In
meiner Straße liegt sehr viel Müll. Auf dem Gehweg, in der Abflussrinne neben
dem Bordstein, in den ockerfarbenen Pflanzbeeten mit den verkrüppelten
Sträuchern, die ursprünglich einmal Bäume werden sollten. Man könnte fast
meinen, der Müll hätte die Straße regelrecht erobert. Als wäre er eine eigene
Gang, in ihrem eigenen Revier, die das Leben auf der Straße bestimmen kann.
Als
ich vor einiger Zeit gegen Mittag nach hause lief, sah ich zwei Kinder auf dem
Gehweg spielen, daneben eine alte ausrangierte Waschmaschine, mit triefendem
Maul und lechzenden Schaltern. Da bin ich zu den Kindern hin, habe ihnen schnell
zwei Münzen in die Hand gedrückt und gesagt, sie sollten sich lieber ein Eis
kaufen. Die Waschmaschine hat nur leise geächzt, der Deckel fing an in der
brennenden Sonne zu schmelzen und tropfte zähflüssig auf den grauen Beton.
Im
Sommer, wenn es heiß ist und die Luft ganz dick, stinkt es meistens nach
Hundekacke. Eigentlich riecht es immer nach Hundekacke, aber im Sommer fällt mir
der Geruch erst richtig auf. Manchmal riecht es auch nach Benzin oder nach
beidem und unter den klapprigen Autos bilden sich regenbogenfarbene Pfützen,
aus denen schummrige Dämpfe emporsteigen.
In
meiner Straße gibt es einen einzigen Mülleimer. Ein kleiner aus grauem Metallgitter,
der einsam an einem rostigen Laternenpfahl hängt und immer bis oben hin gefüllt
ist. Früher gab es fünf oder sechs Abfalleimer in leuchtendem Orange mit bunten
Aufklebern verziert - als erzieherische Maßnahme für mehr Umweltbewusstsein. Die
Abfalleimer haben sie vor ein paar Jahren abmontiert, weil es für die
Stadtreinigung billiger ist, nur die Hauptstraßen abzufahren. In den
Hauptstraßen befinden sich Supermärkte und daneben auch ein Kaufhaus. Die
können vor der Tür keinen Dreck gebrauchen. Und weil das so ist, kommt dort
regelmäßig die Kehrmaschine vorbei und schrubbt über den staubigen Asphalt. Bei
uns in der Straße kam schon lange keiner mehr durch. An manchen Tagen kann man
sogar Heuballen wehen sehen.
Ich
weiß, mit Aktionismus ist da längst nichts mehr zu machen. Das Bewusstsein schon
lange verschwunden. Und als ich gestern aus dem Urlaub zurück kam und meinen
Fuß aus der heißen Autotür setzte, fühlte ich mich unglaublich wohl. Da habe
ich die stickige Luft eingeatmet, die getränkt war mit Müll, Benzin und
Hundekacke und war froh wieder zu hause zu sein, weil kein anderer Geruch mich
mehr an mein zuhause erinnert als dieser. Und ich dachte bei mir, wie weit sie
mich doch schon haben. Haben mich soweit, dass ich mich wohlfühle, wenn ich diesen
Gestank einatme, einfach nur, weil dies hier mein zuhause ist. Und keinen
Antrieb mehr etwas ändern zu wollen. Warum auch.
Ich stieg
aus dem Auto und lief den Gehweg entlang. Da saßen zwei Kinder neben der alten Waschmaschine,
die leer und ausdruckslos in den Himmel gähnte. Die Kinder hatten Stöckchen in
der Hand und malten Muster in das geschmolzene Plastik. Ich blieb stehen und
sah ihnen einen Augenblick zu. Die Muster waren sehr hübsch. Sie erinnerten
mich an früher, als ich mit meinen Stiefeln Bilder in den frisch gefallenen
Schnee einstampfte. Geschneit hat es hier schon lange nicht mehr. Die Kinder sahen
kurz zu mir auf und lächelten. Ich lächelte zurück. Dann lief ich weiter