Stephanie Schneider

Die Wölfe - 19. Graue Augen

„Wo bist du? Ich sehe dich nicht, aber ich weiß du bist da. Wir haben unsere Heimat verlassen, nur für dich. Wo bist du?“ Erschreckt wachte ich auf. Meine Haare waren nass vom Schweiß und das Bett verwüstet. Um mich herum war alles dunkel. Es war wieder ein Traum. Ich erinnerte mich nur noch an die Stimme, so traurig und verletzt. Ich machte Licht und setzte mich an den Tisch. Lange überlegte ich was die Träume bedeuten sollten. Schließlich klopfte es an der Tür und Tand kam herein. Es war Morgen und wir wollten heute die neuen Rekruten trainieren. „Konntest du nicht schlafen?“, fragte er als er mich im Schlafanzug am Tisch sah. Die Kerze war bereits herunter gebrannt. Ich wich ihm aus und entgegnete: „Teilweise, wie spät ist es?“ Es war erst halb sechs. Um sechs sollte das Training beginnen. Ich schickte Tand in den Stall die Pferde bereit zu machen und zog meine Uniform an.
„Soldaten, still gestanden! Eurer General Oscar Francoir DeJarge!“ Die neuen Rekruten standen still und blickten geradeaus Tand und mir entgegen, aber an uns vorbei in die Leere. Es waren überwiegend junge Männer zwischen achtzehn und 25 Jahren. Viele kamen aus Jangan oder den Dörfern um Donwhang herum. Von den zwanzig Männern kannte ich die Hälfte. Die meisten kamen aus militärischen Familien und führten die Tradition fort. So wie ich es ebenfalls getan hatte. Meine Zeit als Rekrut liegt fast fünf Jahre zurück. Es gab kaum etwas was ich noch lernen konnte. Bereits mit acht Jahren lernte ich fechten und reiten. In der Zeit als Rekrut erzählte mir mein Vater von Strategien und Taktiken des Angriffes und erklärte mir die Schwächen der Monster zwischen Jangan und Donwhang. Nach zwei Jahren war ich bereits sein Assistent und bildete selbst Rekruten aus. Viele konnten so wie ich damals bereits reiten und fechten von der Theorie her, aber die Praxis fehlt den meisten. Diese Rekruten würden erst nächste Woche mit dem eigentlichen Training beginnen. Heute würde ich ihnen das Lager zeigen und sie kennen lernen. Ich rief nacheinander die Namen der Männer auf meiner Liste auf und verknüpfte sie mit den Gesichtern, die ich vor mir sah. Ein junger Mann, der in etwa Tands Alter war, fiel mir besonders auf. Er schaute nicht wie die anderen grade aus an uns vorbei, stattdessen schienen seine grauen Augen auf mir zu haften. Ich hatte alle Namen vorgelesen, aber der schwarzhaarige Mann mit den stechenden grauen Augen war nicht dabei gewesen. „Alle nicht genannten vortreten!“, kommandierte ich. Niemand trat vor. Ich ritt zu dem mich immer noch anstarrenden Mann, bis ich kurz vor ihm stand. Der Schimmel bäumte sich auf, aber der Mann verzog keine Miene. Seine kalten Augen waren immer noch auf mich gerichtet. „Wie ist euer Name Rekrut?“, fragte ich ihn. „Tsumi Kajatzu Remoulier, General.“, antwortet eine tiefe grollende Stimme, die nicht zu dem jungen Mann passte. „Dieser Name steht nicht auf meiner Liste. Sind Sie als Rekrut gemeldet?“, fragte ich weiter und blickte in die kalten grauen Augen. Es schien ewig zu dauern eh eine Antwort kam: „Ich habe mich nicht angemeldet. Gestern erreichte ich die Stadt und erfuhr, dass ein neuer Kurs Rekruten erwartet wird. Ich bin ein guter Kämpfer und möchte gern der königlichen Garde beitreten.“ Jeder Soldat und Rekrut der Garde muss sich anmelden und wird dann vom General der jeweiligen Stadt bestätigt. Er konnte also kein Rekrut werden ohne eine Anmeldung, andererseits brauchten wir dringend neue Rekruten um der Monsterschar um Donwhang Herr zu werden. „Ohne schriftliche Voranmeldung und Zustimmung des Generals kann niemand der königlichen Garde beitreten. Verschwinde!“ Tand war mir zuvor gekommen. Er war neben meinen Schimmel geritten und hatte sich dem Mann zugewandt. Doch dieser blickte nur einmal kurz zu ihm rüber und heftete seinen Blick wieder auf mich. „Das weiß ich, aber ich hatte für die Anmeldung keine Zeit. Bitte lasst mich meine Kampfkunst beweisen.“, antworte er mir ruhig. „Das ist nicht möglich!!!“, entgegnet Tand, wütend ignoriert zu werden. Der schwarzhaarige Mann antwortete nichts, schaute mich nur unentwegt weiter an. Die Luft war zum zerreißen gespannt. Schließlich fiel mir eine Lösung ein: „Tsumi Kajatzu Remoulier, Sie können einen Antrag nachstellen, wenn Sie mich im Dreikampf schlagen. Ein Fechtduell, ein Schussduell und ein Faustkampf.“ Tand schaute mich entgeistert an, aber er sagte kein Wort. Wenn er mir auch oft wiedersprach, niemals wenn Dritte anwesend sind. „Einverstanden, General.“, antwortete der Mann. „Tand, zeig den neuen Rekruten ihre Quartiere. In einer halben Stunde wird der Dreikampf in der Arena beginnen.“ Damit wendete ich Blitz und ritt in Richtung des Stalls. Hinter mir hörte ich Tand die Kommandos geben.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.10.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Schmetterlinge im Bauch und Kopf von Hartmut Pollack



"Schmetterlinge im Kopf und Bauch" ist mein holpriger lyrischer Erstversuch. Mit Sicherheit merkt man, dass es keine Lektorin gab, wie übrigens auch bei den anderen beiden Büchern nicht. Ungeordnet sind viele Gedichte, Gedankenansätze, Kurzgeschichten chaotisch vermengt veröffentlicht worden. Ich würde heute selbstkritisch sagen, ein Poet im Aufbruch. Im Selbstverlag gedruckt lagern noch einige Exemplare bei mir. Oft schau in ein wenig schmunzelnd in dieses Buch. Welche Lust am Schreiben von spontanen Gedanken ist zu spüren. Ich würde sagen, ein Chaot lässt grüßen.

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