Klaus Georg

Alle Freunde sind schon da

 

 
 
 
 
Vor ein paar Wochen hatte ich Geburtstag und dazu, wie üblich, meine Freunde eingeladen. Da darunter allerdings auch einige waren, deren Sinn für Humor in etwa so weit entwickelt war wie der unseres Hundes Ben beim Knochen abnagen, ich an diesem Abend aber keinen Humorlosen sehen wollte, hatte ich allen zur Auflage gemacht, mir zur Begrüßung einen Witz zu erzählen.
Und zwar musste dieser Witz :
 
1.     stubenrein sein (wegen der gespannt zuhörenden Kinder), und
2.     mir unbekannt sein.
 
Letzteres hört sich schwierig an, ist es aber nicht. Ich kann nämlich keinen Witz über längere Zeit im Gedächtnis behalten. Andere Sachen übrigens auch nicht, wie meine Frau hartnäckig behauptet.
Aber das gehört nicht hier her.
Pünktlich um halb acht kam der erste, Karl mit seiner Frau Marita.
‚Wie geht’s, altes Haus’ röhrte er fröhlich und schlug mir krachend auf die Schulter.
‚So lala’ hauche ich säuerlich, während meine Frau mir die Schulter wieder einrenkte ‚was macht deine Werkstatt ?’
‚Alles bestens’ grinst er breit ‚hab mir vorige Woche ein Dutzend Hühner angeschafft und lasse sie jetzt in der Werkstatt rumlaufen.’
‚Hühner?’ wiederhole ich ganz entgeistert ‚In der Werkstatt ? Wozu denn das ?’
‚Weil ich so immer genug Federbeine zur Verfügung habe.’
Aufbrüllend schlug er sich auf die Oberschenkel und verschwand in Richtung Wohnzimmer.
Nicht schlecht für den Anfang dachte ich, und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Meine Frau fand diesen überaus köstlichen Witz schlichtweg doof, aber wahrscheinlich hatte ihn die Gute gar nicht verstanden.
Sie versteht nämlich von Technik so viel wie unser Ältester von Mathe.
Sie verstehen.
 
Die nächsten Besucher kann ich getrost übergehen. Nicht dass die Witze nichts taugten, gut waren sie allerdings auch nicht. Bei zweien veranlasste mich einzig die Größe des Geschenkkartons zur Freigabe der Eingangstür.
Dann kam Max, mein bester Freund.
‚Weißt du eigentlich’ sagte er nach der üblichen Begrüßung ‚dass mein Sohn den gleichen Beruf ergreifen will wie du ?’
‚Das freut mich’ freute ich mich ‚man soll seine Ziele immer möglichst hoch stecken’
Im Hintergrund hörte ich meine Frau und die Kinder deutlich glucksen, wahrscheinlich hielten sie sich alle Hände vor den Mund um nicht heraus zu platzen.
‚Aber warum ausgerechnet einen solch schwierigen Beruf ?’
Das Glucksen im Hintergrund ging in ein asthmatisches Schnaufen über.
‚Weil er viel Geld verdienen will und keine Lust hat zu arbeiten !’
Um mich herum brach fast alles zusammen vor Lachen.
Ich nicht.
Irgendwie war mir das witzige an diesem angeblichen Witz völlig entgangen, jedenfalls hielt sich meine Begeisterung in sehr engen Grenzen.
Und überhaupt, eine solche Geschmacklosigkeit hätte ich meinem ehemals besten Freund nie im Leben zugetraut.
Zehn Minuten später stand Kurt mit seiner Frau Karina vor der Tür. Kurt und ich arbeiten seit Urzeiten in der gleichen Abteilung und kannten uns schon von der Schule her.
Er würde mich nicht enttäuschen.
‚Grüßt euch’ grüßte er.
Meine Frau und die Kinder standen natürlich schon wieder erwartungsvoll hinter mir.
‚Bevor ich es vergesse’ begann er ‚die Konferenz morgen ist um eine Stunde vorverlegt worden. Schuster und ich machen unsere Pause früher.’
‚Ja und ich? Wann soll ich...?’
‚Du ? Du machst dein Nickerchen wie immer. Während der Konferenz.’
Breit grinsend verschwand er in Richtung kaltes Bufett, während ich verzweifelt nach etwas suchte das ich ihm hinterher werfen konnte.
Aber das einzig greifbare war ein Stuhl, und auf dem saß meine Frau und schüttelte sich vor Lachen.
Ich zog ernsthaft in Erwägung, das opulente Bufett ausfallen zu lassen und durch ein paar alte Chips und saure Gurken zu ersetzen. Sollten sie doch sehen, wie und wo sie satt wurde, jedenfalls nicht bei mir.
Ein hastiger Blick ins Esszimmer belehrte mich allerdings, dass es für derartige Überlegungen längst zu spät war. In weiser Voraussicht hatte die Meute bereits die Verbindungstür aufgebrochen und war dabei, sich über alles essbare herzumachen.
Und außerdem standen Alex und Sabine vor der Tür.
Bei ihrem Anblick prallte ich erschrocken zurück.
‚Was ist denn mit  d i r  los ?’ brachte ich mühsam hervor.
Alex hatte einen dicken Verband um den Kopf, der an manchen Stellen sogar noch blutdurchtränkt war.
‚Er ist aus dem Krankenhaus abgehauen’ grollte Sabine, ‚weil er deine Party nicht versäumen wollte. So ein Dummkopf.’
Alex hatte sich mittlerweile mit Hilfe seiner Frau ächzend und stöhnend durch die Tür geschleppt und ließ sich schwer in einen Sessel fallen.
‚Wieso Dummkopf ? Ich rieche gebratene Würstchen auch lieber als Chloroform. Aber was ist eigentlich los ?’
‚Er wollte partout ein neues Auto haben,’ erklärte Sabine achselzuckend, ‚du kennst ihn ja.’
‚Ich verstehe kein Wort. Er wollte ein neues Auto haben, na und ?’
‚Was heißt hier : na und ? Jetzt fang du auch noch an ! Ein neues Auto ist schließlich kein Pappenstiel, ich hab ihm jedenfalls gesagt dass das überhaupt nicht in Frage kommt.’
‚Ja und weiter ? Was dann ?’
‚Siehst du ja, er hat es sich aus dem Kopf geschlagen !’
Im nächsten Augenblick lagen wir uns alle lachend in den Armen. Eine erstklassige Vorstellung der beiden, das musste der Neid ihnen lassen.
Nur der Vollständigkeit halber füge ich noch hinzu, dass ich die ganze Sache natürlich von Anfang an durchschaut hatte.
Schon allein deshalb weil ihn den Gag kannte.
Soll noch einer behaupten ich könne keine Witze behalten.
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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