Jeannine T.

Perversion eines Traumes

Vincent war in ein Landhaus gezogen. Eines dieser mächtigen Häuser, wunderschön mit hoch stehenden Säulen, handgearbeitet verziert. So schön und mächtig, dass es den prachtvollen Garten mit dem Teich vollkommen im Hintereck verschwinden ließ. Wenn die Sonne hoch oben am Horizont erschien und das Haus mit seinen Stahlen überflutete, glich es einem Palast, wie aus 1001 Nacht. Prunkvoll ausgestattet mit blendenden Lichtern, die die Augen liebkosten.
Nun, so wäre es noch heute, doch das Grundstück hatte 15 Jahre leer gestanden und seither hatte keine Menschenseele ihr weder Behausung noch Pflege geschenkt. Sein Großvater hatte es ihm hinterlassen, bevor er in den Westen gezogen war und an Tuberkulose tödlich erkrankte. Vincent hatte ihn sehr geliebt, die schmerzliche Erinnerung zerriss ihn förmlich und nun hatte er endlich Kraft nach all den Jahren, dass Haus einzunehmen.
Er war aber nicht alleine angereist, sondern mit seiner Frau Clara.
Clara war eine Frau wie keine Zweite. Ihr wunderschönes Antlitz glich einer zerbrechlichen Elfe. Sie hätte alle Männer dieser Welt haben können. Nach einem Blick, waren alle in ihr ebenmäßiges Porzellangesicht verfallen und würden ihr Leben lassen, nur um einen Kuss dieser Frau zu erlangen.
Es war wie ein Fluch, wie wenn sie die Männer verzauberte, in ihren Bann lockte, um sie dann genüsslich leiden zu lassen.
Denn ihr Herz, dass war aus Stein.
„Aus unzerbrechlichem Granit“, wie Vincent häufig im Gedanken hinzufügte.
Sein Leben glich einer Tyrannei, häufig gespickt mit Zuckerbrot und Peitsche. In seinem Herzen und seinem Verstand brodelte der Zweikampf. „Aber wie könnt ich sie nur verlassen? Aber sie, aber der Fluch, aber sie….“ Nur in seinen Träumen, hatte die süße Rache eine Chance, ihren unerträglichen Durst zu stillen..
 
Vincent war alleine in seiner Kammer, eine von vielen kalten Kammern, dieses riesigen Grundstückes. Er aß seine Suppe, sie war tiefdunkel rot. Sie schmeckte ihm köstlich. Der Anblick dieser wunderschönen Farbe und die Geste wie er den stählenden Löffel in die Suppe eintunkte, ließ ein Lächeln über sein Gesicht huschen, da es ihn an die Abendsonne erinnerte, die vor seinem Fenster unterging. Versunken in seine Phantasien tunkte er abermals den Löffel in die Suppe und es war ihm plötzlich, wie wenn das Innere des Tellers sich spaltete. Heraus kam ein dicker, faustgroßer Brocken hervor.
Es sah saftig aus, zart und delikat. Vincent leckte sich über die Lippen, aus Vorfreude gleich ein Stück dieses Himmels abzubeißen und so öffnete er seinen Mund und biss ein Stück ab.
Aber er stieß auf Granit..
Er hatte ihr Herz gekocht.
Nach Luft ringend erwacht er, schweißgebadet.
Er saß in der Küche, an einem Tisch. Auf dem Tisch lag ein Teller.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.06.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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