Irgendwo in West-Berlin.
Wenn ich seit zwanzig Jahren nicht mehr hier war dann wäre ich jetzt etwa.
Na ja, damals war ich etwa fünfundzwanzig Lenze alt.
Die Türken sind älter geworden und es schnupperte immer noch nach Döner.
Der Geruch ist ein Markenzeichen für die größte Dönerbude der Welt.
Wenn ich meine Augen schloss, hatte ich das Gefühl das ich nur zwanzig Minuten weggewesen sei.
Aber als mich eine alte pummelige Nutte anrempelte wusste ich wieder in welcher Zeit ich mich befand.
Ein Azurblauer Himmel und ein laues Lüftchen luden mich ein.
Und da es schon elf Uhr war bestellte ich mir einen Kaffee und ein Pils.
Zwanzig Jahre, Zwanzig Jahre-diese Worte sprangen wie ein scheues Reh durch mein Hirn.
Wir spielten Kicker und im Hintergrund liefen die Anfänge der neuen deutschen Welle.
Genau mein Pflaster.
Daniela.
Daniela arbeitete damals als Kellnerin in dem Schuppen.
Ich überraschte mich selbst das sie eigentlich der Grund war das ich gerne hier Gast war.
War ich verliebt?
Dann kam die Zeit das ich mehr bei ihr an der Theke abhing als Kicker mit den Jungs zu spielen.
Und mit Daniela zu spielen wäre mal was Neues.
Zu jener Zeit hatten wir viel miteinander zu tun aber hey...keinen Sex, einfach nur so.
Wir fingen an uns auch privat zu treffen und konnten über alles quatschen.
Wem nicht ?
Wir tranken Tee bei ihr, und rauchten die Tüten bei mir.
Wir marschierten auf Demos und gingen auf fette Konzerte.
Ein sehr vertrautes Verhältnis.
Noch nicht.
Einen mit Busen und einer Muschi.
Und wenn an ihr noch ein Flaschenöffner gewachsen wäre, ich hätte sie geheiratet.
Das Pils war leer und ich bestellte mir ein neues.
Zwanzig Jahre, zwanzig Jahre !
Selbst meine Haare sind zwanzig-mal weniger geworden.
Bier trinken, Kicker spielen und nebenbei Fluchthelfer.
Ich verdiente nebenbei Geld um Ostberliner nach Westberlin zu bringen.
Ein gewagtes Unternehmen.
Es gab schlimmeres, andere arbeiteten bei der Post.
Wie dem auch sei.
Nach sechs Wochen kam ich endlich wieder zurück nach Westberlin.
Ich hatte schon gedacht dass ich in diesem Leben keine echte Banane mehr zu sehen bekomme.
Sie war nicht da.
Ich befragte einen Kollegen von ihr und er erklärte mir dass sie hier nicht mehr arbeitete.
Sie hätte vor einer Woche gekündigt und ist seit dem auch nicht mehr gesehen worden.
Sie hatte keine Ahnung gehabt wo ich steckte.
Sie hatte gedacht ich hätte sie einfach verlassen.
Einfach so.
Das tat richtig weh.
Zwanzig Jahre, Zwanzig verdammte Jahre...!
Was hatte ich mir damals dabei nur gedacht.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.07.2007.
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von Dr. Harald Krusekamp
Trilettantia ist der Titel einer Erzählung, deren Handlung Ende des 22. Jahrhunderts spielt. Trilettantia ist keine SF-Erzählung, was sie vielleicht auf den ersten Blick zu sein scheint. Was in Trilettantia in der Zukunft spielt, ist die Gegenwart, die beleuchtet wird aus einer Perspektive, die unsere heutige Wirklichkeit überwunden zu haben scheint – jedenfalls ihrem Anspruch nach. Denn selbstverständlich geht der aufgeklärte Mensch des 22. Jahrhunderts davon aus, dass in 200 Jahren die Welt – bzw. das, was wir dann darunter verstehen werden – vernünftiger geworden ist, die Vernunft wieder ein Stückchen mehr zu sich selbst gekommen ist. Aus dieser Perspektive werden uns Strukturen und Charaktere des begonnenen 21. Jahrhunderts deutlich als Atavismen erscheinen. Nun ja: jedenfalls vielleicht...
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