Karl Bednarik

Die nicht ganz so lange Reise der R. P. Feynman, Teil 5

  
  Teil 4 ist hier zu finden:
  https://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?18811
   
    Künstler-Namen
 
  "Wir sind Borg, Widerstand ist zwecklos, ihr werdet
  assimiliert", scherzte Graf Hombug. Commander Shroud lachte
  schallend. "Inzwischen weiß ich ja auch, mit wem ich es zu tun
  habe. Willkommen Zuhause, obwohl ich eigentlich dachte, daß sie
  erst in zweihundert Milliarden Jahren zurückkommen." "Das wäre
  ja dann auch genau jetzt," beharrte Graf Hombug, "denn wenn man
  einen Lichtstrahl auf die Reise um das ganze Universum schickt,
  dann braucht dieser keine Zeit um im Hier-und-Jetzt
  einzulangen. Immerhin gebe ich zu, daß ich eine Abkürzung
  verwendet habe." "Also, ich dachte, Sie würden in die
  Vergangenheit gereist sein.", hakte Shroud nach. "Zeitreisen
  gibt es nicht!" meinte Hombug. "Aber man kann solange warten,
  bis morgen gestern ist, und bei etwas mehr Geduld auch bis
  gestern morgen ist." Shrouds Gesicht wurde nachdenklich.
  Shrouds Raumschiff war ein langes schlankes Gebilde von etwa
  1,8 km Länge. Graf Hombug war Schiffsbauingenieur und
  Hochenergietechniker, doch hatte er an diesem Schiff nichts
  auszusetzen. Einige Feinheiten beruhten offenbar auf einer
  extensiven Anwendung von Nanotechnologie. "In Kürze werden wir
  auf der guten alten Erde aufsetzen", kündigte Commander Shroud
  an. Hombug fragte sich, ob "seine" alten Bekannten nach etwa
  achtundsiebzig Jahren als Bezugsfaktoren noch relevant wären.
  "Nanotechnologie bedeutet Unsterblichkeit für alle", erläuterte
  Shroud. Graf Frederik von Hombug hatte Unsterblichkeit schon
  längst zu seinem Hobby gemacht. Streng genommen besaß er
  mindestens drei verschiedene, und alle besonders hohe
  Lebensalter. Als physikalischen Zeitgewinn mußte man alle
  Zeitgewinne verrechnen, die durch hochrelativistische Raumflüge
  erzielt wurden. Als biologischen Zeitgewinn mußte man alle
  Zeitgewinne verrechnen, die er im künstlichen Winterschlaf
  verbracht hatte. Außerdem hatte Graf Frederik von Hombug auch
  noch echte subjektive Erlebenszeit gewonnen, denn er hatte sich
  als Angehöriger der Führungselite schon öfter einer Telomer-
  verlängernden Stammzellen-Therapie mit Nanobot-Kontrollierter
  Tumor-Nekrose unterzogen. Falls man also autoreproduzierende
  Nanomaschinen unter Kontrolle halten konnte, was sicher nicht
  einfach war, und diese dann als Zell-Hirten (siehe E. Drexler)
  einsetzen konnte, dann war die Unsterblichkeit wieder einen
  Schritt näher gekommen. Zum Einfrieren als vierten biologischen
  Zeitgewinn war Graf Frederik von Hombug noch nicht gekommen,
  weil er immer sehr beschäftigt gewesen war. Außerdem wurde von
  namhaften Wissenschaftlern vermutet, daß dieses Verfahren die
  Synapsen des Gehirns schädigte. Genau darin sollten aber nach
  Meinung eben dieser Wissenschaftler alle
  Persönlichkeitsmerkmale festgelegt sein. Genau genommen bestand
  das Spiel der Unsterblichkeit nur darin, so lange
  durchzuhalten, bis diese technisch realisierbar war. Das Ziel
  war natürlich die unbegrenzte Verlängerung der subjektiven
  Erlebenszeit, aber auf dem Weg dahin war es zuweilen günstig,
  eine Zeit lang ruhig gestellt zu werden. Alle vier zuvor
  erwähnten Methoden zielten glücklicherweise in genau diese
  Richtung. Unter allen Raumfahrern waren Künstler-Namen weit
  verbreitet. Diese, in ihrem Überleben auf einander angewiesenen
  Helden, machten nur Außenstehenden gegenüber ein Geheimnis
  daraus. Graf Frederik von Hombug erläuterte Shroud, daß er
  eigentlich Graf Frederik von Homburg heißen müßte. Nur ein
  Ausbildner bei der Raumflotte sagte immer wieder zu ihm:
  "Erzählen Sie keinen Humbug, Homburg!" Graf Homburg hatte sich
  dann einfach daran gewöhnt Hombug zu heißen. Bei Rick McFertig
  war das etwas anders verlaufen. McFertig war Angehöriger der
  Todeslegion, er war sogar noch von Jim Cool persönlich
  angeworben worden. Wie allen aus dem Gefängnis entlassenen
  Sträflingen war ihm Diskretion sehr wichtig. Der Name Rick
  McFertig schien ihm aber sehr gut zu seinem Beruf als
  Feuerleitoffizier zu passen. Als er dann einen "gleichnamigen"
  Kollegen antraf, gingen die beiden nach dem Kodex der
  Todeslegion vor. Der "jüngere" wählte dann den Namen John
  McReady (siehe Solaris II). Shroud lächelte milde, dann begann
  er seine Geschichte: "Also ich hatte herausgefunden, daß die
  Mirgs in ihrem Organismus Strontium anreichern. Ursprünglich
  dachte ich an Kobalt-60, aber dann war natürlich Strontium-90
  die Methode der Wahl, obwohl die Halbwertszeit von Strontium-90
  viel höher ist als die Halbwertszeit von Kobalt-60. Ich
  befürwortete den Gedanken, auf einer mirgo-formierten Welt
  einige Strontium-90-Bomben abzuwerfen. Wenn man diese Bomben in
  den Meeren zündet, dann bleibt das Strontium-90
  interessanterweise auch in diesen, da es wie alle Salze nicht
  in das verdampfende Regenwasser übergeht. Auf allen Kontinenten
  ist das Regenwasser völlig sauber. Nur in Küstennähe existiert
  einige Kontamination durch das Sprühwasser. Die Leichen der
  Mirgs trieben wie ein weißes Leichentuch auf den Ozeanen. Daher
  mein Künstler-Name." "Das ist durchaus beachtlich," meinte
  Hombug, "aber irgendwie stellt das auch eine Konkurrenz zum
  Hombugo-Formieren dar." "Sie müssen zugeben, daß eine
  Neubesiedlung des Planeten schon in zweihundert Jahren
  realisierbar wäre," argumentierte Shroud, "beim Hombugo-
  Formieren würde das sicher einige Jahrtausende dauern. Zudem
  prophezeien die Klimatologen den shroudo-formierten und zuvor
  mirgo-formierten Meeres-Planeten ein angenehmes mediterranes
  Klima. Natürlich müssen erst unsere Spezial-Algen das ganze
  Kohlendioxid in Sauerstoff umgewandelt haben." "Fürst Klaus von
  Irrwitz würde dieses Verfahren sicher gefallen." stellte Graf
  Hombug abschließend fest. "Von diesem stammt ja auch die Idee
  zu dieser Methode," erläuterte Shroud. Dieser Studienkollege
  von Graf Hombug hatte seinen Künstler-Namen auf Grund seiner
  etwas ausgefallenen Einfälle. Fürst Klaus von Irrwitz hieß in
  Wirklichkeit Bodo von der Hohenlohe, aber weil ihn seine
  Studienkollegen immer fünf-o nannten, war ihm sein neuer Name
  nur allzu recht. "Außerdem hat Fürst Klaus von Irrwitz auch den
  Mirg-Locher erfunden," setzte Commander Shroud nach. Graf
  Frederik von Hombug und Rick McFertig blickten Shroud fragend
  an. "Wenn man ein Loch in ein luftgefülltes Raumschiff bohrt,
  dann wissen wir alle, was dann passiert." Shroud blickte
  erfolgsheischend in die Runde (die dreieckig war). Rick
  McFertig reagierte sofort: "Rotalarm. Schutzanzüge an.
  Dichtungstrupp los." "Und das alles weil Luft dünn ist, und das
  Loch groß ist." setzte Commander Shroud nach. "Aber wenn jemand
  ein sehr kleines Loch in ein wassergefülltes Raumschiff bohren
  würde, dann wäre der Druckabfall sehr viel geringer. Lediglich
  auf der Weltraumseite der Öffnung würde sich etwas Eis bilden.
  Die Mirgs würden, sofern sie niemand darauf aufmerksam machen
  würde, friedlich entschlafen. Jetzt hatte Fürst Klaus von
  Irrwitz nur noch die Aufgabe, diese winzigen Löcher an der
  entsprechenden Stelle anzubringen. Als erstes wählte er Eisen-
  Perlen von etwa 0,1 mm Durchmesser aus (billiger und fester
  geht es nicht). Dann konstruierte er einen Magnet-
  Linearbeschleuniger für diese Partikel. Natürlich funktionierte
  dieser nur im Vakuum des Weltraums, was aber eher günstig war.
  Nach der Beschleunigungsphase wurden diese Partikel noch durch
  ein Hochfrequenzfeld geschickt. Dieses sollte die Eisenpartikel
  auf etwa tausend Kelvin erhitzen, oberhalb ihrer Curie-
  Temperatur, so daß sie niemand mit einem Magnetfeld ablenken
  konnte (obwohl sie ihre hohe Geschwindigkeit zuvor nur einem
  starken Magnetfeld verdankten). Damit wurden dann von der
  Raumflotte größere Mirg-Flottenansammlungen behandelt. Kein
  Mirg bemerkte jemals, was hier ablief, selbst der Konteradmiral
  der terranischen Raumflotte, Admiral Kill Hunter (Karl Hunter,
  Kill ist sein Künstler-Vorname), meinte, das sei alles
  Spielzeug. Die Mirgs schoben ihre nun folgenden Ausfälle auf
  Materialermüdung, und versuchten dichtere Schiffsrümpfe zu
  konstruieren. Admiral Kill Hunter gab widerwillig zu, daß man
  auch ohne siebenhundert-Gigatonnen-Fusions-Torpedos („Rot-Ring,
  Ex-Atmo“ memorierte Rick McFertig.) in eine Mirg-Flotte ein
  Loch schlagen konnte (oder viele kleine Löcher)." "Typisch für
  Fürst Klaus von Irrwitz," kommentierte Graf Frederik von
  Hombug, "eine riesige Gefahr mit Staubkörnern zu besiegen.
  Ganz allgemein zeigt sich, daß die Mirgs zwar zahlreicher sind
  als wir, wir Humanoiden aber kreativer sind als sie." 
  
  Teil 6 ist hier zu finden:
  https://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?18854
 
 


Fünfter Teil von sechs Teilen.

Karl Bednarik, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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