- 22.05.2007
- Kategorie "Besinnliches" (Kurzgeschichten)
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Viktor Prieb
Das Zauntürchen
(Aus dem Buch "Ihr und Wir“
www.literatur-viktor-prieb.de
Ein Mensch kann nicht nur mit Erinnerungen an seine Vergangenheit
leben. Die Gegenwart beherrscht unser Bewusstsein mit so einer unermesslichen
Aufdringlichkeit und belastet uns so mit Sorgen über die Zukunft, dass die Vergangenheit immer weiter verdrängt
wird.
Trotz alledem treffen uns manchmal Zufälle, bei
denen irgendein Ereignis oder sogar irgendein Gegenstand diese Vergangenheit
ganz plötzlich heraufholt, wie ein aus den Gedächtnistiefen gelichteter Anker.
Einst geriet ich gelegentlich in ein weit entferntes
und ganz stilles Dorf in einer mir vorher unbekannten Gegend, wo ich nie war,
nie beabsichtigte zu sein und bestimmt nie mehr sein werde. Und dort, an einem
steilen Flussufer, stieß ich an eine bemooste, aus dem irgendwann da gewesenen
Hof hinausführende Zauntür.
Ihre Gestalt bedrückte durch das Alter, die Einsamkeit
und die Schwermut. Im Wirrwarr meines Alltags blieb ich plötzlich verblüfft vor
ihr stehen. Wie viele Jahre und Ereignisse benötigte man zu erleben, die so
oder anderswie sein Leben beeinflussten; wie viele Wege sollte man hinter sich
zurücklassen, um sich mit ihr in diesem verwilderten Hof am steilen Ufer zu
treffen? Unwillkürlich beginnen diese Jahre und Ereignisse – an die zu denken,
es sonst gar keine Zeit gab – vor Augen durchzulaufen.
Wahrscheinlich fingen wir zur gleichen Zeit unser
Kreiseln an – sie um ihren Pfosten und ich in einer breiten Spirale meines
Schicksals, die mich letztendlich zu dieser Zauntür hergeführt hat. Mit vielen
Windungen kreiselte meine Spirale... Mit jeder Windung beschleunigte sich das
Kreiseln, als ob sich der Faden meines Schicksals um denselben Pfosten
herumwickelte, an dem sie hing und um den sie sich herumschlug.
Und nun endlich diese Kollision mit ihr, wie eine
Rückkehr zum Beginn aller Beginne. Zu einem Ausgangspunkt, der durch den Raum
und die Zeit unbeeinflusst bleibt. Die Zeit fließt bloß an ihm vorbei und
markiert von diesem Beginn an ihren Lauf, den auch ich durchlebte.
Viele flüchtige Berührungen fühlte die Zauntür in
diesen langen Jahren. Und manchmal lehnten sich Menschen mit aller Schwerkraft
an sie an. Die Menschen, die mit ihrem Unglück und ihren Sorgen an diesen
Uferabhang gelangten. Und sie teilte ihre Schwere mit ihnen, immer mehr herabhängend
und immer mehr bemoost. Teilte, um all menschliches Unglück nun durch
knarrendes Heulen ihrer Angeln auf meine Seele auszuschütten.
Verfallen und bemoost steht sie am Rande des vor
den Frühlingstoben des Flusses immer weiter weichenden Ufers. Unermüdlich
schwingt sie hin und her um den einzigen gebliebenen Pfosten, immer und immer
wieder den beharrlichen Flusswind in den seit langem durch das Unkraut
bewältigten Hof hereinlassend. Schon lange fehlt der zweite Pfosten, der ihre
endlose Unruhe hätte auf sich aufnehmen und dadurch ihr wenigstens eine kurze
Ruhe schenken können.
Wie viele Jahre schaukelt sie hier? Wie viele Jahre
winkt sie verabschiedend dem Fluss, der einen scharfen Bogen unter ihrem Uferabhang
macht? Und wie viele Jahre werden noch vergehen, bis der auf dem Hof bummelnde
Wind sie in diese endlosen, grauen Wellen hinunter umkippt? Wo schwimmt sie
dann hin, ihrer einzigen Stütze beraubt?
Wo schaukelt das einsame Türchen, das aus meiner durch das Unkraut
bewachsenen Vergangenheit in meine wellenreiche Zukunft führt? In welche Ferne treiben mich
die unermüdlich herumschlagenden Wellen
der scheinbaren Stille? Oder habe ich dieses Türchen und diese Stille bereits
gefunden?...
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.05.2007.
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Der Journalist Arne Heller sucht die Herausforderung; eine packende Story, die ihn berühmt machen soll. Nur zu gern lässt er sich von der Sozialarbeiterin Sabrina in die „Wiking-Jugend Süd“, eine Gruppe jugendlicher Neonazis, einschleusen. Er glaubt, den Spagat zwischen journalistischer Recherche und seiner Zuneigung zu der eigenwilligen, Frau im Griff zu haben. Dabei stößt er nicht nur auf junge Leute aus gutbürgerlichem Haus, die ihn provozieren, in Sicherheit wiegen und zugleich misstrauen, sondern auch auf unglaubliche Machenschaften und Interessenskonflikte zwischen Nachrichtendiensten und alten DDR-Seilschaften. Das ganze Ausmaß der Charade bleibt ihm jedoch verborgen. Er merkt nicht, dass er nur eine Schachfigur in einem abgekarteten Spiel ist. Zu sehr verlässt er sich auf Sabrina sowie seine scheinbare Unangreifbarkeit als Medienvertreter – ein lebensgefährlicher Fehler!
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Joerg SchwabWebmaster e-Stories.de