Mario Hedemann

Die Insel der Verlorenen Teil 18

Das Bad Wasser war zwar sehr warm, aber auf gewisse Weise auch eine Wohltat und Entspannend. Unter der Dachschräge staute sich ganz schön die Wärme des Tages und ich merkte, als ich mich aus der Wanne erhob, wie ich wieder anfing leicht zu schwitzen.
 Jetzt würde ich mal den Test machen müssen und das Wasser mit dem Eimer aus dem Fenster kippen.
 Als ich soweit wieder angezogen war, ( Ich trug eine blaue kurze Jeans und ein weißes T-Shirt mit weißen Turnschuhen ) begann ich mit der Prozedur. Hierbei konnte man ganz schön ins schwitzen kommen, wenn man sich bei diesem Wetter beeilte, aber ich ließ mir lieber Zeit.
 Als nur noch fast drei Eimer aus der Wanne zu nehmen waren, drückte jemand die Türklinke herunter.
 Da ich abgeschlossen hatte, konnte logischerweise niemand herein.
 „Einen Augenblick bitte,“ rief ich.
 Vor der Tür räusperte sich jemand. Ich beeilte mich das restliche Wasser aus der Wanne zu bekommen, packte meine Sachen zusammen und drehte den Schlüssel im Schloss herum.
 Als ich die Tür öffnete, stand ein junger Mann vor mir. Er hatte etwas zerzaustes schwarzes Haar und an der Stirn eine kleine Narbe auf der rechten Seite. Er sah sehr gepflegt aus und sah mich erwartungsvoll an.
 „Entschuldigen Sie,“ sagte er „Aber ich muss mal aufs Klo.“
 „Kein Problem,“ meinte ich „das Bad ist jetzt frei, sofern man es als Bad bezeichnen kann.“
 Ich verschwand in meinem Zimmer, stopfte die dreckigen Sachen in eine Plastiktüte, schnappte meinen kleinen Geldbeutel und verschwand. Auf dem Flur kam der junge Mann gerade von seiner Sitzung zurück und fragte mich, ob ich wüsste, wo es hier eine Kneipe gibt, in der man sich mal hinsetzen kann und ein Bier trinken könnte?
 „Ich begebe mich gerade selber auf der Suche nach einer Kneipe. Ich bin auch erst seit Gestern hier.“
 „Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie etwas günstiges und gutes gefunden haben?“ fragte er mich. „Warum kommen Sie nicht einfach mit?“ fragte ich ihn zurück.
 Er lächelte mich an und sagte: „Wir kennen uns doch nicht.“
 Vielleicht war er ja etwas schüchtern.
 „Na ja,“ sagte ich „aber so lernt man sich auch kennen.“ 
 Irgendwie musste ich wohl einen guten Eindruck auf den Jungen gemacht haben, denn letztendlich gingen wir gemeinsam auf Kneipensuche.
 Lange brauchten wir nicht zu suchen, denn die einzige Kneipe auf dieser Insel wie ich später mal heraus fand, lag in einer Seitenstraße, die, wenn man weiterging über einige Dünen zum Strand führte. Ich wusste, dass ich diese Straße am vorigen Tag entlang gegangen bin, aber da gab es die Kneipe noch nicht,  genauer gesagt, gab es diese Straße nicht. Aber vielleicht bildete ich mir das auch alles nur ein und es gab die Straße hier schon ewig.
 Den neuen Ankömmling wollte ich von diesen Dingen nichts erzählen, da er mich wahrscheinlich für verrückt erklärt hätte, was der Wahrheit dann in dem Fall ziemlich nahe kommen würde, denn warum sollten auf einmal Gebäude oder Straßen aus dem Nichts auftauchen?
 Die Kneipe erreichten wir, in dem wir durch ihrem Biergarten gingen, in dem einige Leute um Tische versammelt vor ihrem Bier saßen und es sich gut gehen ließen.
 Als der Junge Mann und ich die Kneipe betraten, saßen an dem Tresen, der etwa drei Meter lang war, fünf Leute, die uns eindringlich ansahen.
 Die Pinte selber war nicht groß und hinter der Theke stand ein kleiner Mann, der etwas so dick wie Oliver Hardy war und streng zurück gekämmtes Haar hatte. Seine Kakifarbene Wildlederweste übertraf an Farbe sein weißes Rüschenhemd. Sein Blick schien mir sagen zu wollen, dass wir hier lieber verschwinden sollten und uns nicht hier hätten her begeben sollen. Obwohl ich diesen Mann noch nie vorher gesehen hatte, hatte ich trotzdem dieses Gefühl.
 „Was wünschen Sie?“ fragte er unfreundlich.
 „Wir möchten gerne ein Bier,“ drängelte sich mein Zimmernachbar vor. Er deutete mit dem Kopf auf ein paar Tische, um den sich jeweils vier Stühle erwogen. Sie standen genau an der Wand, jenseits der Theke.
 „Hier oder Draußen?“ fragte der Wirt. 
 „Ist mir egal,“ sagte ich.
 Der Wirt stand am Zapfhahn und lies das goldene Zeug aus dem Hahn in Gläser laufen, während mein Zimmernachbar und ich uns an einen der Tische setzten.
 „Wie sind Sie hier hergekommen?“ fragte er mich.
 „Mit der Fähre aus Kiel.“
 Irgendwie fühlte ich mich von den Leuten am Tresen beobachtet. Ich brauchte es nicht zu sehen, ich spürte es einfach. Das gleiche Gefühl, als ob Hermann in der Nähe wäre.
 Die Gespräche der fünf Leute wurden leiser, so als ob sie mitbekommen wollten, was wir miteinander Reden. Es dauerte nicht lange, da kam Oliver Hardy mit dem Bier und stellte es uns auf dem Tisch.
 „Geht das zusammen oder getrennt?“ brummte er.
 „Ich bezahle diese Runde,“ drängelte sich der Junge Mann schon wieder vor. Ich schätzte ihn auf ungefähr Mitte Zwanzig.
 „Dann machen Sie noch zwei und die bezahle ich.“
 Der Wirt nahm das Geld von dem Jungen und verschwand hinter seinem Tresen.
 „Und wie sind Sie eigentlich hier hergekommen?“ erkundigte ich mich.
 „Ebenfalls mit der Fähre. Nur kam ich nicht aus Kiel, sondern aus Hamburg. Aber wissen Sie was? Auf keiner Landkarte ist diese Insel eingezeichnet. Sie existiert und wird durch Mundpropaganda bekannt. Woher wussten sie von dieser Insel?“
 „Nun, wenn ich mir das so recht überlege, weiß ich eigentlich gar nicht mehr, durch wem und wie ich überhaupt von dieser Insel erfahren habe.“
 „Es ist schon merkwürdig, irgendwo an einem Ort zu sein, der nicht existieren soll.“
 „Aber er existiert, wie wir sehen und fühlen können.“   
 „Und wollen Sie eigentlich länger bleiben?“ wollte ich wissen.
 „Nur ein paar Tage.“
 „Wie ist es mit Ihnen? Wie lange haben Sie vor zu bleiben?“
 „Vier Wochen.“
 Er sah mich an und hob sein Glas. „Prost,“ sagte er nahm einen Schluck und stellte das Glas wieder ab. Die gleiche Prozedur machte ich auch.
 „Vier Wochen ist aber eine lange Zeit. Sind Sie sicher, dass Sie es hier so lange aushalten?“
 „Ich las mich selber überraschen, ob ich es so lange aushalte.“ 
Am liebsten hätte ich ihm von Hermann erzählt, aber ich glaube, er hätte mich nur ausgelacht. Ein Erwachsener Mensch hat Angst vor einem Pubertierenden Jungen.
 „Haben Sie die Sanders auch einfach so gefunden, oder haben Sie jemanden nach dem Weg gefragt?“ fragte ich neugierig.
 „Die Sanders?“ ermittelte er etwas verwirrt.
 „Ja, dass sind die Leute, bei denen wir übernachten,“ verriet ich ihn.
 „Ach so. Das war so. Als ich hier ankam, bin ich zur Touristeninfo gegangen und hatte mir einen Planer geholt. Da steht drin, dass man hier günstige Übernachtungen bekommen kann. Aber eine günstige Übernachtung hatte ich erst nicht gefunden. Ich gab aber den Mut nicht auf und suchte einfach weiter, bis ich da ankam, wo ich jetzt übernachte.“
 „Und wie war es bei Ihnen?“
 „Mir erging es ähnlich.“
 Wir tranken das erste Bier recht zügig, obwohl es nicht gerade das billigste und beste war. Es schmeckte einfach scheußlich.
 Der Wirt kam mit dem zweiten Glas an und nahm mir das Geld dafür ab. Nach dem wir das Glas geleert hatten, gingen wir hinaus. 
 „Haben Sie Lust noch einen kleinen Spaziergang zu machen?“ fragte mich der Junge.
 „Nein, ich denke ich werde mal aufs Zimmer zurückkehren.“
 „Wie Sie meinen. Wie heißen Sie eigentlich?“
 Ich nannte ihn meinen Namen und fragte nach seinem.
 „Ich bin Knut,“ antwortete er und reichte mir freundschaftlich die Hand.
 „Wir sehen uns Morgen beim Frühstück der Familie,“ sagte ich.
 Knut nickte mir grinsend zu und verschwand in einen kleinen Seitenweg, in dem man in weiter Ferne Dünen sehen konnte.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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