Günter Kienzle

Die größte Reise unseres Lebens (Kapitel 15)

Jürgen schaute sich noch mal im Abteil um. Sein Freund warf ebenfalls einen Blick zurück. >>Nein ich glaube nicht, außer den Koffern hatten wir ja nichts dabei.<<

Der Zug fuhr im Bahnhof ein. Jürgen stieg als erster aus und Alexander reichte ihm die Koffer.

So standen sie nun am Bahnsteig und der Autor wollte diesen nun verlassen, doch sein Freund hielt ihn am Arm fest. >>Können wir nicht warten bis der Zug wieder abfährt? Wir waren so viele Stunden drin, ich möchte ihn ein letztes mal abfahren sehen.<<

Jürgen schaute auf die Uhr. >>Das wird aber knapp. Immerhin hat der Zug hier zwanzig Minuten Aufenthalt.<<

>>Ach bitte, Jürgen!<<

>>Es ist mein Fehler, dass ich nie nein sagen kann, von mir aus!<<

>>Danke!<<

So warteten sie. Aus dem Postwagen wurden Säcke und Pakete raus getragen und neue kamen hinein. Auch das Personal wechselte. Eine Minute vor Abfahrt brummten der Lokmotor wieder an. >>Der ist vielleicht pünktlich, wenn unsere Züge in Deutschland nur halbwegs so pünktlich wären<< ,stellte Alexanders Freund fest.

Der Zeiger der Uhr sprang eine Minute weiter. Der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Noch vier Tage würde er unterwegs sein, und erst in Vladivostok würde die Fahrt zu ende sein.

>>Es war eine schöne Fahrt, ich Danke dir dafür!<<

>>Es freut mich wenn dir die Fahrt gefallen hat!<<

>>Ich bin fast ein wenig traurig, dass die Fahrt nun vorbei ist.<<

>>Das kann ich verstehen, aber wir werden sicherlich nochmals Gelegenheit haben mit dem Zug zu fahren.<<

>>Das wäre schön!<<

>>Als nächstes müssen wir zur Poststelle!<<

>>Zur Poststelle?<< ,fragte Alexander

Ja, die Kisten abholen, da ist alles drin was wir so brauchen. Werkzeug, Zelt, Medikamente. Man weiß ja nie, für den Fall der Falle. Lampen, Dosennahrung, Gewürze und viel mehr. Du siehst, ich habe an alles gedacht. Jetzt müssen wir erst einmal ein Taxi finden. Ich denke vor dem Gebäude werden wir da mehr Chancen haben, als hier auf dem Bahnsteig.<<

Sein Freund grinste. >>Du und dein Humor!<<

>>Glaubst du wir rennen jetzt von einem Laden zum anderen, um unseren Krempel zusammen zu bekommen. Das geht heute Dank Internet schneller. Weißt du, wir Deutschen sind dafür bekannt, alles gründlich zu planen, und das habe ich getan!<<

>>Du hättest es mir aber wenigstens schon vorher sagen können.<<

>>Sei nicht böse, es sollte eine Überraschung sein.<<

Gerade als sie das Gebäude verlassen hatten, kam ein Taxi angefahren und setzte zwei alte Damen vor dem Bahnhof ab. >>Sind sie noch frei?<< ,fragte der Autor.

>>Eigentlich wollte ich Feierabend machen, aber steigen sie schon ein!<<

>>Und wo soll ich die Koffer hinstellen?<< ,fragte Alexander.

>>Stellen sie die auf den Rücksitz!<<

>>Können sie nicht den Kofferraum aufmachen?<<

>>Das geht schon, sie haben immer noch genug Platz zum Sitzen!<<

Das war vielleicht ein fauler Hund, dachte er sich. Am liebsten hätte er es ihm ins Gesicht gesagt, aber das würde nur unnötig Streit geben.

Jürgen sass vorne neben dem Fahrer und schnallte sich bereits an.

>>Wo soll es hingehen?<< Der Beifahrer reichte ihm einen Zettel. >>Das ist nicht weit von hier!<<

>>Sie werden aber nicht in der Stadt bleiben.<<

>>Wie kommen sie darauf?<< ,fragte der Autor.

>>Ich habe eine Auge für so etwas. Wenn man vierzig Jahre lange Leute befördert, kann man so einiges aus den Gästen herauslesen, sie verstehen.<<

>>Stimmt, wir sind auf dem Weg zu einem verlassen Dorf.<<

>>Da werden sie in der Gegend einige finden. Die Leute wandern alle ab. Ich habe auch schon daran gedacht, wo anders neu anzufangen, aber irgend jemand muss ja hier bleiben.<<

Es waren tatsächlich nur drei Minuten und schon hatten sie das Postamt erreicht. >>Können sie kurz warten, wir sind gleich wieder da?<<

>>Ja, aber machen sie bitte schnell, meine Alte motzt immer, wenn ich zu spät zum Abendessen komme.<<

So liefen die beiden nun Richtung Eingang. Jürgen drückte die Klinke, aber nichts ging. >>Mist!<< ,fluchte er. >>Die haben schon zu! Das wird morgen knapp, der Hubschrauber kommt schon um zehn Uhr.<<

Alexander glaubte sich verhört zu haben. >>Ein Hubschrauber! Wie hast du den aufgetrieben?<<

Der Fahrer hupte bereits.

>>Das war gar nicht so einfach. Das Militär darf normal keine zivil Personen befördern. Aber für tausend Euro übersieht ein Pilot das gerne und legt eine Sondertour ein. Glaubst du wir schleppen das schwere Zeug durch die Pampa.<< Der Fahrer hupte wieder.

>>Komm lass uns einsteigen Alexander! Seine Frau wartet ja mit dem Abendessen!<

Einige Sekunden später saßen sie wieder im Taxi. >>Die Post hat leider schon zugehabt!<< ,gab Jürgen zu verstehen.

>>Das hätte ich ihnen schon vorher sagen können, dass diese Fahrt unnötig war.<<

>>Und warum haben sie es nicht gemacht?<<

>>Zwei Gründe, erstens haben sie mich nicht gefragt, zweitens hab ich so etwas mehr verdient.<<

>>Nun ja, sie sind wenigstens ehrlich! Wir müssen morgen bereits weiter. Können sie mich um sieben Uhr zum Postamt fahren?<<

>>Das könnte ich schon, aber damit der Weg nicht wieder umsonst ist würde ich um acht Uhr vorschlagen, da macht das Postamt nämlich erst auf.<<

Gut, Danke für den Hinweis. Zum nächsten Hotel bitte! Wenn es geht nicht gerade das teuerste!<<

>>Es gibt hier eine gute Pension, die ist nicht teuer und zu essen bekommen sie da

auch noch etwas!<<

>>Gute Idee, fahren sie uns dahin!<<

Nach zehn Minuten bog das Taxi in eine Seitenstraße ab und parkte vor einem kleinen Häuschen. >>Steigen ‚sie aus, wir sind da!<<

Alexander nahm die beiden Koffer und sein Freund trug die Verantwortung. Der Taxifahrer folgte ihnen und klingelte. >>Es ist sehr bequem, sie werden zufrieden sein!<

Eine Frau, ungefähr im gleichen Alter wie der Taxifahrer, öffnete. Freundlich begrüßte sie die beiden.

>>Darf ich vorstellen, das ist meine Frau!<<

>>Ihre Frau?<< ,fragte Jürgen verwundert zurück.

Der Mann lächelte. >>Ja, ihr gehört die Pension!<<

Alexander und Jürgen schauten sich an. Dieser Mann war wirklich geschäfttüchtig, das musste man ihm lassen.

>>Sie kommen genau richtig zum Essen!<< ,meinte seine Gattin. >>Die Koffer können sie ja später auspacken, sonst muss ich alles nochmals warm machen.<<

>>Was gibt es denn?<< ,wollte ihr Mann wissen.

>>Nudeln und feinen, feurigen Gulasch!<<

Da lief sogar den beiden Besuchern das Wasser im Mund zusammen. Als sie das Speisezimmer betraten, lagen bereits zwei Gedecke auf dem Tisch. >>Ich habe nicht damit gerechnet, dass mein Mann Gäste mitbringt, ich hole gleich zwei Teller. Nehmen sie inzwischen ruhig Platz und machen sie es sich gemütlich!<<

 

Fünf Minuten später sassen sie zu viert am Tisch.

>>Ist das ihr Sohn?<< ,fragte die Frau.

>>Nein, ein sehr guter Freund, mein bester eigentlich!<< Eigentlich müsste er hinzufügen, dass es sein einziger ist, aber das ließ er besser weg.

Alexander nahm einen Nachschlag. >>Du haust ja heute rein!<< ,stellte sein Freund fest.

 

 

>>Das schmeckt einfach super!<< ,entgegnete Alexander.

Das Essen war wirklich köstlich und fast besser als das im Speisewagen. Ja diese russischen Hausfrauen konnten kochen, das musste man ihnen lassen. Trotzdem nahm der Autor nur einen Teller.

>>Wollen sie nichts mehr?<<

Jürgen schüttelte den Kopf. >>Es ist wirklich ausgezeichnet, aber ein Teller reicht, sonst kann ich heute Nacht nicht einschlafen.<<

>>Verstehe!<< ,lachte der Taxifahrer. >>Dann nehme ich mir noch etwas.<<

 

Die Pension verfügte nur über ein Doppelzimmer. So mussten die beiden sich ein Bett teilen, was aber nicht in eine Tragödie ausartete. Nun sassen sie auf Bett und beratschlagten.

>>Du hast kaum was gesagt bei Tisch.<< ,stellte Jürgen fest.

>>Das Essen war so gut, das musste ich genießen. Wer weiß wann ich wieder was in den Magen bekomme.<<

>>Nun übertreib nicht, wir haben genügend Dosen dabei. Ein Gewehr ist das einzige was uns jetzt noch fehlt. Aber keine Sorge, das werde ich schon auftreiben. So was ist in dieser Gegend lebenswichtig!<<

>>Ich kann nicht schießen!<< ,stellte sein Freund fest.

>>Glaubst du ich. Irgendwer wird es uns schon zeigen. Das ist übrigens die letzte Nacht wo wir in der Zivilisation verbringen. <<

>>Dann werde ich die Zivilisation nochmals genießen, obwohl ich darauf scheißen kann, denn sie war nicht unbedingt gut zu mir.<<

>>Ich kann dich verstehen, glaub mir, jetzt wird alles besser werden. Vielleicht bleiben wir ja hier, jedenfalls solange es uns gefällt.<<

>>Ich kann nicht sagen ob es mir gefallen wird, aber ich denke schlimmer als Moskau kann es hier nicht sein.<<

 

 

Sergej war heute früher auf den Beinen als sonst. Allerdings sah er unausgeschlafen aus. Gleich würde er wieder an seiner Lieblingsstraße Stellung beziehen und betteln was das Zeug hielt. Diesmal aber nicht für Klebstoff, heute wollte er sich wieder einmal den Luxus einer Imbissbude gönnen, nachdem er in der Nacht zuvor von einem Würstchen träumte. Nun wünschte er sich nichts sehnlicher als ein Wurstchen mit viel Senf. Inzwischen hatte er recht viel Übung im anbetteln der Leute. Manchmal erzählte er eine verlogene Geschichte, die schlimmer war als sein richtiges Leben. Es ist nicht leicht auf der Straße zu überleben, da musste man einfallsreich und verlogen sein. Es war zwar nicht in Ordnung, aber sonst kam man zu keinem Rubel. Millionär wurde er mit dieser Methode sicherlich nicht werden, aber für das nötigste reichte es. Gerade als er die erste Passantin anbetteln wollte, spürte er was an seinem Bein. Es war ein Hund, der ihn mit einem Laternenpfahl verwechselte. Der untere Teil seiner Hose war nun nass. >>Mach das du weg kommst! Das gehört sich nicht, andere Leute anzupissen!<< ,schimpfte er.

Der Hund war eine Mischung zwischen allem möglichen, so genau konnte Sergej das nicht bestimmen. Da das Tier kein Halsband trug, war er sicher ein Streuner. Es gab einige Hundert, wenn nicht sogar Tausende in der Stadt, so genau wusste das keiner.

Da kam schon wieder ein Passant, ein Herr im Anzug. Der gab bestimmt etwas. Schnell lief er auf ihn zu. >>Entschuldigen sie, haben ‚sie vielleicht ein paar Rubel für mich? Ich möchte mir etwas zu Essen kaufen.<<

Der Mann besah ihn von oben bis unten. >>Ist das dein Hund?<< ,fragte er dann. Der Kleine drehte sich um und wieder stand der Hund hinter ihm. Bevor er antworten konnte, ergriff der Mann wieder das Wort. >>Hier, kaufe für dich und deinen Hund was ordentliches zu essen. Es ist ein Elend mit Russland!<<

Sergej staunte nicht schlecht. Das waren neunhundert Rubel. >>Vielen Dank!<<

>>Schon in Ordnung Kleiner, ich muss leider weiter, macht es gut ihr beiden!<<

Sergej wandte sich dem Hund zu und streichelte ihn. >>Dafür bekommst du jetzt auch eine Wurst. Wenn Sergej Geld hat ist er nicht geizig!<<

So als hätte es der Hund verstanden folgte er ihm. Es war vielleicht gar keine so schlechte Idee den Hund zu behalten. Wenn der Mann soviel gab, würden andere sicher auch mehr geben.

 

An der Imbissbude herrschte wenig Betrieb. Nur ein Bauarbeiter und ein Junge, etwas älter als er, standen an der Bude. Während der Arbeiter in seine Wurst biss, sah der Junge ihm zu. Sergej lief zu ihm. >>Ich habe dich hier noch nie gesehen. Bist du neu hier?<< Der Junge schaute ihn an, sagte aber nichts. >>Ich bin Sergej und lebe schon eine ganze Weile auf der Straße. Du siehst so sauber aus, lange kannst du nicht von Zuhause weg sein.<<

>Woher weißt du, dass ich abgehauen bin?<< ,wunderte der sich.

>>Jetzt ist normal Schule, und du bist nicht da. Zudem siehst du aus als ob du Hunger hast.<<

>>Ja, aber ich hab kein Geld. Ist das dein Hund?<<

>>Vor ein paar Minuten erst angeschafft. Warte hier!<<

Er bestelle drei Wurstbrötchen mit viel Senf. Eins davon gab er dem Jungen. In dem Augenblick fiel ihm wieder ein, wie Alexander ihm damals zwei Brötchen gab und er war schon wieder den Tränen nahe.

>>Bist du traurig?<< ,fragte der fremde Junge.

Sergej senkte den Kopf. >>Das selbe hat einmal jemand für mich gemacht! Dieser jemand hieß Alexander. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke.<<

Beinahe hätte er den Hund vergessen, Er beugte sich nach unten und hielt die Hand mit dem Brötchen hin. Vorsichtig griff der Hund mit seinem Maul zu. >>So jetzt hat jeder eins bekommen und ich bin wieder pleite!<<

Der Junge, der gerade im Begriff war abzubeißen, zögerte. >>Möchtest du es wieder?<

>>Nein, ich wünschte mir ein Brötchen und das habe ich bekommen. Das ich mir drei leisten konnte, damit habe ich gar nicht gerechnet. Nur Dank des Hundes habe ich das geschafft. Deswegen bekam er auch eins.<<

>>Hat dein Alter dich auch verdroschen?<<

>>Nein, ich habe nur eine Oma gehabt, die ist aber tot.<< Er senkte den Kopf. >>Jetzt hab ich niemand mehr, mein guter Freund Alexander ist ebenfalls weg.<< Dann huschte ein kurzes Lächeln über seine Lippen. >>Aber ein Hund habe ich jetzt und das hat nicht jeder!<<

Der Junge zögerte einen Moment. >>Mein Alter hat mich wieder einmal verdroschen als er besoffen war.<< Er schob sein Shirt nach oben. >>Da schau!<< Zahlreiche blaue Flecken waren zu sehen.

>>Wie heißt er denn?<<

>>Ich muss mir noch einen Namen ausdenken, aber das mache ich später.<<

>>Nochmals Danke für das Brötchen, du bist sehr freundlich!<<

Sergej winkte ab. >>Alexander hat das auch für mich gemacht. Ich will ebenfalls so nett zu anderen sein, so wie er es zu mir gewesen ist.<<

>>Ich wollte auch einmal einen Hund, habe aber nie einen bekommen, ist wohl besser so!<<

>> Soll ich dir nachher ein paar gute Schlafplätze zeigen?<<

>>Nein, mach dir keine Mühe, ich gehe wieder zurück! Das Leben auf der Straße ist nichts für mich, ich schaffe das nicht, und vielleicht hat er sich jetzt gebessert.<<

>>Ich wünsche es dir!<<

Der Junge wischte sich mit der Hand den Mund ab, dann reichte er Sergej die Hand. >>Ich geh jetzt, nochmals Danke und pass auf dich auf!<<

>>Du auch! Leb wohl!<<

Sergej und sein neuer Hund sahen ihm nach bis er um die Ecke gebogen war. >>Hoffentlich ist sein Vater jetzt besser zu ihm! Komisch, jetzt spreche ich sogar schon mit dem Hund!<<

 

Zuerst haben sie die Kisten von der Post abgeholt- Leider war es nicht nur eine sondern sechs an der Zahl. Da der Kofferraum sich als zu klein erwies, besorgte der Taxifahrer kurzerhand einen Lastwagen von einem Freund. Das alles kostete ein Haufen Zeit und nun raste der Taxifahrer Richtung Stadtrand. Gleich war es zehn Uhr!

>>Sehen sie, jetzt haben wir es doch noch geschafft, aber vom Hubschrauber ist weit und breit nichts zu sehen!<<

Alexander zeigte auf die rechten Seite. >>Da kommt er!<<

Der Taxifahrer schüttelte den Kopf. >>Was wollen sie transportieren, diese Kisten oder einen Panzer?<<

Jürgen konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. >>Ich denke für tausend Euro darf man schon mal ein etwas größeres erwarten.<<

>>Du Jürgen, es hätte aber auch was billigeres getan.<<

>>Hackt nicht alle auf mir rum. Ich konnte nicht wissen, dass so ein Monstrum kommt!<<

Der Taxifahrer berichtigte ihn. >>Das ist kein Monstrum sondern ein TH98!<<

Weiter vorne war eine Wiese, da setzte der große Transporthubschrauber zur Landung an. Als die Rotoren abgeschaltet waren fuhr der Lastwagen zur Maschine heran. Der Pilot begrüßte sie freundlich. >>Sie müssen schnell machen, ich habe nur eine Stunde Zeit. Mein Vorgesetzter darf nichts davon merken, und unsere Übungsflüge dauern eben nur immer eine Stunde.<<

>>Wenn sie uns einladen helfen geht es schneller!<< ,machte Jürgen den Vorschlag. Der Pilot nickte. Der Taxifahrer half ebenfalls, sicherlich würde das sein Trinkgeld aufbessern.

Nach fünf Minuten war alles verstaut. Jürgen bezahlte nun den Piloten und den Taxifahrer und bedankte sich bei diesem noch für seine Hilfe.

>>Das war nicht der Rede wert. Ich muss jetzt gleich den Lastwagen wieder zurückbringen. Ihnen viel Spaß in Sibirien, sie werden sehen, ein gewaltiges Land!<<

>>Danke, den werden wir haben, nicht wahr Alexander?<<

>>Wenn du noch mehr so lustige Ideen wie diesen Hubschrauber hast, ganz bestimmt!<<

 

Zwei Minuten später waren sie schon in der Luft und überflogen einen Wald, der kein Ende zu nehmen schien. >>Das ist ja gewaltig!<< ,staunte Alexander.

>>Gefällt dir der Flug?<< ,fragte der Pilot.

Alexander nickte nur, es fehlten ihm einfach die Worte. Wie schön doch die Welt sein konnte. Schon jetzt war er sich sicher, hier würden sie eine schöne Zeit haben! Ein Rudel rennender Wölfe geriet in sein Blickfeld. Sofort stieß er seinen Freund an. Dieser war ebenfalls begeistert von dem Anblick. >>Normal machen die den Menschen nichts. Sie sind eher scheu, du musst also keine Angst haben.<<

>>Das ist alles so neu und aufregend für mich, verstehst du.<<

>>Ich bin sicher es wird dir gefallen!<<

Der Pilot mischte sich in die Unterhaltung. >>In zehn Minuten sind wir da!<<

>>Wie weit ist es bis zum nächsten bewohnten Ort?<< ,wollte Jürgen wissen.

>>Zu Fuß in etwa zwölf Stunden!<<

>>Du siehst also Alexander, wir sind hier ganz für uns. Kein Mensch weit und breit. Ich werde also genug Gelegenheit haben meinen neuen Roman zu schreiben. Das mache ich Nachts, so haben wir den Tag für uns. Können jagen und fischen und so Vorräte für den Winter anlegen. Die Winter hier sind sehr extrem, das sollte dich aber nicht abschrecken. Man kann auch im Haus viel machen, so ist das nicht. Ein kleiner See ist übrigens auch in der Nähe.<<

>>Toll, dann können wir ja schwimmen gehen.<<

>>Kannst du schwimmen?<<

Alexander nickte. >>Ja, eines der wenigen Sachen die ich kann.<<

>>So etwas solltest du nicht sagen, du hast sicher deine Begabungen und wer weiß, vielleicht wirst du später auch mal Schriftsteller, so wie ich!<<

>>Ich freue mich schon, dass ich nicht mehr alleine bin und wieder einen Menschen habe.<<

>>Ich freue mich ebenfalls und weißt du, ich wünsche jedem Menschen, dass er jemand hat. Keiner sollte allein sein!<<

>>Du warst aber vorher auch die ganze Zeit allein!<<

>>Ja, das stimmt und erst durch dich ist mir klar geworden, wie einsam ich war. Woher kam eigentlich deinen Entschluss wieder zurück zu kommen.<<

>>Daran war dein Nachbar schuld.<<

>>Mein Nachbar?<<

>>Ja, er hat mich im Keller gefunden. Eigentlich dürfte ich dir das jetzt nicht erzählen, aber nur ihm hast du es zu verdanken, dass ich wieder kam. Er meinte du seist sehr einsam und ich wäre es ja auch, also würde es passen!<<

>>Danke Anton!<< ,sagte Jürgen vor sich hin, obwohl er wusste, dass sein Nachbar es nicht hören konnte. >>Er ist ein lieber Mensch!<<

>>Stimmt!<<

 

Sergej sass wieder einmal in einem Keller, aber diesmal nicht allein, sondern mit seinem neuen Hund! Nun war er am Überlegen wie man den Hund nennen konnte. >>Eigentlich sollte ich dich Laternenpisser nennen, aber das ist schlecht fürs Geschäft. Wenn jetzt mein lieber Freund Alexander hier wäre, dem würde bestimmt gleich ein Name einfallen.<< In dem Augenblick wurde die Kellertür geöffnet und ein Mann trat ein. Einen kurzen Augenblick hatte der Kleine Angst, es wäre wieder eine Razzia der Miliz im Gange, doch der Mann sah nicht aus wie von der Miliz, eher wie ein Obdachloser. Er trug einen abgetragenen langen Mantel, aus der Manteltasche sah man der Flaschenhals einer Wodkaflasche.

>>Hallo Kleiner! Du hast doch nichts dagegen wenn ich mich hier etwas ausruhe?<<

>>Nein, ist ja nicht mein Keller, ich bin hier selber nur Gast.<<

Der Mann zog die Flasche hervor und genehmigte sich einen Schluck. Dann holte er ein einige Brötchen aus der anderen Manteltasche hervor. Leider waren nicht alle Menschen so spendabel wie er, der Mann bot ihm nichts an. Als der Hund näher kam und zu betteln anfing wurde der Mann böse und drohte mit der Flasche. Diese Drohung unterstrich er mit dem passenden Satz. >>Hau ab du Köter!<<

>>Komm her Hund!<< ,befahl Sergej. Eins war jedenfalls sicher, dies war kein guter Mensch. Er schaute durch das kleine Fenster, draußen regnete es in Strömen, also blieb ihm notgedrungen nichts anderes übrig als hier zu verweilen. Hoffentlich würde der Mann ihn in Ruhe lassen, aber sicher sein konnte man sich auf der Straße nichts.

>>Pass besser auf das Viech auf. Hast du Geld dabei?<<

>>Ich habe keins mehr, das letzte Geld ging für die drei Wurstbrötchen heute morgen drauf.<<

>>Von mir bekommst du jedenfalls nichts zu essen. Mir schenkt auch keiner was.<<

>>Ich habe ja um nichts gebeten.<<

>>Werde jetzt nicht frech, hörst du!<<

Es machte wenig Sinn mit einem besoffenen Mann zu diskutieren, zudem konnte der Mann gewalttätig werden. Also sollte man ihn nicht reizen, so viel wusste selbst er. Gegen so jemanden hatte er nicht die geringste Chance. Deswegen zog er es vor nichts mehr zu sagen. Der Mann nahm bereits wieder einen Schluck. Bald würde er im Vollrausch sein und davor hatte Sergej mächtig Angst. Wieder warf er einen Blick zum Fenster. Es regnete immer noch wie aus Kübeln. Trotzdem, besser nass als wenn der Typ nachher ausrastete. Gerade als er sich erheben wollte, stand der Mann blitzschnell auf und ging zur Tür. >>Du bleibst gefälligst hier!<< ,brüllte er ihn an. Nun sass er im Schlamassel! >>Ich will mich mit dir unterhalten.<<

Ich mich aber nicht mit dir, dachte sich Sergej, aber er wagte nicht, dies auszusprechen. Wie gesagt, Besoffene waren schnell reizbar, da genügte oft schon eine Kleinigkeit.

>>Wie heißt du?<<

>>Sergej!<<

>>Warum bist du nicht zu Hause bei deinen Eltern?<<

>>Ich habe keine Eltern mehr. Ich hatte eine Oma, als die starb kam ich ins Heim, von da bin ich abgehauen.<<

>>Lüg mich nicht an, Freundchen!<<

>>Es ist wahr!<<

>>Ich war früher ein reicher Mann. Ein sehr reicher Mann!<<

Sergej glaubte das nicht, aber er ließ ihn reden. Sicher lebte er schon immer auf der Straße.

>>Leider hab ich alles verloren, nur der Wodka, mein bester Freund ist mir geblieben!<<

Der Kleine musste grinsen. Von dem machst du ja reichlich Gebrauch, dachte er sich. Dies bemerkte auch der Mann. >>Was lachst du so blöd?<<

>>Ich lache doch gar nicht!<<

Der Fremde hob den Zeigefinger. >>Sei Vorsichtig mein Freund, ich warne dich zum letzten mal!<< Dann ließ er sich vor der Tür niedersinken. Wieder nahm er einen Schluck aus der Pulle. Bald würde sie leer und er stockhagelvoll sein!

>>Ich habe auch einen Sohn, er mag mich sehr. Er weiß, was für einen guten Vater ich bin.<<

Ja, im Wodka saufen bist du das sicherlich, dachte sich Sergej.

Wie lange musste er sich diesen Mist anhören. Warum ließ er ihn nicht einfach in Ruhe und trank seinen Wodka. Wäre er doch nie in diesen Keller gekommen!

 

Der Wunsch des fremden Jungen erfüllte sich nicht. An diesem Abend war sein Vater wieder betrunken und es ereignete sich genau das gleiche Drama, wie zwei Nächte zuvor. Diesmal jedoch, würde sein Sohn niemals mehr zurück kehren!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.04.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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