Mea Klein

Das Bett ist zu klein

Sie schlief auf der linken Seite des Bettes. Das tat sie immer.
Die Männer schliefen rechts. So war das, fast immer.

Nur ungern gab sie ihre Seite des Bettes einem Mann. Links. Die brauchte sie.

Auf dem Bauch liegend, den Kopf ebenfalls nach links gerichtet. Das Wichtigste war aber, dass jeder Körperteil zugedeckt sein musste. Sonst konnte sie nicht einschlafen. Nur, eine kleine Öffnung vor Mund und Nase, zum atmen durfte sein - natürlich. So kam es, dass man aus der Ferne betrachtet, nur ihre Haare und die Decke sah. Mehr nicht. Sie musste ganz und gar in die Decke eingemummelt sein. Im Schlaf bewegte sie sich kaum, meistens wachte sie in fast genau der gleichen Position und an genau der gleichen Stelle auf. Meistens.
 

Ihm war es egal, ob er rechts schlief. Ob auf dem Bauch, Rücken oder Seite. Ob mit oder ohne Decke. Er brauchte nur ihre Wärme. Immer. Und so kam es, dass er sich näher an sie legte. Sich zu ihr kuschelte, unter ihre Decke kam. Er legte seinen Arm auf ihren Rücken, streichelte ihn, kraulte ihn und massierte ihn sanft. Manchmal küsste er sie auf ihr Schulterblatt, nahm eine Haarsträhne und spielte. So schlief er immer ein.

Sie brauchte Schlaf. So konnte sie nicht schlafen. Er hatte die Decke angehoben, ihre Schulter war nicht bedeckt. Jetzt war ihr kalt. Sie hasste das Gekrabbel am Rücken. Sein schwerer Arm nahm ihr die Luft. So ging das nicht. Sie musste weiter weg rücken, sich wieder richtig in die Decke rollen, den Arm abschütteln und in Ruhe einschlafen.

Jetzt war ihm kalt. Er suchte wieder die Wärme ihres Körpers. Noch mehr zu ihr rückend schmiegte er sich ganz nah an sie. Wärmte sie beide.

Sie war hellwach und entnervt. Warum blieb er nicht auf seiner Seite? Das war ihre Seite. Links. Wieder war ihre Schulter kalt. Sein Atem strich ihr über den Rücken. Wie sie das hasste. Wie sollte sie jetzt einschlafen? Noch ein kleines Stück weg. Merkte er denn nicht, dass er immer näher rückt?

Er hielt sie fest an sich gedrückt. Wollte ihr nahe sein, sie spüren.

Sie war müde. Wirklich müde. Weiter nach links. Ganz an den Rand.

Schon wieder kam er zu ihr. Legte seinen Arm auf ihren Rücken. Und jetzt auch noch sein Bein.

Abrupt richtete sie sich auf, rutschte über die Bettkante und lag auf dem Boden.

Müde öffnete er die Augen und sah verwundert auf sie herab.

"Was machst du da?"

 

Sie war wütend.

Warum blieb er nicht auf seiner Seite?

Warum musste er immer bei ihr sein?

Warum konnte er nicht mal eine Nacht NICHT bei ihr verbringen?

Und, warum musste er ihr immer vorhalten, sie hätte nie Zeit für ihn?

Sie würde sich immer so selten melden.

Sich nie Gedanken um ihn und die gemeinsame Beziehung machen.

Sie war es leid, wenn er bei jedem bösen Wort von ihr zu weinen anfing.

Sie konnte es nicht mehr hören, wenn er vor Eifersucht tobend unangemeldet vor ihrer Haustür stand.

Wenn er hinter jedem anderen Mann eine Affäre vermutete.

Wenn er unaufgefordert auf die Toilette ging und sie gerade duschte.

Oder schlimmer noch: Sie diese gerade benutzte und er rein platzte.

Wenn er sie einfach anfaßte, obwohl sie nicht damit rechnete.

Wenn er für sie kochte und es ihr nicht schmeckte.

Wenn er sich peinlich genau 3 Minuten die Zähne putzte.

Wenn er sie gutmütig auf all ihre Fehler aufmerksam machte.

Wenn sie von der Arbeit kam und er wieder in ihrer Wohnung auf sie wartete.

Wenn er ihr sagte, dass er sie liebte und sie ihm das nicht sagen konnte. Nicht mehr.

 

"Das Bett ist zu klein."

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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