Gaby Schumacher

Plüsch- Protest (3. Teil)

„Armer Brummi!“, munkelten die Teddys untereinander erschüttert und verspürten soo gar keinen Drang mehr, dem etwa nachzueifern.


Kurz darauf dagegen karrten sie alle gemeinsam den Bollerwagen samt der vermaledeiten Zahnpasta dorthin zurück, wo sie hingehörte. Sofort eilten von allen Seiten die Puppen herbei. Ihnen voran der Puppenjunge Ken, mit der Absicht, möglichst rasch sein strahlendweißes Gene-Kelly-Lächeln aufzufrischen, mit dem er infolge seine Barbie aufs Neue nachdrücklichst zu beeindrucken gedachte.

„Ob da dreißig Kilo wohl ausreichen ... ?“


Die Affen bemächtigten sich ihres Bollerwagens und anschließend dann beachtlich fix sämtlicher Bananen aus der Kaufladen-Abteilung. Tags drauf hielten sich diese Schleckermäuler ihre verdächtig geblähten Stoffbäuche. Mehr als fünf Bananen nacheinander verträgt selbst der stärkste Affenmagen nicht.


Nachdem Brummis Aktion dermaßen in die Hose gegangen war, saßen die armen Teddys kurzzeitig recht ratlos beieinander. Um sich gegenseitig diesbezüglich keine Blöße zu geben, kratzten sie sich minutenlang äußerst wichtigtuerisch hinter den Ohren, meinten ´Hm` und ´Ach`, was ihnen aber auch nicht weiter half. Solch eine geistige Leistung war ihnen noch nie abverlangt worden. Die ungewohnte Anstrengung zerrte, nicht nur an den Nerven. Sie gerieten in die Gefahr, ihr knuddeliges Teddy-Outfit zu verlieren, was für Stoffbären einem Todesurteil gleichkam.


„Uns muss einfach etwas einfallen!“, mahnten Mama und Papa Bär, die sich mittlerweile ernste Sorgen machten.

Alles nickte und überlegte noch fieberhafter als bislang.

„Wir veranstalten eine Demo!“, rief ein junger Bär in Hauptsache-sich-Auflehn-Stimmung. „Die Achtung-Schilder dafür holen wir uns aus der Eisenbahnabteilung. Auf die Rückseiten schreiben wir Schlagwörter!“


Die Teddys wurden prompt munter und es hagelte Vorschläge:

„Knut ist doof!“

„Knut – eine eingebildete Wollkugel!“

„Knut – das Eisbärenweichei!“

„Knut- die Heulboje!“


Doch es ging auch heftiger:

„Kneifzange Knut!“

„Knut- zukünftige Gefahr für alle!“

Besonders das Letzte gefiel ihnen ausgesprochen gut.

„Und: ´Wir Teddys bleiben immer lieb!!` darf auf keinen Fall fehlen!!“, stellte ein Bärenmädchen fest. „Aber unbedingt mit zwei Rufzeichen!“

Allgemeine Begeisterung.

„Wir versammeln uns vorm Eingang und stellen uns so hin, dass kein Mensch mehr an uns vorbei kommt. Die lesen dann unsere Sprüche und Knut kann einpacken. Ihr werdet sehen!“, trumpfte ein Bär auf.


Mit Feuereifer waren sie bei der Sache. Bald hielten sie stolz die fertigen Plakate in den Pfoten. Das Schild mit ´Wir Teddys bleiben immer ´lieb!!` hatten sie noch liebevollst mit zahlreichen kleinen und großen roten Herzen verziert. In der Nacht war vor lauter Aufregung an Schlaf kaum zu denken.

„Ab morgen wird für uns alles besser! Die Kinder werden uns wieder lieb haben und den ollen Knut vergessen!“


Am nächsten Morgen bildete sich sehr schnell eine Menschenansammlung vor dem Spielzeuggeschäft. Nein, so etwas hatte man hier noch nie gesehen! Die Erwachsenen und auch die Kinder quasselten aufgeregt durcheinander und lasen die Plakate.

„Knut ist gar nicht doof!“, ärgerte sich ein kleines Mädchen. „Der ist so süß!“

„Wie niedlich der ist und er spielt so knuffig mit seinem Tierpfleger!“, meinte eine Frau gerührt.

„Den muss man einfach gernhaben!“, betonte ein Mann.

Niedergeschlagen hörten die Teddys zu. Niemand hatte von ihnen gesprochen.

„Wie gemein die sind! Wir trösten sie, wenn sie traurig sind. Wir sind immer für sie da und lassen sie nie im Stich – und jetzt dies!“


Doch plötzlich meldete sich eine zarte Kinderstimme:

„Mein bester Freund ist mein Teddy. Mit dem kann ich schmusen und spielen, wann immer ich es möchte. Knut ist bald groß und dann kann man das mit dem nicht mehr.“

Ein anderes Kind meinte:

„Teddys haben ihre Menschenkinder-Mamas und –Papas, die sie nie alleine lassen und ihr Leben lang verwöhnen.“

Ein Junge setzte hinzu:

„Eigentlich kann Knut einem leid tun. Wenn er groß ist, wird ein völlig einsam in seinem Gehege leben. Dann hat ihn niemand mehr lieb. Alle haben Angst vor ihm.“


Die Menschen verstummten. Die Teddys horchten verwirrt auf. Soo hatten sie das noch nie gesehen. Sie erkannten, dass Knut ihnen gar nicht die Liebe der Menschen gar nicht nehmen konnte, sondern der kleine Eisbär die Kinder und auch die Erwachsenen nur für einige wenige Monate für sich einnähme. Dann würde Knut sein ganzes, restliches Leben lang einsam sein, keine drolligen Spiele mehr, keine streichelnden Menschenhände. Vorbei!


Bedrückt standen die Teddys da.

Kein böser Gedanke gegen Knut kam ihnen noch in den Sinn. Wie dumm sie doch gewesen waren. Je länger sie nachgrübelten, umso mehr empfanden sie Mitleid mit dem kleinen, weißen Wollknäuel.

„Stellt euch bloß einmal vor: Immer allein, nie Gesellschaft!!“, brummelten Strubbel und Brummi gleichzeitig.
Nein, sie mochten gar nicht daran denken. Sie ohne ihre Familie, ohne ihre Teddy-Eltern und die Geschwister.

„Grauenhaft!“, sagte sich Brummi. „Dann besser Strubbels Launen ertragen!“

„Furchtbar!“, dachte Strubbel. „Dann lieber Brummis Gemeinheiten aushalten!“


Gegen Abend, als alle Menschen nach hause gegangen waren, verzogen sich auch die Teddys zurück in ihre Abteilung. Doch im Gegensatz zu den Menschen gönnten sie sich keine Ruhe. Wieder saßen sie in einer Runde zusammen. Wieder grübelten sie, aber diesmal waren es liebe Gedanken.

„Wir sollten etwas für Knut tun!“, forderten die Pomade-Teddys.
Niemand wudnerte sich, dass dieser Vorschlag von denen kam schließlich waren sie die klügsten der Teddys.

„Auf jeden Fall!“, bekräftigten Mama-Bär und Papa-Bär.

Zum zweiten Male kratzten sie sich mit den Tatzen hinterm Ohr, jedoch nicht so lange. Teddys haben das Herz auf dem rechten Fleck. Deshalb fiel ihnen auch ziemlich schnell recht viel ein.


„Ich schenk ´ihm einen bunten Ball!“, sagte ein Bärenkind stolz.

„Und ich einen schönen Lappen!“, meinte ein anderes.

„Au ja, von mir kriegt er die Fische aus dem Angelspiel. Eisbären mögen doch auch so gerne Fisch wie wir!“, brummte ein ganz Kleiner.

Die Älteren grinsten. Der Kleine sah das und fing an zu weinen.

„Das finde ich aber lieb von Dir, Tabs!“, tröstete ihn Brummel zärtlich. „Aber, ich glaub`, der mag genau wie wir lieber lebendige Fische.“


Tabs schniefte immer noch.

„Tabs, ich hab`ne Idee!“, schlug da Strubbel vor. „Hört mal alle her: Wir basteln ihm ein Bilderbuch. Da kommen Fotos von uns rein und eine schöne Teddygeschichte!“

„Toll!“, klatschten alle in die Tatzen, „dann fühlt der sich bestimmt nicht mehr so allein!“

„Und Tabs malt einen großen Fisch für Knut, ja?“

Der kleine Baby-Bär guckte selig.


Es wurde ein wunder- wunderschönes Buch. Alle Teddys hatten sich beteiligt, die hübschesten Fotos von sich eingeklebt, eine kurze Widmung darunter geschrieben und sich gemeinsam eine tolle Geschichte erdacht. Das Buch wickelten sie in einen Geschenkpapier-Schlackerlappen und knoteten noch eine königsblaue Papierschleife darum. Schließlich, so wussten sie, waren Eisbären die Könige der Arktis.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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