Ein kurzer Dialog über die Liebe

Wer kann denn schon damit prahlen, seine große Liebe geheiratet zu haben... nur einem Bruchteil der Menschen wird dieses Glück zuteil. Alle, die ihre ‚Große Liebe’ nicht gewinnen konnten, müssen ein großes Opfer bringen. Sie müssen zu Sophisten werden. Sie müssen die Realität verzerren bzw. sie schöner malen, als sie ist. Sie haben Recht, ich liebe meinen Mann nicht wirklich. Aber ich habe gelernt, ihn zu respektieren und er mich auch. Als wir uns kennenlernten, empfand ich zunächst nicht viel für ihn. Er verstrahlte mich so sehr mit seiner Liebe, dass ich irgendwann infiziert wurde und mich dann auch in ihn verliebte. Es war nicht die große Liebe. Nein, das war sie nicht und wird es nie werden. Es war für mich eine Art Kapitulation. Eine hinnehmbare, erträgliche Kapitulation. Meine große Liebe hatte ich schon vor ihm gehabt und leider nach kurzer Zeit wieder ‚verloren’. Was heißt verloren! In mir lebt diese wirklich Große Liebe beständig weiter. Sie ist so etwas wie eine Droge. Sie ist immer noch imstande, meine Seele in einen Rausch zu versetzen. Es gibt Tage, an denen ich bei diesen Rauschzuständen unheimlich traurig werde. Da vermisse ich dann fieberhaft meine Große Liebe. Es gibt aber auch Tage, da kann ich diesen Rauschzustand direkt an meinen Mann weitergeben. Diese sind dann seine glücklichsten Momente. Er glaubt dann, dass ich ihn wirklich liebe. Als ich irgendwann tief im Inneren spürte, dass diese Erfahrung, die erste Große Liebe, mit einem anderen Mann unerreicht bleiben würde und dass sie was Einzigartiges ist, heiratete ich meinen damaligen Freund, meinen jetzigen Mann. Und diese Heirat hat vor drei Jahren die schönste Frucht, die allergrößte Liebe meines Lebens hervorgebracht – meine Tochter.

 

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