Ein Spalt Himmel
Ein heißer Tag ging zur Neige und mit der kühlen Luft fiel der kleinen Baghira auch das Atmen endlich wieder leichter. Ein neckischer Falter verschwand schwupp die wupp - in ihrem Rachen. Ein Erfolgserlebnis für die Huskydame, die sich Tagtäglich gegen ihre vielen Brüder behaupten musste. Bruno, Balthasar, und Bob drängten sich an die Stäbe des Verschlags - gab es jetzt endlich Futter? Doch die alte Frau, die man schon von weitem wittern konnte, ging nur vorbei. Sie schaute nicht einmal zu ihnen hinüber, sondern stieg in ein Auto und raste davon.
Es machte keinen Spaß mehr sich mit den Brüdern um die wenige Milch bei Mutter Dija zu zanken. Sie war sehr schwach und ihre Stimme wurde von Tag zu Tag leiser.
Manchmal aber, da war sie voller Kraft. Wenn die Frau mit den Stöckelschuhen, eines der Brüder trat - dann knurrte Mama Dija.
Immer wenn sie saubere Futterschalen brachte war Mama Dija völlig aufgeregt, denn dann kam jedesmal ein Fremder und nahm einen der Welpen mit.
Mutter Dija blickte jede Nacht - durch das Loch in der Decke zum Himmel hinauf und erzählte ihrem Nachwuchs wie schön es da draußen ist.
„Wenn es so schön ist, da draußen, warum bist du dann jedesmal so traurig - wenn eines der Brüder geholt wird", wollte Baghira eines Tages wissen.
Mama Dija, schleckte dem noch einzig verblieben Welpen das Fell und sprach:
„ Weil ich nicht weiß ob sie zu guten Menschen kommen. Ich bin in einem schönen Haus geboren. Dort waren viele Kinder und als ich so alt war wie du jetzt - da streichelten mich meine Menschen. Meine Mutter war nicht so dünn wie ich heute - ihr Fell glänzte, sie strotzte vor Energie und Lebensfreude.
Wir tobten auf den grünen Wiesen herum, spielten fangen und kuschelten mit den Menschen. Eines Tages kam die Frau mit den lauten Schuhen. Meine Mutter mochte sie nicht und knurrte. Da wollte mich dann auch die Menschenfrau nicht hergeben.
Doch die Frau kaufte mich dann später von dem Mann ab, der mich einst bei der Familie abholte. Seither stecke ich in diesem Verschlag und bete mit jedem von euch, dass ihr ein besseres, erfülltes Leben haben werdet."
Mit dem ersten Vogelgezwitscher erwachte Baghira, doch Mutter Dija öffnete ihre Augen nie wieder. Am selben Morgen kam auch ein Fremder, dem die kleine Hundedame anvertraut wurde. In diesem Fall war es ein Glück für sie, dass die Frau mit den Stöckelschuhen, unaufmerksam genug war, um nicht zu bemerken, dass ihre Geldquelle versiegt war.
Ansonsten hätte das kleine Hundemädchen, vermutlich niemals die Welt da draußen kennengelernt und müsste an Mutterstatt für stetigen Nachwuchs sorgen.
Baghira hatte Glück - der Wunsch Mutter Dijas hat sich zumindest bei ihr erfüllt. Doch wer weiß schon wie es den vielen Welpen vor ihr erging und welchen Hund sich die Frau mit den Stöckelschuhen - wohl nun wieder in den engen Verschlag geholt hat ...
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.07.2007.
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