Sabine Koriath

Der taube Soldat

Als mein Mann nach Jahren vom Bund entlassen wurde, kam er nicht nur mit einem Orden Nach Hause. Einen Knallschaden hatte er auch im Gepäck. Ihm macht als Soldat der Knallschaden nichts aus, aber mir. Seid dem muss ich mich permanent wiederholen. Ich kann es bald nicht mehr hören, sein „Hä! Was hast du gesagt?“
Unser Fernseher läuft seid dem auch nur noch auf volle Lautstärke. Ganz schlimm ist es mit meinem Soldat wenn wir gemeinsam einkaufen gehen müssen. Bevor wir los marschieren fertige ich mir einen Einkaufszettel an. Im Laden angekommen, organisiert mein Mann einen Einkaufswagen, ab da wird aus ihm wieder ein Soldat und aus dem Einkaufswagen wird ein Panzer. Aus dem Laden macht er seinen eigenen Truppenübungsplatz und das Manöver kann beginnen. Einmal Soldat immer Soldat. Zielstrebend im Marschtempo den Regalen zuwendend, in denen sich die von uns gebrauchte Ware befindet. Einmal erteilter Auftrag wird Befehlsmessieg und ohne Zweifel ausgeführt. Er schweift dabei nicht ein Meter von seinem Plan ab. Da ich kein Soldat bin, trab ich ihn gemütlich hinterher. Wenn mir dann beim einkaufen einfällt, das wir noch etwas benötigen, was nicht auf den Zettel steht, versuche ich meinen Soldat nicht über Funk sondern über ein Megafon zu erreichen. Und so schrei ich hinter ihm her.
„Schatz wir brauchen noch Toilettenpapier und Haarspray!“
Erster Versuch schlug fehl. Liegt wohl daran, dass ein Soldat im Manöver kein Haarspray oder Toilettenpapier benötigt. Im Manöver trägt ein Soldat seinen Helm oder Tarnnetz und zum abwischen nimmt er Gras oder Laub und in hartnäckigen Fällen ist es dann halt ein Tannenzapfen. Punkt aus.
Zweiter Versuch.
„Schatz wir brauchen noch Toilettenpapier und Haarspray!“
Auch diese Information kam nicht an. Lag wohl daran das mein Mann gerade dabei war, ein feindliches Hindernis (einen anderen Einkaufswagen, samt Fahrer) aus dem Wege zuräumen.
Dritter Versuch, der schon einem Überschall glich.
„Schaaaatz! Wir brauchen noch Toilettenpapier und Haarspray!“
Ich habe mich selbst vor dieser Lautstärke erschrocken, aber mein Mann nicht. Lag wohl an der Windrichtung, denn mein Mann richtete sein Ziel neu aus und stürmt an mir vorbei. Er sah mich gar nicht. Ich trommelte mir mit den Fingerspitzen auf meiner Stirn und dachte nur wenn du jetzt eine Pistole bei dir hättest, dann würdest du spätestens jetzt deinen Mann ins rechte Knie schießen. Das kann doch wohl nicht war sein, der rennt schon Richtung Kasse.
Vierter Versuch, der allerdings auch ins leere ging. Der Soldat war dabei sein Manöver zu beenden. Er schmetterte die Ware aufs Transportband der Kasse und unterhielt sich dabei. Ich besorgte derzeitig den Rest. Irgendwann bemerkte er, dass er sich mit einer fremden Frau unterhielt und ich nicht neben ihn stehe. „Wohl von seinem Kameraden verlassen.“ Wutentbrannt ladet er seinen Panzer wieder ein und kam dann wie ein abgeschossener Torpedo angeheizt und versuchte dabei sein Ziel, also mich zu finden. Da er kein Radar besitzt, sucht er mich aber er findet mich nicht, weil ich meinen Standort immer wieder verlege. Mittlerweile befinde ich mich vor einer Kasse und mein Soldat am Ende des Geschäftes. Nach geraumer Zeit fährt er mit seinem Einkaufswagen in der vorher hinterlassenen Spur (auslaufende Milchtüten) zurück, Richtung Kassen. „Ach sehe an, er hat mich gefunden.“ So und jetzt kann er sich warm anziehen, denn jetzt zeig ich ihn mal wie es ist wenn er vor einem Drill Master stramm stehen muss.
Komisch, für kurze Zeit will er kein Soldat mehr sein, sondern nur noch mein Mann. Gemeinsam und im gemütlichen Schritttempo bewegen wir uns Richtung Ausgang. Ja was soll ich noch sagen, außer, das nächste Manöver steht bereits an, denn wir müssen noch zum Bäcker. Ach ja, und nach hause müssen wir auch noch.



Der Umgang mit einem tauben Soldat, ist nicht immer einfach. Mit der Zeit wird man heiser, und die Ohren fangen an weh zutun.Sabine Koriath, Anmerkung zur Geschichte

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