Mario Hedemann

Die Insel der Verlorenen Teil 14

Ich faste mir Mut und ging den Gang bis dahin, wo die Stimmen herkamen.
 Als ich in der offenen Tür stand und ein „Guten Morgen,“ vom Stapel ließ, war sofort Ruhe.  Die Frau drehte sich zu mir um und fing schon wieder an zu grinsen. Langsam fragte ich mich, ob irgendetwas an mir Amüsant war?
 Es war eine kleine Küche mit einem kleinem Fenster, dass aber soviel Licht durchließ, dass der Raum sehr Freundlich wirkte.
 Links neben der Tür stand ein Tisch, um den sechs Stühle standen. Auf zwei  von ihnen  saßen ein Junge und ein Mädchen. Sie sahen  mich an.
 Was das alter der Kinder anging, so hatte ich mich wirklich nicht verschätzt.
 Der Junge schien wirklich so um die fünfzehn Jahre zu sein und das Mädchen dürfte nicht älter als Zehn sein.
 Was allerdings etwas eigenartig war, war ihre altmodische Kleidung. 
 Das Mädchen trug ein Rosafarbenes Kleid in dem ein paar Blumenmuster eingestickt waren. So ein ähnliches Kleid  hatte ich mal bei meiner Oma auf einem alten Foto gesehen und der Schnitt des  Kleides war bald der selbe. Das lange schwarze Haar des Mädchens war zu einem Zopf geflochten.
 Der Junge trug ein weißes Hemd, dessen Kragen steif aufrecht stand, mit einer schwarzen Weste und er hatte seinen Scheitel streng zur rechten Seite gekämmt.
 „Oh, hallo,“ begrüßte mich die Frau.
 „Kinder, dass ist unser neuer Gast. Sagt Guten Tag zu ihm.“
 „Guten Tag,“ brummten der Junge und das Mädchen im Chor.
 Bei der Angelegenheit trat ich mir verlegen auf die Füße und brachte nur ein Kopfnicken zu stande, statt ein „Hallo,“ zu sagen.
 „Kommen Sie und setzen Sie sich hier hin.“
 Die Frau zog ein Stuhl vom Tisch zurück (einer von denen die am Kopfende des Tisches standen) und ich nahm Platz.
 „Wie heißen Sie eigentlich?“ fragte mich die Frau.
 Ich nannte ihr meinen Namen und dann sagte Sie; „Das ist meine Tochter Mathilda und das,“ sie zeigte auf den Jungen, „das ist Hermann.“
 Eigenartige Namen, dachte ich, aber mir sollte es egal sein.
 „Darf ich auch nach ihren Namen fragen?“ fragte ich sie.
 „Ach ja, hätte ich beinahe vergessen. Ich bin Amalia.“
 Der Blick der Kinder verfinsterte sich, als ich sie nach ihrem Alter fragte.
 „Spielt das Alter eine Rolle im Leben?“ fragte Hermann.
 Der Ausdruck in seinen Augen machte mir Angst. Er hatte etwas bedrohliches und Aggressives. Nervös antwortete ich: „Natürlich nicht. Du hast vollkommen recht.“
 Ein paar Schweißperlen machten sich auf meiner Stirn bemerkbar und ich war froh, als Amalia mich vom Herd aus fragte, ob ich Rührei mit Speck möge. Schnell bejate ich die Frage. 
 Ich sah mich ein bisschen verlegen in der  Küche um und spürte genau, wie der Blick der Kinder an mir haften blieb.
 Die Familie musste einen Tick für Antike Sachen haben, denn nicht nur ihre Kleidung stammte aus einer anderen Zeit, sondern ihre auch Möbel.
 Amalia stand vor einem Herd, der gleichzeitig auch als Ofen zu dienen schien, denn unter dem Herd befand sich eine Klappe,  hinter der man Feuer machen musste, um auf dem Herd zu kochen. Die Herdplatte war aus Gusseisen und das ganze Gerät hatte eine Breite von circa einen Meter.
 Auch die Schränke stammten aus einer anderen längst vergangener Zeit.
 Bei uns im Antik laden würde man für die Küche sehr viel Geld bezahlen. Und dann der Tisch und die Stühle.  Mann, dass waren sicher Museumsstücke. Bei uns würde Mensch so etwas kostbares nicht nutzen, aus Angst vor der Abnutzung.
 Der Blick der Kinder war kontinuierlich auf mich gerichtet. Ich brauchte es nicht zu sehen, aber ich spürte es und es brachte mich völlig durcheinander.
 Amalia schien etwas zu braten, auf jeden fall hörte es sich so an, als ob irgend etwas in der Pfanne zischte.
 „Wo kommen Sie eigentlich her?“ fragte Mathilda.
 Ich nannte ihr meinen Wohnort und sah ein leichtes freches grinsen auf ihren Lippen.
 „Wir wohnen schon immer hier,“ fuhr sie fort.
 „Wollen Sie hier nur Ferien machen oder wollen Sie für immer bleiben?“
 Amalia drehte sich vom Herd aus um und sagte mit einem scharfen Ton: „Mathilda iss dein Rührei und frag den Herr nicht so viel.“
 „Sie kann ruhig fragen, es ist doch kein Geheimnis,“ sagte ich in der Hoffnung, den Blick der Kinder von mir zu kriegen. Aber Irrtum. Ihre Augen klebten förmlich an mir.
 Amalia drehte sich wieder dem Herd zu und einige Sekunden später brachte sie mir ein Teller mit noch dampfendem Rührei.
 „Es waren schon viele Leute hier gewesen und viele sind für immer hier auf dieser Insel geblieben,“ sagte Mathilda, bevor sie ihr Rührei aß.
 „Oh,“ sagte ich. „Ich habe nicht vor, hier so lange zu bleiben.“
 Mathildas Blick hing wieder an mir. „Die anderen hatten auch nicht vor, für immer zu bleiben.“ „Mathilda iss jetzt endlich dein Rührei, sonst gehst du vom Tisch,“ schrie Amalia. Ich war erschrocken, denn ich hatte sie bisher nur grinsend erlebt.
 „Ich habe kein Hunger,“ sagte Mathilda gelassen.
 „Dann geh vom Tisch,“ giftete Amalia.
 Mathilda stand auf und verließ die Küche. Ich hörte, wie sie den Gang entlang lief, eine Tür öffnete und sie im nächsten Augenblick wieder zuwarf.
 „Und was ist mit dir?“ fauchte Amalia ihren Sohn an, dessen Blick noch immer  auf mich gerichtet war. Er stand auf und verschwand auch. Eine Tür wurde irgendwo zugeschlagen.
 „Sie müssen meine Kindern entschuldigen. Morgens sind sie nie gut drauf.“
 „Aber ich bitte Sie, es ist doch selbstverständlich. Es kommt jemand wildfremdes hier morgens am Tisch und will einfach hier Frühstücken. Sie müssen sich mit dieser Situation erst anfreunden. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich bei Ihnen Frühstücke.“
 „Haben Sie das vergessen? Ich habe Ihnen gesagt, dass das Frühstück hier inklusive ist.“
 „Ja, aber so was ist glaube ich eher selten, dass man in einer Privaten Unterkunft Frühstück mit angeboten bekommt.“
 „Es kommt auf die Unterkunft an. Haben Sie großen Hunger?“ fragte mich Amalia.
 „Ja, ich glaube ja.“
 „Dann essen Sie die Portionen für die Kinder noch mit.“
 „Aber was ist, wenn ihre Kinder nachher noch Hunger bekommen sollten?“ fragte ich verlegen. „Erstens glaube ich das nicht und zweitens müssen sie bis heute Abend warten.“
 „Bis heute Abend?“ hakte ich nach.
 „Ja, dann bekommen sie erst wieder etwas.“
 Eine Normale Familie würde ihren Kindern ein richtiges Essen kochen, aber vielleicht liefen hier ja die Uhren anders. Ich beschloss mich da nicht ein zu mischen und am Vormittag den kleinen Laden um die Ecke auf zu suchen, um mir ein paar Lebensmittel zu besorgen und eigentlich auch die Gelegenheit dabei nutzen,  Amalias Mutter  kennen zu lernen.
 „Abends müssten Sie dann für sich selber sorgen,“ sagte Amalia.
 „Abends ist die ganze Familie aus dem Haus und arbeitet. Tagsüber wird sich wegen der Hitze ausgeruht, weil man dann nicht viel schaffen kann.“
 Beinahe hätte ich sie gefragt, was für Arbeiten sie den machen und ob auch die Kinder Nachts arbeiten müssten, aber ich konnte mich im letzten Augenblick noch zurück halten. Ich hatte gehört, dass in einigen Südlichen Ländern sich die Menschen Tagsüber ausruhen und Nachts dafür Aktiv sind, aber hier in Deutschland?
 Naja, war mir auch egal, denn ich war ja zum Urlaub machen hier und nicht um mich in anderer Leute Angelegenheiten ein zu mischen.
 „Meinen Mann hätten Sie vorhin auch kennen lernen können. Er ist kurz nach dem Sie gekommen sind wieder zu Bett gegangen. Aber keine Sorge, denn ich glaube, Sie werden ihn bald kennen lernen.“
 „Ich habe ja auch vor, wenn es gestattet ist, noch einige Zeit zu bleiben,“ plapperte ich.
 „Ich sagte Ihnen ja Gestern schon, so lange Sie ihre Miete für die Nacht zahlen, können Sie so lange bleiben, wie Sie wollen.“

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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