Joe R.

Ich hasse verregnete Nächte

Alle Geschichten enden mit einem Tod. Und alle beginnen sie mit einer Geburt. Was von beidem letztlich blutiger war, dürfte dem Titelhelden ziemlich egal sein. Zumindest wenn die Geschichte aus ist.

Harry ging es wesentlich besser als er noch Harald hieß. Wer weiß wie Hundefutter schmeckt, der kennt auch die Bedeutung des Wortes „besser“. Harald wäre wohl nie auf die Idee gekommen jeden Cent, den er hatte, und noch dazu jeden, den er irgendwie auftreiben konnte, in so ein dubioses Geschäft zu investieren. Aber Harry sah nur den zugesicherten Gewinn. Gut – er sah schon noch ein bisschen mehr. Er sah Mahnungen, eine Vorladung, eine Beziehung, die am seidenen Faden hing, und nicht zuletzt sah er hin und wieder auch seine Kontoauszüge. Die meisten Menschen benutzen bei großen Sprüngen einen Fallschirm, aber für den hätte Harrys Geld keinesfalls gereicht.

Wer, wie er, Geschäfte macht, die man eigentlich nicht machen sollte, und das mit Leuten, denen man eigentlich nicht begegnen sollte, der lernt in verregneten Nächten, wie dieser, möglicherweise jemanden wie mich kennen. Oft schicken besagte „Geschäftsleute“ bei Zahlungsproblemen einen, der sich nach besten Kräften darum bemüht, eine akzeptable Lösung für das Begleichen der Schulden zu finden. Aber manchmal werde auch einfach ich gebeten, mich einer Geschichte anzunehmen.

So kommt es immer wieder einmal vor, dass ich mich in einer verregneten Nacht in einem Stadtteil herumtreibe, den man besser meidet, wenn es dunkel ist. Harald hätte das mit Sicherheit getan – auch tagsüber. Da Harry scheinbar lieber in seinem eigenen Bett schläft, statt unter einer Brücke, lief er mir hier direkt in die Arme.

Ich weiß nicht was er erwartet hat, aber mit irgendeiner Reaktion musste er doch rechnen. 50.000 vermissen sogar Leute, die 50.000 im Grunde gar nicht brauchen.

Jeder Andere hätte zugesehen, dass er die Stadt schleunigst verlässt, nachdem klar war, dass der Deal platzen würde. Jeden Anderen hätte ich wohl am Bahnhof oder am Flughafen „verabschieden“ müssen. Harry dagegen ging sogar noch an sein Handy und meldete sich mit „Was gibt’s?“. Witzigerweise sagte er das auch, als wir uns vorhin in der engen Gasse gegenüber standen. Ich bin ein sehr direkter Mensch, also habe ich ihm seine Frage auch ohne große Umschweife mit zwei Kugeln beantwortet.

Warum ich jetzt noch immer hier stehe? Na ja, zum Einen wegen der obligatorischen „Zigarette danach“, und zum Anderen weil sich dummerweise wenige Sekunden später herausstellte, dass der Kerl, der hier das Wasser rot färbt, gar nicht Harry war. Harry steht hinter mir und hält mir eine Kanone an den Kopf. Er meinte, er lässt mich die Kippe noch in Ruhe zu Ende rauchen... hmm... ich hasse verregnete Nächte.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.10.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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