Philosophie auf dem Klo, oder eine etwas andere Lebensgeschichte
Die Zahl 10 spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle. Richtig bewußt geworden ist mir diese Tatsache, als ich neulich auf dem stillen Örtchen vor mir auf der Ablage einen Zehnerpack, Toilettenpapier entdeckte.
Sanft, weich und dreilagig, für empfindliche Körperteile bestens geeignet. Auf der Toilette philosophiere ich oft über Gott und die Welt und mache mir Gedanken über mein bisheriges Leben. Ein Leben, geprägt von Hoffnungen, Ängsten, glücklichen und traurigen Momenten. Bin ich glücklich? Macht mich das Toilettenpapier vor mir glücklich? Eigentlich ja, denn meine Meinung darüber würde sich sehr schnell ändern, wenn keines davon mehr vorhanden wäre, gerade, wenn ich es dringend benötige. Auch die kleinen Dinge können ein Glücksgefühl erzeugen. Es muss nicht immer der teure Ferrari oder das tolle Eigenheim sein. Wie man die Dinge sieht.
Doch zurück zu meiner Sitzung. Während also besagte Rollen trostlos in der Ecke verharrten und auf ihren Einsatz warteten, kamen mir die seltsamsten Gedanken. Wie lange würden die 10 Rollen vielleicht reichen, ausgehend von einem 2 Personenhaushalt? Das Lied von den 10 kleinen Negerlein kommt mir dabei in den Sinn. Da hätte von denen nur jeder 1 Rolle zur Verfügung und die müßte dann auch noch den ganzen Monat reichen. Aber da von den Zehnen bekanntlicher weise nur einer übrig bleibt, hätte der letzte von ihnen jede Menge von dem dreilagigen zur Verfügung. Was soll's.
Meine Gedanken schweifen ab, tauchen ein in die Vergangenheit zu meiner Kindheit, während ich mir den Hintern halb abfriere. 10 mal bin ich in meinem Leben schon umgezogen. 10 mal in eine neue Wohnung, 10 mal eine andere Toilette, jede in einer anderen Farbe und Ausstattung.
Angefangen hat der ganze Schlamassel, als ich meine erste Wohnung verließ. Raus aus dem Mutterleib und ins Leben geflutscht. Man hat mich gar nicht gefragt. Mir wurde einfach gekündigt. Und das Ganze nackt und ohne zu wissen, wohin meine Reise gehen würde. Die Zimmer hatten damals keine Fenster, aber es war warm und gemütlich hier drinnen. Und über den Lärm, der manchmal von draußen in meine kleine Behausung drang habe ich mich nie beschwert. Ich hatte immer genug zu essen und über die Miete brauchte ich mir keine Gedanken zu machen. Da lag ich nun da als kleines Bündel Mensch und harrte der Dinge, die da kommen würden. Nach ein paar Tagen dann der nächste Umzug. Es war in den fünfziger Jahren, in der sogenannten Wirtschaftswunder Zeit und ich wunderte mich über gar nichts mehr.
So bin ich dann in meinem bisherigen Leben insgesamt 10 mal umgezogen und habe so manche turbulente Zeiten überstanden. Der letzte Umzug steht mir aber noch bevor. Dann schließt sich der Kreis und ich komme zurück in meine Heimat, von der ich heute schon so manches Mal träume. Aber das hat noch Zeit. Nur keine Eile. Das schönste dabei ist, man braucht kein Zimmer zu streichen und keine Tapeten an die Wand kleistern. Ich hoffe, das Gott ein einsehen hat und mir die Arbeit abnimmt.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.08.2007.
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