die Untoten, die Geister und die Dämonen gehorchen unserem
Feind. Sie werden alles tun um unseren Plan zu verhindern.“
„Was sollen wir tun?“ fragte Kassandra.
„Einer von euch Jägern verfügt über die Gabe eines Schutzkreises. Am richtigen
Punkt mit der richtigen Intensität gesetzt kann ein solcher Schutzkreis ganz
Ashcroft einhüllen. So könnte unser alter Feind weder Verstärkung herein
beordern noch nach draußen schicken. Wenn ihr die dann draußen besiegt, wären
die hier die letzten, gefangenen in einem Schutzkreis, der all ihre Diener
bannt.“ erklärte Vincent.
„Und was wollt ihr dann machen? Den größten Horrorvergnügungspark der Welt
eröffnen?“ fragte Spenser. Vincent schlug mit dem Schweif, sagte aber nichts.
„Wir helfen euch“, sagte Kaylie schließlich. „Wir treiben die Monster in der
Altstadt zusammen und dann bannen wir sie für immer.“
Vincent nickte. „Ich gehe in den Wald und sammle meine Krieger. Wir werden
jeden Mann brauchen.“
„Und was ist wenn wir Carpenter begegnen?“ fragte Kassandra.
„Dann schicken wir ihn zum letzten Mal zurück in die Schattenwelt!“ antwortete
Sam und zog ihr Schwert. Kassandra entsicherte ihre Pistolen. „Hört sich gut
an.“
„Welches ist das höchste Gebäude der Stadt?“ fragte Spenser, der einen Kampf
witterte.
„Das Genefex-Gebäude war es einmal. Jetzt ist es der alte Kirchturm.“
antwortete Vincent. Spenser zog seine Axt und sprach die Spaltermacht. „Hört
sich nach Friedhof an.“
„Was machst du, Kaylie?“ fragte Kassandra.
„Ich bette meinen Ziehvater zur letzten Ruhe und befreie seine Seele. Auf das er
nie wieder zurückkehren muss.“
„Amen“, sagte Spenser.
„Amen“, stimmte Sam zu.
„Geh mit Gott, Kaylie.“
„Wir treffen uns bei der Autobahn wieder.“
Die Werwölfe heulten zum Angriff. Und die Jäger setzten sich in Bewegung zu
ihrem letzten Kampf in Ashcroft. Hoffentlich.