Andreas Rüdig
Die Statue
Hier stehe ich nun in aller Ruh und höre einem
Pfarrer zu. Stimmt. Als Marienstatue kann ich nämlich nicht anders. Ich
bin nämlich filigran aus Stein gemeißelt und an einem Pfeiler in der
Basilika aufgestellt. So langweilig es auch wochentags ist, wenn die
Kirche leer ist und kein Besucher die Kirche bewundern kommt, so
unterhaltsamer und spannender sind die Sonntagvormittage. Dann ist
nämlich Gottesdienst. Dann sehe ich auch ihn - Pfarrer Müller -
Gottfried Gotthold Müller. Er ist nicht nur ein hübscher Mann. Er
ist auch ein wunderbarer Prediger. Seine Predigten sind einfach
göttlich.
Doch was machen die beiden alten
blöden Schnepfen da drüben? Nicht nur, daß sie einen Hut in der Kirche
tragen. Sie unterhalten sich auch kirchernd und gibbelnd. Und das
während der Predigt!! Also nein! Diese beiden Weiber sind eine Schande.
Meine wütenden Blicke bemerken sie nicht, sondern quatschen ungeniert
weiter. Aus den wütenden Blicken werden Blitze! Und nichts passiert.
Die Frauen quasseln weiter. Langsam nehme ich einen kleinen Stein in
die Hand. Nicht bemerkend, wie mich die Gemeinde staunend anblickt,
schaue ich zu den Schnepfen hinüber - und bin verblüfft: Einer meiner
blitzenden Blicke hat einen dieser häßlichen Hüte in Brand gesetzt.
"Hilfe!
Hilfe! Ich brenne! Mein Hut hat Feuer gefangen," schreit eine der
Schnepfen plötzlich auf, reißt sich den brennenden Hut vom Kopf und
wirft ihn mit einer plötzlichen Bewegung von sich. Der brennende Hut
landet (leider?) im Blumenschmuck und setzt ihn in Brand. Nur die
Geistesgegenwart von Gottfried Gotthold Müller bewahrte die Kirche und
mich davor, komplett Feuer zu fangen und zu verbrennend. Er löscht das
Feure mit dem Traubensaft.
Seitdem sind die
beiden Schnepfen aus dem Gotteshaus verbannt. "Die Frauen sind ja
gemeingefährlich. Nur, weil ihr die Blumen nicht gefielen, müssen sie
sie ja nicht abfackeln..."
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.10.2007.
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Es wurde sehr viel geschrieben über jene Jahre der unseligen Diktatur eines wahnwitzigen Politikers, der glaubte, den Menschen das Heil zu bringen. Das meiste davon beschreibt diese Zeit aus zweiter Hand! Ich war dabei, ungeschminkt und nicht vorher »gecasted«. Es ist ein Lebensabschnitt eines grünen Jahzehnts aus zeitlicher Entfernung gesehen, ein kritischer Rückblick, naturgemäß nicht immer objektiv. Dabei gab es Begegnungen mit Menschen, die mein Leben beeinflussten, positiv wie auch negativ. All das zusammen ist ein Konglomerat von Gefühlen, die mein frühes Jugendleben ausmachten. Ich will versuchen, diese Erlebnisse in verschiedenen Episoden wiederzugeben.
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