Unter Kontrolle

Landleben ist schon speziell. Man gibt vor, nichts mitzukriegen, doch das Gegenteil ist der Fall - kaum etwas entgeht einem. Man registriert ganz automatisch die vor den Häusern der Nachbarn fehlenden Autos und zieht Schlussfolgerungen daraus. Die Bemerkungen anderer Nachbarn regen wiederum die eigenen Gehirnwindungen an, so dass man sich plötzlich in den wildesten "Ermittlungen" wiederfindet, wer, wann, wo, warum und überhaupt was passiert ist. Offiziell weiß man natürlich von nichts.
Zum Beispiel letzten Freitag, als ich mitten in der Nacht nach Hause kam. Ich freute mich, weil ich noch den vorletzten Bus bekommen hatte. An meiner Haltestelle stieg noch ein Mädel aus. Zum Glück ein Mädel, dachte ich, sonst hätte ich mich vielleicht doch ein bisschen gesorgt. Aber komisch, ich kannte dieses Mädel gar nicht: Skandal! Sie benutzt den selben dunklen Weg am Wald entlang, mitten in der Nacht, und ich kenne sie gar nicht. Sachen gibt's! Ich war gespannt. Wo wohnt dieses Mädel? Geht es mit mir die Straße hoch oder bleibt sie unten? Aber unten wohnt sie nicht - ich kenne dort doch alle. Puh, denke ich, dann hat sie ja noch einen langen Weg vor sich. Warum spreche ich sie nicht einfach an und frage sie, wo sie hingeht? Dann könnte ich mir meine Gedanken sparen. Aber dann denkt sie bestimmt, ich sei neugierig. Und eigentlich, also offiziell, kriege ich ja noch nicht einmal mit, dass da jemand hinter mir geht.

• Autorensteckbrief (Infos & weitere Beiträge)
• heikeunddirknetcologne.de (Spam-Schutz - Bitte eMail-Adresse per Hand eintippen!)

  Heike Bormann als Lieblingsautorin markieren

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen