Robert Fischaleck

Das Versprechen (1)

 
Im Traum hattest du alles, wovon ich träumen wollte. Und wenn es einen Glitzerzauberstaub gäbe, der allem anhaftet, in das ich hineinträumen kann, dann war das schon einfach unfassbar, wo da überall Zauberstaub zu finden war.
Also war ich verzaubert.
Die Unwissenden und Wichtigtuer nennen diesen Zustand "verliebt sein".
Das englische "falling in love" ist auch nicht viel aufschlußreicher.
Denn jedes Staubkorn, das ich sammle führt mich in eine andere Welt, so das Versprechen des Traums, eigentlich beherbergt jeder Traum ein Versprechen, aber auch davon erfährt man hierzulande recht selten so viel, daß man das endlich verstehen könnte.
Aber genau an diesem Punkt, dem Versprechen nämlich, dort sammelt etwas in mir alles, was es finden kann, um es dann später bereitzuhalten, das Versprechen einzulösen, das ist die Logik des Versprechens und alles andere zählt nicht.
Diese Logik kennt meist auch nur zwei Möglichkeiten, ein Versprechen wird eingehalten oder gebrochen, andere Möglichkeiten gibt es nicht. Ein gebrochenes Versprechen wird dann auch, ein gebrochenes Herz genannt, und jetzt endlich kommt etwas ins Spiel, das sich so lange versteckt hat, das Herz nämlich, das sind quasi die einzigen 5 Minuten, die es bekommen hat von uns, um auch mal was sagen zu dürfen.
Wie allerdings ein Versprechen eingehalten werden soll, von dem man nur geträumt hat, das hat auch noch niemand hinreichend erklärt.
Es heißt nur, manche Träume gehen in Erfüllung.
Und genau dort sei der Nabel der Welt, alles was wir hier als Wirklichtkeit zu sehen imstande sind, seien in Erfüllung gegangene Träume, und wenn ich mich umsehe, hatten da ziemlich viele Leute ganz fürchterliche Albträume, so wie das hier ausschaut.
An diesem Punkt scheiden sich auch die Geister ein wenig, denn Träume kann man bekanntlich nicht definieren, und so kann es vorkommen, daß ein herrlicher Traum Wirklichkeit wird und eh man sich versieht, ist die Erfüllung zu etwas geworden, das man nur noch als Albtraum empfindet. Wie das geht, ist wieder eine ganz eigene Geschichte.
Vernunftbegabte Menschen haben dann auch vorgeschlagen, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, der Wirklichkeit zum Beispiel und mal will es einleuchten und ein andermal scheint das ein wenig zwiespältig, weil man spürt, da fehlt doch noch was.
Wir informieren uns also.
Und es ist so leicht zusagen, was ist das nur für eine seltsame Zeit.
Im Fernsehen laufen Nachrichten aus aller Welt, sie wollen die Augen nicht zu machen, sagen sie.
Und sie zeigen uns die Bilder vom Unwetter, von der Dürre, vom Waldbrand, von überschwemmung und vom Krieg.
Und damit nicht genug, es gab noch eine Verfehlung dort, einen tödlichen Irrtum hier und noch fatales Mißgeschick mit tödlichen Folgen gar nicht weit von hier.
Und dann gibt es einen Kommentar mit fein säuberlich zusammengetragenen Gedanken zu einem dieser Themen, und dann das Wetter, und danach einen Spot mit der Ansage, dieses Wetter wurde ihnen präsentiert von...
Natürlich nicht dieses Wetter, und auch dieser Tag nicht, aber man hat so ein bißchen den Eindruck, als könnte auch das dranstehen und wäre nicht mal gelogen.
Manchmal sogar noch ein zweiter Spot mit den erschreckend schnell gelesenen Schlußsätzen, zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie bitte ihren Arzt oder Apotheker, und man möchte am liebsten sofort wissen, was das heißen soll, also überhaupt, und danach beginnt die Unterhaltung.
In dieser Unterhaltung stellt dann einer zum Beispiel aus Liebeskummer eine ganze Gemeinde auf den Kopf, oder ein anderer raubt eine Bank aus und es klappt nicht ganz und es gibt Tote, oder wieder andere retten ein ganzes Land vor den Folgen eines fatalen Irrtums und wieder andere machen sich über die Fernsehgewohnheiten ihrer Mitmenschen lustig, und das vor laufender Kamera.
Man bekommt so ein bißchen das Gefühl , man sieht nicht recht und das kann doch gar nicht sein und schaltet einen Kanal weiter und es wird einem erzählt wie dieses spezielle Schuhschrankdesinfektionsspray nun schon die dritte Generation Gartenschuhe glücklich macht und den Rest der Familie gleich mit.
Und bei dem Wort Generation, wird eine vage Erinnerung in einem wachgerufen, es gab eine Zeit, in der dieses Wort noch eine Bedeutung hatte.
Und man holt den Schuhkarton mit den Fotos raus, ob davon überhaupt noch was zusehen ist. Und es ist schlimmer als man es erwartet hat, denn solchen Leuten würde man heutzutage, nicht mal sein kaputtes Radio schenken. Und wenn all dies dann so viel mehr gewesen sein soll, dann ist es eine verklärte Erinnerung, aber wie war es eigentlich wirklich.
Und genau genommen, weiß man es gar nicht mehr, denn dieses Rad hat sich weitergedreht, und während der Liter Super heut fast schon so viel kostet, wie damals eine Fahrstunde für den Führerschein und der Führerschein so viel, wie damals ein Auto, und dieses damals jetzt auch nichts mehr bewegen kann, bekommt alles eine wieder ganz neue Bedeutung, während man einfach darüber nachdenkt. Und schon fällt einem ein, wie sich auf einem Konzert die sogenannten angesagten Leute dermaßen total daneben mit triefendem Zynismus und unsäglicher Arroganz über ein Spießertum äußerten, und wieder fällt einem ein Werbespot ein, der dies auf einen damals undenkbaren Punkt bringt.
Und alles wird noch ein wenig vager und undurchsichtiger und der letzte Rest Erinnerung an eine für möglich und wichtig gehaltene Freiheit, bröselt und zerfällt unter diesen Wogen der Veränderung, als wäre die Freiheit eine Sandburg, an der wir alle damals mitgebaut hätten und das ewige Gesetz der Gezeiten war auch dort mit am Strand, und wachte jeden unserer Schritte, jeden Ansatz, jedes Hoffen und Bangen, und schrieb es ins Buch.
Das wird eine merkwürdige Geschichte, flüstert der Strand uns zu.
Und wir horchen kurz auf, während wir denselben in unsere Lieblingsform festklopfen, in die mit den feinen Mustern, bei der man so verdammt aufpassen muß, daß man sie in einem Guß aus der Form herausbekommt, und wir hören dieses seltsame Klopfgeräusch, irgendwie verwoben mit dem Rauschen des Meeres, aber es ist unser eigenes unstetes Gebastel am Lauf der Welt, und mit sandigen Fingern graben wir immer weiter nach den Spuren unserer Vorfahren und anderen die hier gelebt haben müssen, ob sie ...und diese Frage wird dann nie gestellt, denn es ist nicht ganz klar, was das eigentlich für ein Beweis sein soll, der für die Zivilisation und Kultur auf diesem Planeten, denn wenn man sich vorstellt, es kämen welche an den Strand in ein paar tausend Jahren, und würden all die billigen Elektrogeräteteile finden, die sich in einem Haushalt ansammeln, was würden sie wohl denken, beim Anblick eines halbverrosteten Föns und einer Elektrozahnbürste. Vielleicht kann man das Firmenemblem erkennen, und wird denken, das sei ein Familienwappen. Und Haufenweise verrostete Fernseher und Bildschirme, in jedem Haushalt mehrere davon, und man wird es für ein Kommunikationsmedium halten und nicht ahnen, daß diese Dinge die Kommunikation so ins Wanken brachten.
Und man wird nach Hinweisen ihrer Funktion suchen, 99 Programmplätze, einzeln speicher- und aufruf-bar, es müssen Großfamilien über weite Entfernung rege miteinander verbunden gewesen sein, und kein Mensch wird die einsamen Menschlein ahnen, die jeden Tag in dieser Bilderflut um ein bißchen Ablenkung ringen.
Irgendjemand wird dann herausfinden, daß sie über Sendestationen ein speziell gestaltetes Programm empfingen, und man wird mutmaßen, was für sorgfältig ausgewählte Unterhaltung doch in jedes Heim drang.
Zum Glück wird ihnen niemand erzählen, was dort tatsächlich tagtäglich über den Bildschirm flimmerte.
Und wir sehen die Reste der verfallenen Sandburgen bereits vergangener Generationen und denken ähnliches, anders kann ich mir das alles gar nicht erklären, denn ein so glorreiches Menschsein, wie all die unzähligen Vergangenheiten überall beherbergt haben sollen, davon wäre doch etwas mehr übriggeblieben, als das was wir jetzt sehen.
Man kann sie aber jetzt nicht mehr fragen, denn sie sind alle tot.
Das letzte Mal als der Tod in meinem Umfeld jemand mitnahm, wohin auch immer, war eine sehr eigene Erfahrung für mich, ich saß nachts vor einem ganz merkwürdigem Film, in dem es um Ahnungen und besondere Wahrnehmung in einem Krimi ging, und die Stimmung war so seltsam, daß ich ganz angekratzt an viele Sachen gleichzeitig dachte, und am nächsten Morgen klingelte das Telefon, und ich wußte sofort, es ist wirklich was passiert.
Es war meine Mutter, die mir heulend erzählte, meine Oma sei letzte Nacht gestorben.
In mir sagte es,  ich habs doch gewußt, und meine Mutter fragte ich nur, wann? Es war natürlich genau zu dieser Zeit gewesen.
Ich weiß immer noch nicht genug über das Leben und unsere Reise hindurch, um irgendetwas Vernünftiges zu meinem Schicksal sagen zu können,
Ist schon merkwürdig, da beschäftigt und interessiert man sich so viele Jahre mit so viel Intelligenz, mit so vielen Ideen, mit soviel Enthusiasmus, für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, und dann passiert das, worum es die ganze Zeit ging, wir sind sterblich, das ist alles vergänglich, und man steht ein bißchen da wie ein dummer Junge, der gerade mal das ABC gelernt hat.
Falls dies der Fall ist, wäre die einzig intelligente Konsequenz daraus eigentlich, daß man sich um Sachen kümmern muß, die man glaubte schon verstanden zu haben.
Ich habe weder die Stärke noch die tiefen Wurzeln all die Stürme ungeknickt zu überstehen, es gibt aber Gärtner hier, die dann wissen, was zu tun ist.
Und ich war schon oft in diesem Leben zu tiefst dankbar mit welch einfachen Mitteln diese empfindliche  Pflanze Hoffnung alles was passiert heil überstehen konnte.
Diese Bühne des Lebens und diese Menschen, die so tragende Rollen übernommen haben, wir wissen nie, wie das Stück ausgeht.
Also meiner Beobachtung nach.
Und manchmal kommt ganz am Ende des Stücks eine Pointe, also da hätte man nie im Leben dran gedacht, und man steht da wie festgewurzelt, frozen in the thin ice of the play, und es ist sehr dünnes Eis, aber trotzdem begreift man nicht, was da eigentlich die ganze Zeit durchschimmert, man sieht nur Silhouetten und Farbtupfer von etwas ganz Einzigartigem, und jahrzehntelang hat es einen inspiriert, man wußte die ganze Zeit, es ist einzigartig, Life, everyones own stage, aber man hielt es für Bretter und simples Bauwerk, aber es ist eigentlich der Stoff, aus dem die Träume sind, Life, breathing.
clouds, seasons, storms, a day, a lifetime, a dancing ballerina, und es ist unser Können und Verstehen, die den Tanz ausmachen, aber ohne diese Bretter, ohne diese Bühne ist dort nichts, und es gibt zwei Sorten von Tänzern hier, die Einen tanzen nach den Bauten, je nach Szenenkulisse, die anderen tanzen nach dem, was in ihnen schlummert, und jeder weiß eigentlich, daß jedes Stück diese Elemente, tragische und komische und spannende, also das ganze Ballett der Gefühle, keiner ist wirklich darauf gefasst, haben wird.
Und das eigentliche Kunststück, also die Pirouette in der passenden, vorbereiteten Stelle der Symphonie, den Anlauf, den man nehmen muß, die Balance, in die man finden, in der man ruhen muß, um sie so hinzubekommen, wie das Stück es eigentlich verlangt, wie es alle ( vor allen einen selbst ) begeistert, daß dies möglich ist, den Schwung, den man braucht, um dies hinzubekommen, und so viele verlieren sich in der kritischen Betrachtung der Fehler, aber den Schwung üben, das kommt aus dem Inneren, der Wunsch, es zu schaffen, hat nie klein beigegeben.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.06.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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