Walter Günther

Wat iss' DAT?

DAT iss' zwar schon wat länger her, aber an Qualität hat dieses System bis heute nichts eingebüßt, wenn man mal von 192 kHz und 96 Bit absieht, wat sowieso niemand hört und außerdem fast keiner kennt und schon gar nicht benötigt.Unsere kleine Geschichte spielt in einer typischen Ruhrgebietskneipe, in Duisburg und ist etwa zwanzig Jahre her, also etwa um 1987. Ich finde sie immer noch so originell, daß ich sie unbedingt hier reinstellen mußte. Außerdem interessant und lehrreich, so daß Sie in jedem Fall davon profitieren werden.Wollen wir es mal versuchen.
 
Gestern war ich im 'Goldenen Fluch' bei mir umme Ecke un' hab' mir in Ruhe mein Pils gezogen. Nebenan standen zwei Typen, die sich angeregt über den letzten Schrei der Musikelektronik am unterhalten waren. Ich hab' damals zwar nich' alles genau verstanden, aber jedenfalls nannte sich dat Dingen DAT un' dat ging so:
"Weiße wat?" "Nö." "Gestern hab' ich mir endlich 'n DAT geholt." "Wat?" "Na 'n DAT!" "Wat ist dat denn?" "DAT iss'n Rekorder, ganz wat neues, voll dicketal." "Ah, wie'n Tonband oder so?" "Ja ja, so ähnlich, nur viel kleiner. Die Kassetten sind nur noch so groß, wie 'ne Streichholzschachtel." "Ach 'n Kassettenrecorder meins'se?" "Nee, kein' Kassettenrecorder, ehm'nd 'n DAT, zwar auch'n Recorder un' auch mit Kassetten – ja, eigentlich doch'n Kassettenrecorder."
"Un', wat hasse gelöhnt?" "Zwoacht brutto!" "Booh, teuer!" "Dat iss' doch nich' teuer. Et gibt welche, die kosten dat doppelte, dat dreifache!" "Dat bisse selbst Schuld. Ich happ' mir letzte Woche 'n Doppeltape-deck für schlappe 198,- Maak geholt, klingt super."
"Dat kann'ze doch nich mit DAT vagleichen! Paß auf, DAT iss' wat ganz anderes, wat ganz neues, dat neuste waddet gibt." Dat muss'e mir erklären." "
Ich weiß auch nur soviel dat DAT dicketal iss', weiss'e so wie 'ne CD." "Ach so, dann kann'ze aber nur abspielen, nich' aufnehmen." "Nee, dat iss' et ja eben. Klar kann'ze damit aufnehmen. Genau die selbe Qualität, wie 'ne CD!" "Ich bin mit meine Qualität voll zufrieden," meinte Otto und trank sein Pils aus. "Mann, du Arsch!. Will'se dat jetzt wissen, oder nich'?" "Ja ja OK, dann erzähl' ma'. Noch zwei Pils für den Willi un' mich Sepp un' zwei Klare."
Also, bis jetzt hatte ich mitgekriegt dattet DAT gibt un' dat DAT wohl wat anderes iss', als ich bisher kannte. Bin ma' gespannt, wat die noch so zu erzählen haben.
Sepp kam rüber und sagte leise: "Schon wieder die zwei Spinner. Der eine iss' Diplomingenieur un' sein Kumpel iss' Kanalreiniger. Scheint bei ihren Alten wohl ziemlich öde zu sein, sonst wären se' nich' fast jeden Tag hier. Für mich iss' dat natürlich gut. Sollen'se doch, wenn'se wollen."
"Du weiß doch, wie'n Tonband funktioniert." Willi kam langsam in Fahrt. "Klar, tu'ss 'n Band rein und läßt laufen." Nee, ich mein', wie so'n Ton auf dat Band kommt." "Ich bin ebend kein Ingenieur," antwortete der Freund und kippte sich den Klaren. "Ja ja, mit Strom un' n Tonkopp un' mi'm Löschkopp un' dat ganze technische Zeuch. Dat weiß ich schon." "Du biss' einfach nur doof!" "Sach' dat nich'. Ich interessier' mich echt dafür, mach' ruhig weiter, du Graupe.
Also, ich hab' gelesen, dat jeder Ton so 'ne Art Schwingung iss', so 'ne Welle, die dann elektromagnetisch auf dat Band gespielt wird." "Also, ich nimm dat 'doof' zurück," erwiderte sein Freund. "Wat weiss'e noch?" "Ja genau," sagte Willi, "jetzt wird dat Signal aber nich' so einfach wie früher auf dat Band gegeben, sondern vorher digitalisiert." "Will'sse mich verarschen?!"
"Nein, du mußt dir dat so vorstellen, als würde der Ton in winzig kleine Stücke zerschnitten werden." "Wat, dat Band?" "Doch nich' dat Band, du Arsch. Der Ton, nur der Ton!" "Wie will'sse denn'n Ton in Stücke schneiden? Dat muss'e mir ma' erklären."
"Ja, nich' mit de' Schere natürlich. Dat geht alles voll elektronisch. Jede Schwingung wird in tausende von von ganz kleine Stücke zerschnitten un' die werden dann einzeln auf dat Band aufgenommen." Dat iss' aber umständlich," staunte Otto, "'...un' außerdem muss'e ja dann tausendmal mehr aufnehmen als sonst."
"So blöd bisse gar nich':" "Äh, pa' ma' auf, du Arsch!" Ich schnallte ab. Dieser Otto schien ja richtig wat drauf zu haben.
"So einen Scheiß quatschen die immer," kommentierte Sepp und schob mir noch einen Klaren rüber. "Wat heißt hier Scheiß?" protestierte ich, "so ein Scheiß ist das gar nicht."
"Genau," erklärte Willi, "darum kann man dat ja auch nich' auf 'ne normale Kassette aufnehmen. DAT iss' so wat ähnliches, wie'n kleines Video, nur ohne Bild." "Aach, getz' weisich. Dat hab'ich doch schon lange. Auf mein Haifairecoder kann ich Vollstereo Ton aufnehmen aber mit Bild und nich' ohne.
(Das war 1987 Anmerkung des Verfassers.)
"Nein, verdammt! Ich weiß jetzt auch nich' mehr wie ich dir DAT noch erklären könnte." "Dat merk' ich." "Stell dir einfach vor, dat jeder Ton, jedes Band und jede Platte rauscht." "Ja klar, besonders die ganz alten." "Nein, dat Rauschen mein' ich nich', ich mein' dat Grundrauschen." "Aha, dat Grundrauschen."
"...un' wenn'ze jetzt nur noch ganz klitzekleine Stücke aufzeichne's, kann'ze dat Rauschen leimen., denn bei de' Wiedergabe tastet die Elektronik nur noch die winzigen Stücke ab und kopiert sie in einen elektronischen Speicher." "Boohh, kompliziert! Wo bleibt dat Rauschen denn dann?"
"Dat bleibt einfach auf'm Band und stört kein'n mehr." "Aber dat Band rauscht ja dann doch!"
"Klar, rauscht auch dat DAT-Band, aber anschließend......Mann, du brings' mich ganz durchenander!" "Mein'ze du mich nich'?"
"Paß' auf, au'm Band iss' doch nur die Information für'n Ton. Dat Band sacht der Elektronik nur, wat 'se für'n Ton machen soll." "Wie, kann dat Band sprechen?" "Pa' ma' auf, wenne mich va'aschen will's, sach' ich ganix mehr!" "
Ja, iss' ja schon gut. Bring' uns bitte no' ma' zwei Pils un' zwei Klare, Sepp. So, un' jetz' mach' weiter, ich bin ganz Ohr." "Also, die Elektronik setzt den Ton zusammen..." "Ah ja un' dat Rauschen ignoriert se' einfach," "Genau! So doof bisse ga'nich'" "Jetz' vasteh' ich. DAT iss' dann'n Superssound, so ganz ohne Rauschen.."
"Da kann'ze drauf an. DAT musse hören. Dat Rauschen iss' so wenig, dat kann'ze ga' ni' mehr hören." "Wie? Ich mein' DAT rauscht überhaupt nich'?" "Dat Band rauscht ja auch nich' mehr, aber die Elektronik rauscht immer 'n bisken in Hintergrund." "Wat iss' denn eigentlich Rauschen?"
"Rauschen, dat iss', dat iss', dat weiß ich auch nich' so genau. Rauschen rauscht ebend immer, auch wenn man et nich' hört. Dat iss' so wie im Leben."
"Dat stimmt. Dat merk' ich immer nach'n richtigen Rausch. Dann iss' dat Leben besoners hart."

Z a h l e n !"


 









Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Walter Günther).
Der Beitrag wurde von Walter Günther auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.08.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Walter Günther als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Ein Teil von mir von Karin Schmitz



Sinnlich, erotische Lyrik

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Humor" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Walter Günther

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Die Uhr von Walter Günther (Impressionen)
Der Richter und der Angeklagte von Margit Kvarda (Humor)
Weihnachtslüge von Klaus-D. Heid (Satire)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen