Janine Benkert

CSI London Teil 1

CSI London

Achtung! Diese Geschichte spielt nicht in der Wirklichkeit!

Sie spielt in einer Welt, die unserer nur sehr nahe kommt.

Nur unterscheidet sie sich von der Realität in einigen Punkten wirklich erheblich.

Welche das genau sind, müssen sie allerdings selbst herausfinden...

 

 

 

London, eine Stadt, in der das Leben pulsiert. Eine Stadt, die niemals schläft. Groß, mächtig und umgeben eines fast nie enden wollenden Windes. Tausende Menschen leben in dieser Stadt. Millionen! Die Wahrzeichen und Prachtbauten Londons ragen in den Himmel und machen sie zu einen einzigartigen Schauspiel, zu einem gigantischen Erlebnis. Doch wie in jeder anderen Metropole leben nicht nur anständige Leute hier. Große Metropolen sind immer Anziehungspunkte für Kriminalität und Verbrechen, für Chaos und Unruhe. Doch wie jede andere Stadt gibt es auch hier Menschen, die sich darum bemühen, die Ordnung zu erhalten, die Kriminalität zu bekämpfen und den frieden zu wahren. Diese Menschen sind organisiert im CSI London, ein Team absoluter Vollprofis, welche es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Stadt und die Menschen zu schützen.

*

Es war ein ganz normaler Donnerstag Abend, besser gesagt: es war die Nacht zwischen Donnerstag und Freitag. Nur noch in wenigen Räumen des Hauptgebäudes des CSI´s und NCS´s, die oft eng zusammenarbeiten und deshalb im selben haus untergebracht waren, schien Licht. Zum Beispiel im Labor, welches in der Kellerebene lag. Das Licht drang aus den Kellerfenstern nach draußen und erleuchtete den noch sehr jungen Neubau aus Stahl und Glas. Stahl und Glas wurde auch im Labor verwendet. Nur noch Janine, die Chemikerin des Teams des CSI befand sich hier. Versunken saß sie am Computer und sah sich die Modellkette eines ganz einzigartigen Stoffes an. Nebenbei kritzelte sie etwas auf ihren Block. Mit der anderen Hand trank sie den letzten Schluck ihres Kaffees. Sehnsüchtig zog sie den Geruch des koffeinhaltigem Getränkes ein. Die leere Tasse stellte sie weider zurück neben sich. sie stockte leicht. Irgendetwas war gerade anders als sonst. Aber was?

Die Glocke an der Zugangstür läutete. Janine sah auf. Wer kam den noch um diese Zeit in ihr Labor? Langsam stand sie auf und ging in Richtung einer Nachtkonsole, um die Tür zu öffnen. Ein seltsam vertrauter Geruch lag in der Luft. Komisch, sie kannte doch diesen Geruch, aber das war doch ganz und gar unmöglich... Sicher war sie einfach nur müde. Auf halber Streckte bekam sie Atemnot. Voller Panik stürzte sie zur Konsole mit den Öffnungsmechanismen. Sie betätigte den Einlassknopf und hörte, wie sich die Tür öffnete. Dann brach sie zusammen. Am rande des Dunkeln malte die mit ihren allgegenwärtigen Stift etwas auf die Fließen. Dann wurde es völlig dunkel um sie.

Als Lisa, die mathematische Analytikerin den Raum betrat, fand sie sofort die ohnmächtige Janine. Sie stellte die beiden Becher Kaffee auf einen der Tische ab und kniete neben ihr. Auf schütteln oder rufen reagierte Janine nicht. Lisa holte gleich ihr Handy hervor und wählte den Notruf.

Dann entdeckte sie die gekritzelte Notiz. Sie wusste sofort, was zu tun war. Als gute Freundin von Janine wusste Lisa etwas mit der chemischen Sprache anzufangen. Und sie wusste auch, dass ihr in diesen Fall nicht viel Zeit blieb. Ehe der Krankenwagen hier war, konnte es schon zu spät sein. Sie stand auf und eilte zur Tür.

"Bin gleich wieder da!" rief sie Janine noch zu, bevor sie verschwand. Janine aber antwortete nicht.

Das nächste Büro war das von Sascha, den Leiter der NCS, eine Abteilung, welche dem CSI sehr ähnlich ist, sich aber allein auf den virtuellen Sektor beschränkt. Dass er das nächste Büro besaß konnte ein glück sein, denn Sascha besaß den für Janine nun Lebensnotwendigen Wasserkocher. es konnte aber auch Pech sein, denn der Wasserkocher gehörte nun mal Sascha. Lisa stieß die Tür auf und rannte auf die Kaffeeecke von Sascha zu. Dieser stand hinter seinen Schreibtisch vor einen Computer.

"Was suchst du denn hier?"

Lisa beachtete ihn gar nicht. Hektisch durchstöberte sie die regale.

"Wo ist dein Wasserkocher?", schrie sie. Sascha setzte sich langsam in seinen Ledersessel.

"Warum?"

"Wo ist er? Es ist wichtig!"

Lisa fuhr fort, die Kaffeeecke leer zu räumen. Plastiktassen und -teller flogen durch die Luft und Expeditionspläne landeten auf den Boden.

"Wo zum Teufel ist der Wasserkocher?"

Saschasaß immer noch ruhig in seinen Sessel und ein leichtes grinsen war auf seinen Gesicht erschienen. Lisa machte dieses grinsen wahnsinnig. Die beiden waren schon oft aneinander geraten. Sie stürmte auf ihn zu und packte ihn.

"Sag mir sofort, wo der Wasserkocher ist! Es ist lebensnotwendig für Janine! WO IST ER?", schrie sie ihn an und schüttelte ihn bei den letzten Worten kräftig durch. das Grinsen auf den Gesicht von Sascha blieb. Lisa konnte es nicht fassen. Sie hielt Sascha schon immer für ein Arschloch, aber sie hätte nie gedacht, dass er so eiskalt ist. Sie hatte jetzt einfach keine Zeit!

In diesen Moment ging die Tür wiederum auf und Ronnie trat ein. Er war innerhalb des CSI´s ein Computer- und Architekturspezialist. Man sagt, er könne durch Wände sehen und im Prinzip stimmte das auch. Er sah noch durch viel mehr. Man könnte sagen, er hatte den Durchblick. Es tut aber keiner, da der Spruch lahm ist.

"was ist denn hier los?" fragte er. Lisa ließ darauf hin Sascha los.

"Ich brauche den Wasserkocher! Janine hat in ihren Labor zusammengebrochen. Ich brauche heißes Wasser, und zwar schnell, weil das Gegengift nun mal mit Wasserdampf inhaliert werden muss, um ihre Atemwege frei zu bekommen! Den Notarzt habe ich schon gerufen, aber das dauert vielleicht zu lange!"

Ronnie sagte nichts sondern rannte sofort los. Er stieß Sascha recht unsanft zur Seite und holte aus seinen Schreibtisch den Wasserkocher hervor.

"Schnell!", rief er, bevor er los rannte. Lisa sah Sascha noch einmal hasserfüllt an, bevor sie los rannte.

Fünf Minuten später war der Notarzt da. Janine war in ein tiefes Koma gefallen. Die Inhalierkur kam fast zu spät. Das nötige Medikament war im Notfallkasten enthalten gewesen, doch das heiße Wasser war nun mal nötig gewesen, und niemand von der Notfallplanung hatte daran gedacht, deswegen dem Labor auch einen gewöhnlichen Wasserkocher zur Verfügung zu stellen. Er verdammt knapp alles gewesen und Koma war noch mehr, als man sich hätte erhoffen konnte. Wann sie aufwachen würde, wusste niemand. man nahm sie mit. Alle verließen das Labor. Der Kaffee blieb kalt zurück.

Nur einige stunden später wurde der Notarzt wieder gerufen, diesmal zu den Angestellten duschen des Gebäudes. Doch diesmal konnte der Arzt nur noch den Tod feststellen. Nur wenige Minuten später bekam Detektiv Konrad Würker, der Leiter des CIS´s, die Nachricht, dass der Leiter des NCS´s, Sascha, tot war.

*

Es war Morgen. Wenn London schlafen würde, würde die Stadt jetzt erwachen. Konrad stand in seinen Büro im fünfundzwanzigsten Stock des Gebäudes und schaute auf das Panorama der Stadt vor dem Sonnenaufgang. Die Stimme von seinen Assistenten Agent Quellmalz klang immer noch in seinen Ohren. Sascha war tot aufgefunden wurden, mit einer großen Platzwunde am Hinterkopf. Und Janine war in ihren Labor zusammengebrochen aufgefunden worden und lag noch im Koma. Sie lebte noch. Aber Sascha war tot.

Langsam ging er zu seinen Schreibtisch, wo ein altes Foto in einen alten Holzrahmen stand. Es zeigte drei Reihen glücklich lächelnder junger Menschen. Darunter stand: Abschlussklasse für Kriminalistik und Computersicherheit, die Ausbildungsabteilung des CSI´s und NCS´s. Ganz vorne standen zwei junge Männer, Arm in Arm. Konrad und Sascha, damals beste Freunde, nur ein Jahr nach diesen Foto nicht mehr. vor ihnen kniete eine junge Frau, Anne, in kurzen Kadettenröckchen und lachte auf ewig in die Kamera. Nur ein Jahr später war sie tot. Er betrachtete das Foto noch lange. Die Sonne stieg langsam hinter der Skyline Londons auf.

"Ich habe es mir gewünscht, aber nun habe ich Angst davor..."

Seine Worte verklangen in den raum.

*

Sofort, nachdem der Notarzt den tot Saschas festgestellt hatte, wurde die Abteilung für Spurensicherung gerufen. Als Konrad nach unten kam, war gerade Raffaela dabei, den Tatort zu fotografieren. Sie war eine Meisterin im Fotografieren, mit nur einen Fehler: Sie hatte ein unglaubliches Geschick, Leichen, Beiweise und markierte Gegenstände gerade so nicht auf das Bild zu bekommen. Aber das war eigentlich kein Fehler. Raffaela begründete das ganze so: Es ist sehr einfach, eine Leiche zu photographieren, ebenso markierte Gegenstände oder Auffälligkeiten. Etwas in den Fokus nehmen und klick. Aber eben dies alles nicht zu fotografieren, ist eine wahre Kunst, da man nichts hatte, worauf sich ein Fokus richten ließ. Die einfachen Sachen konnten ja die Assistenten und Praktikanten machen. Konrad war dennoch sehr zufrieden mit Raffaelas Arbeit. Man konnte ihre Bilder am Computer zusammenfügen und hatte dann ein exaktes Modell des gesamten Raumes, mit nur einen leichenförmigen, schwarzen Fleck drin, sowie andere schwarze Flächen, die die Form von Beweisen, markierten Gegenständen, u.s.w. haben. Und das konnte manchmal nützlicher sein, als nur die Leiche auf einen Bild zu haben.

Konradbemerkte den heutigen Assistenten Raffaelas: ein junges, blass aussehendes Mädchen, welches wohl gedacht hatte, man sehe in Uniform besonders gut aus. Sie war geschminkt und trug große, nun ziemlich unpraktische Kreolen. Unter den vielen Make-up wurde ein grünlicher Stich sichtbar. Lächelnd trat Konrad zu ihr.

"Na, deine Feuerprobe mit Leiche ist ja schon in vollen Gange."

das Mädchen nickte nur. Womöglich hatte es Angst zu sprechen, aus welchen gründen auch immer. Er trat zu Frau List, der etwas "verrückten" Pathologin des CSI´s, aber sie war als einzige in der Lage, zehn Stunden am Tag in der Gesellschaft von Toten zu verbringen, ohne Amok zu laufen (was ziemlich unschön beim letztem Pathologen des Institutes war.) Frau List stand mit einem Klemmbrett und einem Stift hinter dem rechten Ohr so vor der Leiche, dass Konrad sie nicht sehen konnte (Frau List ist nicht gerade sehr dünn).

"Nun, was hast du hier für mich?", fragte Konrad.

Ohne hinzusehen murmelte Frau List erst etwas zu ihren Klemmbrett und wandte sich zu Konrad um.

"Sascha. Er kam vermutlich vom Duschen, als ihn etwas ziemlich hart am Hinterkopf traf."

"Was genau?"

"Keine Ahnung. Ich kann dir die Wunde zeigen, aber es ist kein schöner Anblick."

Konrad lächelte nur. Wenn er keine unschönen Anblicke ertragen könnte, wäre er nicht zum CSI gegangen. Frau List trat beiseide und erlaubte so Konrad den Blick auf Sascha. Eines musste Konrad zugeben: Es war wirklich kein schöner Anblick. Sascha duschte gerne früh morgens, wenn er lange im Büro war. Er musste gerade aus der Dusche raus sein. Nur ein ziemlich lose um die Hüften gelegtes Handtuch verdeckte, was unbedingt verdeckt werden musste. Sein Hinterkopf lag in einer roten Lache, seine Augen starr in die höhe gerichtet.

"Er ist nicht bewegt worden, sondern ist hier aufgeschlagen. Der Boden war trocken, also lag er schon etwas länger hier. Der Todeszeitpunkt liegt schätzungsweise um drei Uhr nachts. Und sieh dir das an!"

Frau List drehte den Kopf der Leiche. Eine hässliche Platzwunde kam zum Vorschein. Halb geronnenes Blut verklebte die Haare von Sascha.

"Es ist eine ungewöhnlich große Platzwunde. Eine enorme Wucht muss in den Schlag gesteckt haben."

"Es kann also kein Sturz gewesen sein? Kein Unfall?"

"Nein, das hier war Mord. Diese Wucht kann nicht durch einen Unfall hervorgerufen werden. Ach ja: Wir haben so eine seltsame, weißlich-gelbe Masse an seiner Stirn und seinen Füßen gefunden. Keine Ahnung, was es ist. Ich habe eine Probe ins Labor geschickt."

Konradhatte genug gesehen. Dem Gesicht der Fotoassistentins nach war sie mit dem aufnehmen fertig. Konrad besorgte sich ein großes weißes Tuch und deckte den Leichnam von Sascha ab.

"Danke, mir wurde schon ganz schlecht."

Eine total übermüdet klingende Stimme neben ihn sprach diese Worte. Ein Blick versah diese Stimme mit der dazu gehörigen Person: Lisa stand mit roten Augen und einen Becher Kaffee in der Hand neben Konrad.

"Gern geschehen. Wo hast du den Kaffee her?"

Statt einer Antwort kam Christin angewuselt, die.... äh... so richtig wusste niemand, was sie eigentlich darstellte. Sie war einfach immer da. Und sie kochte einen ganz passablen Kaffee und kam soeben mit einen Becher voll dieses Lebenselixiers auf Konrad zu.

"der hier ist für sie."

"Wunderbar, ich danke dir."

Dankbar trank er einen schluck und nickte. Es war ein ganz guter Kaffee. Dann machte etwas "klick" in einen Hirn.

"Lisa? du trinkst doch sonst keinen Kaffee?"

Lisa sah über ihre Brille hinweg ihn an.

"Ja, aber ich glaub, ohne ihn würde ich jetzt kaum noch reden können."

"Oh."

Konradkonnte sich denken, warum sie nicht geschlafen hatte. er nahm noch einen Schluck Kaffee. Christin wuselte rum und bot Raffaela gerade etwas Kaffeegebäck an.

"Wie geht es Janine? Bei diesen Fall wär sie sehr nützlich."

"Der Arzt hat gesagt, dass eine schwere Vergiftung vorliegt. Die erste Hilfemaßnahme mit der Inhalierkur kam in aller letzter Sekunde. Sie liegt im Koma, aber die Ärzte sind zuversichtlich. Wann sie genau aufwachen wird, weis aber noch niemand."

"Hat sie verwandte?"

"Einen Bruder, der ist aber im Ausland."

"oh. Und hat jemand eine Ahnung, warum und wie sie sich diese Vergiftung zugezogen hatte?"

"Janine arbeitete schon seit längerem mit ziemlich heiklen Chemikalien. Sie hatte etwas neben sich auf den Boden geschrieben, als ich kam. Es war die chemische Kurzformel eines Stoffes, auf welchen sie erst vor kurzem bei einen unserer Fälle gestoßen ist. Er wirkt hochgiftig, wenn man ihn einamtet, aber wenn man ein bestimmtes Medikament einatmet, hat man eine gute Chance. Das Medikament hatten wir, aber der Wasserkocher..."

Lisas Stimme brach ab. Konrad kannte die Geschichte schon. Die Leute von dem CSI klatschen unheimlich gerne.

"na gut. Dann zu diesen Fall. Raffaela und ihr Team wird dir sicher bald die Daten vom Tatort zuschicken. Ich will wissen, was ihn wie, wo, und wann getroffen hatte, und zwar schnell! Aber erst ruhst du dich aus. Nimm dir Raffaelas Assi oder irgendeinen anderen, wenn sie mit ihr fertig ist und schlaf eine Runde."

Konraddrehte sich um und ging langsam den Gang hinunter. Aus dem Augenwinkeln sah er, dass Saschas Leiche gerade von Frau List und Frau Merzinger auf eine Rollbare verladen wurde.

"Was machen sie jetzt?"

Konraddrehte sich noch einmal zu Lisa um.

"Du kümmerst dich um das wann, wo und was, ich mich um das wer."

*

Kurze Zeit und eine große Tasse Kaffee später saßen Konrad und seine zwei Top-Ermittler Agent Oliver Quellmalz und Agent Max im Konferenzraum. Er war ebenfalls eine Stahl und Glas Konstruktion. Jeden seiner beiden Agents hatte Konrad eine Mappe in die Hand gedrückt.

"Dass sind die bisherigen Fakten: Sascha wurde heute morgen kurz vor Sonnenaufgang in unseren Angestelltenduschen tot aufgefunden. Entdeckt hatte die Leiche eine gewisse Jo, eine unserer Angestellten. Der Autopsie zufolge starb Sascha durch einen ziemlich harten Schlag auf den Hinterkopf. Die Leiche wurde nicht bewegt und es konnten nirgends Fingerabdrücke nachgewiesen werden, die nicht da sein sollten. Aber es wurde eine seltsame Substanz an seiner Stirn und seinen Händen gefunden. Da Janine aufgrund eines Unfalles nicht da ist und keiner sonst hier Ahnung davon hat, wie unsere Analysengeräte zu bedienen sind oder die Betriebsanleitungen sind, mussten wir bis jetzt bei Vermutungen bleiben. Ich habe schon ein paar Spezialisten aus den anderen Abteilungen aufgefordert, die Analysen durchzuführen. Frau List hatte den Verdacht auf Drogen geäußert, aber niemand kann etwas dazu sagen. Der Todeszeitpunkt liegt bei einer Stunde vor Sonnenaufgang.

Soweit zu was, wo und wie, darum kümmern sich andere Leute. Ihr kümmert euch um das wer und warum. Max, du nimmst dir sein Büro vor, und Oliver, du bitte seine Wohnung. Ich höre mich hier noch etwas um."

Oliverstand auf.

"Aber Detektiv Würger, ich kann doch nicht in seine Wohnung, wenn seine Verwanden..."

"Doch du kannst, weil ich es dir sage. Und nun los!"

Wiederstrebendmachte sich Oliver auf. Max nickte nur und ging zügigen Schrittes. Als beide den Raum verlassen hatten, lehnte sich Konrad gegen den Türrahmen.

"Als Lebender machtest du jeden das Leben schwer und dein Tot ist auch nicht besser!"

Dann ging er.

*

Nur wenige Minuten später fluchte Max lautlos vor sich hin. Er hatte sich einen der Assistenten mitgenommen, um das Büro zu durchsuchen, aber dieser, beziehungsweise diese, erwies sich als eine ziemliche Flasche. Nicht direkt blöde oder gar böse, sondern eben etwas trottelhaft und ungeschickt.

"Nein, nein. Du sollst nicht das Zeug alles in eine Tüte packen und auch nicht jedes Staubkorn in eine einzelne. Du sollst... Ach, stell dich einfach da drüben hin und halte mir die Tüten auf. Dann machst du die zu und beschriftest sie, siehst du? Ist doch ganz einfach, oder?"

Die junge Frau nickte. Max schüttelte nur den Kopf. Sie hatte einfach so viel Feingefühl wie ein Tank-Panzer, aber die Natur hatte es sonst gut mit ihr gemeint und sie mit vielen sehr weiblichen Reizen ausgestattet. Max musste sich voll konzentrieren. Nur leider gab Saschas Schreibtisch voller Taschentücher, Zahnbürsten, zerknitterten Einpackpapier (unter anderem Verpackungen von Fastfood, Süßigkeiten, Knapperzeug und Aktionsangeboten), Zahnpasta, Disketten, CDs, DVDs, Zipdisks, Platinen, Schrauben, Schraubenschlüsseln, Zeitschriften und vieles anderes, was man eher in einer Mischung aus billiger Drogerie und Computerfachhandel nach einer mittelschweren Explosion zu finden erwarteten würde, nicht viel her, um sich völlig darin zu vertiefen. Angewidert zog er eine Zeitschrift, über die wohl vor längerer Zeit ein klebriges Getränk gelaufen war, aus der Schublade. Diverse Lebensformen hatten sich darauf breit gemacht. Mit gerümpfter Nase und spitzen Fingern ließ er das Heftchen (ein ziemlich aufreizendes Männermagazin) in die von der Assistentin aufgehaltene Tüte fallen. Ohne seine Handschuhe hätte er das Ding sicher nie angefasst. Ein erneuter Blick in die Schublade ließ ihn nur wieder schaudern. Wie konnte nur jemand eine solche Unordnung in einer Schublade haben? Unter einen alten Locher und drei Pfandflaschen, die einst einen Sportdrink beinhaltet hatten, fand er schließlich doch noch etwas interessantes. Ein kleines schwarzes Büchlein lugte aus den Müll heraus. Es schien förmlich zu schreien "Terminkalender - Verdächtige - letzter, der ihn lebend gesehen hatte". Vorsichtig, wie eine teure Vase zog er das abgewetzte Büchlein hervor.

"Nun sieh mal einer an..."

Max vertiefte sich in die Lektüre. Seine Assistentin stand noch eine ganze Weile mit aufgehaltener Tüte neben ihn. Und ihm war das egal.

*

Agent Oliver der weilen stocherte in einen ziemlich ramponierten Schloss herum. Die Assistenten, die er sich mitgenommen hatte, eine junge Frau aus der forensischen Abteilung, stand etwas unsicher neben ihn und trat von einen Bein auf das andere.

"Das ist doch nicht etwas illegal, oder?" , fragte sie nun schon zehnten Mal. Oliver atmete tief durch, Damit er nicht etwas wirklich illegales tat endliche ließ ein leises Klick darauf schließen, dass die Tür offen war. Langsam schwang sie auf und Olivers Gesicht zog sich langsam in die Länge. Saschas Wohnung sah aus, wie aus einen Katalog kopiert. Chromstahl, Glas und schwarzes Leder, wohin das Auge blickt. Nachdenklich trat er in die Mitte der Wohnung und streute nach einigen schweigenden Minuten direkt zum Schreibtisch. Nach drei Stunden war er endlich fertig. Die Assistentin war völlig geschockt und Oliver war auch ziemlich flau in der Magengegend. Er packte zusammen und schickte sich an, die Wohnung zu verlassen, als er Schritte hörte. Die Schritte kamen näher und hielten, dem Geräuschen nach, vor der Tür an. Ein Klimpern deutete das Suchen nach einen Schlüssel an. Oliver bedeutete seiner Assistentin sich außer Blickweite zu begeben. Sie trat mit erschrockenen Blick hinter die nächste Teilwand, von der Tür aus nicht erkennbar. Oliver trat hinter die Haustür. Ein klicken folgte kurz darauf und die Tür schwang auf. Da nichts in´während der Durchsuchung auf eine weitere hier wohnende Person hinwies, hielt Oliver dem Eindringling kurzerhand seine Waffe unter die Nase.

"H... hey.... "

"CSI! Keine Bewegung!"

Schon vor Jahren hatte Oliver gelernt, dass es besser war, zuerst zu klären, wer die Waffe in der Hand hat, und dann die Frage zu stellen, wem man sie unter die Nase hielt.

"Wer sind sie? Was machen sie hier?"

Bei näherem Hinsehen entpuppte sich der Eindringling als etwas dicklichen Mann im mittlerem Alter. Und er zitterte! Oliver ließ die Waffe langsam sinken. Doch der zitternde Kerl gab immer noch keinen Ton von sich.

"Wer sind sie und warum sind sie hier?"

Nach einer weiteren durchzitterten Sekunde kam schließlich eine Antwort.

"Alex... S...Sir...."

Ein verschüchterter, zitternder Kerl. Das hatte gerade noch gefehlt.

"Warum haben sie versucht, in diese Wohnung zu gelangen?"

"Ich b...bin der per...persönliche Assistent v...von Sascha, Leiter des NCS... Er... er kann das be...bestätigen...."

Innerlich atmete Oliver auf. Dieser Depp hatte nicht einmal an so etwas wie ein fehlender Durchsuchungsbefehl gedacht. Er hoffte nur, dass er die Gedanken dieses zerstreuten Kerls lange genug wegtreiben lassen konnte, bis er anfing, Fragen zu stellen.

"Ich schätze, er könnte sich damit etwas schwer tun. Er wurde heute Morgen tot aufgefunden."

Der Schock stand dem armen Kerl ins Gesicht geschrieben.

"Was?"

"Wann haben sie ihn zuletzt gesehen?"

"Gestern Abend. Ich brachte ihm etwas von McDonalds. Dann bin ich nach Hause."

"Kann das jemand bestätigen?"

Oliver bezweifelte es zwar, aber er musste das fragen.

"Nein, ich wohne allein."

Welch Überraschung.

"Ok, und was wollten se jetzt gerade hier?"

Alexhielt eine Tüte mit der grellen Aufschrift eines bestimmten Fastfoodrestaurants und einen Pappbecher in die höhe.

"Ich sollte Frühstück für ihn besorgen. Einen Kaffee, schwarz mit Zucker und etwas zu essen."

Keine schlechte Idee, dachte Oliver und nahm ihn die besagten Dinge ab und stellte sie auf einen der Tische.

"Sie müssen uns noch auf das Revier begleiten und dort eine Aussage machen. Vielleicht fällt ihnen noch ein, ob sich doch jemand an sie erinnern könnte. Bitte nach ihnen. Meine Assistentin wird ihnen den Weg zum Auto zeigen."

Die junge Frau sah ihn mit großen Augen, fast so groß, wie Alex seine machte.

"Aber Agent Oliver..."

"Ich sagte, sie zeigen ihn den Weg zum Wagen und zwar jetzt sofort! Ich komme gleich nach."

Nachdem die Tür ins schloss gefallen war, ließ sich Oliver auf die schwarze Ledercoach fallen und machte sich über das Frühstück des Toten her. Während er so dasaß und zwar billigen, aber ganz passablen Kaffee trank, dachte er nach. Er hatte Sascha von früher gekannt und so eine aufgeräumte, geschmackvolle Wohnung passte irgendwie nicht ganz zu ihn. Es war einfach viel zu perfekt. Solche Perfektion kannte Oliver nur von Putzsüchtigen oder sorgfältigen Frauen. Da Sascha eindeutig nicht in erstere Kategorie passte, musste er eine Freundin haben. Oder einen Putzsüchtigen Freund. Oder beides. Alex konnte es nicht sein, der ist nicht der Typ für so was. Und private Fotos oder so was, was auf die Anwesenheit von Sascha hindeuten könnte, war hier auch nicht zu finden. Seltsam, dachte er. Und die Sonne wanderte hinter den Fenster langsam nach oben.

*

Es gab verdammt viele interessante Dinge, wenn man lange genug danach ausschau hält. Max musste ziemlich lange danach ausschau halten und musste dann feststellen, was tausende vor ihn schon festgestellt hatten. Die Wahrheit ist nicht halb so Interessant, wie die Phantasie.

Die Lektüre des Terminplaners von Sascha war anfangs eher langweilig als aufregend. Lauter Termine und Verabredungen mit der High Society des Stadt. Ein Abendessen hier, ein Brunch dort und ein Frühstück am anderen Ende der Stadt. Zudem waren viele Adressen und Telefonnummern weiblicher Bekanntschaft darin verzeichnet. Und ziemlich viele Opernbesuche. An dieser Stelle stutzte Max. Sascha und Opern? So kannte er ihn gar nicht. Nach näheren Einsehen kam heraus, dass Sascha zu den nächsten fünfundzwanzig Vorstellung ein und desselben Stückes ging, obwohl er davor das selbe Stück sich schon dreizehn mal angesehen hatte. Max kannte das Stück, es hieß "Die Abendröte" und lief die letzten Wochen in den Zeitungen rauf und runter, besonders, da die wohl jüngste, hübscheste und talentierteste Opernsängerin, laut einigen Londoner Zeitungen, die Hauptrolle spielte. Max glaubte, ihr Name war Maria Irgendetwas. Und auf gewissen Bildern in gewissen Klatschzeitungen sah sie einfach nur blendend aus. Und gut singen soll sie auch noch....

Warum sah sich jemand ein Stück so oft an? Anders gefragt: Warum sah sich jemand wie Sascha dieses Stück so oft an. Max hatte da eine gewissen Ahnung.

"Äh....?"

Max sah auf.

"Was ist?"

"Legen Sie dieses Buch in diese Tüte, oder nicht? Es ist nur so, dass ich meine Arme nicht mehr spüre."

Maxs Glaube an die Menschheit litt jeden Tag, heute ganz besonders.

"Legen sie die Tüt einfach dort hin und... fragen sie Christin nach einen Kaffee. Einen guten bitte."

Max sah in den Terminplaner. Für heute war ein Abendessen vorgesehen. Max beschloss, heute mal besser zu Speisen, als ein gewöhnlicher Ermittler des CSI, dessen Hauptnahrungsmittels aus Kaffee, Tee, billiges Gebäck, Suppenterrinen und Sandwiches bestand. Sascha hatte vermutlich eine Ausnahme dargestellt.

*

Detektiv Würger stand unterdessen hinter einen dieser berühmten Einbahnstraßenspiegel und betrachtete durch diesen das kleine Häufchen Elend Alex, welcher sich dahinter befand und von dort gerade von Lisa auseinander genommen wurde. Gerade einmal ein paar Stunden hatte sie geschlafen, konnte aber nicht weiter auf der faulen Haut liegen und war dementsprechend wütend. Ihr neuer Assistent Stan wurde nicht eingewiesen, sondern eingebrüllt. Nun arbeitete er mit unglaublichen Eifer an einigen mathematischen Formeln für die Computersektoren, die die Fotos vom Tatort verrechnen sollten. Lisas Stimme hatte man noch drei Stockwerke höher und tiefer vernehmen können. Nach dieser Aufwärmung kümmerte sie sich aushilfsweise um die Befragung von Verdächtigen. Keiner hält es lange in der unmittelbaren Gesellschaft einer gerade extrem angenervten frau aus. Von Alexs Körpergröße war nicht mehr viel übrig. Er kam nicht einmal auf die Idee, nach einen Anwalt zu fragen, vor lauter Angst, Lisa könnt wirklich explodieren. Zum etwa hundertsten Mal versicherte er, er habe nicht mit gar nichts zu tun, und so weiter.

Christin brachte Konrad seinen Kaffee. Er war mild und würzig. Und er sah auf sein Spiegelbild, sah sich selbst hinter der Scheibe, denn Schuldgefühle plagten ihn...

*

Oliver staunte nicht schlecht, als er einige Zeit später Max wieder sah. Es hatte sich richtig schick gemacht.

"Wo willst du denn heute hin?"

"Ich lade mich bei einen Essen ein."

"Oh, wo denn?"

Max zog den Terminplaner von Sascha hervor und blätterte kurz darin. Mit viel mühe versuchte er den namen zu entziffern.

" Äh… Eine gewissen "M. Sel... irgendwas. Auf alle Fälle eine äh… Frau, soweit ich Saschas Stiel beurteilen kann..."

Olivers Augen glänzten.

"Nein, nicht was du denkst... sieh mich nicht so an!"

Ein Grinsen zog sich von Olivers rechten Ohr zum linken und wieder zurück. Max flüchtete. Er war eindeutig rot angelaufen.

Kopfschüttelnd ging Oliver weiter und sah, dass der Verhörraum besetzt war. Er trat ein und sah Konrad hinter den Spiegel stehen und den arg zugerichteten Alex dahinter. Lisa war verschwunden, sie befand sich vermutlich wieder in der mathematischen Abteilung. Dumpfes Geschrei und ziemlich wütendes Klackern deutete darauf hin. Bis hier her konnte er hören, wie Lisa rief: „Sitzt der auf seinen Augen? Warum antwortet Silvio mir nicht?" Alle wussten, dass Silvio mehr Zeit hinter dem Computer verbringt, als außerhalb des Gebäudes. Er war Grundsätzlich nur per ICQ oder E-Mail zu erreichen. Und Lisa versuchte vermutlich von ihm eine Auskunft zu bekommen. Was wirklich nicht einfach war. Doch Oliver war sich sicher, dass wenn sie nur noch etwas lauter schrie, Silvio sie auch so hören würde. Mit dem Antworten allerdings sehe es dann natürlich anders aus.

"Seit ihr noch nicht fertig? Es müssen doch bereits Stunden vergangen sein."

"Ja, nach drei Stunden fiel es ihm ein, einen Anwalt zu holen, leider einen der guten. Keine Ahnung, wie er sich den leisten konnte, Sascha hatte ihn ja nicht gerade gut bezahlt."

"Wer ist diese Anwältin?"

Ein Blick genügte.

"Nicht doch!"

"Doch, leider wahr."

"Aber, warum ausgerechnet die? Die hasst uns! Selbst wenn wir einen Mörder mit Geständnis, DNA-Vergleich, Mordwaffenübereinstimmung, ohne Alibi, mit Zeugen, gutem Motiv und mit Hilfe von Fingerabdrücken, alten Zeitungen, Pendeln und Kartenlegerei präsentieren würden, würde sie unsere Arbeit anzweifeln und auf unschuldig plädieren, nur um uns eins auszuwischen!"

"Genau die."

"Au weh..."

Hinter der Scheibe redete die besagte Anwältin wie wild auf Alex ein.

Oliver sah auf seine Uhr.

"Oh, ich mache jetzt Feierabend. Bis morgen dann."

Oliver ging langsam aus den Raum. Irgendetwas sagte ihm, dass er eigentlich jetzt eine Doppelschicht einlegen sollte und diesen verdammten Fall lösen sollte. Doch anderseits sagte ihm eine sehr deutliche Stimme in seinen Kopf, dass das auch die anderen machen konnten.

*

Es wurde schnell dunkel in London. Es wäre überall in England schnell dunkel geworden, denn der Sommer war längst vorbei, aber es wurde auch schnell dunkel in London. Konrad stand noch in seinem Büro und starrte auf die Glaswand, die sein Büro vom Flur des Gebäudes trennte. Mit einen dicken, schwarzen Stift hatte er auf die Glaswand Worte geschrieben.

„Sascha" stand da, ein kleines Kreuz daneben, um den Tod dieser Person anzuzeigen.Außerdem hatte er „Alex" geschrieben, ihn mit einer Linie mit Sascha verbunden und „persönlicher Assistent" an die Linie geschrieben. „Hat er ihn vielleicht zuletzt lebend gesehen?" und „Abendessen, etwas von McDonalds" stand da. Dann hatte er „Heftige Kopfwunde" aufgeschrieben, zusammen mit den Worten „persönliche Angelegenheit? Emotionaler Mord?". „Weiße Substanz" stand ebenfalls auf der Glaswand, zudem der Hinweis „Janine momentan nicht da". Mit Sascha war weiterhin eine Linie zu den Worten „geheimnisvolle Frau-Geliebte?" gezogen worden. Zudem tauchten die Worte „Leiter des NCS - Kollegenneid?" und „Nachfolger" auf. Und über alles schrieb Konrad, allerdings sehr klein, „Ich".

Raffaela klopfte kurz an und betrat dann das Büro. Sie blieb neben Konrad stehen und starrt nachdenklich auf die vollgekritzelte Wand.

„Äh... Chef, warum hast du mit Edding auf deine Glaswand gekritzelt?"

Konrad zuckte kurz mit den Schultern.

„Einfaches Papier ist... nicht so stilvoll. Und so sehe ich es immer..."

„Ja, aber du hättest auch einfach die großen Papierbögen da drüben auf der Staffelei nehmen können. So muss die Reinemachefrau wieder Überstunden schieben."

Konrad blickte ernst drein. Irgendwie kam er sich gerade ziemlich doof vor.

„Aber es ist doch stilvoll, oder?"

„Keine Ahnung. Nur Sascha hatte auf so etwas wie Stiel bei uns immer geachtet."

Ein Schatten legte sich auf Konrads Gesicht. Dann begann er, alles auf die großen Papierbögen zu übertragen. Inmitten der Arbeit stockte er plötzlich.

„Warum bist du überhaupt hier? Gibt es was neues?"

„Äh, die Spezialisten für die chemischen Analysen sind gegangen."

„Warum? Sind sie mit der Arbeit fertig?"

„Äh... Nicht wirklich. Sie haben einen der Schränke geöffnet."

„Oh Gott."

„Nach zwei Stunden konnten wir sie aus den Papierberg befreien. Nach drei weiteren Stunden gaben sie es auf, nach den Bedienungsanleitungen zu suchen. Und nach einer weiteren Stunde wollten sie die Geräte nicht einmal mehr anfassen. Sie gehören zu den kompliziertesten Analysegeräten überhaupt! Und ohne Bedienungsanleitung war da nichts zu machen. Janine behauptet immer, die habe ein System, aber dies beruht nun mal auf äh... Systemlosigkeit."

„Eher totales Chaos..."

„Äh... ja."

Einige Minuten des Schweigens glitten durch die Zeit. Draußen auf der Straße knallte etwas. Vermutlich war gerade was explodiert.

„Frau List ist inzwischen ziemlich sicher, dass es sich bei der Substanz um eine Droge handelt."

„Ich weis, ich bereue die Frage, aber warum?"

„Sie meinte, sie sei sich GANZ sicher."

„Oh..."

„Ich äh... geh dann mal."

Raffaela ging langsam zur Tür.

„Ach ja..."

Sie erstarrte in der Bewegung und drehte sich um.

„Ja?"

„Hast du Christin irgendwo gesehen? Ich könnte einen großen Kaffee vertragen."

„Ich schicke sie zu dir, wenn ich sie sehe. Arbeite nicht zu lange, Chef."

Konrad nickte nur.

Keine fünf Minuten später stand Christin mit einen dampfenden, verführerisch duftenden Bechers in der Tür. Dankbar nahm Konrad den Kaffee entgegen und bemerkte beiläufig, dass Christin die Standard-Uniform ein wenige abgeändert hatte, dass ihre Beine und ihre Oberweite etwas besser zu tragen kam. Trotzdem sah sie immer noch... wie Christin aus, ein wenig kleiner und ein wenig auf den Hüften, nicht zu viel, aber auch nicht gerade Modellqualität; nicht direkt leidenschaftlich, aber auch nicht abstoßend. Eher... angenehm.

„Danke für den Kaffee, Christin."

„Bitte schön. Hast du auch Hunger? Wollen wir eine Kleinigkeit essen gehen?"

„Ah, nein danke. Ich muss hier noch ein wenig arbeiten."

Christin seufzte innerlich. Konrad war nicht irgendwie dumm oder begriffsstutzig, aber in Bezug auf Frauen schien er einen blinden Fleck in der Wahrnehmung zu haben. Er sah sie als Kollegin oder bestenfalls als eine Art weiblichen Kumpel. Er schien sich auch nicht viel aus Frauen zu machen. Er war kein Freak, der Frauen nur aus Zeitschriften kannte, sondern machte auf Christin den Eindruck, dass er einmal alles erlebt hatte, um dann nach längerer Überlegung zu den Schluss gekommen zu sein, dass es weiter keine große Sache war. Aber es kam ihr so schrecklich falsch vor!

„Christin?"

Konrads Stimme war ein Flüstern aus einer weit, weit entfernten Welt.

„Ja?"

„Du kennst dich am besten mit den Klatsch in unserer Abteilung aus. Was munkelt man so? Wer wird neuer Leiter des NCS? Und normalerweise ist Janine zwar mächtig chaotisch, aber wenigstens bei giftigen Substanzen vorsichtig. Was war das Zeug überhaupt? Warum hatte Sascha hier geduscht? Und warum sollte er Drogen nehmen? Er hatte zwar viele Fehler, aber von so etwas wüsste ich, weil du davon wüsstest. Und warum hat Alex gerade diese Anwältin bekommen? Hier stimmt etwas nicht! Und wo ist Max hin verschwunden? Ich habe tausend Fragen und brauche dringend Antworten."

Ja, du hast Fragen, dachte Christin. Leider nur nicht die richtigen...

„Ich weis es nicht. Wer der Nachfolger vom NCS wird, steht noch nicht fest. Aber man munkelt, dass die Nummer zwei, Silvio, gute Chancen hätte. Er versteht sich außerdem gut mit mit unseren Computer- und Statistikspezialisten, Ronnie. Er könnte sich übrigens ebenfalls für diesen Posten bewerben und Lisa könnte die Abteilung übernehmen, da diese der mathematisch-analytischen Abteilung untergeordnet ist. Oder der NCS und der CSI könnte zusammengelegt werden und du als der Leiter von beiden eingesetzt werden. Viele halten das für sehr wahrscheinlich. Äh... und keiner, der in den letzten fünf Stunden bei mir wegen einen Kaffee war, konnte sich vorstellen, dass Sascha Drogen nahm."

„Dann wissen wir schon einmal, was dieses Zeug nicht sein konnte."

„Ja, aber wir müssen mit der Analyse warten, bis Janine wiederkommt oder uns zumindest sagt, wo die Bedienungsanleitung hingekommen ist."

Konrad seufzte und setzte sich in seinen Stuhl. Langsam dreht er sich so um, dass er das Panorama Londons sehen konnte. Die Skyline zeichnete sich eindrucksvoll schwarz auf nicht ganz so schwarzen Hintergrund ab. Christin blickte ebenfalls nach draußen.

„Schon mal daran gedacht, dir eine Gardine zuzulegen? Mit ein paar Goldklemmen würde das sicher toll aussehen."

Man sollte wissen, dass Christin nicht dumm oder leicht verpeilt ist, wie es manchmal den Anschein hatte. Es war vielmehr so, dass es in ihr zwei Personen gab. Eine, die wirklich ein wenig verträumt ist und eine eigentlich ganz normale Frau. Unglücklicherweise hatte erstere Persönlichkeit einen schnellen Zugang zur Zunge. Die zweite versuchte gerade die andere innere Stimme zu treten oder rauszuschmeißen.

Konrad sah Christin leicht erstaunt an.

„Ja, sicher..."

Die vernünftige Stimmer seufzte innerlich. Er hatte ihr nicht mal richtig zugehört. Und wenn, würde er es einfach so hinnehmen. Mist!

*

Und natürlich standen Rosen auf den Tischen. Und es spielte eine Violiene. Und es war das beste italienische Restaurant in der Stadt.

Max fühlte sich unwohl. Ihm gegenüber saß tatsächlich der berühmte Opernstar Maria Sebastina. Sie staunte nicht schlecht, als Max an den Tisch saß, an den sie Sascha erwartet hatte. Doch die Reservierung und das essen waren bezahlt. Maria war praktisch genug, um den Abend in bezahlter Umgebung zu genießen und Max hatte keinen Vorrat an Tütensuppen mehr zuhause.

Bei der Vorspeiße, irgendwas italientisches sicherlich, aber Max konnte das nicht beurteilen, versuchte er Maria schonend beizubringen, dass Sascha verstorben war. Bei der Vorsuppe war er fast fertig. Bei dem Wein dazwischen weinte sie einige Tränen in ihre Serviette. Beim nächstem Gang hatte sie sich wieder gefangen.

„Und wie hatten Sie nun Sascha kennen gelernt, Miss Sebastina?"

Sie schniefte noch einmal, lächelte ihn aber schief an.

„Nennen Sie mich doch Maria. Wir kannten uns eigentlich schon ziemlich lange. Ich glaube, seit der Schule. Er kannte mich schon, bevor ich berühmt war. Als ich ihm mal in der Schule erzählt hatte, ich wollte Opernsängerin werden, lachte er laut los. Ich war so entschlossen, es zu schaffen, allein, um es ihm heimzuzahlen. Bei meinem ersten Erfolg saß er in der ersten Reihe. Er lud mich oft ein und hörte mir zu, ohne mich ständig über Dinge auszuquetschen, wie es diese Medienhaie machen."

Geistesabwesend führte Max seine Gabel zum Mund. Erst beim dritten Mal traf er auch. Maria schien es nicht bemerkt zu haben. Max auch nicht.

"Und bei ihm fühlte ich mich immer sehr sicher- Er hatte immer ein offenes Ohr, wenn mich etwas bedrückte."

Max starrt sie immer noch an. Das Essen nahm er ungefähr war, wie er den Mond wahrnahm. Es war halt da, aber er musste sich nicht damit beschäftigen.

„Was hat sie denn so bedrückt? Sie müssen sich recht oft in der letzten Zeit getroffen haben..."

Maria sah ihn recht überrascht an.

„Ach, dies und das. Eigentlich ist es albern... Es ist nichts..."

Max sah sie nachdenklich an. Maria schaute hektisch über ihr Schulter. Dann senkt sie ihren Oberkörper und ihr Stimme und flüsterte fast.

„Hier könnt das jeder mitkriegen. Können wir das nach dem Essen besprechen?"

„Ja... nach dem Essen..."

Erst jetzt fiel Max auf, dass er seine Gabel schon seit fast zehn Minuten etwa zwanzig Zentimeter vor seinem Mund hielt.

„Ja... sprechen wir nach dem Essen."

*

Ein letzter, dröhnender Ton entwich der größen Pfeife der gigantischen Orgel. Ohrenbetäubender Aplaus erschallte. Oliver lehnte sich befriedigt zurück. Seit ein paar Jahren schon spielte er in der großen St. Pauls Katerale die Orgel bei den allabendlichen Gottesdiensten und auch zu verschiedenen anderen Anlässen. Er bedauerte es immer wieder, dass es alleine davon nicht leben konnte. Also musste seine Leidenschaft ein Hobby bleiben.

Ein einzelnes Klatschen stach aus dem allgemeinen Meer aus den Geräuschen von Gemurmel, Applaus und ersten Aufbrechenden heraus. Es klang nicht besonders laut und zeichnete sich durch einen sehr genauen Rhythmus und einer besonders betont langsamen Klatschweise aus. Oliver drehte sich um und schaute in das Gesicht von Lisa.

„Ein wirklich gutes Stück."

„Ja, es gefällt mir sehr."

Eine weile war nur noch zu hören wie zahllose Kirchenbesucher aus der Kirche strömten.

„Wie kommst du so voran? Irgendetwas neues?"

Lisa schüttelte den Kopf.

„Nee, Silvio antwortet mir nicht. Ich wollte von ihm einige Daten über Sascha, aber der ist irgendwie nicht ansprechbar."

Oliver nickte innerlich. War ja klar. Und selbst, wenn Silvio ihr eine Nachrich geschickt hatte, hätte sie es kaum gemerkt. Niemand wusste warum, aber irgendwie übersahen beide ziemlich leicht Nachrichten und Anfragen des jeweils anderen.

„Sonst irgendwas?"

„Die Ärzte sind sicher, dass keine bleibenden Schäden bei Janine zurückbleiben werden, aber aufgewacht ist sie noch nicht."

Oliver schwieg.

„Einige von uns wollten für einen Blumenstrauß zusammenlegen."

Oliver schwieg immer noch.

„Hast du Lust, uns zu begleiden?"

„Ja, ich denke schon… Wer will denn alles mit?"

„Oh… Ronnie, Ich, Raffaela, Christin…äh… Tina und Max und Konrad wollte ich auch noch fragen… Weist du, wo die sind? Konrad ist verschwunden und Max ist auch auf seinem Handy nicht zu erreichen…"

Oliver grinste vor sich hin.

„Ich weis nicht, wo Konrad ist, aber bei Max habe ich so eine Ahnung…"

Lisa machte ein fragendes Gesicht.

„Wenn ich sie sehe, sage ich dir Bescheid."

„Ok, danke."

*

Am nächstem Morgen erschien Max nicht zur Morgenbesprechung. Nur Oliver schien nicht sonderlich überrascht. Als er gegen Mittag endlich zur Arbeit erschien, grinste ihn Oliver an.

„Was ist?" fragte der mächtig abgehetzt aussehende Max.

Oliver grinste immer noch. Sein Blick glitt von den ziemlich zerzausten Haar weiter über die merklichen Augenringe nach untern zu einigen blutigen Zeugen einer zu hastigen Rasur, wanderte dann weiter zu den verdrehten Kragen, einen falsch geknöpftem Hemd, der leicht zerknitterten Hose, den einen, nicht zugebundenen Schuh und bemerkte sogar, dass in den Schuhen zwei unterschiedliche Socken steckten.

"Ach, ich glaube ich weis schon…"

Max sah ihn finster an.

„Ich habe verschlafen."

„Natürlich."

„Und ich hatte es etwas eilig."

„Daran zweifele ich nicht."

„Es war gestern ein langer Tag."

„Kann ich mir denken."

„Und es ist…"

„Nicht so wie ich denke, wie?"

Oliver ging immer noch grinsend von dannen. Max hatte das ungute Gefühl, dass ihm die Sache noch lange unter die Nase gerieben wurde.

Niedergeschlagen machte er sich auf den Weg zu Konrad, um seinen Bericht abzulegen. Die Bürotür war offen und Konrad betrachtete das Panorama der Stadt. Es war gerade nicht sehr atemberaubend, da der Nebel die Sicht stark einschränkte, aber man konnte sich das Panorama fast vorstellen.

„Komm rein, was gib es?"

„Sascha schien eine recht enge Beziehung zum Opernstar Maria Sebastino zu haben. Er ging wohl oft mit ihr essen und so."

„Sascha und Maria? Wie haben die sich denn kennengelern?"
„Ein Stalker verfolgte Maria, nervte sie mit E-mail und so und sie hatte Angst, dass jemand in ihren privaten Sachen rumkramt und so. Sie wandte sich an den NCS und Sascha übernahm die Leibwache. Seit er bei ihr ist, haben die Belästigungen aufgehört."

„Aha. Und das hast du alles gestern abend herausgefunden?"

Max lief hochrot an.

„Äh…"

„Schon gut…"

Ein lauter Krach unterbrach sie. Beide schauten sich an und stürmten dann auf den Flur und zwei Treppen nach unten zur Quelle des Lärms.

Unten angekommen sahen sie, dass Unruhe im Bereich der Besucherwarteräume ausgebrochen war. Raffaela hielt gerade Maria fest, welche wutverzerrt auf die kümmerliche Gestalt von Alex starrt, vor dem sich seine Anwältin geschoben hatte. Diese wurde von Christin daran gehindert, sich auf ihr Kontrahenten zu stürzen. Die beiden Frauen schrien unentwegt aufeinander ein und Raffaela versucht, etwas Ruhe in die Situation zu bekommen.

Konrad und max traten zwischen die aufgebrachten Frauen.

„Bitte beruhigen sie sich…"

Max führte Maria in einen anderen Besucherraum, während Christin die Anwälten taktvoll in die andere Richtung schob. Konrad wandte sich an Raffaela, welche sich den Schweiß von der Stirn wischte.

„Was war denn gerade los?"

„Ach, Miss Sebastino bekam mit, dass wir unseren Hauptverdächtigen auf freien Fuß setzten wollten. Sie starrte ihn erst an und ging ihn dann an mit Beschuldigungen, er hätte Sascha umgebracht und so. Seine Anwältin, du kennst sie, hatte dagegen gehalten und am Schluß endet so etwas immer in einer Schlammschlacht."

Konrad nickte. Er kannte das zu genüge.

„Dann wollen wir uns doch mal anhören, was unser neuer Belastungszeugin zu sagen hat. Alex bleibt weiter in U-Haft, keine Widerrede. Wenn es der Anwältin nicht schmeckt, soll sie sich mit den Anwalt von Miss Sebastino rumärgern. Lass ihr von Christin einen Kaffee bringen und schmeiß sie dann raus."

Raffaela grinste.

„Wird gemacht, Sir!"

Sie salutierte wie in einen schlechten polizeifilm und machte sich dann leise kichernd auf den Weg. Kopfschüttelnd sah Konrad ihr nach. Dann ging er sich die Verhöre ansehen.

*

Nach drei Stunden hatten sie ihre Berichte. Sascha hatte tatsächlich im Fall Sebastino gearbeitet und dabei seinen persönlichen Assistenten offenbar als Hauptverdächtigen im Visier. Maria wusste das und glaubte deshalb, das Alex der Mörder war. Alex dagegen bestritt dies und gab an, dass Sascha derjenige war, der der Stalker war.

„Was meinen Sie damit?" fragte Konrad.

„Es war nur ein Vorwand, um an Miss Sebastino heranzukommen. Ich weis nicht, ob er sie liebte oder ob sie nur ein „Projekt" war, aber er hatte ihr nachgestellt, um sich selbst zu jagen. Ich hatte nur einmal versucht, Maria zu warnen, doch sie glaubte mir nicht, weil Sascha ihr bereits diesen Floh ins Ohr gesetzt hatte."

„Und wann war das?"

„Ich habe es ihr vor einigen Tagen geschrieben. Der Brief kam ungeöffnet zurück."

„Ok, sie bleiben weiterhin hier. Ob als verdächtiger oder Zeuge muss ich mir noch überlegen."

Konrad verließ den nun sichtlich niedergeschlagenen Alex. Seine bekritzeltes Papierbögen bekamen einige weitere Notizen und Fragen hinzugefügt. Seine Schmierereinen an der Glaswand waren verschwunden, dafür hing ein dezenter Zettel dort, auf den es hieß, er müsse nur noch ein mal denken, seinen Edding als Fensterschreiber benutzen zu können und er hätte ein großes Problem. Konrad beschloss, dieses Zettel besser hier nicht in den Papierkorb zu werfen und statt dessen ihn auf dem Heimweg zu entsorgen.

Er hatte gerade zu den Stichpunkt „Alex" „Anschuldigungen Stalker von Maria - oder doch Sascha?" hinzugefügt, als Christin wieder einmal mit seinen Kaffee herein kam.

„Hallo. Ich bringe dir nur schnell deinen Kaffee. Dann muss ich kurz los."

Konrad nahm den Kaffee entgegen und trank einen Schluck.

„Danke. Bis dann also."

Christin seufzte innerlich. Er hatte nicht einmal gefragt, wohin sie gehen würde. Sie sah Konrad an, der seinen Kaffee trank und nachdenklich auf ein altes Bild auf seinen Schreibtisch starrte. Christin kannte es. Es zeigte ihn und Sascha kurz nach ihren Abschluss. Damals waren beide wohl beste Freunde gewesen, doch weder Konrad noch Sascha sprachen von jener Zeit. Christin hatte nur gehört, dass damals beide noch etwa ein Jahr beim NCS gearbeitete haben und beide als Leiter dieses in Aussicht stand. Doch dann verließ Konrad plötzlich den NCS und bewarb sich beim CSI worauf er etwa fünf Jahre als Agent arbeitete, bis man ihn zum Leiter des CSI machte.

„Kaum zu glauben, wie die Zeit vergeht…" Seine Stimme kam wie aus weiter Ferne.

„Äh… ja. Wer ist denn die junge Frau? Eine Freundin von ihnen?"

Christins zweite innere Stimme schüttelte den Kopf über so viel Taktlosigkeit der mit dem Mund verbundenen Persönlichkeit. Konrads Züge erhärteten sich.

„Ja, sie war eine Freundin."

Christin wollte noch etwas sagen, doch dann flog die Tür regelrecht auf und einige Beamte standen in der Tür. Konrad richtete sich auf und nahm Haltung an, als ein Leiter der örtlichen Polizei, eine Staatsanwältin und jene Anwältin, die er zuvor rausschmeißen lies, siegessicher im Büro erschienen.

„Detektiv Konrad Würker, Leiter des CSI London?", fragte der Staatsanwalt sachlich. Konrad nickte zur bestätigung. Die Anwältin trat siegessicher grinsend vor.

„Sie sollten uns einige Fragen im Bezug auf ihre Ermittlungen im Mordfall Sascha, Leiter des NCS beantworten. Wir haben zuverlässige Quellen, wonach sie einen Angeklagten ohne Beweise hier festhalten."

Konrad straffte die Schultern.

„Wir halten ihn fest, da er als verdächtig gilt, er Motiv und Gelegenheit zur tat hatte und außerdem eventuell Fluchtgefahr besteht."

„Halten sie alle verdächtigen fest, auf die diese Beschreibung zutrifft?", fragte die Anwältin zuckersüß.

„Ja, alle."

„Dann sollten sie sich selbst festnehmen."

„Was?", rief Christin, die bis jetzt völlig ignoriert wurde.

„Detektiv Würker hatte gar kein Motiv, Sascha umzubringen, er würde auch nie so etwas tun!"

„Detektiv Würker, wo waren sie in der Nacht zum 23. Dieses Monats zwischen zwölf und vier Uhr?", fragte der Officer.

„Ich war zu Hause und habe geschlafen. Und nein, das kann leider niemand bestätigen."

„Aber Ihm fehlt das Motiv!", fiel Christin ein. Konrad winkte ab und die Anwältin baute sich nun vollständig vor Christin auf und überragte sie über zehn Zentimeter.

„Da irren sie sich. Detektiv Würker hat sogar mehrere Gründe, einen Groll gegen Sascha zu hegen."

„Und welche?"

„Er hatte Schuld am Tod einer Freundin, was ich ihn nie nachweisen konnte…"

Konrads Stimme klang gebrochen und war kaum mehr als ein Flüstern. Hilflos musste Christin mit ansehen, wie ihr Chef zu den Verhörräumen abgeführt wurde.

*

Völlig außer Atem kam Christin am krankenhaus an. Sie stürmte am Empfang vorbei, zu einen Zimmer, vor dem bereits Lisa, Max, Oliver, und Raffaela standen.

„Wo warst du?", fragte Lisa ein wenig vorwurfsvoll. Christin schnaufte wie ein Wahlross und rang dann kurz nach Atem.

„Konnte…nicht…schneller. Sie… haben… Konrad…verhaftet."

Mehr bekam sie nicht heraus und holte noch einmal tief Luft.

„Was?" fünf verwunderte Stimmen fragten alle das gleiche.

„Man hat Konrad verhaftet. Angeblich hatte er ein… Motiv. Wir müssen ihn… sofort helfen."

Lisa betrachtete den Blumenstrauß.

„Janine wird das schon verstehen", meinte sie und vertraute den Strauß einer Schwerster an.

„Also los!"

Und alle rannten los.

*

Kopfschüttelnd sahen sich Oliver, Raffaela und Christin das Verhör von Konrad an. Die anderen hatten sich schnell mit Kaffee und den aktuellen Beweisen im fall Sascha geben lassen und sind in ihre Labore verschwunden. Max leitete zusätzliche zusammen mit einigen Assistenten ein Expedition, die die wieder einmal vermissten Spezialisten für chemische Analysen suchen sollten. Man vermutete dass ein plötzlicher Papierrutsch sie begraben hatte.

Ein ziemlich unbehaglich aussehender Officer führte das Verhör. Immer wieder schritt er durch den Raum, als sei der Stuhl gegenüber von Konrad elektrisch geladen.

„Ok", sagte er. „Dann noch einmal von vorne. Wann haben sie das Opfer zum ersten Mal kennen gelernt."

Konrad blickte einen Moment in die Luft und schien sich angestrengt erinnern zu wollen. Christin aber wusste, dass er das nur der Wirkung wegen tat.

„In meiner Ausbildungszeit." begann er.

„Bitte führen sie aus. Wie standen sie zu ihn."

„Gerne. Wir waren Zimmergenossen während unserer Ausbildung zu NCS Officer. Damals waren wir beste Freunde und haben eine Menge gemeinsam unternommen. Da wir beide ziemlich gut waren hatten wir auch viele Bewunderer und standen oft im Rampenlicht."

Der Officer blätterte eine Mappe durch.

„Hier steht, dass ihr beider Ergebnisse ungewöhnlich gut waren. Einige der besten Arbeiten stammten von ihnen."

„Ja, wir waren schon gut."

„Allerdings werden auch oft disziplinarische Strafen erwähnt."

„Oh, wir haben den einen oder anderen Streich ausgeführt."

„Fahren sie fort."

„Nun, wir hatten noch eine dritte Person in unseren Freundeskreis. Ein junges Mädchen namens Anne."

„Eine Freundin?"

Nun brach Konrad wirklich ab.

„Ja…" flüsterte er fast. „Ich habe sie geliebt und sie war auch lange Zeit mit mir ein paar. Auch nach unseren Abschluss. Doch dann… Nach einen Jahr war da dieser Virus."

„Der K8-76 fünf?"

„Genau. Er tauchte plötzlich auf und keiner konnte ihn stoppen. Ich hatte gerade meinen ersten Fall als NCS Officer übernommen und den Ehrgeiz, ihn zu knacken und vergrub mich in die Arbeit. Vielleicht habe ich Anne dabei etwas vernachlässigt. Ich weis es nicht. Jedenfalls besuchte sie damals am 23. Oktober Sascha, um ihn zu bitten, mich ein wenig aus zu bremsen. Was danach passierte, weis ich nicht."

„In den Akten stand, sie starb in jener nacht bei einem Verkehrsunfall. Der Fahrer sagte aus, dass er sie auf der dunklen Straße nicht sehen konnte."

„Das sagte der Fahrer." sagte Konrad so eisig wie die ein leichenschauhaus. Den Officer verwirrte dies etwas.

„Sind sie anderer Meinung?"

Konrad seufzte.

„In jener Nacht habe ich etwas mehr über diesen Virus herausgefunden und dabei Ähnlichkeiten mit verschiedenen Programmen gefunden, die ich mit Sascha und Anne zusammen programmiert habe. Heute bin ich mir sicher, dass Anne dies auch erkannte und ihn zur Rede stellen wollte. Nun, der Unfall hat einen wichtigen potentiellen Zeugen verschwinden lassen und ich konnte nie etwas beweisen, nur Anschuldigungen erheben."

„Ja, in ihrer Akte war eine Anklage verzeichnet, nur nicht der Wortlaut."

„Und meine Klage wurde abgelehnt. Und ich wollte nicht länger im NCS bleiben. Also ging ich zum CSI."

„Wollten sie Rache nehmen?"

„Nein. Ich wollte nur beweisen, dass er damals die Schuld trug."

„Und als sie das nicht konnten, nahmen sie den einfachen weg…" begann der Officer, als Konrad mit der Hand auf die tischplatte schlug. Das Geräusch lies auch die stillem Beobachter hinter den Spiegel zusammenfahren. So eine heftige Reaktion von Konrad hatte noch niemand beobachten können.

„Nein. Wenn er tot ist, kann ich ihn nicht mehr hinter seiner Straftaten hinter Gitter bringen! Nun habe ich keine Chance mehr dazu!"

Oliver drehte den Ton ab.

„Er hat kein Alibi und ein für den Staatsanwalt ziemlich plausibles Motiv. Was machen wir jetzt?" fragte er. Seine Kollegen schwiegen.

„Aber eigentlich… Wenn man Motive als maßstab anlegt, hätte auch Alex der Täter sein können", begann Christin.

„Ja, Sascha war wohl ziemlich ekelig zu ihn gewesen, aber er wusste doch, als was er sich als persönlicher Assi einlässt und er ist nicht der Typ für so was.", entgegnete Oliver.

„Nein, das meine ich nicht." sagte Christin. Oliver starrte sie an.

„Ich meine, dass Alex ein Stalker von Maria Sebastino war und Sascha ihn auf die Schliche kam."

Oliver starrte immer noch Christin an, dann lachte er los. Es dauerte eine Weile, bis er sich unter den fragenden Blicken wieder beruhigt hatte.

„Der… und ein Stalker? Auch noch von Maria Sebastino? Entweder Sascha ist verdammt dämlich, oder Alex ist so unschuldig wie… äh… so ziemlich das unschuldigste, was ihr euch vorstellen könnt."

Er brach erneut ab, um Luft zu holen.

„Warum bist du dir so sicher?" fragte Raffaela.

„Weil es in seiner Wohnung von Fotos von Maria Sebastino wimmelte. Ich habe auch Videos und einige nette E-Mail gefunden. Er führte eine Art Doppelleben, der gute."

„Also haben wir nicht viel gegen Alex in der Hand?" fragte Raffaela.

„Oh… Du meist: Überführe Alex, und Konrad ist unschuldig?" Christin sah Raffaela bewundernd an.

„Natürlich! Alex hatte jede Menge Motive. Nur mit den Beiweisen sieht es düster aus…"

In diesem Moment ging hinter Oliver die Tür auf und Ronni kam sichtlich aufgelöst herein.

„Oh mein Gott!"

„Was ist?"

„Konrad ist nicht als einziger verhaftet wurden!"

„WAS?"

Ronni schnappte kurz nach Luft und setzte dann zu einer Erklärung an.

„Sie haben auch Lisa und äh… wie hieß er noch gleich… Sascha Stellvertreter festgenommen!"

„Was? Warum das denn?" fragte Oliver.

„Die Anwältin hat das Überwachungsvideo von der Tatnacht von Saschas Büro angefordert und da sah man eindeutig einen Streit zwischen Lisa und Sascha. Mich wollten die auch schon festnehmen, aber ich hatte ein Alibi. Allerdings stehe ich unter Beobachtung und darf nicht mehr in diesen Fall ermitteln."

„Moment mal", begann Christin, die langsam anfing zu rechnen.

„Das bedeutet doch, dass nun Konrad, du und Lisa nicht mehr an den Fall arbeiten können. Zusammen mit Janine ist das fast unser gesamtes, Analsyenteam!"

„Das ist also ihre Strategie? Uns alle zu Verdächtigen machen, bis keiner mehr übrig bleibt?" fragte Oliver bitter in die runde. Raffaela stürmte zur Tür,.

„Ich darf noch ermitteln! Und ich werde noch etwas finden!"

Sie schlug die Tür recht wuchtig hinter sich zu. Und währe dabei beinahe in maxi gerannt, die Pressesprecherin des Institutes.

„Oh… tut mit Leid…" murmelte Raffaela.

„Schon gut," winkte Maxi ab. „Ich war gerade nicht ganz bei mir. Ich muss in drei Stunden verkünden, warum die Hälfte unseres Teams unter Mordverdacht steht. Und dann noch dass Silvio und Alex vom NCS ebenfalls als verdächtig gelten."

„Oh… Ich hoffe, ich finde etwas…"

„Viel Glück."

„Danke."

Maxi wuselte um die nächste Ecke und Raffaela begab sich in den Keller. Einer der Räume gehörte ihrer Abteilung für Spurensicherung und Fotographie. Die Wände hingen voll von Fotos und an die freien Stellen warfen Beamer digitale Aufnahmen an kalten Stahl.

Energisch setzte sie sich und griff sich die erste Fotoserie.

*

Max hatte nach einigen vorsichtigen Versuchen die in Papier eingeschlossenen Spezialisten geortet. Mit einer Sicherheitsleine gesichert begab es sich nun vorsichtig in die bisher unerforschten Weiten des Papierkosmus. Einige besorgte Gesichter von Assistenten und Praktikanten beobachteten jeden seiner Schritte. Nach einer stunde hatte er die Luftblase erreicht, unter welche er die verschütteten vermutete. Stirnrunzelnd sah er kurz zu den Schränken über sich auf. Von außen sahen sie harmlos aus. Sie konnten bestenfalls ein bis zwei Kubikmeter in sich aufnehmen. Und doch… sie schienen in ihren inneren größer zu sein, als außen.

Vorsichtig sicherte Max die Umgebung mit einigen Stützen ab. Dann schnitt er einen breiteren Tunnel mit seiner Dienst-Urwaldmachete (niemand wusste, warum alle eine bekamen, doch irgendwann wurde es Tradition sie zu tragen und Lebensnotwenig, wenn man einen der Schränke in Janines Labor öffnen wollte) durch das Papier zurück zum Rettungstrupp. Dann ging er mit Unterstützung zurück zur Wand. Vorsichtig löste er einige Blätter. Die andern Stützten. Nach einer Stunde waren sie durch. Es wurde gelacht und geweint, einige Spezialisten fielen den perplexen Assistenten um den Hals.

Sichtlich erleichtert ging Max zum Hausinternen Kommunikationssystem (Handy haben hier unten kaum Empfang.) und nahm den Höhrer ab.

„Wir haben hier unten alles im griff. Lasst die Aufräumer kommen, die müssen hier nur noch ein wenig Ordnung schaffen."

Dann machte er sich wieder auf den Weg nach oben.

*

Kaum war Max im Labor angekommen, fiel ihm das Licht aus Raffaelas Labor auf. Die Tür sprang auf und die Fotoexpertin stand vor ihm.

„Gott sei dank, kannst du mir mal bitte helfen? Ich stör dich ja nur ungern, aber…"

Ein Schulterzucken von max antwortete ihr und sie nahm dies als Zustimmung hin.

„Danke. Komm mal mit. Dieses eine Foto da ist reichlich merkwürdig…"

Max betrat nach Raffaela das Labor und sah sich kurz um. Fotos vom tatort „Sascha" hingen überall. Auf keinem konnte man die Leiche oder sonst irgendetwas markiertes erkennen. Nur einige achtlos aufeinander gestabelten Aufnahmen ließen dieses Inhalt vermuten. Assistentenarbeit wurde nicht so hoch wie die eigene eingeschätzt, dieses verhalten haben alle hier gemeinsam. Selbst die Assistenten schätzten ihre Assistenten ziemlich gering.

„Weist du", begann Raffaela, „Irgendwie haben wir alle in der letzten Zeit die Spuren ganz schön vernachlässigt. Ich meine: die letzten Fälle waren Unfälle, Zufälle und einmal ein freier Fall. Oder der Mörder stand daneben und hatte bereits ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Jetzt müssen wir aber sehen, was wir tun können. Und das gerade dann, wenn unser halbes Team unter Mordverdacht steht…"

„Wie?"

„Oh… hast du es nicht gehört?"

In Kurzfassung erklärte Raffaela den perplexen max die letzten Ereignisse, während sie verschiedene Fotoserien hervorholte und auf den Tisch Platz machte.

„Und jetzt haben wir den tatort schon säubern lassen. Naja, wir haben ja noch die Fotos…"

Beide gingen die Serien durch, auf deren Fotos nicht ein Pixel von Saschas Leiche zu sehen war. Stattdessen jede Menge gelblicher Fliesen.

„Da ist es!", rief Raffaela und reichte Max ein Foto, welches sich kaum von den anderen fünfundzwanzig davor unterschied. Es waren eben drei Fliesen zu sehen. Doch die am linkem Rand wies eine eigenartige Kerbe auf.

„Was ist das?", fragte er.

„Ich habe keine Ahnung, aber seltsam ist es schon, oder?"

Max zeigte auf ein weiteres Foto.

„Hier ist noch eine…"

„Auf anderen Fotos sind ebenfalls welche zu sehen. Insgesamt habe ich etwas neun oder zehn solcher Kerben gefunden."

Eine kurze Zeit des Schweigens verriet eine enorme Denkaktivität in zwei Gehirnen.

„Das Putzteam… äh… putzt doch nur und tauscht keine Fliesen aus, oder?", begann Raffaela.

„Vielleicht ist die kerbe noch da.", meinte Max langsam. Beide sahen sich an.

„Wollen wir sie uns ansehen?"

*

Während dessen lief Lisa auf und ab. Sie war frustriert und steigerte sich schnell in eine ziemliche Wut hinein.

„Verdammt! Diese dämliche Anwältin! Wir sitzen hier fest und können nicht einmal was tun!"

Ronni brummte etwas unverständliches. Er war dabei, aus den langweiligen Broschüren etwas ziemlich kunstvolles zu basteln. Man hatte sie in den Warteraum des Institutes gebracht und ihnen nahegelegt, dort zu bleiben, bis „zweifelsfrei eine Unschuld" beweisen werden konnte. Konrad war im Nebenzimmer untergebracht, da er „verdächtig" sei. Dass Lisa nicht ebenfalls „Einzellhaft" ausstehen musste, was dem Umstand zu verdanken, dass mindestens fünf Krankenhausangestellte ihr Alibi bestätigen konnten. Dass sie trotzdem nicht weiter am Fall arbeiten konnte, machte sie erst recht wütend.

„Ich meine, nur noch Raffaela, Oliver und Max können aktiv an diesen Fall arbeiten, Frau List und Maxi mal nicht mitgerechnet. Und Raffaela ist dabei die einzige, die ansatzweise mit den Laborgeräten umgehen kann. Oh, ich hoffe, dass sie sich schnell was einfallen lassen!"

Ronnie setzte mir ruhiger Hand ein mehrmals gefaltetes Blatt auf einen kunstvollen Stapel. Alles zusammen sah aus, wie ein noch nicht ganz fertig gestellter Frosch.

„Raffaela schafft das schon und Christin ist ja auch noch da. Die finden schon was."

*

Am gesäuberten Tatort kniete Raffaela auf den gefliesten Boden und untersuchte ihn mit einer Lupe. Max schüttelte kurz den Kopf. Woher hat Raffaela diese Lupe? Nun kroch sie sogar unter ein Waschbecken auf der Suche nach den Kerben. Aber egal. Es holte die Fotos hervor. Zwei oder drei zeigten die gelblichen Fließen, welche unverkennbar zu ihren Füßen lagen. Doch einige Fotos zeigten etwas hellere Fließen mit Kalkflecken, die nur von spritzwasser stammen konnten. Außerdem waren die Fugen dazwischen weißer. Also Fließen von der Wand. Auf zwei Fotos war die Kerbe in weißen Putz zu sehen, welcher nur an der Decke verwendet wurde. Max blickte nach oben.

„Ich habe eine Kerbe gefunden." sagte er, worauf Raffaela hochschreckte und mit den Hinterkopf an das Waschbecken donnerte.

„Au! Mist! Erschreck mich doch nicht so!"

„Äh… Entschuldigung. Tut mir Leid. Geht’s wieder?"

Raffaela rieb sich den Hinterkopf.

„Ja… schon gut. Du hast eine Kerbe gefunden?"

„Dort oben." Max zeigte auf eine Stelle an der fleckigen, größtenteils weißen Decke.

„Ich sehe kaum etwas. Warte, ich hohle einen Stuhl…" sagte Raffaela und verschwand. Kurz darauf erschien sie mit einen Bürostuhl und stellte sich darauf. Mit der Lupe betrachtete sie sich die Kerbe.

„Du hast recht. Aber da klebt… irgendetwas drin. Hast du zufällig eins von dieses Tupfer-Dingern?"

Max kramte in einer Tasche seiner Jacke und holte tatsächlich ein kleines Röhrchen hervor, in dem ein ohrpadähnliches Ding steckte und reichte es Raffaela. Diese nahm es vorsichtig entgegen und rieb mit der weichen Seite des Stäbchens in der Kerbe entlang. Dann kletterte sie vorsichtig wieder vom Stuhl. Max kam näher, um sich die seltsame Substanz anzusehen.

„Was ist das?"

„Sieht… gelblich aus."

„Hmm… Derzeit ist keiner da, der uns bei der Bestimmung von so was helfen könnte. Heben wir es auf." meinte Raffaela und steckte das Röhrchen mit den Wattestäbchen in eine Plastiktüte und diese in ihre Jackentasche.

Nach einer Weile hatten die beiden auch die restlichen Kerben gefunden. Etwa fünfzehn hatten sie gezählt. Und in allen war diese seltsame gelbliche Masse gewesen. Schließlich öffnete Raffaela die Duschen.

„Was suchst du denn in den Duschen?"

„Vielleicht ist ja hier drin auch noch eine… In welcher hatte Sasche geduscht?"

„Laut Bericht in der mittleren."

Raffaela kletterte hinein und sah sich um.

„Wow, hier liegt sogar noch Seife."

„Echt? Was für welche?"

„Aus einen Hotel. Ähm… „Wedding" steht drauf."

„Doch nicht etwas das „Wedding" in der Innenstadt? Das ist ein ziemlich teures, nobles, altenglisches Hotel."

„Ob Sascha dort gewesen war?"

„Möglich. Nimm die Seife mit. Und dann fragen wir einfach mal nach."

Raffaela reichte das Stück Seife Max. er berachtete es kurz, bevor er es in die Tüte stopfte.
„Das Hotel mag nobel sein, doch die Seife ist ziemlich lasche Qualität."

„Hmm… Was Sascha dort wohl wollte?"

„Finden wir es heraus!"

*

Christin kochte Kaffee. Das war ihre Hauptbeschäftigung, wenn sie nichts zu tun hatte. Kaffee kochen und abwarten. Seufzend füllte sie einen Becher und stellte ihn auf ein Taplett. Nach einer Sekunde des Zögern stellte sie vier weitere Becher und einen Teller Kekse darauf und ging damit durch die Flure des CSI. Ihr erster Zwischenstopp war am Büro von Oliver dieser begrüße sie freundlich und nahm dankbar den dampfenden Becher entgegen. Nach einigen Minuten machte sie sich auf den Weg zu Konrat. Ihr hatte niemand verboten, zu ihn zu gehen und selbst wenn war es unmöglich, dass sie sich daran hielt. Und danach besuchte sie Lisa und Ronnie. Dort setzte sie sich, verteilte die kaffebecher und nahm sich selbst einen.

„Und? Wie sieht es aus? Kommen wir bald hier raus?" fragte Lisa. Christin rank einen Schluck.

„Ronnie sicher bald und eigentlich auch du, aber diese komische Anwältin verkompliziert alles künstlich. Aber Max und Raffaela haben vielleicht eine Spur gefunden und sind unterwegs ins „Wedding"."

Ronnie blickte auf.

„Ins „Wedding"? Oh Gott! Miese Architektur, aber seltsamerweise halten alle das Hotel für ultrchic,,,

„Sascha offenbar auch." meinte Christin.

„Ha, das sieht Sascha wirklich ähnlich…" sagte Lisa. „Und? Was haben sie eigentlich?"

„Ein Stück Seife…"

„Das ist nicht dein Ernst!"

„Doch… Leider."

Resigniert sah Lisa zur Decke. „Oh nein. Hoffentlich wissen die, was sie tun."

„Oliver schien jedenfalls dieser Meinung zu sein…"

„Oh toll!"

„Keine Sorge, sie finden was und diese dämliche Anwältin muss ja irgendwann mal gehen lassen."

Ronnie stelle seinen Becher ab.

„Habt ihr euch eigentlich mal gefragt, warum so ein Loser wie Alex diese Anwältin bekommen hat?"

Lisa schütterlte den Kopf. „Keine Ahnung, sicher hat er Beziehungen oder sie wusste, dass es was zu holen gab…"

„Und Maria Sebastino hätte doch auch allen Grund wütend zu sein…" Überlegte Ronnie laut weiter.

„Du meist Maria hat Alex die Anwältin zugespielt um von sich selbst abzulenken? Das währe… genial!"

Christin schüttelte den Kopf.

„Glaube ich nicht… Sie ist nicht der Typ, der Sascha in der Herrendusche des NCS auflauern und erschlagen würde."

„Auch wieder war…" meinte Lisa widerstrebend.

„Und damit hält euch die Anwältin noch fest: Der Tatort war eindeutig dieses Gebäude und nur Mitarbeiter kommen rein und raus."

„Na toll." Lisa stellte auch ihren Becher weg. „Hoffentlich finden Raffaela, Max und Oliver etwas…"

*

„So." sagte Raffaela.

„Hmm…" machte Max.

„Das ist es also."

„Hmm…"

„Das Wedding."

„Hmm…"

„Äh… gehen wir rein?"

„Hmm…? Ja."

Und Max schritt zügig auf das… Nun Backsteinhaus zu. Ein gewöhnliches Backsteinhaus, wie mindestens zwanzigtausend andere in London. Raffaela fragte sich, warum alle es für ein besonders edeles Hotel halten. Es sah von außer eher aus, wie ein Hotel, was einen um zwei uhr Morgens recht sympatisch vorkommt, man aber morgens mit geschlossenen Augen den Ausgang suchen musste, wenn man sich selbst einen gefallen tun wollte. Hier soll Sascha gewesen sein? Nun… Vielleicht um zwei Uhr Morgens…

„Hey! Warte auf mich!" rief Raffaela und rannte hinter Max her. Dieser war schon längst durch die kleine Halle, welche wohl ein Vorraum sein sollte, zum Schalter gegangen und sprach dort mit den Aushängeschild der londoner Hotelbediehnung.

„Wasn?" fragte der Mann mit einer Mischung aus Nuscheln und Lispeln. Raffaela verzog unwillkürlich das Gesicht. Max zückte seine Marke und hielt sie den Mann unter die Nase.

„Ich bin Agend Max vom CSI und das ist meine Partnerin Raffaela. Wir ermitteln in einem Mordfall." Raffaela sah Max an. Seine Partnerin? Sie hörte wohl nicht richtig! Sie gehörten völlig anderen Abteilungen an! Der Angestellte schielte sie an. Bäh, dachte Raffaela. Der würde nicht einmal um zwei Uhr Morgens gut aussehen. Wie konnte auch nur ein Mensch in dieser Stadt denken, dass dieses Hotel so besonders gut sei?

„Und was wollen sie?"

„Wir würden gerne einige Untersuchungen vornehmen. Zuerst hätte ich gerne die Gästeliste der letzten drei Tage und einen Gerneralschlüssel."

„Haben sie denn auch einen Durchsuchungsbefehl?"

„Wollen sie einen sehen?"

Raffaela war erstaunt. Der Mann hinter dem Schalter zögerte. Max hatte seine Hand auf den Weg zur innentasche seiner Jacke, aber Raffaela wusste doch ganz genau, dass sie keinen Durchsuchungsbefehl haben!

„Sie wissen, dass das Behindern von CSI-Beamten strafbar ist, wenn dadurch wichtige Spuren vernichtet werden?"

Keine Lügen, dachte Raffaela. Nicht übel…

„Äh… Hier ist der Generalschlüssel und die Gästeliste…" der Mann tauchte irgendwo unter seinem Schreibtisch ab und kam erst nach einer ganzen Weile wieder zum Vorschein, mit einer langen Liste bewaffnet.

„Wie haben noch nicht auf Computer umgestellt" nuschelte er. Max nahm das Papierbündel entgegen und reichte es Raffaela.

„Danke. Wir wenden uns an sie, wenn wir mehr Informationen brauchen." meinte Max und schritt durch den erstbesten Durchgang aus der halle in den nächsten Flur. Raffaela folgte ihm hastig und versuchte dabei die Gästeliste zu überfliegen.

Nach einer Weile fanden beide eine Art Aufenthaltsraum, der nach Kaffee und Zigarettenrauch roch, aber einige ziemlich bequeme Sessel aufwies. Glücklich lies Raffaela sich in einen Fallen. Max setzte sich ihr Gegenüber und zückte sein Handy. Während sie sich durch die Gästeliste kämpfte, tippte er irgendetwas in das Handy ein.

„Ich glaub’s nicht!" rief Raffaela. „Sascha war tatsächlich hier! Im Zimmer 405!"

Max nickte und steckte sein Handy weg.

„Dann holen wir jetzt den Generalschlüssel." sagte er und stand auf. Bevor Raffaela noch etwas sagen konnte, war er schon wieder durch einen der Gänge verschwunden.

„Hey! Warte auf mich!"

*

Oliver saß unterdessen in seinem Büro und sah sich diverse Berichte über den Fall an. Er hatte ebenfalls Raffaelas Fotos vor sich liegen. Die vielen Rillen kamen ihn ziemlich bekannt vor. Irgendwann in seiner Laufbahn hatte er so etwas schon einmal gesehen, doch er konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wo. Vor einiger Zeit war Christin bei ihm gewesen und hatte ihm Kaffee gebracht. Der Becher stand leer in einer Ecke seines Schreibtisches. Oliver sah seinen Becher an. Er war groß, weiß und hatte eine große Ente darauf. Sie trug eine rote Schleife und unter dem Bild stand: Ente gut, alles gut. Hinter dem Becher zeichnete sich der Fernseher seutlich von der Wand ab. Gerade, als Christin bei ihm war, wurde das Interview mit Maxi gesendet. Es klang schlimm: der Leiter des NSC - tot. Der Leiter des CSI - Hauptverdächtiger. Zudem waren ebenfalls einige der Hochrangigen Mitarbeiter des CSI und NCS verdächtig.

Fals jemand diese Geschichte liest und mich kennt: Bitte sei nicht böse, wenn ich deinen namen verwendet habe. Wenn dir dein Namesvetter nicht gefällt, ist dieser frei erfunden und hat nichts mit dir zu tun (bei den meisten ist das wirklich der fall)
Keines der Ereignisse ist für bare
(Auch die mies beschriebenen Personen sind eigentlich ganz nett, nur ist es langweilig, wenn alle nett sind, oder? Danke noch an alle, die an der Story mitgestrickt haben. Ich hoffe es gefällt euch.. Wenn nicht, schreibt mir einfach.)

Münze zu nehmen!!!

Fortsetzung folgt bald, hoffe ich.
Janine Benkert, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.09.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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