Seine beste Zeit hatte er in den 50er und 60er Jahren. Man kannte ihn als sensiblen und doch etwas burschikosen Mann, dessen größte Liebe genau in ein Glas Whiskey passte, wenn er sich nicht gleich aus der Flasche bediente. Dieser Mann hatte ein typisch italienisches Gesicht. Er strahlte Kraft aus, war der Schwarm unzähliger Frauen – und hatte Augen, die gleichzeitig sanft und zornig blicken konnten. Wenn man ihn in den Filmen sah, die er in Hollywood drehte, spielte er meist den leicht trotteligen, charmanten und immer ein bisschen betrunkenen Amerikaner, dessen größte Passionen Feiern und Frauen hießen. In vielen Filmen spielte er den gutmütigen Gangster, der letztendlich immer wieder auf den Pfad der Tugend zurückkehrte. Er spielte mit Frank Sinatra, Sammy Davis jr. und mit Marilyn Monroe. Das, was ihn jedoch am meisten auszeichnete, war seine unglaublich rauchige, versoffene, weiche und sanfte Stimme, die ihm viel mehr Erfolg schenkte, als sein nur begrenztes schauspielerisches Talent. Wenn man ihn singen hörte, glaubte man, das pure Gefühl zu hören. Dank seines enormen Whiskey-Konsums gelang es ihm, seine Lieder so zu singen, als würden alle Worte wie Whiskey die Kehle hinunter rinnen. Heute würde man Dean Martins Stimme wahrscheinlich ‚schmalzig’ nennen und nur sehr wenige Menschen, die ihn heute in alten Aufnahmen hören, ‚hören’ den wahnsinnig freundlichen Klang in seinen Liedern. Dean Martin war ein Mann, von dem man genau wusste, dass er niemals im Bett sterben würde. Man nahm ihn, wie er war und man wartete auf den Moment, wo er entweder im Bett einer schönen Frau einem Herzanfall erlag – oder sich so sehr mit Whiskey vollaufen ließ, dass er in irgendeiner gottverlassenen Bar tot vom Hocker fiel. Letzteres geschah dann auch. Von den Unmengen Alkohol gezeichnet, die er stets hemmungslos konsumiert hatte, fiel er eines Tages sturzbesoffen vom Hocker einer gottverlassen Bar. Mit ihm starb eine Stimme, in der alles Glück und Unglück dieser Welt zu hören war. Obwohl ich keine Achtung vor dem Lebensstil Dean Martins habe, verneige ich mich doch vor der Leichtigkeit seines Herzens. Dean Martin hatte eine Persönlichkeit in der Stimme, die leider ausgestorben scheint. Manchmal, wenn ich Lust verspüre, mich in Traurigkeit und Melancholie fallen zu lassen, höre ich Dean Martins Lieder. Ich schließe die Augen und sehe ihn vor mir: verwegen, versoffen und verliebt in ein Leben voller Unvernunft...
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.09.2002.
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Kein Leben hinter mir: Trauma oder Irrsinn
von Klaus-D. Heid
Langsam gehe ich auf das sechzigste Lebensjahr zu. Da hinter mir nahezu jede emotionale Erinnerung »verschwindet«, besitze ich keinerlei sichtbare Erinnerung! Vieles von dem, was ich Ihnen aus meinem Leben berichte, beruht auf alten Notizen, Erinnerungen meiner Frau und meiner Mutter oder vielleicht auch auf sogenannten »falschen Erinnerungen«. Ich selbst erinnere mich nicht an meine Kindheit, Jugend, nicht an meine Heirat und auch nicht an andere hochemotionale Ereignisse, die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin.
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